Blau wie ein Saphir
Sie stand schon immer irgendwie im Schatten ihrer berühmten RG-Schwestern und tut es bis heute noch: die Ibanez S-Serie. Klar, die Metal-Szene, die Ibanez überwiegend bedient, greift lieber zur zackigen RG, dabei hat auch die S-Serie eine Menge zu bieten und wird sowohl in der Prestige High-End-Linie der Japaner als auch im mittleren Segment („Premium“) und in den günstigen Serien angeboten. Unser Testmodell, die SA360NQM-SPB, entspringt dem unteren Preisbereich von Ibanez und bietet mit ihren drei Pickups, einem Vintage-Vibratosystem und dem schlanken Hals eigentlich ideale Voraussetzungen für Einsteiger oder den Profi als Zweitinstrument. Was man von dieser saphirblauen S-Klasse erwarten kann und was nicht, versuchen wir im Folgenden zu klären.
Ibanez SA360NQM-SPB – Facts & Features
Rank und schlank wie eh und je präsentiert sich der Korpus der SA360NQM-SPB, der aus Okume hergestellt wurde und in einem tiefblauen Farbton auf der Decke erscheint. Das Finish wurde nicht ganz deckend aufgetragen, sodass man an dieser Stelle auf ein dezentes Furnier aus Wölkchenahorn blicken kann. An den Rändern wurde ein Binding aus einem Mix von Perlmutt und Kunststoff eingesetzt – muss man jetzt nicht gut finden, die Arbeiten wurden aber auf jeden Fall sehr sauber ausgeführt und das zeigt bereits an dieser Stelle, mit welch hoher Qualität Ibanez auch bei seinen günstigsten Instrumenten nach wie vor zu Werke geht.
An der Rückseite des Korpus finden wir die klassische „Bierbauchfräsung“ genau so wie auch ein Shaping für das untere Cutaway sowie einen sehr ergonomisch geformten Hals-Korpus-Übergang, der ein müheloses Bespielen bis hinauf zum letzten Bund des Halses gewährleistet. Da hier nur eine Klarlackschicht die rötlich-braune Farbe des Holzes bedeckt, kann man gut erkennen, dass der Body aus drei Teilen zusammengeleimt wurde. Das Fach für die Elektronik wurde versenkt eingesetzt, das für das Vibrato aber leider nicht. Also nicht wundern, wenn es dann und wann mal am Gürtel schabt.
SA360NQM-SPB – Ahornhals und Jatoba Griffbrett
Im Gegensatz zum mehrteiligen Korpus besteht der Hals aus einem Stück Ahorn, auf den ein Griffbrett aus Jatoba aufgeleimt wurde. Perlmutt-Dots dienen der Orientierung. Das Halsprofil steht denen der Flachbretter der RG-Serie in nichts nach, mit einer Dicke von 19,5 mm am ersten und 21,5 mm am zwölften Bund geht es extrem schlank zu, dazu kommt ein Radius des Griffbretts von 305 mm, was man zweifellos als sehr modern bezeichnen kann. Wie gewohnt wurde die Halsrückseite nur mit einem hauchdünnen Satinlack überzogen, was für ein absolut natürliches Spielgefühl sorgt und auch bei feuchter Greifhand keine Probleme bereitet. Die 22 Bünde mittlerer Stärke wurden sauber eingesetzt, unspürbar an ihren Kanten abgerichtet und sorgfältig auf den Oberflächen poliert. Das gleiche gute Bild gibt der 42 mm breite Sattel ab, der zusammen mit einem weißen Binding das Griffbrett umrandet und sauber in seiner Position eingesetzt wurde. Zwei „String-Trees“ führen die oberen vier Saiten zu den Mechaniken an der Kopfplatte, die ebenfalls in einem saphirblauen Farbton strahlt – „Matched Headstock“ sagt der Fachmann wohl dazu.
Vintage-Vibrato mit erwarteten Schwächen
So schön das auf zwei Bolzen gelagerte T102 Vibrato auch aussehen mag: Benutzen sollte man es nur mit großer Vorsicht. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass das System nach einer Weile der Benutzung u. a. durch das Reiben der Saiten in den Kerben des Sattels etwas besser funktioniert, so richtig glauben mag ich das aber nicht. Schon nach leichten Bewegungen des Hebels gerät die Stimmung ins Wanken und führt die Hand unweigerlich zu den Mechaniken. Diese müssen ohne Klemmmechanismus auskommen, was die Sache vielleicht etwas mehr im Rahmen gehalten hätte. Zudem sind die beiden String-Trees nicht gerade förderlich diesbezüglich, sie sind aber notwendig, um die D-, G-, H- und E-Saite auf ein notwendiges Höhenniveau abzusenken.
