ANZEIGE
ANZEIGE

Workshop: Kemper Liquid Profiling – Was das ist und wie es funktioniert

Liquid Profiling - Ist der Kemper noch up-to-date?

21. Januar 2024

Liquid Profiling Titel

ANZEIGE

Nicht wenige Gitarristen sind mittlerweile vom Kemper zu alternativen Plattformen gewechselt, sei es, weil dort die Bedienung komfortabler ist oder weil die anderen Anbieter in puncto Soundqualität dem Kemper den Rang abgelaufen haben. Als ernstzunehmende Konkurrenten gelten hier wohl Neural DSP mit dem Quad Cortex und seinem Touch-Display und das Tonex vom IK Multimedia, dessen Sounds und das Capturing wirklich neue Maßstäbe gesetzt haben. Nun hat der Platzhirsch Kemper das Liquid Profiling in den Ring geworfen, um Boden gutzumachen. Was genau sich dahinter verbirgt und was der Unterschied zum herkömmlichen Profiling ist, versuche ich in diesem Workshop zu klären.

Liquid Profiling – Was ist das eigentlich?

Um zu verstehen, was das Neue am Liquid Profiling ist, müssen wir uns zunächst einmal anschauen, was genau eigentlich Profiling ist. Da ich nicht davon ausgehen kann, dass sich jeder unserer Leser mit dem Thema ausgiebig beschäftigt hat, hier ein paar Grundlagen vom Erklärbär.

Wie funktioniert „herkömmliches“ Profiling beim Kemper?

Beim Profiling, so wie wir es bislang kannten, wird seitens des Kempers (ob Toaster, Rack-Version oder Stage ist egal), ein digitaler Abdruck eines bestehenden Gitarrensounds angefertigt, indem der Kemper Messsignale durch das von uns aufgebaute Rig schickt. Dieses Rig kann einfach aus einem Combo bestehen, vor dessen Speaker ein Mikrofon steht.

Liquid Profiling Kemper

Hat man „seinen“ Sound gefunden und eingestellt, übernimmt der Kemper den Rest und fertigt das Profile selbstständig an. Nach ein bisschen Feinarbeit hat man dann einen so täuschend echten, aber digitalisierten Sound, den man mit dem Kemper (oder sogar nur auf einem Stick) ins Studio oder auf die Bühne tragen kann. Das eigene Rig kann dabei natürlich auch deutlich komplexer ausfallen, es können Stacks mit oder ohne Boxen geprofiled werden, es kann ein Treblebooster oder ein Verzerrer vorgeschaltet sein, alles, was den Grundsound beeinflusst und „schön macht“ ist denkbar.

Vor- und Nachteile des Profilings mit dem Kemper

Der ganz klare Vorteil des Profilings mit dem Kemper ist, dass ich genau „meinen“ Sound in ein kleines, transportables Kästchen packen kann, um ihn überall benutzen zu können. Das klingt gut. Aber was ist mit meinen Effekten? Der Kemper kann keine Modulationen oder zeitbasierte Effekte wie Reverb oder Delay reproduzieren, dafür hat er aber eine Menge wirklich guten Stoff an Bord, mit dem eigentlich jeder glücklich werden können sollte.

Liquid Profiling Rig Manager

Wenn ich jetzt aber mal einen ganz klaren Nachteil des Kemper Profilings der Vergangenheit aufführen soll, dann den, dass der geklonte Sound immer nur gewissermaßen eine „Fotografie“, eine Momentaufnahme des Originals ist, der ich zwar mit Photoshop ein bisschen Glanz verleihen kann, aber was immer ich mache, es zerstört das Original. Will sagen: Das Profile im Kemper hat zum Beispiel keine Ahnung, wie der Bassregler des Equalizers mit dem Mittenregler korrespondiert oder welchen Wirkungsgrad der Gain-Regler hat.

ANZEIGE

Wer also etwa seinen geliebten Boogie Studio 22 Combo in unterschiedlichen Gainsettings abbilden möchte, sollte mehrere Profiles mit eben diesen unterschiedlichen Gainsettings anfertigen. Da sind Modeler wie das Helix von Line6 tatsächlich im Vorteil, denn sie „fotografieren“ nicht einfach, sondern sie werden, um im Bild zu bleiben, direkt in Photoshop erstellt, natürlich einschließlich aller Regelmöglichkeiten. Dafür ist ein gemodelter Sound einem (guten) Profile von Spielgefühl her deutlich unterlegen. Alles klar?

Das Liquid Profiling – Theorie und Praxis

Das Liquid Profiling schlägt jetzt also, vereinfacht gesagt, die Brücke zwischen Profiling und Modeling. Die Kemper Homepage fragt und beantwortet selbstbewusst: „The best of both worlds? No, both worlds!“ Was genau da passiert, versuche ich jetzt zu erklären.

Was genau ist bei Liquid Profiling anders?

