Vielseitiger Video Switcher für Kreative und Videoprofis
Beim Roland V-8HD handelt es sich um einen Video Switcher. Diese sind seit der Corona-Pandemie auch in viele Musikerhaushalte eingezogen. Das Thema Video hat durch die Kontaktbeschränkungen und dadurch entfallene oder stark verkleinerte Veranstaltungen großen Aufwind bekommen und auch nach Beendigung der Pandemie haben viele Musiker das für sie oftmals neue Medium Video beibehalten. So gibt es mittlerweile zahlreiche Video Switcher am Markt. Der Roland V-8HD Video Switcher ist einer davon und stand uns für einen Test zur Verfügung.
Inhaltsverzeichnis
Roland und Video
Die Firma Roland ist den meisten Lesern vermutlich für Synthesizer, Keyboards, Stagepianos und Digitalpianos bekannt. Auch Gitarristen kennen Roland durch den Roland Jazz Chorus Verstärker, diverse Guitar-to-MIDI-Systeme und die Effektpedale der Roland-Marke Boss. Roland ist aber auch schon seit langer Zeit im Videomarkt aktiv und hat verschiedene Video Switcher, AV Mixer und weiteres Zubehör für die Produktion multimedialer Inhalte im Programm. Der Roland V-8HD Video Switcher ist das drittgrößte Gerät der V-Serie Video Switcher.
Überblick – Roland V-8HD Video Switcher
In den vergangenen vier Jahren hatte ich einige Video Switcher zum Testen hier und gehörte zu den ersten Nutzern des Blackmagic Design ATEM Mini. Jeder Musiker, der schon einmal mit einem Video Switcher das Vergnügen hatte, wird bestätigen, dass die Lernkurve bisweilen sehr steil verläuft. Viele neue und unbekannte Fachbegriffe erschweren den Zugang. Darüber hinaus fühlt sich die Hardware ungewohnt an.
Der Roland V-8HD Video Switcher wirkt auf den ersten Blick etwas wie ein Drumcomputer. Ein Display, mehrere Drehregler und gummierte RGB-Pads nehmen einen Großteil der Bedienoberfläche ein. Erst der von Videomischern und Video Switchern bekannte T-Fader auf der rechten Seite lässt vermuten, dass wir es hier mit einem Gerät der Sparte Video zu tun haben.
Ein- und Ausgänge des V-8HD
Es lassen sich bis zu acht HDMI-Videoquellen an den Roland V-8HD anschließen, von denen sechs gemischt werden können. Zwei der Eingänge besitzen einen Scaler, um auch Quellen mit anderer Auflösung wie Computer, Smartphones, Tables, Spielekonsolen und so weiter einbinden zu können.
Der V-8HD bietet drei HDMI-Ausgänge, einen Stereo-Eingang (2x Cinch), einen Stereo-Ausgang (2x Cinch), Control/Exp-Klinkenanschlüsse für den Anschluss von Einzel- oder Doppelpedalen wie den Boss FS-6 Dual Foot Switch oder eines Expression-Pedals zum Steuern von bis zu 100 Aktionen, einen USB-Memory-Anschluss, einen-USB Remote-Anschluss sowie auf der rechten Seite einen regelbarer Kopfhöreranschluss (3,5 mm Klinke). Was der Roland V-8HD Video Switcher nicht bietet, sind Mikrofonanschlüsse.
Audio und Effekte
Der Video Switcher umfasst außerdem einen 18-Kanal-Mischer. 16 dieser Kanäle beziehen ihre Signale aus den acht HDMI-Anschlüssen. Die beiden weiteren Kanäle bekommen ihr Signal vom Stereo-Eingang des V-8HD. Das Mischpult bietet weitaus mehr als nur das simple Zusammenmischen der Eingangssignale. Jeder Eingang besitzt ein eigenes Delay, was sehr wichtig ist, wenn man mit unterschiedlichen HDMI-Kameras arbeitet. Nur so lässt sich der Versatz zwischen Bild und Ton ausgleichen.
Doch damit nicht genug: Für die Eingänge stehen ein Low-Cut-Filter (75 Hz), Noise-Gate, Kompressor und ein 3-Band-EQ mit parametrischen Mitten und semiparametrischen Höhen- und Bassfiltern zur Verfügung. Außerdem entdecke ich noch einen Monoschalter sowie sechs Presets. Die einzelnen Module lassen sich getrennt ein- und ausschalten. Neben dem Master-Bus existiert noch ein Aux-Bus, der sogar über einen eigenen Limiter und ein eigenes Delay verfügt. Diesen könnte man zum Beispiel auch dem Kopfhöreranschluss zuweisen.
Display
Der Mittelpunkt der Arbeit mit dem Roland Video Switcher ist sicherlich das Multiview-Display. Es handelt sich um ein 4,3“ TFT-Color-LC-Display mit einer Auflösung von 480 x 272 Pixeln. Die komplette Konfiguration und auch das Monitoring der Videobilder von Preview und Program-Stream oder der acht Videoquellen finden mit diesem Display statt. Das ist ungemein praktisch, denn anders als bei meinem ATEM Mini Video Switcher kann man beim Roland V-8HD Video Switcher auf einen externen Monitor verzichten.
