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Audiothingies MicroMonsta: Unscheinbares Klangmonsterchen

16. Juli 2019

In den letzten Wochen haben es zwei neue Digitalsynthesizer in der 300-Euro-Klasse in die Läden geschafft: der Arturia Microfreak und der Modal Electronics Skulpt. Zu beiden ist viel in den Medien berichtet worden, es gibt inzwischen relativ viele Youtube-Videos zu den beiden Synthesizern.

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Dabei wird oft übersehen, dass es in dieser Klasse schon seit einigen Jahren eine kleine Box gibt, die klanglich zumindest mit dem Modal Skulpt aus meiner Sicht locker mithalten kann und noch dazu einfacher zu bedienen ist: den (oder das) Audiothingies Micromonsta.

Wer oder was ist Audiothingies?

Hinter dem Namen Audiothingies steckt dem Vernehmen nach ein Ein-Mann-Unternehmen namens MCDA SARL aus dem französischen Dijon, das 2014 von Samuel Montassier gegründet wurde (www.audiothingies.com/about). Auf der Webseite von Audiothingies findet man momentan drei Produkte: das Micromonsta, den Doubledrummer und, ganz neu, das Delay/Reverb Effektgerät Doctor A. Daneben listet die Webseite auch noch einige ältere Geräte, die aber nicht mehr hergestellt werden, z.B. das Selbstbau-Kit P6, das wie eine 6-stimmige Vorgängerversion des Micromonsta aussieht sowie Eurorack Module.

Weder das Micromonsta noch die anderen beiden Geräte (Doubledrummer und Doctor A) sind im Handel erhältlich. Sie können nur über die Webseite bestellt werden. Momentan ist der Endpreis des Micromonstas EUR 303 (ohne 9V Netzteil) oder EUR 315 (mit Netzteil). Hinzu kommen noch EUR 12 für den Versand nach Deutschland. Der Doubledrummer kostet genau soviel, der Doctor A liegt bei EUR 379 (und damit im gleichen Segment wie etwa das Specular Tempus). Gebrauchte Micromonsta gibt es gelegentlich bei Ebay-Kleinanzeigen für ca. EUR 250 zu haben, d.h. der Wiederverkaufswert ist relativ hoch.

Der MicroMonsta unter der Lupe

Was sofort auffällt: wie unauffällig das Micromonsta daher kommt. Von der Größe her vergleichbar mit einem Korg Volca, steckt das Gerät in einer geriffelten Hartplastikbox mit einem einfarbigen LCD-Display, das durch eine aufgeschraubte Plexiglasscheibe geschützt wird. Auf der Oberseite finden sich sechs gummierte Endlos-Potiknöpfe und neun Taster und dazu gehörige LEDs, zudem noch ein Lautstärkeregler. Die Potiknöpfe dienen zum Ändern aller wichtigen Parameter; sie sind auch gleichzeitig Drucktaster, um bestimmte Parameter wieder zurücksetzen zu können. Die Potis laufen schön rund, nicht zu leicht, nicht zu schwer.

An der Rückseite die Anschlüsse: MIDI In und Out, ein USB-Anschluss und zwei 6,35mm Klinkenanschlüsse für Audio Links und Rechts. Und ein Anschluss für ein 9V Netzteil. Auch der kleine, scharfkantige und sehr schwergängige Ein-Aus-Schalter ist an der Rückseite verbaut. Das schützt das Micromonsta vor unbeabsichtigtem Ausschalten, sorgte aber bei mir das eine oder andere Mal für gerissene Fingernägel.

Das Gehäuse macht insgesamt einen sehr robusten Eindruck und ist durch die Oberflächenstruktur gefeit vor Fingerabdrücken. Insgesamt hat es durchaus den Charme eines Do-it-yourself Kits, vergleichbar mit den frühen MFB Drums. Durch Gummifüße steht das Micromonsta fest auf dem Tisch.

Das Display ist sehr gut ablesbar, solange man halbwegs von oben darauf schaut. Versteckt sich das Micromonsta hinten flach auf dem Studiotisch, wird es schwierig. Aber da würde man das Monsterchen ohnehin nicht hinstellen, wenn man dran schrauben möchte.

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Verglichen mit den moderneren Designs des Modal Skulpt oder des Microfreaks sieht das Micromonsta wirklich ein bißchen veraltet aus. Dass das Konzept mit Display, Tastern und Potis aber auch woanders zu finden ist, zeigt ein Blick auf den Modor NF-1m. Der steckt in einem stabilen, weiß lackierten Blechkleid, hat die Potis und das Display ein bißchen schicker angeordnet, scheint sich aber ähnlich bedienen zu lassen wie das Micromonsta, und kostet doppelt so viel.

