Der Dauerbrenner von Ibanez im Goldgewand
Die neue Kollektion der Ibanez RG-Serie erreicht das europäische Festland und wir haben uns gleich mal einen der ewigen Dauerbrenner der Japaner unter den Nagel gerissen. Trotz ihrer nun mehr als dreißig Jahre auf dem Buckel macht das Aushängeschild von Ibanez immer noch einen verdammt jungen und frischen Eindruck. Kein Wunder, die Instrumente werden ja auch permanent weiterentwickelt und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Seien es nun Dinge wie Hardware, Hölzer oder Pickups, mit denen in all den Jahren experimentiert wurde oder Farben und Ausstattung, die dem Wandel der Zeit folgten – man konnte und kann bei einer Ibanez RG E-Gitarre stets sicher sein, ein modernes Instrument zu besitzen, das in aller Regel sein Geld wert ist. Nichts anderes ist man also vom Hersteller gewohnt und auch unser heutiger Testkandidat, die Ibanez RG657AHM-GDF aus der Prestige Oberklassenbaureihe, möchte diese Tradition sicher gerne fortsetzen. Ob sie es kann, werden wir im folgenden Artikel erfahren.
Ibanez RG657AHM-GDF – Facts & Features
Wie alle Prestige E-Gitarren von Ibanez wird auch die RG657AHM-GDF in einem hochwertigen und robusten Hartschalenkoffer ausgeliefert, auf den man bedenkenlos im Tourbus ein paar PA-Boxen stapeln könnte. Die offenporige Satinlackierung des Eschekorpus lässt den goldlackierten Korpus nicht ganz so pompös wirken, wie er vielleicht auf Fotos erscheint. Ganz im Gegenteil, in natura wirkt die matte Oberfläche sehr geschmackvoll und edel, auch wenn es zusammen mit dem ebenfalls goldfarbenen Vibrato für den einen oder anderen etwas zu viel Glanz sein dürfte.
Über die Ergonomie des Korpus muss man nicht mehr viel erzählen, in diesem Punkt spielt die RG-Serie schon seit ihrer Entstehung Mitte der 80er Jahre in der vordersten Reihe mit. Und so finden wir auch hier wieder die weit ausgefrästen, sehr spitz zulaufenden Cutaways, die „Bierbauchfräsung“ auf der Rückseite und einen kaum spürbaren Hals-Korpus-Übergang, in den der berühmt-berüchtigte Wizard-Hals eingeschraubt wurde. Der eine liebt das extrem flache Profil, der andere kann damit rein gar nichts anfangen und sehnt sich nach etwas mehr „Fleisch“ für die Greifhand: Denn 17 mm Breite am 1. und 19 mm in der Oktavlage am 12. Bund sprechen schon eine eindeutige, extrem schlanke Sprache!
Letztlich ist das, wie so vieles im Leben, eine Frage des persönlichen Geschmacks bzw. des Einsatzgebietes, denn für den Metal-Bereich dürfte es wohl nach wie vor kaum ein besseres „Brett“ auf dem Markt geben, das moderne Spieltechniken auf diese Art und Weise dermaßen gut unterstützt. Man muss sich nur mal den Pool der Metal-Artists betrachten, die genau auf dieses und kein anderes Halsprofil schwören. Das kann ja kein Zufall sein …
Die 24 Jumbo-Bünde unserer Ibanez RG657AHM-GDF E-Gitarre wurden in ein dezent geflammtes Griffbrett aus Vogelaugenahorn eingesetzt, perfekt an ihren Kanten abgerichtet und sorgfältig auf den Oberflächen poliert. Es flutscht wie eh und je auf diesem Hals, dafür sorgt auch die nur hauchdünn aufgetragene Satinlackierung seiner Rückseite, die auch bei feuchter Greifhand keinerlei Anstalten macht, die Greifhand in ihrer Aktivität irgendwie auszubremsen. Gut, dass man sich bei den Dots für einfache schwarze Markierungen entschieden hat und hier nicht etwa noch eine Lage Perlmutt zur Anwendung kommt.
Ibanez RG657AHM-GDF – Elektrik und Hardware
Schon seit Beginn der RG-Serie arbeitet Ibanez eng mit der US-Firma DiMarzio zusammen, die einen Großteil der Gitarren mit ihren Tonabnehmern ausstatten. Bei der Ibanez RG657AHM-GDF E-Gitarre kommen drei unterschiedliche Pickups zusammen, die in einer H-S-H-Schaltung eine maximale Klangausbeute versprechen. Am Steg sitzt ein Tone Zone, in der mittleren Position ein True Velvet Singlecoil und in der Halsposition ein Air Norton Humbucker, die wie gewohnt über einen Fünfwegeschalter ausgewählt und zusammen über ein Volume- sowie ein Tone-Poti in Lautstärke bzw. Klangfarbe geregelt werden können. Der Schalter und die Potis stammen aus dem obersten Regal, so wie man es bei einer RG dieser Preisklasse erwarten darf: Die Potis laufen butterweich ohne nennenswerten Widerstand auf ihren Achsen und der Schalter rastet wunderbar satt und knackig ein.
