Vier Fuzzes für ein Hallelujah
Im heutigen Vergleichstest treten gleich vier Bösewichter gegeneinander an. Sie gehören einer Gattung an, die viele Freunde, aber auch ebenso viele Verächter hat. Wir sprechen von Fuzzpedalen. Als sich in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die ersten Exemplare auf dem Markt tummelten, also bevor man eine (starke) Verzerrung durch Übersteuerung der Röhren erzeugte, wie dies heutzutage die meisten Röhrenverstärker (Marshall, Mesa Boogie, Engl, Bogner, Diezel etc.) können, war der Einsatz eines Fuzzpedals zunächst die einzige Möglichkeit, heftige Verzerrungen, cremiges Sustain und Aggressivität im Ton zu generieren, da diese Verstärker noch nicht auf die Erzeugung von heftigem Gain ausgelegt waren.
Die ersten Fuzzpedale beinhalteten meist nur einer handvoll Bauteile. Dies hat sich aber inzwischen geändert, da moderne Pedale dieser Gattung meist etwas mehr leisten können. Andererseits hat sich am Prinzip dennoch nicht viel getan, nur verfügen manche Pedale über weitere Parameter zur Klanggestaltung.
Unzählige Songs bzw. Hits machten Gebrauch von diesem Effekt, als herausragend seien hier ein paar Beispiele angeführt:
Der erste Fuzz-Effekt, der Maestro Fuzz Tone FZ-1, wurde berühmt durch den Einsatz im Rolling Stones Song „I can’t get no satisfaction“. Legendär ist natürlich auch der Einsatz des Mosrite Fuzz-Rite in Iron Butterflys „In A Gadda Da Vida“. Das Dallas Arbiter Fuzz Face wurde gerne von Jimi Hendrix eingesetzt, wird aber auch heute noch von Meistern z.B. David Gilmour und Eric Johnson bevorzugt. Die Pedale Vox Tonebender und die Foxx Tone Machine sind gleichfalls auf unzähligen Produktionen zu hören. Gleichfalls ein Klassiker, der MXR Distortion+, von Jerry Garcia und unzähligen weiteren Gitarristen eingesetzt. Nicht fehlen darf auch der EHX-Big Muff, gerne von King Crimson oder David Gilmour zur Klanggestaltung genutzt. Als Letztes sei noch der Fender Blender (gebaut von 1968–1977 oder heute als Reissue erhältlich) aufgeführt.
Soweit eine kleine Zusammenfassung, der heute als „vintage“ zu bezeichnenden Fuzzpedale, die es teilweise aktuell noch zu erwerben gibt. Wir werden uns heute jedoch mit vier aktuellen Produkten beschäftigen. Es gilt zu ermitteln, welcher Kandidat die „schönste“ Zerre, das geringste Rauschen, eine gute Dynamik und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Legen wir nun mit dem ersten Testkandidaten los!
No 1: MXR Super Badass Variac Fuzz
Der MXR Super Badass Variac Fuzz kommt in einem schmucken Karton ins Haus und macht optisch einen sehr schönen Eindruck. Er besitzt die typischen „MXR Maße“, die ja seit Langem ein gewisser Standard unter den Pedalen geworden sind. Die Lackierung, die ich als „Purple Sparkle“ einstufen würde, wurde satt aufgebracht. Vier kleine Knöpfe im typischen MXR-Stil gestatten uns das Einstellen der entsprechenden Parameter.
Abgesehen von den typischen Einstellungsmöglichkeiten wie Ton (Anteil hoher Frequenzen), Gain (Grad der Verzerrung) und Output (Endlautstärke), finden wir eine Besonderheit, nämlich einen Knopf mit der Bezeichnung „Variac“. Hier können wir stufenlos zwischen einer Einstellung von 5 bis 15 Volt wählen. Hiermit soll der Klang einer „sterbenden Batterie“ simuliert werden, weil viele Gitarristen irgendwann einmal festgestellten, dass viele Fuzzpedale am besten klingen, wenn die Batterie schon nicht mehr frisch bzw. gerade noch ausreichend kraftvoll ist, um den Effekt gerade noch betreiben zu können. In den Klangbeispielen könnt ihr unter anderem hören, wie sich die Veränderung dieses Parameters auf den Klang auswirkt.
