Blauer Teufel im Gigbag-Format
Phil Jones Amps scheinen derzeit der ganz heiße Tipp zu sein – und so wurde auch der hier zum Test vorliegende Phil Jones Bass BP-800 direkt als „Music Editor’s Choice“ auf der NAMM 2019 ausgezeichnet. Phil Jones – ja, der Chef von dem Laden heißt wirklich so, das ist ausnahmsweise mal kein ausgedachter Markenname – treibt als Entwickler von Audioequipment schon seit den 1970er Jahren sein Unwesen, zuerst bei Vitavox, später dann mit diversen eigenen Firmen. Laut Firmenhistorie ist der gute Mann studierter Bassist, der aber schon im Teenageralter seinen ersten Verstärker gebaut hatte und irgendwann sein Hobby zum Beruf machte. Entsprechend liegt der Fokus seines 2002 gegründeten Subunternehmens Phil Jones Bass deutlich im Bereich der Bassverstärker, während die Mutterfirma American Acoustic Development hauptsächlich im HiFi- und PA-Bereich unterwegs ist.
Mit dem wie erwähnt schon im Vorfeld mit Lob überschütteten Phil Jones Bass BP-800 stellte Jones Anfang des Jahres ein kompaktes Hybrid-Topteil mit 800 W Ausgangsleistung vor, zu haben zum Ladenpreis von 869,- Euro. Waren vor einigen Jahren noch Hybride mit Röhrenvorstufe und Transistorendstufe en vogue, sieht man derzeit eine Entwicklung hin zu analogen Transistor-Vorstufen, die dann eine Digitalendstufe mit Signal versorgen. Genau so ist auch der Phil Jones Bass BP-800 aufgebaut. Im Prinzip hat man so die vollständig analoge Bedienung eines Verstärkers, „wie früher“, ohne digitales Modeling und dergleichen Spielereien, allerdings kombiniert mit dem geringeren Gewicht und den kleinen Abmessungen eines digitalen Geräts.
Phil Jones Bass BP-800, Bassverstärker – Facts & Features
Mit einer Leistung von 800 Watt rangiert der Phil Jones Bass BP-800 schon unter den sehr leistungsstarken Phil Jones Bass BP-800 Bassverstärkärken – sofern er diese Leistung auch wirklich bringt. Anders als mein nominell mit 750 Watt ausgezeichneter TC Electronic RH750 bezieht der Phil Jones Bass BP-800 aber auch tatsächlich bis zu 950 Watt aus der Steckdose, was tatsächliche 800 Watt Ausgangsleistung realistisch erscheinen lässt. Damit erklären sich dann auch die Dimensionen des Geräts – denn der Amp ist zwar mit 19 x 33 x 7 cm und einem Gewicht von 2,7 kg recht kompakt, aber weit entfernt von den weitverbreiteten Hosentaschen-Amps mit teils astronomischen Leistungsangaben.
Das Metallgehäuse mit schick blau eloxierter dicker Aluminiumfrontplatte wirkt schwer und wertig, kommt allerdings in einem leicht seltsamen Format. Der Verstärker ist 7 cm hoch und 19 cm breit, aber 33 cm tief. Damit sieht er auf einem Boxenturm etwas ungewöhnlich aus, lässt sich aber recht gut in Rucksack oder Gigbag verstauen. Die Tiefe würde eigentlich für ein Rack-Gerät sprechen, allerdings gibt es keine Ohren zum Einbau und auch die anderen Maße gehen mit dem üblichen 19-Zoll-Format nicht auf.
Die Produktbeschreibung auf der Homepage spricht davon, dass der Phil Jones Bass BP-800 stabil und unverwüstlich gebaut sei und so wirkt er durch das massive Metallgehäuse und die aus Aluminium gefrästen Regler auf der Frontplatte auch. Allerdings beinhaltet die Frontplatte auch einen Mini-Toggleswitch zur Wahl zwischen Mute, aktiv und passiv (also eine Eingangsabsenkung), und das Ding ist auf jeden Fall abbruchgefährdet, sollte man den Amp nicht gut verpackt mitführen. Apropos Frontplatte, lustigerweise scheint Phil Jones das Design des Phil Jones Bass BP-800 noch mal kurzfristig geändert zu haben, es gibt nämlich Detailunterschiede bei Beschriftung und Anordnung zwischen dem realen Gerät und den Pressebildern (LED mit „Overload“ statt mit „Clip“ beschriftet, zusätzlich eingravierter Phil Jones Bass Schriftzug unter den Eingängen).