Beim Profiling wird, wie oben beschrieben, ein Snapshot vom Amp gemacht, eben genau so, wie er gerade klingt. Die Klangregelung, die anschließend mit dem Kemper erfolgt, hat aber mit den spezifischen Klangreglern des originalen Amps nichts mehr gemeinsam. Viele Anwender haben das bemängelt, denn wenn man Nachbesserungen am EQ vornehmen will, zum Beispiel wenn die Location am Abend etwas mehr Höhen verlangt, verliert das Profile möglicherweise den Charakter des originalen Amps.

Liquid Profiling Blackstar

Das Profiling selbst hat sich nicht verändert. Der Kemper enthält aber jetzt Models von den Tonestacks existierender Amps. Das bedeutet, das Verhalten der Klangregelung und des Gains wird in das Profile eingerechnet. Das Profile selbst bleibt dabei unbeeinflusst, der Kemper berechnet aber während des Profilings das zugehörige Model des Amps in das Ergebnis mit ein. Also, vereinfacht gesagt, Modeling als Kirsche auf die Profiling-Sahne. Soweit klar?

Das Schöne ist, dass dieser Vorgang nicht zwingend erfolgt. Wer also ganz klassisch profilen möchte, kann das tun. Genauso ist es möglich, alte Profiles, die noch mit der Klangregelung des Kempers arbeiten, nachträglich liquidiert (okay, das ist ein schlechtes Wortspiel …) werden können. Mehr dazu später in den Klangbeispielen. Auch wenn es bisher nicht für alle Amps, für die es Profiles gibt, auch passende Models für den Tone Stack gibt, werden zukünftige Updates immer mehr dieser Models enthalten. Und dafür könnte ich Christoph Kemper echt knutschen, denn mein mehrere Jahre alter Kemper, der ein verflucht stabiles, zuverlässiges Stück Hardware darstellt, ist durch immer neue Updates weit davon entfernt, technisch überholt zu sein. Seit dem letzten Update beherrscht er einfach mal so USB-Recording. Und da muss man CK echt attestieren, dass er ein sehr nachhaltiges Gerät entwickelt hat.

Affiliate Links
Kemper Profiler Stage
Kemper Profiler Stage
Kundenbewertung:
(138)

Und jetzt die Praxis des Liquid Profiling

Geht man nun daran, einen Amp zu profilen, wird man während des Vorgangs gefragt, ob man den Tone Stack des entsprechenden Amps ins Profile einbeziehen möchte. Nehmen wir an, hier steht ein Peavey 5150 Amp auf einer Mesa/Boogie 4 × 12″ Box, so kann das Model des Amps, da im Kemper vorhanden, einbezogen werden. Ebenso wird die aktuelle Position des Gain-Reglers abgefragt, um die spätere Regelung des Gains so authentisch wie möglich zu machen. Es ist aber auch möglich, das Model später hinzuzufügen, oder, und das macht die Sache jetzt noch ein wenig vielseitiger, man kann ein „fremdes“ Tone Stack verwenden. Das erste Beispiel, das ihr hört, ist das Profile ebendieses Peavey 5150 Tops und der Boogie-Box, professionell von Guido Bungenstock im Studio erstellt und mittels des Liquid Profilings veredelt. Gleich im Anschluss folgt das Klangbeispiel ohne das Model des Tonestacks, wobei ich noch keinerlei Änderungen am EQ vorgenommen habe.

Try this at home :)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Jetzt drehe ich ein wenig am Equalizer und am Gain. Gain runter, Mitten und Höhen raus, Presence rauf. Einmal das Liquid Profile und dann wieder das „Kemper Generic“ Profile.

Na? Was sagen die untrüglichen Ohren? Richtig, die Klang- und vor allem die Gain-Regelung ist beim Liquid Profile deutlich authentischer, musikalischer, besser.

Jetzt will ich aber selbst mal ran. Ich habe hier zum Test einen Blackstar St. James 50/EL34 stehen, den ich jetzt zu Testzwecken profilen werde. Dieser Amp ist in der Liste (noch) nicht vorhanden. Da dieser Amp aber einem Marshall nicht unähnlich ist, wird ein Model eines Marshalls herhalten und wir werden im Laufe des Prozesses sehen, was genau das bewirkt.

Auch hier hört man einen deutlichen Unterschied. Das Profile mit Tonestack Model klingt insgesamt runder. Ob es besser klingt, kann ich jetzt noch gar nicht sagen. Ich drehe also wieder an den Reglern. Dieses Mal Gain runter, Bass, Middle, Treble und Presence rauf.

Auch hier wird deutlich, dass das Liquid Profile einen Quantensprung bedeutet. Auf den ersten Höreindruck mögen die Unterschiede teilweise marginal sein. Hat man aber die Gitarre auf dem Schoß und den Kemper im Anschlag, tun sich da wirklich Welten auf! Sogar die Verwendung eines fremden, aber artverwandten Tonestack Models ergibt hier Sinn, das Spielgefühl ist deutlich harmonischer und, obwohl der Kemper immer schon on top war, jetzt noch mal deutlich natürlicher und schlicht und ergreifend besser. Da muss sich die Konkurrenz wirklich warm anziehen, wenn sie da mithalten will.

