Mix easy, become a DJ
Der Inpulse 300 von Hercules ist ein Einsteiger-Controller mit eingebauter Soundkarte.
Sein Alleinstellungsmerkmal ist wie schon beim kleineren Schwestermodell „Inpulse 200“ der sogenannte „Beatmatch Guide“, der helfen soll, Mixen ohne SYNC-Button zu lernen. OK, Alleinstellung im Wortsinn ist es somit keine mehr, aber ihr wisst schon, was ich meine.
Wie gut sich das Gerät in seinem Marktsegment schlägt und ob es wirklich geeignet ist, Oldschool-DJing zu erlernen, könnt ihr in unserem Test nachlesen.
Erscheinungsbild des Hercules DJ Control Inpulse 300
Mit einer Breite von 48 cm ist er exakt genauso breit wie der Kontrol S2MK3 von Native Instruments. In der Tiefe toppt er mit seinen 28 cm den Mitbewerber sogar noch ein bisschen.
Damit passt das Gerät nicht mehr in einen normalen Laptop-Rucksack, was ich dann doch ein bisschen schade finde – zumal wirklich genug freie Fläche vorhanden ist, an der man hätte sparen können. Ansonsten haben wir es mit einem 2-Kanal Einsteiger-Controller herkömmlicher Bauart zu tun, wie es sie zuhauf von diversen Herstellern gibt. Überraschungen oder Besonderheiten gibt es beim äußeren Erscheinungsbild nicht. Das Layout entspricht der klassischen 2-Decks-und-Mixer-Anordnung und dürfte auch den blutigsten Anfänger kaum vor Probleme stellen. In der Mitte ein 2-Kanal Mixer mit bipolaren Filtern und als Steigerung gegenüber dem kleinen 200er einem 3-Band-EQ mit Mittenregler. Links und rechts davon die obligatorische Decksteuerung mit allen Ausstattungsmerkmalen, die man heute von einem DJ-Deck erwarten kann. Dass die am häufigsten benutzten CUE- und PLAY-Buttons kleiner als die Pads sind, ist mir beim kleinen Modell gar nicht aufgefallen, stört mich jetzt aber umso mehr. Dafür gibt es 8 Pads pro Deck, was ich wiederum sehr begrüße. Sie können zwischen den Modi „Hotcue“, „Loop-Roll“, „Slicer“ und „Sampler“ umgeschaltet werden. Auf einer zweiten Ebene steckt sogar eine Toneplay-Funktion. Nicht schlecht! Dazu kommen rudimentäre Loop- und Effektsteuerungen.
Die Anordnung der Transportfunktionen mit den übereinander angeordneten Knöpfen für CUE und PLAY, wie wir sie von Pioneer kennen, ist wohl derzeit alternativlos.
Ebenfalls dem Standard entsprechend wurde auch hier ein Layout gewählt, bei dem die Decksteuerungen identisch sind. Gespiegelte Layouts, wie sie früher im all-in-one Bereich gang und gäbe waren, spielen heute so gut wie keine Rolle mehr. Ich mag es so, ist ja bei separaten Geräten auch nicht anders.
Haptik und Qualität
Was Verarbeitung und Qualität angeht, spielt der Inpulse 300 in der gleichen Liga wie das 200er-Modell vom gleichen Hersteller, ist also eher bei den Spielzeugen anzusiedeln. Was ich beim kleinen Modell für unter 100,- Euro noch vollkommen okay fand, stört mich beim 300er doch ein wenig mehr. Der Browse-Encoder hat genauso viel Spiel wie beim 200er und wackelt eindeutig mehr, als dass es vertrauenerweckend wäre. Die restlichen Drehregler fühlen sich zwar halbwegs stabil an, dafür passt aber ihr Widerstand nicht besonders gut. Dry/Wet, FX-Parameter und alle Pegelsteller wie Gain, Master oder Kopfhörerpegel sind viel zu schwergängig, lassen sich aber anscheinend einspielen. Nach zwei Dutzend Mal beherztem Auf- und Zudrehen werden die Regler schon merklich leichtgängiger.
Die Regler für die EQs und Filter hingegen setzen den Fingern praktisch gar keinen Widerstand entgegen, was sich selbst für einen Controller der Einstiegsklasse furchtbar billig anfühlt. Dazu kommt, dass die Mittenrasterungen fast nicht zu erfühlen sind. Vielleicht bin ich zu sehr an amtliches Equipment gewöhnt, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie man unter diesen Bedingungen Spaß am Mixen entwickeln soll.