Bedienkonzept des V-8HD von Roland
Natürlich kann ich hier nicht ins Detail gehen, doch das grundlegende Bedienkonzept des V-8HD sieht vor, dass alle Einstellungen am Gerät selbst vorgenommen werden können. Ein Computer oder Tablet mit Software ist also nicht zwingend erforderlich. Das merkt man dem Gerät auch sofort nach dem ersten Einschalten an: Die wesentlichen Bedienschritte sind offensichtlich und durch die eindeutige Beschriftung und Zuordnung der Bedienelemente wird sofort klar, welcher Regler oder Taster was macht.
Tiefergehende Einstellmöglichkeiten findet der Anwender nach dem Drücken des Menu-Tasters. Nun öffnet sich ein On-Screen-Menü und ermöglicht die Konfiguration des Video Switchers. Wer das Durchsuchen des Menüs nach dem richtigen Parameter dann doch zu umständlich findet, freut sich über die neue Roland V-8HD Remote-Control-Software, die für macOS, Windows und iPadOS verfügbar ist. Diese Software stellt übersichtlich jede Funktion des Video Switchers dar. Insbesondere das Audio-Mischpult und die Effekte zeigen Rolands Erfahrung in diesem Bereich.
Picture in Picture (PinP)
Zwei Picture-in-Picture-Layer ermöglichen Bildkompositionen. Schon an der Hardware lassen sich die PinP-Layer frei über zwei Regler für die horizontale und vertikale Position auf dem Bildschirm verschieben. Beie PinP-Layer besitzen dabei eigene Regler und eigene Buttons. Über den Mode-Button und die danebenliegenden PnP-Source-Buttons lassen sich die Quellen für die zwei PinP-Layer schnell auswählen. Das ist super gelöst und ich würde mir so etwas auch für andere Video Switcher wünschen, bei denen das nur über die Software-Fernsteuerung möglich ist. Über das Menü sind dann noch verschiedene Eigenschaften für die beiden PinP-Layer konfigurierbar, wie zum Beispiel die Form, Rahmen, Farbe des Rahmens, Stärke des Rahmens, Größe, Zuschnitt und mehr. Besonderheit: In der Remote-Control-Software kann man den selektierten PinP-Layer einfach mit der Maus anfassen und verschieben oder skalieren. Auch das Kopieren der Layer-Eigenschaften oder das Austauschen mit dem zweiten Layer ist möglich.
Downstream Keyer (DSK)
Der Downstream Keyer ermöglicht das Einsetzen von Videos oder Stills mit transparentem Hintergrund oder das Ausstanzen des Green- oder Blue-Screens. Zur Auswahl stehen hier Luminance Key (schwarzer oder weißer Hintergrund wird transparent), Chroma Key (Blue- oder Green-.Screen wird transparent), Alpha Key (Alpha-Kanal wird für Transparenz genutzt) und External Key (Key Source wird zum Ausstanzen genutzt aus der Fill Video Source genutzt). Die Konfiguration ist entweder über den Roland V-8HD Video Switcher direkt möglich oder über die Remote-Control-Software. Erneut lässt sich zum Beispiel wieder die Stärke der Transparenz über einen Regler (Level) direkt einstellen. Viele weitere Konfigurationsoptionen finden sich im Menü.
Still Images & Freeze Input Video
Still Images können über einen USB-Stick importiert werden, um sie dann im Roland V-8HD Video Switcher zu speichern oder direkt aus einem an den HDMI-Ports anliegenden Video erstellt werden. Letzteres ist zum Beispiel interessant, wenn spontan während einer Live-Übertragung Stills erstellt und im Anschluss eingeblendet werden sollen. Natürlich lassen sich so erstellte Stills auch für die spätere Verwendung auf einen USB-Stick schreiben.
Ebenfalls interessant ist Freezing Input Video. Fußballfans kennen eine solche Funktion zum Beispiel von den Einblendungen zu einer Abseitsentscheidung. Das Videobild wird dabei kurzzeitig angehalten und ein Overlay eingeblendet. Danach läuft das Kamerabild weiter.
Macros & Sequencer
Wie zum Beispiel auch beim ATEM Mini, gibt es beim Roland V-8HD Macros. Macros sind automatische Abläufe mehrerer Bedienschritte, die auf Knopfdruck nacheinander ausgeführt werden. Bis zu 100 Macros können gespeichert werden. Über die acht Macro-Buttons lassen sich acht Macros direkt aufrufen, alle weiteren Macros können über das Menü ausgewählt werden. Die Macros lassen sich auch mit Namen versehen und auf einem USB-Stick speichern.
Noch mächtiger wird das System mit dem Sequencer. Der Sequencer erlaubt das Definieren einer Abfolge (Liste) von Presets und Macros. Im Prinzip lässt sich damit eine komplette Sendung durchplanen und dann Schritt für Schritt oder automatisch ausführen. Bis zu 1000 Schritte können pro Sequencer-Liste definiert werden. Soll die Sequenz automatisch ablaufen, wird eine Zeitspanne zwischen zwei Schritten definiert. Man kann auch innerhalb einer Sequenz navigieren, um zum Beispiel einen bestimmten Schritt direkt anzufahren und dann alle weiteren Schritte danach ablaufen zu lassen. Natürlich ist es auch möglich, Sequenzen auf einem USB-Medium zu speichern.
