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Report: 50 Jahre Hip-Hop – ohne DJ ging auf der Jam nichts

Mit der richtigen Technik hin zum Hip-Hop DJ

10. August 2023
Report: 50 Jahre Hip-Hop – ohne DJ ging auf der Jam nichts

50 Jahre Hip-Hop

Am 11.08.1973 soll also alles begonnen haben. Der Grundstein für eins der kontroversesten und gleichzeitig beliebtesten Genres, dem Hip-Hop, wurde gelegt.

Doch wie genau kam es eigentlich dazu und welche technischen Errungenschaften haben dazu geführt, dass DJs nicht nur Teil der Szene wurden, sondern diese auch maßgeblich prägen konnten und wieso ist genau dieses Datum als Geburtstag von Hip-Hop festgelegt worden?

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Eine Party, die in die Geschichte eingeht

Fangen wir also mit einer kleinen Zeitreise in das Jahr 1973 an. An dem besagten Tag, dem 11.08. gab es eine Party, den „Back to school jam“, der von Clive Campbell a.k.a. DJ Kool Herc in der 1520 Sedgewick Avenue in der Bronx gehostet wurde. Die Einladungskarten wurden per Hand von seiner Schwester geschrieben und die Party fand im Gemeinschaftsraum des Wohnblocks statt.

DJ Kool Herc, mit seiner jamaikanischen Herkunft, brachte sein Reggae Sound System Setup zu den Veranstaltungen und performte dann den „Merry Go Round“.

Der damals 18-jährige Clive Campbell, so DJ Kool Hercs bürgerlicher Name, beobachtete, dass bei bestimmten Stellen der Funk-Songs, die er auflegte, das Publikum tanzte, beziehungsweise während dieser Sektionen ihre Special-Moves auspackte. Diese Sektionen waren die sogenannten „Breaks“. In den Songs setzen an diesen Stellen die Instrumente aus und auch der Sänger hielt sich zurück. Was blieb, waren die rohen donnernden Drums. Genau diese Breaks wollten die Leute hören, um darauf zu tanzen. So entwickelte sich hier auch der Breakdance heraus.

Die von DJ Kool Hercs Schwester handgeschriebene Einladung zur ersten Hip-Hop Party

Die handgeschriebene Einladung zur ersten Hip-Hop Party
Quelle: https://onlineonly.christies.com/s/dj-kool-herc-birth-hip-hop/handwritten-invitation-rec-room-party-1520-sedgwick-avenue-6/157840?ldp_breadcrumb=back

Hip-Hop und der Merry Go Round

Beim Merry Go Round verband er also die Breaks verschiedener Songs, sodass gar nicht mehr die Originale in Gänze zu hören waren, sondern nur die rhythmischen Sektionen.

Daraus entwickelte sich ein Movement und um die Partylaune zu steigern, gab es Leute, die dem Publikum richtig eingeheizt haben, die Masters of the Ceremony, die MCs. Damals ging es noch gar nicht darum zu rappen und dieses Wort existierte noch nicht einmal. Aus den MCs entwickelten sich aber eigenständige Künstler, die einiges zu sagen hatten.

Die Aufmerksamkeit lag immer noch mehr auf der gespielten Musik als auf dem, was darüber gesprochen war. Hier stand also der DJ noch im Mittelpunkt.

Schaut man auf diesen Tag, kommen so drei der vier Elemente von Hip-Hop zusammen. DJing, Breakdancing und MCing, die noch vom Graffiti abgerundet wurden. Kein Wunder also, dass dieser Tag als Geburtsstunde des Hip-Hops gilt.

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Spult man bis heute vor, sieht man, wie Hip-Hop mit das verkaufsstärkste Genre geworden ist und über eine ganze Generation geprägt hat. Auch wenn heute nicht mehr der MC das ist, was er ursprünglich mal war und der Fokus mittlerweile auf den Rappern und ihrer Message liegt. Dennoch war das Ganze nicht ohne den Grundstein von DJ Kool Herc möglich.

Grandmaster Flash und die Quick Mix Theory

Gerade in seinen Anfangszeiten war Hip-Hop in einer stetigen Entwicklung und natürlich müssen wir in der DJ-Sektion auch über Joseph Saddler alias Grandmaster Flash sprechen.

Dieser verfeinerte den Ansatz von DJ Kool Herc und baute sich sein eigenes System an Equipment zusammen, um noch besser performen zu kommen und entwickelte eigene Techniken, die gebündelt unter dem Namen „Quick Mix Theory“ laufen.

Er arbeitete auch den „Merry Go Round“ aus, sodass er zweimal die identische Schallplatte auf zwei Plattenspielern laufen ließ, um die gewünschten Break-Sektionen nach einander abzuspielen. Während diese dann auf dem zweiten Plattenspieler lief, hatte Grandmaster Flash genug Zeit, auf der ersten Schallplatte wieder den Ausgangspunkt zu finden und wechselte taktgenau wieder zum Einstieg des Breaks auf dem ersten Plattenspieler. Was damals komplizierter ablief, können die meisten DJs heute an einem CD-Player oder innerhalb jeder gängigen DJ-Software in der Loop-Sektion. Bei Grandmaster Flash war dies alles noch Handarbeit. Bei dieser Technik entdeckte er auch, dass es für einen vier Takte Loop sechs Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn brauchte, um an die Ausgangsstelle zu kommen.

