Unikat oder Kopie des Pioneer DJM-S9?
Seit jeher wütet ein „Krieg“ in der Battle-DJ-Szene zwischen schwarz und weiß – oder man nennt die beiden Lager beim Namen: RANE und Pioneer DJ. Die Farbe Grau, also DJs der Szene, die beide Hersteller mögen und nutzen, ist selten vorhanden. Nachdem Rane den Fortschritt wagte, um den Platzhirsch, den Pioneer DJM S9, mit Release des Seventy-Two vom Platz zu verdrängen, folgte eine kleine Rolle rückwärts. Der Seventy-Two war einigen DJs zu kompliziert, zu unübersichtlich. Der RANE Seventy soll nun genau diese Lücke schließen. Ein Mixer, der die Merkmale des Labels RANE trägt und zugleich in der Lage ist, Pioneer DJ-Fans vielleicht doch von der Marke RANE zu überzeugen, musste her. Aber was ist dabei herausgekommen? Ein neuer Mixer oder eine gute Kopie des DJM-S9? Unser Test wird diese Frage klären. Aber zuerst packen wir das gute Stück mal aus und schauen uns den Battle-Mixer in aller Ruhe an.
Der DJ-Battle-Mixer im Überblick
Beim ersten Anblick des Mixers stellt man sofort das für RANE typische Design sowie die bekannte Verarbeitung fest. Der RANE Seventy ist ein solide gebauter Battle-Mixer aus strapazierfähigem Stahlblech mit einer hochklassigen Pulverbeschichtung. Dies hat vor allem im Bereich des Crossfaders den Vorteil, man kennt die typischen Kratzer bei benutzten Mixern, dass allenfalls die raue Oberfläche angekratzt wird. Das blanke Metall wird kaum zum Vorschein kommen. Dies steigert auch den Wiederverkaufswert später.
Die Rückseite des RANE Seventy
Wie immer zuerst ein Blick auf die Anschlussmöglichkeiten des Mischpultes. Hier erwarten uns eigentlich keine Überraschungen. Alle Anschlussmöglichkeiten, wie sie auch beim RANE Seventy-Two vorhanden sind, sind da. Somit verzichten wir an dieser Stelle auf eine genaue Betrachtung und verweisen auf unseren Testbericht des RANE Seventy-Two – oder werfen gemeinsame einen Blick auf das Anschlussfeld:
Es sei jedoch kurz erwähnt, dass auch die „abgespeckte“ Version des RANE Seventy-Two, also hier unser Seventy, über die USB-Anschlüsse für die RANE Twelve oder andere Controller verfügt. Somit ist der Seventy genauso flexibel einsetzbar.
Die Vorderseite des Mixers
Das Layout der Vorderseite erinnert ebenfalls an das des RANE Seventy-Two. Jedoch finden wir hier eine kleine, jedoch essenzielle Änderung. Mit Produkteinführung des Seventy hat RANE neue Fader implementiert. Die MAG-FOUR-Fade haben Einzug gefunden. Die Besonderheit: Der Fader-Widerstand lässt sich nun auch von außen verstellen. Kein Aufschrauben mehr. Vor allem, wenn mehrere DJs mit dem selben Mixer beispielsweise an einem Clubabend zusammenarbeiten, ein Nice-to-have. Jeder DJ kann sich am Mischpult „zuhause“ fühlen.
Der Arbeitsbereich – die Oberseite
Kommen wir zum interessantesten Teil des DJ-Mixers, die Oberseite. Hier ist unsere Spielwiese, denn das ist es doch letztendlich, was wir die meiste Zeit unter unseren Händen spüren. Noch einmal verweisen wir auf unseren Test des RANE Seventy-Two und wollen hier nur auf Änderungen am Mixer eingehen. Wir haben den Seventy bereits den Titel „abgespeckte Version“ in diesem Artikel verpasst. Aber warum?
Ganz klar und mehr als offensichtlich ist der Touchscreen schon einmal entfallen. Da über diesen Teil des Mixers am Seventy-Two größtenteils Effekte gesteuert werden konnten und das auf eine Weise, wie es vorher kaum vorhanden war, nämlich mehrere gleichzeitig, scheint hier schon einmal eine, nennen wir es „Einsparung“, gemacht worden zu sein. Aber wir arbeiten uns einmal von unten nach oben vor. Wie schon beschrieben, verfügt der Mixer über MAG Four Fader als Crossfader und auch als Line-Fader. Es ist natürlich schwer zu beschreiben, aber wir sehen zumindest im Feeling keinen großen Unterschied zum Mag Three. Was im Großen und Ganzen gut ist. Beide Fader sind hoch-professionelle Fader und bestechen durch ihre Langlebigkeit. Links der Fader finden wir den Gain-Regler des Samplers und rechts des Faders die Steuerung der Kopfhörer.