Was die Bedienungselemente angeht, hält sich der Phil Jones Bass BP-800 relativ klassisch, da analog aufgebaut. Ein Fünfband-EQ (Mittenfrequenzen 50, 160, 630, 2500 und 12000 Hz, 18 dB) dessen Regler löblicherweise mit Mittenrasten ausgestattet sind, besagter Toggleswitch, Gain-Regler und ein Mastervolume, das war’s im Prinzip. Neben dem Input gibt es noch einen Aux-In und einen Kopfhörerausgang, wobei die Lautstärke des Aux-In auch noch einmal regelbar ist. Der Kopfhörerausgang wird über den Master-Volume geregelt, da im Kopfhörerbetrieb die Speaker-Outs stummgeschaltet werden. Aller Drehknöpfe laufen fest und satt und fühlen sich, allein schon weil sie aus Leichtmetall sind, stabil und teuer an.
Die Rückseite zeigt sich auch wenig spektakulär. Ein DI-Ausgang ist bei Transistor- und Digitalverstärkern inzwischen Standard, wie üblich kann der auch Pre- oder Post-EQ geschaltet werden. Zusätzlich hat der Phil Jones Bass BP-800 einen seriellen Einschleifweg, der allerdings nicht schaltbar ist, sowie Line-In und Line-Out. Als Ausgang steht eine einzelne Speakon-Buchse zur Verfügung, man muss sich zum Betrieb mit mehreren Cabinets also drauf verlassen, dass eins davon mehrere parallele Eingänge hat oder halt eine Splitterbox verwenden. Der Power-Schalter befindet sich ebenfalls auf der Rückseite.
Wie bei einem leistungsstarken Gerät für unter 1000,- Euro zu erwarten, ist der Phil Jones Bass BP-800 zwar designed in the USA, aber in China gefertigt. Elektronik können die Chinesen aber, das sollte der ganzen Sache also keinen Abbruch tun. Abbruch kann man allerdings schnell produzieren, wenn man den Amp zum Transport in die im Lieferumfang enthaltene Stofftasche steckt – wie gesagt, der kleine Toggleswitch auf der Frontplatte macht mir da etwas Angst.
Zwischenfazit
Der Phil Jones Bass BP-800 ist zwar mit einer Digitalendstufe ausgerüstet, zeigt sich ansonsten aber als simpel und funktional ausgestattetes, straight-forward analoges Transistortopteil. Durch besagte Digitaltechnik ist das Gerät zwar nicht winzig, aber kompakt und leicht zu transportieren. Das Layout wirkt insgesamt durchdacht, der Amp wirkt solide und hochwertig und die Leistungsdaten lassen Großes erwarten. Also auf zum Praxistest.
Phil Jones Bass BP-800, Bassverstärker – Praxistest
Der Praxistest beginnt selbstverständlich mit dem Anschließen des Phil Jones Bass BP-800 an meinen Ampeg Stack im Proberaum. Testläufe mit dem Kopfhörer sind zumindest für den ersten Eindruck nicht so meins, zum in der Tat ziemlich guten Kopfhörerausgang kommen wir später. Natürlich färben meine alten Ampeg Cabs, vor allem nehmen sie etwas Höhen raus und komprimieren in den Mitten leicht, aber trotzdem macht der Phil Jones Bass BP-800 neutral eingestellt einen wirklich sehr neutralen Eindruck. Den alten Neckthrough-Preci aus Matsumoku, den ich in meiner Fusionrockband spiele, hatte ich neulich im Studio und tatsächlich klingt der direkt ins Board gespielt fast genauso wie das, was jetzt mit dem Amp aus den Boxen kommt. Das ist prinzipiell erst mal gut, der Verstärker hat vor allem keine fest eingebaute Mittenabsenkung, eine Unsitte die gerade bei Class-D-Verstärkern nicht aus der Mode kommen will. Phil Jones hat hier aber alles richtig gemacht.
Weiterhin bewegt der Phil Jones Bass BP-800 mit den richtigen Cabinets ordentlich Luft. Wie erwartet ist er etwas lauter als mein TC RH-750 mit ähnlichem Rating, aber nur etwas. Das allerdings reicht für jede Bühne aus, mehr braucht es wirklich nicht. Was im Direktvergleich der beiden Amps direkt positiv auffällt, ist die schnelle Ansprache des Phil Jones Bass BP-800. Verstärker mit digitaler Vorstufe bringen ja konstruktionsbedingt leichte Latenzen ins Spiel. Die sind bei meinem TC normalerweise völlig unkritisch und kaum zu bemerken, der Amp „hängt gut am Gas,“ Ob das jetzt tatsächlich durch den analogen Aufbau der Vorstufe kommt oder ob es einfach nur an der noch etwas cleaneren Auslegung des Verstärkers liegt, der Phil Jones spricht jedenfalls noch ein kleines bisschen direkter und knackiger an.