Eine zuverlässige Bank – das Ibanez Edge-Vibrato
Wie es sich für eine Oberklasse-RG gehört, wurde auf der Decke ein FR-Vibrato (Ibanez Edge) montiert, das mit einem steckbaren Hebel ausgerüstet ist. Das bedeutet nicht nur, dass der Hebel völlig ohne Spiel in seiner Aufnahme sitzt, sondern zudem auch, dass er nach der Benutzung aus dem Aktionsradius der rechten Hand unauffällig verschwindet. Ein meiner Meinung nach entscheidender Vorteil gegenüber den FR-Systemen, die mit einer Hutmutter zur Befestigung des Hebels auskommen müssen und so entweder mit Wackeln oder Sturheit dem Benutzer auf den Geist gehen. Das hier eingebaute Edge-Vibrato glänzt in jedem Fall mit einer absoluten Stimmstabilität: Selbst nach härtesten „Dive-Bombs“ gleitet das System wie selbstverständlich auf seinen Messerkanten und den zwei stabilen Bolzen in seinen Ausgangszustand zurück. Die hohe Qualität der Hardware bemerkt man zudem auch an den sechs Feinstimmern, die sich wie in Butter getaucht drehen lassen und so den finalen Stimmvorgang zum Kinderspiel machen.
Ibanez RG657AHM-GDF – in der Praxis!
Akustischer Grundsound/Handling
Die nur hauchdünne, offenporige Lackierung ermöglicht dem Korpus ein unbeschwertes Schwingen und so überzeugt unsere Ibanez RG657AHM-GDF E-Gitarre bereits im unverstärkten Zustand mit den Attributen, die Fans dieses Instruments so schätzen. Dazu gehören ein blitzschnelles Attack, ein knackiger, drahtiger und wuchtiger Grundsound und natürlich die Bespielbarkeit des ultraflachen Wizardhalses, auf dem man einfach nicht langsam spielen möchte. Bei unserem Testinstrument war die Saitenlage befriedigend eingestellt, ein etwas flacheres Setting wäre für die angepeilte Zielgruppe aber sicher noch ein überzeugenderes Argument, die Gitarre direkt mitzunehmen. Ansonsten aber befinden sich Dinge wie Intonation und Oktavreinheit auf höchstem Niveau, vielstimmige Akkorde und Voicings klingen auf der gesamten Länge des Halses stets sauber und klar und auch von Deadspots oder anderen Artefakten bleiben die Ohren verschont.
Elektrischer Sound
Luftig und dynamisch geht es am Verstärker zur Sache. Die drei DiMarzios verrichten ihren Job erwartungsgemäß sehr flexibel und tun zudem genau das, was man von ihnen erwartet. Von brettharten Riffs des Tone Zone am Steg, über luftige und gerne auch drahtige Sounds des True Velvet bis hin zu fetten und singenden Linien mit dem Air Norton am Hals reicht das Repertoire. Ganz zu schweigen von den Zwischenpositionen, die ebenfalls sehr interessante Sounds ermöglichen. Hinzu kommt, dass auch beim Zurücknehmen der Lautstärke des Volume-Potis die Dynamik sowie das Frequenzverhalten kaum spürbar abnehmen, sodass einer fruchtbaren Interaktion zwischen Gitarre und einem (guten) Röhrenamp nichts im Wege steht.
So ausgestattet bietet die Ibanez RG657AHM-GDF eine mögliche Klangausbeute, die sie für nahezu alle Stile einsetzbar macht. Ja, es wäre geradezu ein Hohn, sie nur auf den Hard ’n‘ Heavy Bereich zu beschränken!
Ibanez RG657AHM-GDF – die Klangbeispiele
Auch bei diesem Test habe ich wieder meinen kleinen Referenz-Amp Orange Micro Dark mit angeschlossener 1×12″ Celestion V-30 Box benutzt. Vor der Box war das AKG C3000 platziert, ehe die Tracks in Logic Audio aufgenommen wurden. Effekte wurden nicht eingesetzt, lediglich ein Limiter zum Anpassen des Pegels wurde auf die Stereosumme gelegt.