Ein Klassiker kehrt zurück
Die Firma Rickenbacker wurde bereits 1931 gegründet und gehört somit zu den ältesten Herstellern elektrischer Gitarren überhaupt. Der Schweizer Rickenbacher (der seinen Namen in Rickenbacker änderte, um antideutsche Einstellungen aufgrund der Weltkriege zu vermeiden) konzentrierte sich bis in die 1950er Jahre auf die Herstellung von Hawaiigitarren. Bekannt wurde hier vor allem das Modell „Frying Pan“. Als später der Rock ’n‘ Roll und Beat aufkam, verlagerte sich die Produktion in Richtung Standard-Elektrogitarren. Sicherlich verhalf der junge John Lennon und auch George Harrison (bevor er auf Gitarren der Marke Gretsch umstieg) von den Beatles den Modellen dieses Herstellers auch zu einem deutlich höheren Bekanntheitsgrad. Beim Testen dieser Gitarre kommt Freude auf! Das semi-akustische Modell, die Rickenbacker 381V69,ist eine Wiederauflage des Modells, das auf unzähligen Aufnahmen der Beatles, Tom Petty, Roger McGuinn von den Byrds, The Who, Jeff Buckley, John Fogerty von CCR und vielen mehr zu hören ist. Klangfreaks schätzen diese Gitarre für ihren individuellen Ton mit dem typischen Rickenbacker Charakter, den man aus unzähligen Songs kennt bzw. heraushören kann. Verarbeitung und Materialauswahl sind eindeutig in die Abteilung „Oberstes Regal“ einzuordnen, der Preis für dieses Instrument allerdings auch.
Rickenbacker 381V69 – Facts & Features
Die Rickenbacker 381V69 ist ein Halbakustik-Modell, wurde in den U.S.A. gefertigt und wird in einem außerordentlich stabilen und großzügigen (leider auch das Gewicht betreffend) Rechteckkoffer (Vintage Reissue) ausgeliefert. Beim ersten Öffnen des Koffers schlug mir eine Wolke aus intensivem Lackgeruch entgegen, die sich erst nach einigen Tagen glücklicherweise langsam „verdünnisierte“. Die Autorenkollegen inklusive meiner Wenigkeit durften in den letzten Jahren ja so manche neue Gitarre beurteilen bzw. aus dem Koffer befreien, aber diese Intensität des Lackgeruchs war bis jetzt für mich sicherlich einzigartig.
Korpus
Diese Gitarre mit dem Design von 1957 besitzt einen handgeschnitzten, gewölbten Korpus. Nur ausgesuchte Ahornhölzer mit intensiver Maserung kamen hier zum Einsatz. Der Korpus des Modells 381V69 wurde in einem Two Tone-Sunburst (rot/gelb) lackiert und komplett mit einem „Checkerboard-Binding“ eingefasst. Die beiden tief ausgeschnittenen Cutaways gestatten auch in den höchsten Lagen einen guten Zugang zum Griffbrett. Natürlich hat auch die Form des Schalllochs das typische Rickenbacker-Design. Das Gewicht des recht großen Instruments geht mit knapp 4 kg vollkommen in Ordnung, so kann man damit auch einen langen Abend auf der Bühne sicherlich unbeschadet überstehen.
Das Instrument besitzt zwei schneeweiße, einlagige Schlagbretter, wobei das Schlagbrett, das die Bedienelemente der Elektrik beinhaltet, auf dem Korpus aufgeschraubt wurde. Ein zweites Schlagbrett wurde mit Abstandhaltern etwas erhöht vom Korpus angebracht, um eine komfortable Haltung der rechten Hand zu ermöglichen.
Rickenbacker 381V69 – Hals
Das Griffbrett dieses Modells wurde in zwei Varianten angeboten. Bis 2017 kam ein Bubinga Griffbrett ohne Binding zum Einsatz, ab 2017, also auch für unser Testobjekt gültig, wurde das Griffbrett aus Caribbean Rosewood (Metopium Brownei) gefertigt und mit einem Binding versehen. Das Griffbrett der Gitarre besitzt einen Radius von 254 mm, was genau 10 Zoll entspricht. Damit fällt der Hals also eher „vintagemäßig“ aus. Die 21 Bünde wurden an den üblichen Bünden mit dreieckigen, weißen Einlagen versehen, was zum individuellen Look der Instrumente aus dem Hause Rickenbacker beiträgt. Der Maße des Halses sind im mittleren Bereich anzusiedeln, wir haben es also weder mit einem flachen Ibanez Flitzehälschen, noch mit einem Baseballschläger zu tun. Der eher traditionell gehaltene Griffbrettradius gestattet gerade beim Greifen von Akkorden ein angenehmes Spielgefühl, aber selbstverständlich kann die Rickenbacker 381V69 auch problemlos für Solos eingesetzt werden, da die Bünde recht fett und hoch sind.
Ein Alleinstellungsmerkmal von Instrumenten aus dem Hause Rickenbacker ist natürlich unter anderem auch das dick lackierte Griffbrett. Dies ist bestimmt nicht jedermanns Sache und ich kann schon das Zucken bzw. möglicherweise Aufschreien einiger Kollegen hören, die beim Spielen lackierter Griffbretter körperliches Unwohlsein empfinden, denn das Griffbrett dieser Gitarre hat einen deutlich dickeren Lacküberzug erhalten (wurde sozusagen in „Glas gepackt“) als beispielsweise einige Ahornhälse von Fender Strats bzw. Telecastern.