Also sollte man besser den Hebel erst gar nicht einschrauben und auf das Vibrato lieber verzichten. Oder aber man legt es still bzw. zieht die Federn so weit an, dass der Block auf der Decke aufliegt, unser Testinstrument besitzt nämlich ein freischwebendes System, ganz schön mutig! Dann sollte es klappen, denn die sechs Mechaniken sind für ein Instrument dieser Preisklasse recht ordentlich und überraschen mit einem überwiegend präzisen Lauf auf ihren Achsen.
SA360NQM-SPB -Pickups und Schaltung
Als Tonabnehmer kommen drei Modelle aus eigenem Hause zum Einsatz. Am Steg sitzt ein Quantum-Humbucker in einem verchromten Rahmen, während die Mittel- und die Halsposition von zwei Resolution Singlecoils belegt werden, die direkt in die Decke eingeschraubt wurden. Geschaltet bzw. geregelt wird über einen Fünfwegeschalter sowie ein Poti für Volume und Tone. Sämtliche Bedienelemente bieten eine robuste Qualität, der Schalter wackelt kein Stück und rastet sauber in seinen Positionen ein, während die beiden Regler sauber auf ihren Achsen laufen und mit griffigen Metallknöpfen ausgerüstet wurden. Dem einen dürfte vielleicht die Position des Volume-Reglers zu nah am Steg bzw. Vibratoblock vorkommen und dazu führen, dass die Lautstärke ungewollt abgesenkt wird – man kennt dieses Problem ja seit jeher von der guten alten Strat. Der andere wiederum freut sich sicher über die griffgünstige Position der Potis und die des Reglers. Das gilt es einfach auszuprobieren.
Die SA360NQM-SPB in der Praxis
Akustischer Grundsound / Handling
Konnte die SA360NQM-SPB hinsichtlich ihrer Verarbeitung und der gefälligen Optik bislang im Test noch viele Pluspunkte einfahren, so ändert sich das Bild in der Praxis doch spürbar. In Sachen Klang und Performance bemerkt man doch schon recht schnell, dass es sich hier um ein Instrument der unteren Preisklasse handelt. Zu behaupten, dass der Schein dem Sein vorauseilt, wäre sicherlich etwas zu spitz formuliert, allerdings zeigen sich die Schwächen bereits im Grundsound, der recht dünn und leblos klingt und daher das Spielen recht zäh gestaltet. Hinzu kommt die „mutige“ Saitenlage, mit der unser Testinstrument ausgeliefert wurde, rund 3,5 mm in der Oktavlage sind schon eine Ansage und erleichtern den Einstieg gerade für Anfänger nicht besonders. Klar, das kann man ändern und sollte man auch und das am besten zusammen in einem Rutsch mit dem Arretieren des Vibratoblocks auf der Decke korrigieren, denn selbst Bendings mit der Greifhand bringen das System bzw. das Instrument ziemlich schnell aus der Stimmung.
Elektrischer Sound
Zunächst einmal sollte gesagt werden, dass die drei montierten Pickups prinzipiell den vielseitigen Klang bieten, den man von einer H-S-S-Kombination erwartet. Allerdings können auch sie den eher müden Grundsound der Gitarre nicht sonderlich aufpolieren, was zu einem eher „körnigen“ und undynamischen Klang des Humbuckers und zu wenig lebendigen Sounds der beiden Singlecoils führt. Zudem brummen speziell die Singlecoils deutlich hörbar, insbesondere bei verzerrten Sounds und dabei muss es noch nicht mal viel Gain vom Amp sein, kann dies recht schnell nerven. In Anbetracht des günstigen Preises der SA360NQM-SPB ist das aber noch zu verkraften, eine Serie von Austausch-Pickups könnten hier sicher dem Klang deutlich auf die Sprünge helfen und die Performance insgesamt spürbar steigern. Viel übler ist da noch die Sache mit dem Vibrato, aber darüber habe ich ja nun wahrlich schon genug geschrieben.
SA360NQM-SPB – Klangbeispiele
Für die Klangbeispiele habe ich einen Mesa/Boogie Studio 22+ Combo verwendet, vor dem ein AKG C3000 Mikrofon platziert wurde.