Damit aber noch lange nicht genug. Um schnell zwischen Platten zu wechseln und nicht ewig nach den Breaks in den Songs zu suchen, ging Grandmaster Flash noch einen Schritt weiter. Mit einem Wachsmalstift umkreiste er die Region, in der der Break beginnt. Mit einem Sticker in der Mitte der Schallplatten wusste er, auf wie viel Uhr der Breakt beginnt. Dies ermöglichte ihm ein sehr schnelles Mixen. Dass aber nicht nur Schallplatten, die damals möglichst fürsorglich behandelt wurden, nicht nur mit den Händen direkt auf den Rillen angefasst wurde, sondern zusätzlich noch mit einem Stift darauf rumgemalt wurde, stieß einigen Kollegen übel auf. Jedoch brauchte der Fortschritt genau das.

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Slipmats, der richtige Plattenspieler und das Vorhören müssen her

Aber auch hiermit hört es nicht auf. Grandmaster Flash machte einige Entdeckungen, was die Technik angeht.

Er selbst sagt aus, dass er unter anderem in HiFi-Läden sämtliche Plattenspieler dem „Torque Test“ unterzogen hat. Hierbei ging es Grandmaster Flash darum zu sehen, wie schnell ein Plattenspieler auf Spielgeschwindigkeit kommt. In dieser Zeit waren noch Plattenspieler mit Riemenantrieb gang und gäbe und je nachdem, was für ein Motor verbaut war, konnte es bis zu einer Umdrehung dauern, bis dass die Spielgeschwindigkeit erreicht wurde. Das war für Grandmaster Flash zu lange. Eine viertel Rotation sollte es nur dauern und bei seiner Suche wurde er fündig. Das Modell? Technics SL23.

Ein weiteres Problem beim schnellen Mixen? Die gummierten Matten, die auf dem Plattenteller lagen. So konnte er nicht schnell genug sein, um wieder den Ausgangspunkt der Breaks zu erreichen. Also entwickelte Grandmaster Flash kurzerhand die erste Version der Slipmat. Damals bestehend aus einem ausgeschnittenen Stück Filz und darunter Waxpapier. So einfach kann es gehen, wenn man den Pioniergeist hat.

Desweiteren entdeckte er für sich, dass er ein Problem hat, wenn er die Schallplatte rückwärts bewegt. Hierbei sprang nämlich immer wieder die Nadel aus der Rille. Also wurden Nadeltypen miteinander verglichen. Wir haben euch dieses Jahr schon einen Artikel über Plattenspielernadeln geschrieben, den wir euch hier verlinken.

Die damals öfter vertretene elliptische Nadel klang ohne Frage gut. Aber das Problem, dass sie aus der Rille sprang, war für Grandmaster Flash nicht in Ordnung. Also setzte er fortan auf sphärisch geschliffene Nadeln. Diese haben eine geringere Fläche, mit der sie die Rillen abtasten, dadurch wird der Klang nicht so detailliert wiedergegeben, dafür sitzen sie viel sicherer in den Rillen einer Platte und konnte so perfekt verwendet werden.

Der "Rosie"-Mixer mit seiner Vorhör-Funktion

Der „Rosie“-Mixer Quelle: https://stoneyroads.com/2015/05/the-story-behind-the-first-ever-mixer/

Zwar gab es mit dem von 1971 veröffentlichten „Rosie“ einem von Alex Rosner designten DJ-Mixer erstmalig die Möglichkeit zum Vorhören eines Kanals, aber nach Aussage von Grandmaster Flash bastelte er sich selbst mit ein wenig Lötgeschick und einem 10 Watt Amplifier die Möglichkeit, ein paar Kopfhörer zu benutzen, um genau vorhören zu können, was auf der anderen Schallplatte gerade passiert.

Grand Wizard Theodore und der „Scratch“ im Hip-Hop

Der erste richtige Schüler von Grandmaster Flash war niemand Geringeres als Theodore Livingston alias Grand Wizard Theodore. Dieser perfektionierte nicht nur das Needle-Dropping, bei dem er die Nadel an genau der gewünschten Stelle der Breaks platzierte, sondern entdeckte beim Zusammenspiel von Cross-Fader und Bewegung der Schallplatte auch mal eben das, was wir heute als Scratch kennen.

Damit war gefühlt das nächste Zeitalter für Hip-Hop DJs angebrochen. Was damals noch recht simpel klang, entwickelte sich in den kommenden Jahren in ein eigenes Genre: Turntablism. Genau wie Rapper und Breakdancer sich in kompetitiven Battles duellierten, geschah dies also auch hinter den Plattenspielern.

