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Test: Ibanez Q-Series – QX54QM Headless E-Gitarre

Headless Gitarrenschönheit von Ibanez!

19. September 2021

Als mir der Paketbote mit einem kleinen, leichten Karton auf halber Strecke im Treppenhaus entgegenkommt, rechne ich mit allem, aber nicht mit einer Gitarre. Gerade mal winzige 90 cm misst das Gigbag, aus dem sich, oh Wunder, eine vollwertige Gitarre pellt. Damit dürfte dem Gig in der Karibik, auch und gerade in Bezug auf die unsägliche Handgepäck-Regelung der Fluggesellschaften, nichts im Wege stehen. Die Ibanez QX54QM aus der brandneuen Q-Serie ist da.

Ibanez Q-Series Test E-Gitarre

Kurz, aber knackig: Die Ibanez QX54QM Headless E-Gitarre

 

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Headless E-Gitarren – A short guitar, a short story

Dass diese Gitarre klein ist, weil ihr mal eben der Headstock fehlt, sollte auf den ersten Blick klar sein. Headless-Gitarren sind keine neue Erfindung, bereits in den 80er-Jahren machte Ned Steinberger es vor, Hohner machte es nach und im Laufe der Zeit kamen immer mehr Hersteller auf den Trichter, dass die Kopfplatte als überflüssiger Ballast eines Gitarrendesigns aus dem Mittelalter wohl recht verzichtbar erscheint. Andere Hersteller, wie zum Beispiel Kiesel Guitars oder Strandberg, haben das Headless-Konzept mittlerweile zum Standard modernen Gitarrenbaus erhoben. Noch weiter geht an dieser Stelle Heiko Hoepfinger aus Kassel mit seinen Basslab Instrumenten, der verbaut nicht nur keine Kopfplatten, sondern auch noch zusätzlich kein Holz. Angst vor einem neuen Konzept sollte man also tatsächlich nicht haben. Wem das moderne Design ohne Kopfplatte natürlich aus optischen Gründen nicht gefällt – und davon gibt es gerade in Gitarristenkreisen etliche Kollegen, die dem nichts abgewinnen können – der möge an dieser Stelle diesen Test als Infotainment lesen, denn ich rücke jetzt der Frage zu Leibe, ob die Kopfplatte im Alltag eines Gitarristen fehlt.

Ibanez QX54QM – Headless E-Gitarre

Die Konstruktionsmerkmale der Ibanez QX54QM

Die erste Frage, die sich aufdrängt, ist die nach dem Gewicht der Ibanez QX54QM Headless Gitarre. Als Gitarrist, der gern mal auf Hochzeiten oder Schützenfesten sechs bis sieben Stunden auf der Bühne steht, ist das für mich tatsächlich ein schwerwiegender (höhö) Faktor. Gerade mal 2,17 kg zeigt die Gepäckwaage, deren Gurt aufgrund der fehlenden Kopfplatte gar nicht so leicht zuverlässig anzubringen ist. Aus gleichem Grund würde ich die Gitarre auch nur sehr ungern einer meiner Wandhalterungen anvertrauen. Die Ibanez QX54QM misst in der kompletten Länge rund 82 cm. Zum Vergleich: Die unlängst von mir getestete RG631ALF ist mit rund 100 cm Gesamtlänge nicht nur knappe 20 cm länger, sondern auch stattliche 1330 g schwerer.

Der Korpus der Ibanez QX54QM Headless E-Gitarre besteht aus Nyatoh, einem japanischen Laubholz, das bei Ibanez oft zum Einsatz kommt. Geziert wird der mit 3,4 cm recht dünne Korpus von einer Decke aus Wölkchenahorn, die in wundervollem „Blue Sphere Burst Matte“ lackiert wurde. Ein Name, der fast genauso leicht von den Lippen geht, wie die kreativ-pragmatische Modellbezeichnung des Testinstruments. Ein kleines, einschichtig schwarzes Pickguard schützt den Lack im Bereich der vorderen Pickups.