Fußschalter und Expression-Pedal
Wie bereits erwähnt, erlaubt der Video Switcher den Anschluss von Fußschaltern und sogar eines Expression-Pedals. Diesen können eine Vielzahl verschiedener Funktionen zugeordnet werden. So kann man mit dem Fußschalter zum Beispiel zwischen den Video-Streams umschalten, die auf den PGM-, PST- oder AUX-Bus geschickt werden. Oder wie wäre es mit der Navigation innerhalb einer Sequenz? Die Fade-Funktion kann ausgelöst oder der Audioausgang stummgeschaltet werden und vieles mehr. Für das Expression-Pedal stehen Ziele wie der Video Fader, VFX Mix Level, Output Fade oder Audio Input/Output Level zur Auswahl.
Transitions, Mix, Wipe, Split/VFX
Natürlich beherrscht der Roland V-8HD Video Switcher Übergänge, den Mix von Videoquellen und natürlich auch Wipe-Effekte in allen möglichen Variationen. Diese lassen sich entweder am Gerät selbst über das Menü oder per Software konfigurieren. Per Split wird der Bildschirm in zwei Teile geteilt, deren Verteilung sich definieren lässt. Außerdem gibt es eine Vielzahl an verschiedenen visuellen Effekten, die ihrerseits wieder jeweils über einen Parametersatz verfügen und somit individuelle anpassbar sind.
Praxiseinsatz des Video Switchers
Natürlich könnte ich noch mit vielen Worten die weiteren Features des Roland V-8HD beschreiben. Ich möchte euch aber stattdessen lieber kurz einen Einblick in die Arbeit mit dem Gerät geben.
Nach dem Anschließen der Videoquellen und dem Aufspielen der Stills kann es eigentlich direkt losgehen. Na ja, nicht ganz direkt, denn das Starten des Mischers dauert schon seine Zeit. Der Lüfter surrt leise vor sich hin, das Display zeigt ein Testbild und dann werden alle Stills geladen. Je nach Anzahl der Stills dauert das eine Weile. Dann kann es auch endlich losgehen.
Es empfiehlt sich, einfach mal jeden Schalter zu betätigen und an jedem Regler zu drehen, um zu sehen, was diese bewirken. Vieles erklärt sich dann schon von selbst und einfache Aufgaben lassen sich so lösen, ohne dass in die Bedienungsanleitung geschaut werden muss oder tiefgreifende Änderungen über das Menü notwendig sind.
Noch viel einfacher ist das alles über die Remote-Control-App möglich. Der Download empfiehlt sich. Ich habe den Roland V-8HD an meinem Apple Mac Mini mit M1 Prozessor ausprobiert. Die Software ist nicht sonderlich anspruchsvoll. Im Prinzip reicht ein alter Mac oder Windows PC. Möchte man ein iPad verwenden, muss dafür das Apple Camera-Connection-Kit bemüht werden (zumindest für Modelle mit Lightning-Anschluss). Die Remote-Control-App findet man dann im Apple App-Store. Das Herumspielen mit dem Roland V-8HD Video Switcher macht Spaß und im Handumdrehen hat man die Grundzüge des Gerätes verstanden und ist dann bereit, entweder in die Untiefen des Menüs abzutauchen oder aber die Software zu bemühen. Mit der Remote-Control-Software ist die Bedienung des Video Switchers ein Kinderspiel.
Sehr schade ist, dass anders als zum Beispiel der ATEM Mini, der V-8HD keine Möglichkeit bietet, direkt einen Stream auf YouTube, Facebook oder in einer Videokonferenz-Software zu starten. Dazu wird eine zusätzliche Video-Capture-Card benötigt oder ein entsprechender USB-Dongle. Roland empfiehlt das hauseigene UVC-01 USB Video-Capture-Interface, das im Handel knapp 330,- Euro kostet.
Die maximale Videoauflösung beträgt übrigens 1080p. Es stehen eine Vielzahl an Eingabe- und Ausgabeformaten zur Auswahl, die man besser im Manual nachliest. Wer 4K benötigt, muss auf das Modell Roland V-600UHD ausweichen.
wenn man nicht ganz so viele Eingänge benötigt finde ich das RGBlink Mini MX P eine intresante Alternative, zumal das auch standalone streamen kann, oder eben Roland SR-20HD der ebenfalls streamen kann nur nicht über USB. Aber eigentlich kann man doch auch einen günstigen HDMI auf USB Konverter nehmen?
@richard Qualitativ ist der Roland V-8HD den RGBlink Mini-Geräten deutlich überlegen.
Danke für den aussagekräftigen Test. Eine Frage hätte ich noch: mit welcher Latenz ist zu rechnen?
@Martin Andersson Die Videolatenz kann ich nicht messen, wenn du die meinst. Im Testzeitraum ist keine störende Latenz aufgefallen.