Harley Benton Superstrat
Das Sortiment der Thomann Hausmarke Harley Benton wächst und wächst und wir sind stets vorne mit dabei, wenn es um das Testen der neuen Gitarren geht, mit denen die „Thomänner“ in aller Regel sämtliche Preisbarrieren nach unten durchbrechen. So niedrig die Preise auch sind, konnten wir in vergangenen Tests dennoch die stetig steigende Qualität beobachten, mit der die Instrumente in Produktionsstätten in Asien hergestellt werden.
Die Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH E-Gitarre als unser heutiger Testkandidat ist noch eines der teuersten Instrumente im Portfolio von Harley Benton, auch wenn ihr Verkaufspreis von 299,- Euro immer noch ganz weit unten ist und sie somit vor allem für Einsteiger interessant macht. Denn sie ist gut ausgerüstet: Mahagonikorpus, Ahornhals, drei Tonabnehmer, Wilkinson Vibrato mit Klemmmechaniken, da kann ja eigentlich gar nichts schief gehen, oder?
Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH – Facts & Features
Eine moderne und geschmackvoll designte Strat-Kopie, möchte man nach dem Auspacken aus dem Karton und dem ersten Blick meinen. Zunächst einmal fällt die rot gebeizte und kräftig geflammte Decke auf, die jedoch nur aus einem Furnier besteht, das auf einen Mahagonikorpus aufgeleimt wurde. Ein Binding am Rand des Korpus im Stil einer echten Decke kaschiert das recht gut, aber selbst der Hersteller macht da keinen Hehl draus und beschreibt die Decke in den Specs zur Gitarre als „Ultra Flame Riegelahornfurnierdecke“. Unser Testinstrument trägt das Finish „Gloss Trans Flamed Cherry“, zu bekommen ist das Modell noch in einigen weiteren Farben, zum Teil mit einem geringen Preisunterschied im Vergleich zu unserer Testgitarre und zudem mit unterschiedlichen Tonabnehmerbestückungen. Wir haben mit der Fusion-II HSH MN FCH und ihrer H-S-H Bestückung sozusagen das „Sahnestück“ der Flexibilität erhalten, denn viel mehr an Pickups auf der Decke geht kaum. Doch zur Elektronik kommen wir später, drehen wir die Gitarre mal um und schauen uns die Rückseite an.
Von dem verwendeten Mahagoni für den Korpus ist rein gar nichts zu sehen, denn eine schwarze Lackschicht sorgt hier für einen zuverlässigen Sichtschutz. Nicht fehlen darf im oberen Bereich die allseits beliebte „Bierbauchfräsung“, weiterhin wurde deutlich am Hals-Korpus-Übergang gearbeitet, dessen organische Form es der Greifhand erleichtert, die oberen Lagen des Griffbretts stets sicher zu erreichen. Zwei Kunststoffabdeckungen verschließen die Öffnungen für das Vibratofach und das der Elektronik, warum man allerdings den Deckel für das Vibratofach nicht ebenso versenkt eingesetzt hat wie den kleineren für die Elektrik, bleibt jedoch eine offene Frage. Weitere Fragen bleiben aber an dieser Stelle keine offen, der Korpus der Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH E-Gitarre wirkt auch von hinten genau so sauber verarbeitet, wie es beim Betrachten von vorne der Fall ist!
Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH – der Hals
Aus einem einteiligen Stück kanadischen Ahorn wurde der Hals hergestellt, der ohne jegliche Spaltmaße in seine Tasche im Korpus eingeschraubt wurde. Dazu wurde ein separates Griffbrett aus demselben Material aufgeleimt – und Hochglanz lackiert. Das sieht natürlich toll aus, ich persönlich bin jedoch mit dieser Art Griffbrett noch nie richtig warm geworden, mir klebt es einfach zu sehr bei Bendings, Slides und Fingervibratos. Letzten Endes ist das natürlich eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Zum Glück wurde die Halsrückseite von der Lackierpistole verschont, dort finden wir eine nur hauchdünn satinierte Oberfläche vor mit entsprechend natürlichem Spielgefühl für die Greifhand. Das Halsprofil ist sehr modern d. h. sehr flach ausgefallen und bei einer Sattelbreite von 42 mm könnten es auch Einsteiger kaum leichter haben. Dazu kommt eine ordentliche Saitenlage, mit der unser Testinstrument bei uns eintraf, sodass die Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH E-Gitarre direkt aus ihrem Karton eine verblüffend gute Bespielbarkeit aufwies. Das liegt vor allem auch an der gut verarbeiteten Bundierung: Die Bunddrähte sind allesamt sauber an ihren Kanten und in der Höhe abgerichtet, was dieses gute Setting ermöglicht.
Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH – Hardware
Die US-Firma Wilkinson stattet eine Menge Gitarren aus den unteren Preisregionen mit ihren Vintage-Vibratos aus, so auch im Fall der Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH. Das System ruht auf zwei Bolzen, verfügt über einen gesteckten Hebel und besitzt mit den Wilkinson Klemmmechaniken an der Kopfplatte sechs perfekte Partner. Wieso? Weil das System kaum aus der Stimmung zu bringen ist! Meine anfängliche Skepsis verflog schnell, als ich den Hebel ein paar mal vor und zurückbewegt habe – das System ist frei schwebend eingestellt. Abgesehen von der typischen weichen Funktion eines Vintage-Vibratos sind nahezu keine Verstimmungen festzustellen – und das ist doch mal eine echte Überraschung in positivem Sinne!
Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH – Elektrik
Waren früher noch in aller Regel Tonabnehmer von Wilkinson auf den Decken der Instrumente von Harley Benton zu finden, so hat sich dieses Bild in den vergangenen Jahren doch geändert. Pickups von Roswell lautet nun die Devise, hier auf der Decke in Form von zwei Humbuckern in Hals- und Stegposition sowie einem Singlecoil dazwischen platziert. Neben dem klassischen Fünfwegeschalter zur Auswahl der Pickups sitzt zwischen Volume- und Tone-Poti ein Minischalter, der beide Humbucker in den Singlecoil-Modus versetzen kann. Das bietet eine reichhaltige Auswahl an Sounds, zumindest in der Theorie. In der Praxis zeigt sich jedoch kein ganz so überzeugendes Bild, hier haben sich meine Vermutungen bestätigt. Die Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH ist nämlich nicht die erste E-Gitarre mit Roswell-Pickups, die ich einem Test unterziehe. Vor ihr gab es bereits andere und auch dort zeigten sich die Roswell Tonabnehmer als einer der Schwachpunkte an ansonsten für diese Preisklasse konkurrenzlos gut verarbeiteten E-Gitarren. Natürlich kann man nicht jeden Pickup in jeder Gitarre miteinander vergleichen, von daher hören wir uns das Gesamtwerk mal in der Praxis an.
Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH – in der Praxis!
Was kann man erwarten und was nicht? Erwarten kann man ein einwandfrei bespielbares Instrument mit einer angenehmen Ergonomie und einem funktionierenden Vibratosystem. Nicht erwarten sollte man einen charaktervollen Klang und/oder eine atemberaubende Dynamik, das zeigt sich im Prinzip schon beim Anspielen im unverstärkten Zustand: Zu sagen „leblos“ wäre vielleicht etwas übertrieben, viel Schwingungen/Resonanzen und Sustain kann die Grundkonstruktion aber leider nicht viele bieten. Entsprechend schwer haben es die drei Roswell-Tonabnehmer, diesen zähen Grundsound entsprechend aufzupolieren, obwohl die Schaltung durch die splitbaren Humbucker schon eine Menge interessanter Kombinationen ermöglicht. Denen fehlt es jedoch fast immer an einem differenzierten Klangbild und einem soliden Fundament, was sich im Speziellen bei den unverzerrten Sounds bemerkbar macht. Und mit denen beginnen wir auch bei den Klangbeispielen.
Harley Benton Fusion-II HSH MN FCH – Klangbeispiele
Für die Klangbeispiele habe ich wie immer meinen Orange Micro Dark mit gekoppelter 1×12″ Celestion V-30-Box benutzt. Vor der Box stand ein AKG C3000 Mikrofon, mit dessen Hilfe das Signal in Logic aufgezeichnet wurde. Zu Beginn nun zwei unverzerrte Sounds, der erste mit Schalterposition 2 und Coil-Splitting des Front-Humbuckers (zweimal Singlecoil pur also), Nummer zwei dasselbe Spiel mit dem Roswell am Steg.
Wir erhöhen die Zerrung ein wenig und hören in Beispiel 3 den Sound des Singlecoils mit Crunch-Faktor.
Nun zu den Leadsounds. Beispiel 4 zeigt den High-Gain-Sound des Roswell am Steg, bei Nummer 5 wechseln wir zum Kollegen am Hals.