Ibanez Q-Series Test E-Gitarre

Die Optik der Ibanez QX54QM ist modern, aber noch immer an die gute, alte Strat angelehnt.

Entfernt erinnert das Korpusdesign noch an eine Stratocaster, am hinteren Ende ausgeschnitten, um dem Steg mit den Tunern Platz und Funktion zu gewährleisten. Beim Steg handelt es sich um die Ibanez eigene Entwicklung namens „Mono-Tune Bridge“, bei der sechs einzelne Tuner die Ballends der Saiten aufnehmen und in jeweils einem „Schlitten“ nach der Verspannung der Saite am Kopfende in die hoffentlich wohlgestimmte Position bringen. Der eingeschraubte, 3-teilige Hals aus geröstetem Ahorn und Bubinga trägt ein Griffbrett aus ebenfalls geröstetem Vogelaugenahorn. Die 24 Bünde mit Namen „Jescar EVO Gold Frets“ sind schräg ins Griffbrett eingelassen. Das ist keine der modernen „Fanned Fret“-Lösungen, da alle Bünde gleichmäßig schräg gesetzt wurden. Dies ist eine Form der Griffbrettgestaltung, die modernem Spiel und mustergültigen Handhaltungen entgegenkommen. Die Mensur beträgt 648 mm, also wildern wir hier im ebenfalls im Jagdgebiet der Stratocaster. Das Halsprofil ist modern und schlank bei einer über die ganze Länge des Halses  gleichbleibender Dicke von 19 mm. Der Griffbrett-Radius ist mit 508 mm angegeben. Der 42 mm breite Sattel aus Kunststoff führt die Saiten auf ein Überbleibsel eines ehemals stolzen Headstocks, auf dem gerade mal noch so die Klemmvorrichtung für die Saiten Platz hat.

Ibanez Q-Series Test E-Gitarre

Der „Headstock“ der Ibanez QX54QM bietet gerade mal Platz für den Custom String Lock, den Klemmsattel

Die Elektronik der Ibanez QX54QM Headless E-Gitarre

Die drei Tonabnehmer der Ibanez QX54QM hören auf die Namen Q58 Humbucker (am Steg) und R1 Single Coils (Mitte & Hals). Dabei handelt es sich um Eigenentwicklungen von Ibanez, die dem speziellen Klangverhalten der Headless-Konstruktion Rechnung tragen sollen. Versprochen bekomme ich satte, matschfreie Bässe und crispe Höhen, die niemals harsch klingen und Akkordstrukturen gut abbilden können sollen.  Nun ja, wir werden sehen, im Prospekt geschrieben steht vieles, des Testers Ohren sind gespitzt …

Verschaltet werden die drei Pickups mittels eines 5-Wege-Schalters, eines Volume- und eines Tone-Reglers sowie der mittlerweile bei Ibanez etablierten dyna-MIX9-Schaltung. Bereits in der AZ226 hat sich diese Schaltung als Allzweckwaffe beweisen können. Hier noch mal in Kürze, was der sogenannten „Alter-Switch“ anrichtet, wenn man ihn denn betätigt. Im ausgeschalteten Zustand schaltet der 5-Wege-Schalter die Pickup-Positionen in bekannter Manier durch. Im aktiven Zustand (nein, die Schaltung benötigt keine Batterie!) kommen vier weitere Kombinationen hinzu, die sowohl einem Hals-Humbucker recht nahe kommen, als auch die Fans der Telecaster-Zwischenposition glücklich machen könnten. Die 24 Bünde der Gitarre werden aber, soviel lässt sich erahnen, den typischen, beliebten Strat- oder Telecaster Halstonabnehmer-Nöck vermissen lassen. Hören wir mal rein.