- Die Fader: Mag Four X3
- Die Headphone-„Sektion“
Hier hat RANE nicht nur neue Kappen auf die Potis gesetzt. Auch sind die Buttons, die wir von RANE für den Cue kennen, einem Schieberegler gewichen. Ein Schieberegler für den Cue? Kennen wir das nicht von Pioneer DJ? Ja, kennen wir. Und nicht nur das. Auch die Anordnung der Potis und der Regler erinnert stark an die des Pioneer DJ DJM-S9. Die Buttons für den Cue sind aber „gefühlt“ vorhanden und zwar genau an der Position, wo sie bei RANE Mixern normalerweise sind. Nur dass diese nun mit der Funktion Instant Doubles belegt worden sind. Als hätte man sich noch während der Produktentwicklung kurzerhand umentschieden, denn die gleiche Funktion ist wie schon beim Seventy-Two über einen Doppelklick auf den Load-Button bereits vorhanden und damit redundant. Silent-Cue wäre eine charmantere Lösung gewesen.
Über den Fadern befindet sich dann das Herzstück des Battle-Mixers der heutigen Generation: die Performance-Pads. Auch hier mit einer Ausnahme keine Änderungen. Eine detaillierte Schilderung der vorhandenen Funktionen würde den Rahmen sprengen und ist überflüssig (siehe Seventy-Two). Die angesprochene Ausnahme ist der Entfall der Auto-Loops. Dieser Button wurde neu besetzt mit der Funktion „Saved Loops“. Aber wo finden wir die Auto-Loops? Ganz einfach über den Performance-Pads an der jeweiligen Außenseite des Mixers. Auch hier zwingt sich ein Vergleich mit dem Pioneer DJM-S9 auf. Denn das Design ist schon verblüffend ähnlich, wenn nicht sogar gleich. Auch an dieser Stelle kann eigentlich nur von einer Kopie die Rede sein. Überzeugt euch selbst. Man könnte ja fast vermuten, dass es daran liegt, dass einer der führende Köpfe in der Entwicklung vor einiger Zeit bereits das Lager gewechselt hat: von Pioneer DJ zu inMusic Brands und damit zu Denon DJ/Rane und Co.
Zwischen dieser Auto-Loop-Sektion finden wir den bereits thematisierten Effektbereich. Hier befinden sich sechs Button für den verbauten Hardware-Effekte sowie ein Button für den Software-Effekte (Flex-FX). Die Effekte lassen sich je Deck über die bekannten Kippschalter aktivieren und über die dazwischen befindlichen Depth-Regler lässt sich die Intensität des Effektes je Seite einstellen.
An dieser Stelle bleibt RANE seiner Linie treu und gibt dem Nutzer die Möglichkeit, die Intensität der Effekte je Seite unterschiedlich zu wählen. Gleiches gilt für Time, wenn kein Auto-BPM oder kein Tap verwendet werden soll, sowie für die Wahl des Beats. Diese Parameter werden über ein kleines Poti in der Mitte (BPM) sowie über einen kleinen Joystick daneben eingestellt. Alte Hasen kennen diese Bedienung noch vom Sixty-Three. Die Wahl des Joysticks ist unserer Meinung nach keine gute Idee gewesen. Die Bedienung ist sehr filigran und damit eine Fehlerquelle in der Hitze des Gefechtes.
- Auto-Loops à la Pioneer
- Channel-Bereich
Über der Effekt-Sektion befindet sich der typische Bereich für die diversen Kanalpotis. Auch hier erinnert die Anordnung sehr an den S9. Jedoch hat RANE hier eine kleine, aber essenzielle Sache nicht mitkopiert. Die Potis sind stehen alle in Reih und Glied und sind außer dem Blau bei dem LP/HP-Filter kaum zu unterscheiden. Ganz klar eine Fehlerquelle in dunklen Clubs. Master- und Booth-Regler sind in der Mitte dazwischen übereinander angeordnet. Um es ketzerisch auszudrücken: Der Pioneer DJM-S9 Nutzer weiß, wo er hinfassen muss.
Es ist wahrscheinlich wenig überraschend, aber RANE setzt auch bei diesem Mixer auf das bekannte Poti für den Library-Scroll. Dieses Poti war schon immer eine Fehlerquelle und bleibt dies auch. Ein DJ-Mixer sollte so konzipiert sein, dass ein DJ, der sich bei seinem Gig durchaus bewegt, alle Funktionen problemlos bedienen kann, ohne dass er dabei stillstehen muss. Bezogen auf den Library-Scoll- und Load-Button ist dies kaum möglich. Auf die Beschreibung aller weiteren Funktionen wird verzichtet, da sie aus anderen RANE-Produkten bekannt sind.


Rane Twelve MKII Deck Controller