Ansonsten gibt es nichts Weltbewegendes zu erwähnen. Das schmucke Pedal ist sehr gut verarbeitet, verfügt über True Bypass und eine blaue Status-LED. Die Stromversorgung kann sowohl durch eine 9-Volt-Batterie als auch eine externe Buchse an der rechten Seite des Pedals erfolgen. Die Stromaufnahme wird vom Hersteller mit gerade mal verschwindend geringen 17 mA angegeben. Somit bietet sich auch mit Batteriebetrieb ein langer sorgenfreier Betrieb, soweit man nicht vergisst, den Stecker der Eingangsbuchse nach dem Einsatz herauszuziehen. Am Boden des Pedals finden wir vier Gummifüßchen, die sich bei Bedarf leicht gegen ein Velcroband zur Befestigung auf dem Pedalboard tauschen lassen. Preislich befindet sich das MXR Super Badass Variac Fuzz Pedal mit seinen 169,- Euro etwa im oberen Mittelfeld unserer vier Testpedale.
MXR Super Badass Variac Fuzz – der Sound
Die Ausgangslautstärke ist beeindruckend. Somit kann der beim Herunterregeln der Variac-Spannung entstehende Lautstärkeverlust bzw. bei niedrig eingestelltem Gain wieder ausgeglichen werden. Klanglich bietet das Pedal die typische Klangpalette eines Fuzz. Die „Cremigkeit“ des Tons lässt sich jeweils durch Erhöhen des Gains bzw. Absenken des Parameters „Variac“ erreichen. Dieser sorgt gleichermaßen für eine gewisse „Krankheit“ im Ton, welches jedoch durchaus interessant klingt. Wer früher einmal (vergangenes Jahrhundert) einen Verzerrer oder Fuzz besaß und diesen mit Batterie betrieb, erkennt den typischen Sound wieder, der durch Herunterregeln des „Variacs“ entsteht. Man hat das Gefühl, baldmöglichst die Batterie tauschen zu müssen oder sonst ohne den entsprechenden Effekt weiterzuspielen.
Somit generiert der Super Badass Variac Fuzz diesen Effekt wirklich glaubwürdig und tut ansonsten genau das, was man von solch einem Pedal erwartet. Sowohl bei niedrigem als auch bei hohem Gain bietet der MXR Super Badass Variac Fuzz einen soliden und flexiblen Fuzzklang, der in sämtlich möglichen Einstellungen wirklich brauchbar ist. Dabei arbeitet er erfreulicherweise erstaunlich geräuscharm.
Kommen wir nun zu unserem zweiten Kandidaten im Test der Fuzzpedale, dem
Way Huge Havalina
Der Havelina Germanium Fuzz von Way Huge (im Vertrieb von Jim Dunlop) ist mit seinen 159,- Euro etwas günstiger als der erste Testkandidat. Seine Verpackung ist wirklich außerordentlich originell gestaltet, eigentlich schade, dass man diese Kiste auf der Bühne nicht gebrauchen kann.
Er hat deutlich größere Ausmaße als z. B. ein MXR Pedal (12 x 8 x 6,5 cm). Der Havelina Germanium Fuzz wird in den USA gefertigt, seine Verarbeitung macht einen ausgesprochen soliden Eindruck. Das Aluminiumgehäuse, das Gold/Orange eloxiert wurde, ist ausgesprochen stylish.
Wir finden wie erwartet jeweils einen Regler für Volume, Tone und Drive. Eine blaue Status-LED zeigt uns den Schaltungszustand an. Die Umschaltung erfolgt beim Havelina Germanium Fuzz im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern via Relais. Deswegen wird uns das laute Knackgeräusch beim Umschalten erspart und wir dürfen uns über ein angenehm weiches und leises Klicken freuen. Überhaupt wurde hier in puncto Qualität ein hoher Aufwand betrieben. Wie man hier sehen kann, kommen ausschließlich Bauteile bester Qualität (insbesondere Kondensatoren) zum Einsatz.