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Die Ibanez QX54QM in der Praxis

Nimmt man die Ibanez QX54QM das erste Mal auf den Schoß, macht sich ein gewisses Ukulelen-Gefühl breit. Meine Güte, ist die winzig. Und tatsächlich kommt einem diese Gitarre, trotz ausgewachsener Fender-Mensur, deutlich kleiner vor, vor allem, was die linke Hand betrifft. Und das ist auch kein Wunder, denn durch den deutlich kleineren Korpus und den komplett ungewohnten Schwerpunkt ist die Haltung, die man mit dieser Gitarre auf dem Schoß einnimmt, eine ganz andere.  Das Halsprofil ist nun auch nicht unbedingt im Baseballschläger-Format ausgeführt. Die Ibanez QX54QM ist in allen Lagen jederzeit bequem bespielbar, im Stehen hat man durch die zwei unterschiedlich angebrachten Gurtpins am hinteren Ende zwei Möglichkeiten der Befestigung. Nutzt man den oberen Gurtpin, macht sich schnell vertrautes Rockbrettfeeling breit. Bei Verwendung des unteren Pins und etwas verkürztem Gurt, befinden wir uns in der Allan-Holdsworth-Gedächtnis-Position mit sehr komfortablem, ergonomischem Winkel des Halses in Relation zur Greifhand. Beides ergibt unbedingt Sinn und sollte auch mal in Ruhe und vorurteilsfrei ausprobiert werden. Die Tuner der „Mono-Tune-Bridge“ sind leichtgängig und ermöglichen präzises Stimmen, dabei bleibt genug Spielraum, auch mal schnell ein Dropped-D-Tuning zu realisieren. Leider werden die Saiten am Kopfende mittels Inbusschrauben festgeklemmt, das von mir immer so gefeierte Multitool von Ibanez kann ich im Gigbag aber nicht finden. Schade. Inbusschrauben haben auch immer die Eigenschaft, bei langfristiger Benutzung irgendwann auszuleiern. Warum da niemand mal einen schraubenfreien Klemmmechanismus entwickelt, will mir nicht in den Kopf. Schaller hatte irgendwann mal so einen Sattel für die Floyd Rose Systeme im Programm. Der hat absolut zuverlässig funktioniert und ist genauso zuverlässig wieder von der Bildfläche verschwunden. Rockinger bot auch immer Klemmschrauben an, die mit einer Münze gedreht werden konnten. Moderne Gitarrenkonzepte benötigen aber auch mal innovative, neue Hardware-Konzepte, also lasst euch doch mal was einfallen …

Ibanez Q-Series Test E-Gitarre

Auch ein schöner Rücken kann entzücken. Ich entschuldige und distanziere mich hiermit direkt von diesem schlechten Reim meiner Oma …

So klingt die Ibanez QX54QM Headless E-Gitarre

Trocken angespielt strotz die Ibanez QX54QM vor knalligen Höhen, aber moderaten Bässen bei ausgewogenem, langen Sustain. Das sind also die Voraussetzungen für den Sound am Verstärker. Moderne Gitarrenkonzepte verlangen aber meiner Meinung nach auch nach modernen Sounds, deshalb entscheide ich mich, die Audiofiles mit dem Neural DSP Tim Henson Plug-in einzuspielen. Klar könnte hier jetzt der Purist meckern, aber ich bin der Überzeugung, dass diese Plug-ins in Kombination mit solchen Gitarren die Zukunft des E-Gitarrensounds darstellen. Warum also nicht mal einen anderen Weg wählen, als immer nur den aufgerissenen Amp?

Für die ersten Klangbeispiele lade ich einen cleanen Sound ohne die Dynamik beeinflussende Effekte, dafür aber etwas Hall. Ich spiele mich nun durch die 5 Positionen des Pickup-Wahlschalters. Der Grundsound des Plug-ins bleibt dabei unverändert. Im Laufe eines jeden Files schalte ich dann den Minischalter der dyna-MIX9-Schaltung aktiv, der Unterschied ist deutlich zu hören. Außer natürlich beim Humbucker, denn da hat dieser Schalter keine Funktion.

Was man in allen Positionen sehr gut hören kann, ist die brillante Wiedergabe der Pickups, ein durch und durch moderner Gitarrensound mit schillernden Höhen, straffen Bässen und hervorragendem Durchsetzungsvermögen. Mit ein paar zugeschalteten Effekten geht jetzt so richtig die Sonne auf.