Ganz zum Schluss noch ein wenig Genudel mit dem fertigen Profile des St. James EL34, veredelt mit einem Treble-Booster und etwas Reverb und Delay. Das gibt’s, wer es haben möchte, in der Rig Exchange unter dem Namen Blacky Star ;)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

ANZEIGE
Fazit

Ein 11 Jahre altes Stück Hardware bekommt ein Update und es ändert einfach alles! Nicht nur, dass ich jetzt per USB aufnehmen könnte, nein, das Liquid Profiling katapultiert den „Oldie“ in die Zukunft und ich muss sagen, dass ich echt beeindruckt bin, wie nachhaltig Christoph Kemper offensichtlich sein Baby designt hat. Und all das kommt kostenfrei in einem regulären Update. Respekt! Realistisch gesehen ist und bleibt der Kemper Marktführer, Inspiration und auf lange Sicht eine Basis für verdammt guten Gitarrensound. Well done, Mr. Kemper!

Plus

  • Noch bessere Soundqualität mit Liquid Profiling
  • Hardware altert nicht, weil update-fähig

Minus

  • -

Preis

  • kostenlos!
ANZEIGE
Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    > Hardware altert nicht

    Stimmt so nicht. Kemper hatte zumindest im KPA noch auf den NXP LPC2468FBD208,551 als MCU gesetzt welcher schon lange EOL ist. Aber hinzu kommt noch die andere und weitaus größere Achillessehne namens DSP56K. Anscheinend kann Christoph Kemper nur dafür entwickeln.

    Deren ganze Plattform ist daher technical debt.

    • Profilbild
      janschneider

      Das ist ja aber nun für den Anwender erstmal egal, das Produkt wird ja weiter gepflegt und erhält Softwareupdates. Könnte nur zum Problem werden, falls einer der Chips mal kaputt geht, dann kann man nur hoffen, dass Kemper genügend davon auf Lager hat (zumindest aktuell offensichtlich kein Problem, da ja noch neue Kemper-Modelle auf den Markt kommen).

  2. Profilbild
    RainerJTM

    Der Kemper war und ist ein geniales Teil.
    Aber … er ist und bleibt ein Sampler.
    Das Verhalten eines Amps wird aus meiner Sicht aber nicht modelliert.
    Die letzten Updates sind wie immer auf einzigartige Weise kundenfreundlich … diese ändern aber nichts am Grundprinzip.

    Aus meiner Sicht ist das Teil … so wie es sich derzeit darstellt … nahezu ausentwickelt.

    Der Produktlebenszyklus erreicht den Herbst.

    • Profilbild
      Slehmi1

      @RainerJTM Moin,
      der Kemper ist kein Sampler und auch kein IR-Player, er ist wesentlich dynamischer. Ein Sample bleibt immer gleich, egal wie laut du das spielst. Der Kemper reagiert dynamisch wie ein sehr guter Röhrenamp. (Es gibt genug Tubeamps die unschöne Verzerrung produzieren und wenig Dynamik haben)

      Und er modelliert eben auch keine Amps, sondern nur den Tonestack.

      Tonex mit seinen minutenlangen Berechnungen zeigt doch deutlich, wie genial der Kemper auch heute noch ist.

      • Profilbild
        RainerJTM

        @Slehmi1 Ob Sampler oder nicht… egal.
        Für mich fühlt es sich so an.
        Ich habe es zwei mal mit dem Teil versucht und es dann doch wieder verkauft.

        ABER das beschriebene Liquid Profiling scheint in der Tat etwas ganz tolles zu sein.

  3. Profilbild
    zm33

    Ich bin auf Neural unterwegs, die Kemper-Tasten waren mir (für meine Zwecke) viel zu laut. Gab auch noch andere Gründe.
    Einer davon ist das Produktpflegeverhalten der Firma beim Virus TI (Total Integration). Da gab es schon sehr bald keine upgrades mehr. Die totale Integration gabs bei mir nur für sehr wenige Jahre nach dem Kauf.
    Immerhin scheint das beim Profiler nicht der Fall zu sein.

    • Profilbild
      chris

      @zm33 Ich kann dir im Bezug zum Virus Ti nur beipflichten.
      Einen MacOs Treiber für die aktuellen M Prozessoren vermisse ich auch.

      Falls von Kemper jemand mitliest:

      Gebt euch einen Ruck und portiert den Treiber bitte!
      Ich kaufe dann auch euren neusten Synthesizer, sollte einer kommen, versprochen.

  4. Profilbild
    Olaf Strassen

    Interessant ist, dass immer wieder, wenn es um eine Kopie, einen Abdruck oder eine Nachahmung geht, das Chamäleon herhalten muss. Chamäleons übernehmen nicht die Farbe ihrer Umgebung, wie oft volkstümlich angenommen wird, sondern ihre äußere Muster- und Farbgebung drückt ihre Stimmung aus. Ein Oktopus wäre in diesem Zusammenhang wohl passender gewesen. ;)

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X