Kreatives Skalpell für Zeit und Tonhöhe
Synchro Arts Revoice Pro 4 ist eine Software zur Zeitkorrektur und Tonhöhenanpassung zwischen verschiedenen Audiospuren. Die Software kommt ursprünglich aus der Postproduktions-/ Filmbranche zum Anpassen von Dialogspuren und hat sich von da aus weiterentwickelt. In Version 4 gibt es nun auch Neuerung, die auch für Musiker interessant sind. Kurzum eine Software für alle, die viel mit der Korrektur oder Erstellung von Doubling-Tracks für Dialog-, Gesangs- und Instrumentenaufnahmen zu tun haben.
Revoice Pro 4 ist basismäßig eine Standalone-Application für Windows und MacOS. Zum Betreiben wird ein iLok2 oder neuer benötigt und die iLok Cloud wird ebenfalls unterstützt. Das Handbuch ist als lokale HTML-Datei ausgeführt und erklärt die Handhabung recht kurz, aber ausreichend.
Version 4 ist das erste große Update seit ca. 4 Jahren und bringt etliche Neuerungen mit. Es wurde ein neues Projektformat eingeführt und Fenster und Panelen lassen sich nun in der Größe anpassen. Anpassen lassen sich nun auch die internen Tastaturkürzel und es wurde Gruppierungen per Drag & Drop eingeführt.
Revoice Pro und ARA2
Die größte Neuerung dürfte natürlich die Unterstützung der ARA2-Schnittstelle sein, die von Melodyne-Entwickler Celemony eingeführt wurde. Damit lassen sich unter anderem Audiodaten, Synchronisation sowie Abspielposition und Transport eines Projekts mit Plugins und externen Programmen teilen. Mit ARA2 sind vor allem synchronisierte Audiobearbeitungsmöglichkeiten realisierbar, die mit einfachen Audio-Rein/Raus-Plugins ein ständiges Importieren und Exportieren der Audiodateien erfordern würden.
Die Verbindung zum DAW-Host zu Revoice Pro 4 wird hier über zwei VST3/AU/AAX-Plugins bewerkstelligt. Das Erste wäre „Revoice Pro 4 Link“, das die Verbindung von der DAW zur externen Software herstellt und das andere Plugin „Revoice Pro 4 Monitor“ dient der Rückführung des Signals von Revoice Pro 4 auf einen anderen DAW-Track als der Quellenspur.
Die Version 4 unterstützt auch Total Recall, es ist also nicht mehr notwendig, die Revoice Pro 4-Projekte, die über ARA2 verlinkt sind, separat abzuspeichern. Es muss nur darauf geachtet werden, die Revoice Pro 4-Standalone-Anwendung vor der DAW zu starten, was auch logisch ist, denn sonst haben die Revoice Pro 4-Plugins ja keine Zielzuweisung und zumindest unter Reaper können die Revoice Pro 4-Plugins die Revoice Pro 4-Software nicht aufrufen.
Auch werden anscheinend leider nicht automatisch alle DAW-Projektdaten wie Tempo, Frame-Rate oder Timeline-Versatz in Revoice Pro 4 übernommen und müssen per Hand eingestellt werden. Da dieses Verhalten aber auch in etlichen Situationen wünschenswert sein kann, ist das akzeptabel.
Revoice Pro 4 bietet mehrer Werkzeuge zum Bearbeiten der Audiospuren. Diese werden z. B. einfach mit „B“ über die Tastatur aufgerufen.
APT „Audio Performance Transfer“
Da wäre zum Ersten die Hauptdomäne von Revoice Pro 4, das APT. Das ist die Abkürzung für „Audio Performance Transfer“ und bedeutet, Merkmale einer Audiospur auf eine andere zu übertragen. Wenn man z. B. nun eine zweite Gesangsspur erzeugen oder eine separat aufgenommene anpassen will, lässt sich das in Revoice Pro 4 mit deutlich weniger Mausklicks bewerkstelligen, als (Mikro-) Timing und Tonhöhe sämtliche Regionen in der DAW per Hand anzupassen.
Hat das DAW-Projekt eine Tempo-Map, kann bzw. muss diese über eine MIDI-Datei in Revoice Pro 4 importiert werden. Ein Audiospur, d. h. eine Auswahl davon, dient dabei als Referenz für die anderen Audiospuren im selben Auswahlbereich, die dann nach Bedarf zurechtgeschoben werden.
Dann folgt der Doubler zur Erstellung von Backing-Tracks und funktioniert auf die gleiche einfache Weise wie APT.
Zum Auffinden von Problemzonen im Audiomaterial hat Revoice Pro 4 noch einen einfachen spektralen Echtzeit-Analyzer an Bord, was eigentlich immer praktisch ist.
Die Einstellungen der jeweiligen Algorithmen werden über „P“ aufgerufen und erlauben eine weitergehende Anpassung des gerade aktiven Prozesses.
Warp-Regionen
Die Bearbeitung der Details in den Audiospuren erfolgt über die Warp-Marker/-Region. Hier beginnt der Spaß erst richtig. Ist eine Warp-Region angelegt, können Zeit-, Rhythmus- und Toninformationen auf mikroskopischer Ebene bearbeitet werden. Mehr Spuren können nach Belieben hinzugefügt werden.
Dem Warp-Werkzeug wurde auch ein neuer Algorithmus namens Vibrato spendiert und damit die Bearbeitung des Vibratos (der menschlichen Stimme) von der tonalen und zeitlichen Abhängigkeit in der Aufnahme separiert. Da dies vor allem die tonalen (vokalen) Aufnahmeinhalte betrifft, erkennt Revoice Pro 4 auch tonlose Inhalte wie Atemgeräusche und Plosiv- und Dentallaute (z.B. „S“, „P“ etc.) und nimmt sie von der Bearbeitung erstmal aus, können aber über die S-Taste ebenfalls zumindest in der Lautstärke bearbeitet werden.
Damit ist Revoice Pro 4 auch ein hervorragender De-Esser. Leider unterscheidet die Software aber nicht weiter zwischen Atem- oder S-Geräuschen. Das wäre für das Editieren sicher noch ein Gewinn.