Hören wir uns mal ein paar angezerrte Sounds an. Wieder kommt das Tim Henson Plug-in zum Einsatz, ich schalte mich wieder durch einige der Pickup-Kombinationen. Auch hier imponiert mir wieder die klare, spritzig-moderne Wiedergabe der Ibanez QX54QM.

Zeit für die härtere Gangart. Jetzt entscheide ich mich für das Soldano SLO100 Plug-in von Neutral DSP. Der moderne Charakter der Gitarre und das klassische Brett des Soldanos ergeben folgende frei improvisierte Ergüsse:

 

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Fazit

Ein ganz heißes Eisen hat die Firma da im Rennen. Die Ibanez QX54QM ist eine moderne, durch und durch professionelle Gitarre, die auch als solche behandelt werden möchte. Der klassische Blueser wird mit dieser Gitarre wohl weniger glücklich, die Zielgruppe ist aber definitiv auch eine ganz andere. Aufgrund der extrem leichten Bauweise ist dieses Instrument auch für Gitarristen interessant, die mehrere Stunden auf der Bühne stehen. Die Gitarre unterstützt moderne Spieltechniken und moderne Sounds aufs Feinste. Die Inbus-Lösung des Klemmsattels würde ich mir, in Hinblick auf Langlebigkeit, gerne als schlüsselfreie Variante wünschen.

Und um abschließend die Ausgangsfrage zu beantworten, ob der Gitarre ohne Kopfplatte was fehlt: Ein ganz klares „nein“.

Plus

  • Konzept
  • Sound
  • geringes Gewicht
  • Optik
  • Bespielbarkeit
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Verarbeitung

Minus

  • Saitenklemme nur mit Inbusschlüssel bedienbar

Preis

  • 1.098,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    uelef

    Hallo Jan,
    sehr schöne Soundbeispiele – gefallen mir richtig gut. Die Ibanez ist sicher ein gutes Instrument; dass die QX54QM aber schon verdammt aussieht wie eine ganz schön dreist abgekupferte Strandberg, hätte man durchaus noch etwas im Artikel betonen können … ;-)
    Viele Grüße, Ulf

  2. Profilbild
    Zetahelix

    also ich fänd es ja ganz cool, wenn man die Soundbeispiele auch mal ganz ohne Effekte aufnehmen könnte. meistens sind sie zugequollen mit Hall und Echo, is ja nicht Sinn der Sache.

    • Profilbild
      uelef

      @Zetahelix Ja, da hast du natürlich irgendwie auch recht. Eine Mischung wäre wohl gut – und ein Standard bei der Aufnahme und den verwendeten Amps oder Plugins, so dass eine Vergleichbarkeit da ist …

    • Profilbild
      Jan Steiger RED

      @Zetahelix Also zum einen hörst du bei den Soundbeispielen in der Regel nur einen leichten Hall. Der verfälscht den Sound nicht. Außerdem wird kaum jemand zuhause die Gitarre komplett trocken spielen. Wenn Effekte im Spiel sind, weise ich explizit darauf hin. Zum anderen erfordern meiner Ansicht nach unterschiedliche Gitarren auch unterschiedliche Soundkonzepte. Diese Gitarre zum Beispiel ist nicht vergleichbar mit einer Les Paul über einen aufgerissenen Marshall. Das wäre zwar möglicherweise eine Art „Standard“, würde aber dem Instrument und seiner Zielgruppe vielleicht gar nicht gerecht. Warum sollte ich diese Gitarre mit zum Beispiel einer George Benson Signature oder einer Slash Les Paul vergleichen?

      Die Soundbeispiele sind ja grundsätzlich auch nur ein kurzer Einblick in die Möglichkeiten eines Instruments. Bei jedem wird diese Gitarre anders klingen. Kaufentscheidend sollte sowieso immer der persönliche Eindruck sein.

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