Wiedergabe
Die eingebauten 16mm-Stereo-Lautsprecher klingen sauber, aber recht dünn und für viele Anwendungen zu leise. Das können viele aktuelle Mobiltelefone besser. Die Lautsprecher des Olympus taugen wirklich nur zur Wiedergabe im stillen Kämmerlein, beispielsweise zum Abhören der Sprachaufnahme eines diktierten Geschäftsbriefes in einem Einzelbüro oder für das Gute Nacht-Lied in einsamen Hotelzimmern fernab der Heimat. In einer „musikalischen Umgebung“ ist das Lautsprechersystem dagegen nur schwerlich einsetzbar.
Auch die Kopfhörerbuchse ist zu leise: Genau genommen ist sie allein für das Monitoring in der Mikrofonstellung „High“ wirklich laut genug, um z.B. Vogelstimmen deutlich vernehmbarer zu machen und somit den Klang der laufenden Aufnahme zu beurteilen. Bei einem Rockkonzert hören Sie das Konzert um den Hörer herum und über die Knochenleitung ihres Schädels, aber sicher nicht aus dem Hörer.
Auch als luxuriöser mp3-Player klingt der LS-10 zwar sehr ausgewogen und sauber, aber wiederum zu leise. Schade, denn die Bedienung erfolgt intuitiv und blitzschnell. Die etwas bieder anmutende deutschsprachige Anleitung habe ich erst gegen Ende dieses Tests zur Hand genommen, um zu schauen, ob ich nichts übersehen habe. Hatte ich nicht.
Der Datenaustausch geschieht reibungslos und schnell, das Gerät schaltet sich beim Anstöpseln an einen USB -Anschluss automatisch ein. Etwas statisch sind die Regeln zur Datenablage im standesgemäß 2 Gigabyte großen, internen Speicher, der auf 10 Gigabyte erweiterbar ist: Alle selbst gemachten „Sprachaufnahmen“ (so wiederholt in der Anleitung zu lesen) müssen in den „Ordnern A bis E“ abgelegt werden, Kopien der hauseigenen mp3-Sammlung gehören dagegen in einen einzigen Ordner namens Music. Dafür halten zwei Alkalibatterien auch im Aufnahmemodus sensationelle zehn Stunden. Das ist eben doch das Produkt eines Diktiergeräteherstellers.
Ruhe – Aufnahme
Die eingebauten Elektret-Mikrofonkapseln haben einen Mittenabstand von rund 4,5cm und sind in einem Winkel von 90° nach außen gerichtet. Der kleine Laufzeitunterschied zwischen den Mikrofonen bewirkt einen intensiveren, breiteren Stereoeindruck, aber auch eine leicht eingeschränkte Monokompatibilität: Bei monophoner Wiedergabe der Aufnahmen einstehen Kammfilterauslöschungen bei Vielfachen jener Frequenz, deren halbe Wellenlänge 4,5cm groß ist. Dieses Kriterium trifft beim LS-10 das erste Mal bei etwa 3800Hz zu, dann wieder bei 7600Hz usw.
Wenn wir davon ausgehen, dass es sich um Kapseln mit annährend nierenförmiger Charakteristik handelt, ist nach den Berechnungen von M. Williams der Stereoeindruck einer Aufnahme mit dem LS-10 dann besonders natürlich, wenn die virtuelle Bühne vor dem Recorder einen Winkel von +/-80° einschließt, also 160° Grad „breit“ ist („Abstand zwischen Mikrofonen in cm: 4,5“; „Winkel zwischen den Mikrofonen: 90°“). Man sollte mit dem Olympus -Recorder also sehr nahe heran an Bühnen, Solisten, Ensembles und große Orchester. „Die Brusttasche des Dirigenten“ wäre somit der ideale Ort bei dieser Mikrofonanordnung. Bei größerem Abstand, also bereits in den vorderen Publikumsreihen eines Saales, geriete das Klangbild mit dem LS-10 zu eng.
Die Abbildung entstammt den sehr empfehlenswerten „Mikrofonaufsätzen“ von Jörg Wuttke, die Sie unter www.schoeps.de kostenlos herunterladen können.
Einige Hersteller, darunter Sony oder Zoom, positionieren ihre Kapseln übrigens gerne in einer „fehlerhaften Koinzidenz-Stereo-Anordnung“. Schauen Sie sich Spaßes halber mal ein Rode NT4 an: Ja, so wäre es richtig, aber man benötigt natürlich eine unpraktisch große Bauhöhe dafür.
Das zuschaltbare Low Cut-Filter eignet sich sehr gut für Sprachaufnahmen und zur Reduktion von Windgeräuschen. Ein im Menü aktivierbarer Limiter schützt vor „überraschenden“ Übersteuerungen in Aufnahmesituationen, deren Amplitudendramaturgie schwer vorhersehbar ist (Fanzone, Im Löwenkäfig, Entschärfung einer Fliegerbombe). Das Limiting klingt gut, gröbere Aussteuerungsfehler werden aber nicht ausgebügelt, die fein aufgelöste Aussteuerungsanzeige signalisiert dann ein Clipping. Für Interviews und Dokumentationen gibt es eine Funktion zur automatischen Aussteuerung. Bei sämtlichen Audiobeispielen zu diesem Artikel war der Limiter aktiviert.
