Blackstar schließt die Lücke - das St. James Plug-in
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Die Blackstar St. James-Serie ist durch ihren satten, authentischen Röhrensound bei extrem leichter Bauweise bekannt geworden. Ein Ergebnis der patentierten Mischung aus Röhren- und Digitaltechnik. Der Kollege Johannes Krayer hat das EL34-Topteil vor gut einem Jahr für euch getestet und es hat richtig gut abgeschnitten, sein Testfazit damals lautete: „Die Blackstar St. James 50 EL34 Serie klingt fantastisch und spart nun endlich das lästige Schleppen schwerer Röhrenverstärker. Wer Wert auf authentischen Röhrensound bei wenig Gewicht legt, für den ist die St. James Serie von Blackstar absolut alternativlos, da momentan kein weiteres Produkt erhältlich ist, was so gut ausgestattet wurde, super klingt und quasi nichts wiegt.“ Damit spare ich mir netterweise die Einleitung. Was aber noch netter ist: Blackstar spart jetzt noch mehr Gewicht. Die neue St. James-Serie wiegt nämlich gar nichts. Ob das klingt? Wir hören rein. Die 2023er Blackstar St. James Software liegt vor, die frische Ernte vom Berg der digitalen Möglichkeiten, spritzig im Ansatz, keulig im Abgang.


Blackstar St. James 50 EL34 Fawn
Blackstar St. James Software – Download und Installation
Die Blackstar St. James Software kann von der Homepage des Herstellers zunächst als Trial-Version geladen werden. Diese Testversion funktioniert uneingeschränkt über einen Zeitraum von 14 Tagen. Wer sich dann zum Kauf entschließt, muss, sofern nicht bereits vorhanden, einen iLok-Account anlegen. Wer iLok noch mit nervigem Dongle in Erinnerung hat, mag beruhigt sein, diese Zeiten sind vorbei. Zeitgemäße Online-Activation ist angesagt. Leider bietet das Shop-System ausschließlich Kreditkartenzahlung an.
Die Software funktioniert unter Mac OS und Windows, Benutzer anderer Plattformen haben das Nachsehen. Auf dem Mac sollte mindestens Catalina (Mac OS 10.15) laufen, auf Windows benötigt die Software mindestens Version 8. Dafür ist der Download und die Installation dann, entsprechend dem Betriebssystem, kein Problem. Die Software installiert sich als Standalone-Version und in allen gängigen Formaten (VST, AU und AAX) für die DAWs. Beim ersten Öffnen meldet sich dann der Activation-Screen und fragt, ob ich weiter testen oder aktivieren möchte. Bei einem Neustart der DAW scannt diese in der Regel das System nach neuen Plug-ins und schon taucht die St. James Software in der Liste der Audio FX auf. Natürlich benötigt man jetzt noch ein Audiointerface, um die Gitarre an den Rechner zu böppeln und ein paar gute Kopfhörer oder Monitorboxen. Warum ich das alles so ausführlich beschreibe? Ich halte die Blackstar St. James Software für ideal für Einsteiger ins Metier, denn es ist, trotz umfangreicher Möglichkeiten, leicht zu durchschauen, nah am „Real Life Rig“ und damit prädestiniert, ins digitale Wunderland zu starten.