Auch hier kann das Pedal wahlweise per Batterie oder Netzteil mit Strom versorgt werden. Der Hersteller spricht in der Beschreibung der Merkmale des Pedals davon, dass hier handselektierte, russische Germaniumtransistoren in einer passiven Vintage-Schaltung zum Einsatz kommen. Das kann man auf dem oben gezeigten Foto sehen. Leider muss man anmerken, dass der Entwickler bzw. der „Bauteile-Selektor“ der Schaltung hier kein gutes Händchen bewiesen hat, denn das Pedal rauscht deutlich zu heftig!
Sound
Man kann durchaus den Klang der Germaniumtransistoren wahrnehmen, die sich klanglich von den Silikontypen unterscheiden. Der Sound ist „vintagemäßig“, da auch die Schaltung und die Bauteile entsprechend originalgetreu gewählt wurden. Seine klangliche Bandbreite ist nicht so groß wie die der übrigen Fuzzpedale unseres Vergleichstests, aber man muss ihm dennoch einen authentischen „Germanium-Sound“ bescheinigen. Für den einen oder anderen, der ohne viel Schnickschnack auskommt und eine aufgeräumte Arbeitsfläche bevorzugt, vielleicht genau das Richtige.
No. 3: Red Witch The FUZZ GOD II
Der Hersteller unseres dritten Testkandidaten ist interessanterweise ein kleiner Betrieb aus Neuseeland, dessen Gründer vor über einem Jahrzehnt allein in einer Garage mit dem Bau von Effektgeräten begann. Das Pedal hat also die Erde bereits halb umrundet, bis wir es nun live hören dürfen.
Der Red Witch The FUZZ GOD II sticht etwas aus dem Feld unserer Fuzzpedale heraus. Er bietet mit Abstand die meisten Features, ist jedoch auch preislich deutlich höher angesiedelt als die Konkurrenz in diesem Test. Für manch einen, der diese Features gar nicht benötigt, kommen bestimmt auch die preisgünstigen Modelle infrage. Auffällig ist die schöne Verpackung. Das Pedal wurde in einem Säckchen aus Jeansstoff gehüllt und anschließend in den kleinen Karton gelegt. Schön anzusehen, aber ist das nicht schon bereits überflüssiger Luxus?
Auch der Red Witch The FUZZ GOD II verfügt über einen True Bypass, eine blaue Status-LED und gestattet den Betrieb mit einer 9-Volt-Batterie oder optionalem Netzteil, das nicht im Lieferumfang enthalten ist. Seine Abmessungen betragen 118 x 94 x 38 mm.
Die Regler des Red Witch The FUZZ GOD II
Ausstattungsmäßig liegt der mit Siliziumtransistoren ausgestattete Red Witch Fuzz God II in der Poleposition auf der Liste unserer vier Fuzzpedale. Das Pedal wurde mit vier Reglern, zwei kleinen Kippschaltern für zusätzliche Klangoptionen, einem Fußschalter zur Aktivierung des „endlosen Sustains“ ausgestattet und dürfte auch für den Gitarristen interessant sein, der abgesehen von typisch klassischen Fuzzsounds, auch auf die echten kranken Verzerrungen steht.
Der linke Fußschalter (Awaken) schaltet das Pedal in den aktiven Zustand.
Der „Sputter“-Regler beeinflusst die Fuzz-Charakteristik und generiert leichte Aussetzer im Ton. Je weiter man diesen Regler zurückdreht, desto kranker klingt das Signal. Der Effekt kann weitestgehend mit dem „Variac“-Regler des MXR Pedals verglichen werden, der Sound klingt, als ob das Pedal mit zu wenig Spannung versorgt würde. Durch Aktivieren des zweiten Fußschalters wird der „Wrath“-Regler aktiv, der dem Signal nochmals einmal deutlich mehr Schutz hinzufügt. Hier wird der Sound noch sägender und sustainreicher, da dem Klang noch eine zusätzliche Suboktave hinzugefügt wird, deren Klangfarbe vom „Wrath“-Regler bestimmt werden kann. Der „Lightning“-Kippschalter verdoppelt etwa noch einmal die Verzerrung. Werden mehr Höhen benötigt, kann der rechte kleine Kippschalter mit dem kleinen Ohrsymbol nach rechts gekippt werden, damit wird der Pegel der hohen Frequenzen angehoben.