Die Fader sind mir persönlich alle zu leichtgängig, aber immerhin: Zu schwergängig wäre in dem Fall schlimmer. OK, einen Grund zu meckern habe ich noch: Bei einem Controller, der manuelles Beatmatchen featured, wären Pitch-Regler mit ein bisschen mehr als den gebotenen 4 cm Länge geboten gewesen, finde ich. Die Jogwheels sind relativ groß. 12 cm, das ist der gleiche Durchmesser wie bei denen von Kontrol S4MK3 und S2MK3 von Native Instruments, aber die Größe bleibt die einzige Gemeinsamkeit. Schon mit mittelmäßigem Druck lassen sich die Seiten mehrere Millimeter tief ins Gehäuse drücken. Das verspricht nicht unbedingt eine lange Lebensdauer. Immerhin, die Wheels sind berührungsempfindlich, das heißt, man kann – wie von den hochpreisigeren Geräten gewohnt – bremsen und anschieben, wenn man das Jogwheel am Rand berührt und scrollen, indem man auf die Oberseite fasst.
Connectivität
Eingänge kann man in dieser Gerätekategorie natürlich nicht erwarten, an Ausgängen stehen ein Master-Output mit Cinch-Buchsen und ein Kopfhörerausgang im Miniklinkenformat zur Verfügung. Zielgruppengerecht, würde ich sagen.
Im Gegensatz zu den ganz billigen Geräten wurde eine USB-Buchse zur Verbindung mit dem Rechner anstelle eines fest installierten Kabels verbaut.
Außerdem noch mit an Bord: Ein – Zitat aus dem Handbuch – „proprietärer Hercules-Erweiterungsport für zusätzliches Zubehör“.
Sound
Zuviel sollte man von der verbauten Soundkarte nicht erhoffen, aber für die Zielgruppe oder als Notfallkit reicht es.
So lange man nicht zu weit aufdreht. Headroom ist erwartungsgemäß knapp und darüber klingt es sehr schnell sehr hässlich.
Mein Testgerät verursachte auf der Anlage unabhängig von der Stellung des Masterreglers ein leises, aber doch deutlich zu vernehmendes Surren.
Die Pegelsteller auf dem Controller sind echte Potis und damit unabhängig von ihren Pendants auf der Software. Finde ich ein super Feature, das die Zielgruppe aber verwirren dürfte, bei so einem einfachen Gerät.
Software
Der Controller wird mit einer aufs Gerät abgestimmten Version von DJuced geliefert. Optisch erinnert sie mit den die gesamte Bildschirmbreite ausfüllenden Wellenform stark an Rekordbox-DJ oder Serato. Wie bei DJay Pro oder Serato lassen sich verschiedene Ansichten einstellen, so dass die Wellenformen auch senkrecht scrollen können, wie man das eher von Serato kennt.
Die Software erfüllt ihren Zweck recht unspektakulär und enthält alles an Funktionen, was man heutzutage von einer DJ-Software erwarten kann, inklusive einem Sampler und Effekte.
Leider ist die GUI nicht besonders übersichtlich oder intuitiv. Wichtige Anzeigen wie zum Beispiel der Mixer wirken zusammengequetscht und viel zu klein, während die Schaltflächen für die CUE-Punkte riesengroß sind und jede Menge wertvoller Screenfläche verschwenden.
Wesentlich besser und übersichtlicher ist dagegen der Browser-Bereich, der sogar über eine konfigurierbare Vorschlagsfunktion verfügt, die hilft, einen passenden nächsten Track zu finden.
Leider stellt der Browser keine Ordnerebenen innerhalb des iTunes-Knotens darstellen, so dass in meinem Fall Hunderte von unhierarchisch dargestellten Playlisten das Arbeiten mit iTunes praktisch unmöglich machen.
Beatmatch Guide
Der Beatmatch Guide ist – wie schon beim 200er-Model l- das Ausstattungsmerkmal, dass das Gerät vom Feld der Mitbewerber unterscheiden soll.
Was der mit „Beatmatch Guide“ beschriftete Knopf tut, ist im Wesentlichen LEDs zu aktivieren, die als optisches Hilfsmittel dienen, um den interessierten Nachwuchs einen Hinweis darauf zu geben, in welche Richtung Tempo-Fader und Jogwheels zu bewegen sind, um Tempo und Phase so anzugleichen, dass zwei Tracks synchron laufen.
Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass das ein gutes Argument sein könnte, um bei einem evtl. vorhandenen Oldscool-DJ-Elternteil den Geldbeutel zu öffnen. :-)
Im Ernst: Finde ich eine sehr gute und nachahmenswerte Idee, die gerne Schule machen darf.
Danke für den Test. Auch schön, das hier auch nicht professionelle Geräte mal getestet werden. Wenn ich an meine Anfänger Zeit denke, wäre so ein Gerät schon DAS Teil gewesen. Aber da gab es ja auch noch keine Computer.
@DJ Ronny Danke für das Feedback. Man ist vielleucht man verleitet nur die Top-Produkte zu Testen, aber jeder von uns hat mal klein angefangen. Oder kauft mal günstig für den Einstieg. Oftmals sind es auch die günstigen Geräte mit ausgefallenen Ideen – wie hie der Beatmatching-Guide.