Blackstar Live Logic
Der Aufbau der St. James Software
Nach dem Öffnen der Software grinst es mich an, das Blackstar St. James EL 34 Topteil. Rund 90 % des Fensters sind für den Amp vorgesehen. Alle Regler und Schalter entsprechen dem Original und sind per Maus (klicken und ziehen) oder per Wheel (Mauszeiger auf den Regler schubsen und fröhlich drehen) beweglich. Da es den originalen St. James Amp sowohl mit EL34, wie auch mit 6L6 Röhren bestückt gibt, kann auch per Mausklick einer der beiden Amps ausgewählt werden. Die EL34-Version erscheint in beigem, die 6L6-Variante in schwarzem Tolex. Oberhalb des zentralen Fensters finden wir den Preset-Browser, den Zugang zu den Audioeinstellungen sowie eine Anzeige des aktuell geänderten Parameters.
Unterhalb des Hauptfensters befindet sich links die Input-Sektion mit dem Input-Level-Regler und einem Noise-Gate. Ein Schalter schaltet die St. James Software bei Bedarf von Mono auf Stereo um. Dieser Schalter funktioniert nur, wenn die Software auch in ein Stereo-Setup eingebunden ist. Das heißt, ich muss innerhalb der DAW eine Stereospur erzeugen, oder ich muss der Software zwei Eingänge des Audiointerfaces zuordnen. Dann können aber auch zwei Gitarren gleichzeitig spielen, das ist für Unterrichtssituationen ab und zu ganz cool. Ansonsten gibt die Software das Signal natürlich immer in Stereo aus, der Regler für den Output liegt ganz recht in der unteren Leiste. An der unteren, rechten Ecke kann die Größe des gesamten Fensters in sechs Schritten eingestellt werden.
Zwischen Input und Output symbolisieren fünf Buttons die unterschiedlichen Sektionen der Software. Von links nach rechts durchläuft das Signal diese fünf Regionen, die einzeln ein- und ausgeschaltet werden können. Eine Änderung der Reihenfolge ist nicht möglich. Beim Klick auf einen der Buttons erscheint die gewählte Sektion im Hauptfenster, wobei immer Zugriff auf die Regler des Amps bleibt. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Feature, das zum Beispiel den Softwares von Neural DSP fehlt. Dort muss immer das Amp-Fenster aufgerufen werden, wenn man Änderungen am Ampsetting vornehmen will. Bei der Blackstar St. James Software rutsch der Amp beim Aufrufen anderer Sektionen lediglich nach oben, die Regler bleiben aber erreichbar. Mal schauen, wann Neural DSP diesen Trick auch übernimmt.
Der Signal-Flow in der St. James Software
Zunächst wird das Signal durch die Pre-FX geschickt, hier stehen vier Effekte in Stompbox-Optik zur Auswahl. Ein Compressor, ein Drive-Pedal, ein Chorus und ein Phaser. Auch innerhalb einer Sektion sind einzelne Effekte nicht in der Reihenfolge veränderbar. Die Pedale haben die üblichen effektspezifischen Regelmöglichkeiten. Chorus und Phaser verfügen über einen Sync-Schalter, der den Speed-Regler zum Songtempo synchronisiert. Warum der in der Standalone-Version verfügbar ist und auf welche Größe er sich dort bezieht, ist nicht nachvollziehbar. Ein Metronom jedenfalls enthält die Software nicht, ebenso fehlt mir ein Tuner.
Sektion Nr. 2 enthält den Amp, wie oben schon erwähnt, in der EL34-Version, mit deutlich weniger Gain, oder, und das freut den Freund der amerikanischen Klänge, mit 6L6-Bestückung und vollem Brett. Beide Amps sind zweikanalig aufgebaut und haben nahezu identische Regler, lediglich der „Ch. II Boost“ des EL34 Boliden heißt beim 6L6er „Ch. II Voice“. Ansonsten gibt’s jeweils einen Volume-Regler für Kanal 1, einen Gain- und eine Volume-Regler für Kanal 2, einen 3-Band-EQ, einen Reverb-Regler für den Hall des Amps, sowie einen Master-Volume-Regler. Ein kleiner Kippschalter reduziert die Ausgangsleistung von 50 Watt auf 2 Watt, der Begriff „Sag“ bezeichnet die nun früher erreichbare Endstufensättigung, also das, was den altgedienten Kollegen die Freudentränen waagerecht aus den Augen schießen lässt.
Nach dem Amp folgt die Box, diese Sektion nennt sich bei der Blackstar St. James Software „CabRig“. In diesem umfangreichen Herzstück der Software können maximal zwei Cabinets aufgestellt werden, die Auswahl reicht von vier 1×12″ Combos, über das 2×12″ St. James Cabinet, bis zu drei 4×12″ Cabinets. Wer möchte, kann hier links und rechts pannen, bis der Oppa sagt „dobje!“. Dann gilt es, die Boxen zu mikrofonieren. Sechs Mikrofone stehen zur Verfügung, vom klassischen, dynamischen „57er“, über bekannte Mikros aus der Kondensator-Familie, bis zum Bändchenmikro kann man hier probieren und experimentieren. Jedes Mikro kann auch „Off Axis“ positioniert werden, was sich deutlich im Sound niederschlägt. Der Raum, in dem die Mikrofone und Boxen stehen, kann in drei Stufen verlängert, verbreitert und nach Belieben zugemischt werden.
Die nächste Sektion umfasst die „Post-FX“, also die Effekte, die nach dem Amp die bessere Figur machen. Flanger, Tremolo, Delay und Reverb stehen hier zur Verfügung, alle mit den üblichen Regelmöglichkeiten. Auch hier gibt’s wieder die Möglichkeit der Synchronisation zum Projekttempo, vor allem beim Delay ergibt das Sinn! Ist der Sync aktiviert, kann, mithilfe des Parameterfensters oben rechts, ein Notenwert als Delay-Zeit eingestellt werden.
Ganz zum Schluss ist in die Signalkette noch ein Equalizer eingebettet. Dieser kann sowohl einen generellen Low- als auch einen High-Cut aktivieren, so kann man ungewolltem Matsch und Stampf im Bassbereich sowie klirrenden Höhen schnell den Garaus machen. Vier Bänder, von denen zwei im für Gitarren so wichtigen Mittenbereich liegen, können im Frequenzbereich festgelegt und per Fader hinzugefügt oder herausgefiltert werden. Ich persönlich hätte den EQ gern hinter dem Amp gehabt, vor den zeitbasierten Effekten im vorletzten Slot. Das ist sicherlich auch immer ein bisschen Geschmacksache, aber wenn ich einen knalligen, höhenbetonten Hall wähle, wäre es schade um die schöne Hallfackel, wenn ich die Höhen wieder beschneide.
So klingt die Blackstar St. James Software für E-Gitarre
Für die Klangbeispiele braucht’s nicht viel. Eine Gitarre, ein Interface und Monitore oder Kopfhörer. Die folgenden Beispiele wurde mit meiner Charvel Morco Sfogli Signature eingespielt. Löblicherweise bietet die Software eine Bank voller Presets namens „Amp Tones“, sodass man die Amps zunächst problemlos ohne weitere Effekte hören und ausprobieren kann. Sounds, die man mag, kann man übrigens einfach mit Herzchen versehen, dann tauchen sie automatisch in der „Favourites Bank“ auf. Das ist das Schöne am TikTok-Zeitalter. Man kann einfach sein Herz vergeben.


Blackstar ID Core Beam
Die Klangbeispiele tragen die Namen der Presets, die ich unverändert gelassen habe. Zunächst gibt’s ein paar pure Amp-Tones.
Und nun ein bisschen mehr von allem, hier kommen die Werks-Presets mit Effekten. Der Zusatz „Modded“ bedeutet, dass ich am Sound etwas verändert habe. Das sind aber meist nur Kleinigkeiten.
Wer richtig noisy unterwegs sein möchte, möge hier noch mal reinschauen. Das Video kam gerade eben per Newsletter reingeflattert.
Toller Test. Download läuft, mal sehen ob ich es verschmerzen kann das man die Position der Effekte nicht ändern kann.
Nachtrag: Bin sehr begeistert. Meine bedenken wegen der Effekte war unbegründet. Tolle Software!