Im Inneren des Geräts finden wir zudem noch ein internes Trim-Poti, womit sich der BIAS der Transistoren und damit die Klangcharakteristik des Fuzz im Bedarfsfall näher an den persönlichen Geschmack anpassen ließe.
Der Sound des Red Witch The FUZZ GOD II
Klanglich zeigt sich der The FUZZ GOD II von Red Witch außerordentlich flexibel. Mehr Flexibilität ist schlicht nicht möglich!
No. 4: Digitech DOD Carosa Fuzz
Der Digitech ist mit nur 99,- Euro der Günstigste unter unseren Testkandidaten der Fuzzpedale. Deswegen hat man hier auch auf jeglichen zusätzlichen und vermeintlich überflüssigen Verpackungsschnickschnack verzichtet, das Pedal wird im schlichten Pappkarton ausgeliefert. Dieses ist gut verarbeitet, das angenehm leichte Alugehäuse macht einen sehr stabilen Eindruck. Die Abmessungen von 119 x 67 x 57 mm fallen etwas größer aus als bei z.B. beim MXR, sind aber dennoch als kompakt zu bezeichnen. Fast überflüssig zu erwähnen ist, dass der DOD Carosa Fuzz mit True-Bypass ausgestattet wurde und sich wahlweise via Batterie oder Netzteil betreiben lässt.
Potis und Schalter
Der Digitech DOD Carosa Fuzz zeigt sich besonders flexibel, er bietet die Möglichkeit, gleich zweimal (BEFORE) und (AFTER) in die Verzerrung einzugreifen. Dieses ausgesprochen effektive Feature habe ich noch bei keinem weiteren Fuzzpedal gesehen.
Ein kleiner Kippschalter gestattet die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Modi, nämlich den sogenannten DEMHE und HALI Voicing Modi. Dahinter verbirgt sich nach meinem Empfinden ein schlichter Bassboost, der nur mit „Voodoo“-Bezeichnungen versehen wurde. Ein Tonregler (Hi-Cut) und Output (regelt die Ausgangslautstärke) ist selbstverständlich auch mit an Board.
Seine vom Hersteller angegebene Stromaufnahme beträgt nur minimale 4 mA, damit eignet er sich natürlich hervorragend für den Batteriebetrieb. Die blaue Status-LED neigt in aktivem Zustand dazu, den Spieler zu blenden, somit kann man die Einstellung der Regler nur schwer erkennen. Hier wäre meine Empfehlung an den Hersteller, den Wert des Vorwiderstands der Leuchtdiode etwas zu erhöhen, damit wäre das Luxusproblemchen bereits schnell gelöst.
DOD Carosa Fuzz – Sound
Klanglich lässt der günstige DOD Carosa Fuzz rein gar nichts vermissen. Die verschiedenen Kombinationen der Parameter „AFTER“ und „BEFORE“ allein gestatten das Schrauben einer ungemeinen Vielzahl an sowohl klassischen als auch extremeren und schmutzigeren Sounds, die durch Zuhilfenahme des Mode-Switch und der guten Höhenregelung noch weiter flexibel gestaltet werden können. Von leichter Zerrung bis zu richtig böse sägendem (aber dennoch cremigem) Fuzzsound geht hier wirklich alles!
Die Klangbeispiele der Fuzzpedale wurden mit folgendem Equipment erstellt:
Gibson Les Paul Special, Stegpickup – Orange Tiny Terror Head (British Glory Mod.), clean – Mesa Boogie 1×12″ Box, halboffen – Shure SM 57 – Apogee Duett – Mac mit Logic.
Die Audiobeispiele für alle Fuzzpedale wurde bewusst geloopt, um die einzelnen Testkandidaten unter gleichen Bedingungen zu hören. Ausnahme ist der Red Witch, hier wurden zur Demonstration des „endlosen“ Sustains ein zusätzliches Beispiel eingespielt.