Hardware
Die Hardware der Rickenbacker 381V69 wurde komplett verchromt. Auch der firmentypische R‘ Saitenhalter ist an Bord und leistet seinen Beitrag zum typischen Design und Klang der Gitarre. Die Gitarre wurde mit sogenannten Deluxe Vintage Mechaniken ausgestattet, die direkt und straff ansprechen. Der Steg besitzt sechs einzelne Stege, die natürlich zur Einstellung der Bundreinheit individuell justiert werden können.
Rickenbacker 381V69 – Elektrik
Das Instrument wurde mit zwei „Vintage Single Coil Toaster Top™-Tonabnehmern“ bestückt. Diese leisten einen erheblichen Beitrag zum individuellen Ton dieses Instruments, wie wir später noch hören werden.
Für jeden Pickup steht jeweils ein Tone- und Volume-Regler zur Verfügung. Die Pickups werden mittels eines 3-Wege-Toggleswitchs umgeschaltet, so wie man dies von zahlreichen weiteren Gitarrenmodellen kennt. Ausgesprochen selten anzutreffen, aber durchaus sinnvoll, ist der verbaute Mix-Regler. Mit diesem lassen sich die Signale beider Tonabnehmer mischen, ohne dafür extra beide Lautstärkeregler zu bemühen. Das Mischen geht dann spontan und effektiv vor sich und in Sekundenschnelle kann man den beiden Pickups neue Klangnuancen entlocken.
Bei Rickenbacker Modellen aus den Sixties, aber mittlerweile längst komplett aus der Mode gekommen, ist der sehr selten anzutreffende Stereoausgang, der bei diesem aktuellen Modell wieder integriert wurde. Hier können beide Pickups bei Bedarf separat abgenommen werden und an unterschiedliche Amps bzw. Mischpultkanäle etc. geschickt werden. Dafür hat man eine zweite Klinkenbuchse direkt neben dem Standard-Monoausgang an der Zarge angebracht.
Handling
Die Rickenbacker 381V69 schmiegt sich beim Spiel im Sitzen schön an den Körper an und rutscht nicht vom Knie, wie man das von Modellen mit schmaler Taille (Les Paul etc.) kennt. Die Halsspannung und Saitenlage war ab Werk bereits gut eingestellt. Die Mechaniken sprechen präzise an, sind optimal übersetzt, womit das Stimmen zum Vergnügen wird. Das Halsprofil, das man als „stabiles D“ bezeichnen könnte, liegt sehr angenehm in der Hand und gestattet ein komfortables Spiel. Das satt klarlackierte Griffbrett ist für den einen oder anderen möglicherweise zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man nicht gerade ein „Vielschwitzer“ ist, hat dies keinerlei Nachteile.
Rickenbacker 381V69 – Sound
Bereits trocken angespielt, kann man sofort das gute Schwingungsverhalten des Instruments wahrnehmen und den Charakter des Instruments einordnen, den ich spontan mit „warm und doch drahtig“ bezeichnen würde. Hören wir nun das gute Stück eingeklinkt. Wir beginnen mit einem leicht „angezerrten Strumming“. Hier kommt augenblicklich Erinnerungen an die Beatles oder Tom Petty auf:
Der Sound ist ausgesprochen durchsetzungsfähig und charakterstark. Besonders die Mischung von Rickenbacker Gitarren und VOX AC30 sind bekanntermaßen ein gutes Team, was sich in etlichen Aufnahmen aus den Sechzigern und Siebzigern hören lässt.
Hören wir nun den Halspickup mit leichter Verzerrung, auch hier ist stets der halbakustische Klang herauszuhören:
Kommen wir zu den cleanen Sounds, diese sind ausgesprochen drahtig, durchsetzungsfähig und mit eigenständigem Klang. Dieser ist nur schwer mit Gitarren anderer Hersteller vergleichbar:
Auch in der Mittelposition des Toggle-Switches, also mit beiden Tonabnehmern parallel, muss man den Pickups einen eigenen Sound attestieren, denn eine Telecaster, Gibson ES 335, Les Paul bzw. etliche weitere Modelle klingen definitiv deutlich unterschiedlich:
Mit dem Mix-Regler kann man sich bei Bedarf noch diverse Verhältnisse beider Tonabnehmer „zusammenschrauben“.
Hören wir nun den Halstonabnehmer clean:
Auch hier kann man schön hören, dass wir eine Halbakustik-Gitarre spielen, da der Klang die gewisse Wärme und die dafür typische Attack erzeugt. Die Verbindung des halbakustischen Konzepts mit den drahtig klingenden Einspulern sorgt sicherlich für einen sehr speziellen Ton.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Rickenbacker 381V69 – Peavey Classic 20 MH – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – Apogee Duett – Mac mit Logic (etwas Delay hinzugefügt).
Aus dem anfänglichen „Will haben“ wurde beim Preis ein „ErstmalNix“…..
@Jörg Hoffmann Selbst wenn ich die Kohle hätte, würde mich das lackierte Griffbrett vom Erwerb abhalten. Die einzigen Gitarren, bei denen ich das OK finde, sind Telecasters mit Maple-Griffbrett.
Die Rickenbacker sieht allerdings super aus. Harley Benton (Hust), übernehmen Sie!
hui ,
etwas unter 6000,- ….
finde ich dann doch etwas übertrieben
für das instrument.
naja, profi bereich.