Wie sieht es mit der DJ-Technik im Hip-Hop heute aus?

Es ist beeindruckend, wie viel sich in den fünf Jahrzehnten getan hat. Die vier Elemente, also Graffiti, Breakdance, DJing und MCing, sind zwar etwas in den Hintergrund geraten, existieren aber immer noch. Natürlich hat sich die Technik auch kontinuierlich weiterentwickelt.

So ist es mittlerweile nicht mehr nötig, sich den Rücken kaputtzumachen, weil man zu jedem Gig eine Vielzahl an Platten mitnehmen muss. Nein, im Gegenteil ist es durch Digital-Vinyl-Systeme (DVS) so einfach wie noch nie. Hierbei muss lediglich der Laptop und eine Soundkarte mitgeführt werden. Je nachdem, welcher DJ-Mixer im Club steht, kann man sogar auf die Soundkarte verzichten, da diese im Mischpult verbaut ist.

DJ Setup von Kool Herc bei der Aukton von Christie's im Jahr 2022

Das Setup von DJ Kool Herc wurde für über 200.000,- Dollar 2022 versteigert
Quelle: https://onlineonly.christies.com/s/dj-kool-herc-birth-hip-hop/2-technics-sl-1100a-turntables-gli-3880-mixer-gli-1000-equalizer-11/157841?ldp_breadcrumb=back

Durch die Entwicklung des Phase-Systems kann mittlerweile sogar auf Nadeln verzichtet werden. So lässt sich auch  sichergehen, dass egal wie wild man scratcht, man keine Angst davor haben muss, dass die Nadel aus der Rille der Schallplatte springt. Die auf dem Plattenteller liegenden per Funk gesteuerten Sender übermitteln das Signal an einen Empfänger, der das Ganze an die DJ-Software weitergibt. Auf einen Tonarm könnte man so gänzlich verzichten. Wir sehen also, wie stark die technischen Innovationen nach wie vor noch sind.

Grandmaster Flash umschrieb es schön, dass die neuste Technologie es einem ermöglicht, Grenzen zu überschreiten und damit das DJing weiterzuentwickeln.

Wir freuen uns aber über 50 Jahre Hip-Hop und dass DJs einen so großen Teil in dieser Geschichte gespielt haben. Also Happy Birthday Hip-Hop!

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Forum
  1. Profilbild
    Trance-Ference

    Interessanter Artikel.
    Wer es noch ausführlicher lesen möchte dem würde ich das Buch „Last Night A DJ Saved My Life“ ans Herz legen. Ist zwar nur englisch aber sehr interessant was die Entwicklung der Musik angeht. Von Funk, Soul, Northern Soul, über Hip Hop bis Electro ist alles dabei.

  2. Profilbild
    OscSync AHU

    Danke für den Hinweis auf dieses Jubiläum! Ein sehr umfangreiches und lesenswertes Werk zur Historie des Hip Hops: „can´t stop, won´t stop“ von Jeff Chang.

  3. Profilbild
    DJ Ronny

    Sehr schöner Artikel. Interessant für mich ist, dass ich einen Monat später mein erste Disco hatte und ich meine ersten Sratchversuche startete. Ich kannte den Begriff natürlich nicht. Die DJ-Scene auch nicht. ich fand es nur Geil und meine Kumpel waren entsetzt. Der macht die Platten kaputt.

  4. Profilbild
    dAS hEIKO AHU

    Damals in den 80ern, lange bevor Eisi Gulp (jaaa, genau der, der in den Eberhofer-Krimis den Vatter spielt) uns im ZDF den Breakdance beibrachte, hat man hie und da immer mal diese seltsame Musik gehört, in der nur rhythmisch gesprochen wurde. Flash (und Melle Mel) warne der coole Säue, die Kostüme over the top, die Lebensumstände, die sie „besangen“ nicht gescriptet sondern roh und gnadenlos.
    Keine 300$ Sneaker, keine 1,2kg Goldketten, keine europäischen Supersportwagen und keine frauenverachtenden BTCH-Groupies. HIp Hop und Breakdance waren in einer Ghettowelt in der real geschossen wurde, Möglichkeiten Revierkämpfe und Meinungsverschiedenheiten gewaltlos auszutragen.
    Der Turntable war kein Sampler und kein Ableton Board. Unglaublich, was die Jungs und Mädels damals alles aus den minimalen technischen Mitteln rausholten. Ja, auch Mädels waren on Board. Queen Latifah (heute bekannt als Schauspielerin), Salt, n Peppa. Ich bin keiner, der 24/7 Rap und HopHop hört, aber once in a while befriedigen mich gute Rhymes und ein rhythmischer Flow.

    „…
    Fab Five Freddy told me everybody’s fly
    DJ spinnin‘ I said, „My my“
    Flash is fast, Flash is cool
    François c’est pas, Flash ain’t no dude
    …“

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