An EQ stehen beim Phil Jones Bass BP-800 nur vier Bänder zur Auswahl und die sind auch nicht parametrisch. Allerdings sind die EQ-Frequenzen so gut abgestimmt, dass sich trotzdem grundlegend in den Sound eingreifen lässt. So steuert zum Beispiel der Mittenregler genau jenes Frequenzband an, das einen Großteil des Soundcharakters ausmacht. Mit dem Regler links der Mittelstellung – erwähnte ich die Mittenrasten? – geht es in Richtung klassischer Scoop-Sounds, rechts der Mitte immer weiter der Jaco-Pastorius-Hupe entgegen. Allein mit dem Mittenregler lässt sich schon einiges herausholen an Sounds, aber die anderen Regler sind natürlich auch nicht zum Spaß da. Der Lo-Bass-Regler pusht natürlich die Subbässe, der Hi-Bass-Regler ist eher ein Tiefmittenregler und gibt ordentlich Growl dazu. Der Lo-Treble-Regler liegt im Bereich des berühmten Fender-Attack und lässt gerade Bässe mit Schraubhals ordentlich beißen, während der Hi-Treble-Regler ganz oben für schöne Brillanz für fein aufgelöstes Akkordspiel oder fiese Slap-Attacken sorgt.
Kommen wir also zu ein paar Klangbeispielen. Ich habe mich dieses Mal auf durch den DI-Ausgang, der hinter die Vorstufe geschaltet werden kann, beschränkt. Meiner Meinung nach gibt das noch am ehesten einen Eindruck wieder, welches Signal der Amp an die Boxen abgibt, denn die digitale Endstufe sollte soundmäßig eigentlich gar nichts machen außer laut (und genau das tut sie), und jede Box wird wieder starken Eigencharakter dazu bringen. Entsprechend sind Klangbeispiele von Amps natürlich auch immer stark mit Vorsicht zu genießen, aber in diesem Fall entspricht der Sound der DI schon recht genau dem, was der Amp an die Cabs leitet. Alle Beispiele sind über meinen PJ-Bass (Erle/Ahornhals) und ein Focusrite Scarlett 2i2 eingespielt, mit beiden Tonabnehmern und der Höhenblende voll auf, außer da, wo was anderes dabei steht.
Als erstes der Bass direkt und im Vergleich das neutrale DI-Signal – außer einem ganz, ganz leichten Boost der Hochmitten ist da kaum ein Unterschied zu hören.
Weiter einmal mit dem Mittenregler gespielt, einmal mit Mitten gescoopt und einmal etwas geboostet. Der Mitten-Boost verleitete mich dann dazu, komplett auf den J-Pickup am Steg zu schalten und ab geht der Jaco, zumindest was den Sound angeht.
So, Schluss mit den jazzy Riffs – hört her, ich nehme das Plektrum zur Hand! Die Mitten (auch die Tiefen) etwas abgesenkt und fertig ist der Pianostring-Picksound.
Man kann die ganze Sache auch einfach mal übertreiben und meinen völlig klassischen Bass in eine Death-Metal-Maschine verwandeln, indem man sämtliche Mitten rauswirft und tiefe Bässe und die Brillanzen boostet. Dazu noch mit den Fingern feste auf die tiefen Saiten drauf und das vor allem schnell … so einen Sound fährt zum Beispiel Derek Boyer von Suffocation, weswegen ich den immer ganz gerne als Extrembeispiel nutze. Muss man zwar mögen, aber auch klar anerkennen dass der Phil Jones Bass BP-800 auch solche Extreme liefern kann.
Für eine ganz andere Sorte von Metal kann man aber den Lo-Treble-Regler gut benutzen. Mit allem anderen relativ neutral und den 2,5 kHz leicht geboostet kriegt man den Fender-Knack schön herausgearbeitet und entsprechend einen Sound grob in der Richtung von Steve Harris. Natürlich habe ich den Steg-Pickup dazu ausgemacht und damit den klassischen Preci-Sound an den Amp gegeben, allerdings mit Roundwounds von Pyramid anstatt Flats von Rotosound wie das Original.
Mit etwas Brillanzen und Knack oben drauf gesetzt, kann man gerade mit dem ansonsten neutral ausgelegten Phil Jones Bass BP-800 sicherlich feine Slapsounds zaubern, sofern man einen eigenen Kompressor mitbringt, der Jones hat nämlich keinen. Nun sind weder mein Testbass noch ich Slap-Maschinen erster Güte, aber zur Vollständigkeit hier noch einmal ein simples Slapriff und ein paar Akkorde. Bei ganz aufgerissenem Höhenregler und leisem Spiel hört man hier eine leichte Neigung zum Rauschen, die aber noch halbwegs in Ordnung geht … in moderateren Stellungen ist der Phil Jones Bass BP-800 hingegen völlig leise.
Ist alles gesagt? Nein, Moment, der Kopfhörerausgang. Der ist gut gemacht, schaltet den Boxenausgang stumm und lässt sich dann über den Master-Volume regeln. Klingt sehr gut, lässt sich zum Üben gut verwenden und auch die Option, noch einen Backingtrack einzuschleifen, ist sehr nützlich.