Der Low Cut sollte bei Musikaufnahmen unbedingt ausgeschaltet sein, sonst gerät der Klang deutlich zu dünn. Besser vorher kontrollieren, als nachher ärgern!
Die Stereomikrofone liefern ein räumliches Klangbild mit einer einer leichten Höhenanhebung. Eher prinzipbedingt fehlt es, etwa bei Live-Mitschnitten einer Band, die über eine Lautsprecheranlage spielt, an Druck im Bassbereich. Deswegen, und wegen des bereits erwähnten optimalen Aufnahmewinkels von 160°, heißt es: Immer so nahe ran, wie möglich. Mit etwas Übung kann der LS-10 brauchbare „Erinnerungsstücke“ für gemeinschaftliche Rehearsals liefern, aber auch für das eine oder andere selbstproduzierte „Live-Demo“ gut sein. Mehr ist nicht drin, was jedoch nicht als Schwäche des Gerätes oder dieser Gerätegattung zu interpretieren ist: Welcher halbwegs ernsthafte Mitschnitt eines Kirchen-, Kammer- oder Rockkonzertes kommt gänzlich ohne Stützmikrofone aus oder bedient sich nicht gleich der Einzelausgänge des verwendeten Live-Mischpultes, um anschließend den Segen einer mehrspurigen Nachbearbeitung zu erfahren?
Ein paar digitale Gimmicks gibt es: Die nur wiedergabeseitig aktivierbaren Hallsimulationen im Menüpunkt REVERB sind geeignet, um einer in der Übezelle einer Universität aufgenommenen Violine beim Abhören auf dem Nachhauseweg in der U-Bahn etwas Leben einzuhauchen. Ansonsten sind sie eher nutzlos. Für das in drei Stufen schaltbare, bereits bei der Aufnahme wirkende „ZOOM MIC“, wurde der Algorithmus „Virtual Microphone“ des kanadischen Spezialisten für virtuelle Akustik „DiMAGIC“ lizenziert. Es ist nur im 44,1kHz, 16Bit-Aufnahmemodus nutzbar. Zwar wird der Pegel unkorrelierten Diffusschalls mit ZOOM MIC hörbar reduziert (Wind, Poolplätschern, Geschwätz) und das Stereobild rückt, wie erwünscht, zusammen. Der menschliche Hörsinn arbeitet jedoch ähnlich wie ZOOM MIC, und ist in der Lage, korrelierte monofone Signale aus der Blickrichtung von unkorrelierten Umgebungsgeräuschen zu trennen und dann bevorzugt „auszuwerten“. Werden beide Anteile nun in einer „künstlichen, neuen Mitte“ zusammengesmischt, wird dem Gehirn genau diese Möglichkeit zur Separierung genommen. Gut funktioniert dieses Tool jedoch, wenn man derart isolierte Schallquellen (z.B. Gespräche auf dem Nachbarhandtuch im Schwimmbad) später mit anderen Schallereignissen (z.B. einem Playback) mischen will. Das erledigen Profis aber möglicherweise lieber NACH der Aufnahme und mit Editing-Tools, die eine feinere Parametrisierung als das nur dreistufige ZOOM MIC. Viel besser gefallen hat mir der in vier Stufen schaltbare „EUPHONY“-Algorithmus: Dem Klang meines In Ear-Headsets Sony MDR-EX70 mit deutlichem Hang zur „Im Kopf-Ortung“ verleiht EUPHONY eine angenehme Distanz bei dennoch hoher Ortungsschärfe: Die Stellung „Natural“ etwa klingt wirklich sehr angenehm und „natürlich“.
Klasse Testbericht :-) Nur kleiner Kommentar am Rande :
Zitat : "Die Messergebnisse sind für ein portables Gerät dieser Größenklasse sehr gut, bewegen sich aber dennoch unter dem, was bei der Speicherung mit einer Auflösung von 16Bit möglich ist. Sie können also getrost mit 16 Bit aufnehmen."
Das stimmt nicht so ganz. Der Sinn von 24 Bit ist ja vielmehr, ein relativ gering ausgesteuertes Signal mit noch genügend Bits zu reproduzieren. Selbst wenn man ein Signal mit -12dB abtastet, hat man immer noch effektiv 22 Bit Auflösung.
Darüber hinaus kenne ich kein Gerät, was einen Noisefloor von -144dB (24bit) schafft..
Die Anmerkung ist korrekt: Das Nutzsignal "versinkt" zwar im Rauschen, bleibt dort aber, je nach seiner Beschaffenheit und der "echten Auflösung" der den Vorverstärkern nachgeschalteten A-D-Wandlern, durchaus hörbar. Diesen Effekt nutzt man u.a. beim Dithering im Zuge der Bitbreitenreduktion von Digitalsignalen.
Vielen Dank für den kompetenten Testbericht. Hat mich auf einige Punkte aufmerksam gemacht, den andere Berichte nicht berücksichtigen.