Aus meiner Sicht und als relativer Synthi-Neuling ist das Bedienkonzept des Micromonsta sehr einfach und extrem schnell durchschaubar (unter anderem, weil im Display alle wichtigen Informationen dargestellt werden und Änderungen auch sichtbar sind). Die englischsprachige Bedienungsanleitung ist sehr gut geschrieben und logisch aufgebaut.

Auf die inneren Werte kommt es an

Um es vorweg zu nehmen: das Micromonsta trägt seinen Namen zurecht, denn es ist ein kleines Klangmonster.

Der Klang pro Stimme kommt aus:

  • 2 Oszillatoren
  • 1 Suboszillator
  • 3 LFOs
  • 12 Oszillatoren-Typen von Sinus über Dreieck, Saw und Supersaw bis hin zu Casio Emulationen plus 30 Wavetable (15 werksseitig, 15 vom Nutzer definiert).
  • 8 verschiedene Filter
  • Effekte

Dazu kommen noch ein Arpeggiator, eine umfangreiche Modulationsmatrix sowie ein Akkordmodul (für Skalenakkorde).

Das Micromonsta verfügt über 384 Programmspeicherplätze. Davon sind 234 von Haus aus mit Presets belegt. Diese Presets reichen von Moog-artigen Basslinien bis hin zu schön glasigen Pads. In den Klangbeispielen habe ich hauptsächlich auf einige Werkspresets zurückgegriffen.

Der Klang des MicroMonsta

Mir fehlen leider die Referenzen zu anderen mehrstimmigen Synthesizern fehlen, weil das Micromonsta der erste polyphone Synthi war, den ich mir zugelegt habe. Zuvor hatte ich neben den Behringer Model D und Neutron noch einige Volcas und auch den IK Multimedia Uno Synth – also alles analoge Synths oder eben VST plug-ins für Logic Pro. Von der Charakteristik her könnte man den Klang als eher in Richtung analog getrimmt beschreiben. Ein Modal Skulpt, den ich für ein Wochenende hatte, bevor er zurück ging, klingt dagegen schon „digitaler“, kälter, aber auch ein wenig klarer. Mit meinem neu angeschafften Behringer Deepmind 12D kann das Micromonsta locker mithalten. Richtige Schwächen habe ich nicht entdecken können, weshalb ich die Anschaffung des Deepmind 12 D länger hinausgezögert habe.

Mir persönlich gefallen die Pad-Sounds sehr gut und einige der Arpeggio-Presets. Bass-Linien kann das Micromonsta zwar auch, aber hier würde ich eher zum Model D oder Neutron greifen, weil das Micromonsta ein bißchen zu sauber klingt.

Bedienung

Insgesamt gestaltet sich die Bedienung des Micromonstas recht einfach. Nach dem Anschalten wird das zuletzt verwendete Preset geladen, und los geht’s. Über die Load-Funktion kann man aus den über 200 vorinstallierten Presets auswählen oder sich ein leeres Init-Preset suchen, aus dem man dann seinen eigenen Klang baut.

Die sechs unter dem Display angebrachten Drehregler sind auch als Taster ausgelegt: mit einem Druck auf einen der Regler kann man einen gerade mit diesem Regler verstellten Wert wieder auf seine Default-Stellung zurücksetzen. Zudem kann man die beiden links außen positionierten Drehregler auch zur Navigation zwischen benachbarten Presets nutzen in dem man auf sie drückt.

Die neun weißen Taster sind allesamt mehrfach belegt. Über eine Shift-Taste kommt man in den zweiten Menübereich. In den einzelnen Menüs kann man sich durch mehrere Tastendrücke hintereinander durch die Ebenen scrollen, z.B. im OSC Menü zwischen den Oszillatoren und dem Suboszillator- und Noise-Menü.

Die einzelnen Tasten sind klar zugeordnet, so dass es hier kaum zu Missverständnissen kommen kann. Trotz dieser Klarheit lohnt es sich gerade bei den grün markierten zweiten Menüebenen, noch einmal die 39-seitige Bedienungsanleitung zur Hand zu nehmen, um zu verstehen, was sich hinter Menüs verbirgt wie „Mixer“ (tatsächlich ein Mixer für die einzelnen Oszillatoren und den VCA) oder „Scaler“ (mit dem man die Tiefe der Modulation einzelner Modulationsquellen einstellen kann).

Hat man das Prinzip der Bedienung einmal verinnerlicht, fallen einem ein paar Kleinigkeiten negativ auf. Jedesmal wenn man mit einem Drehregler einen bestimmten Wert ändert, springt das Menü weiter um die Veränderung größer darzustellen. Das ist gut und schön, wenn man immer nur einen Wert auf einmal ändert. Das Gegeneinander-Verschrauben etwa von Filter Cut-Off und Resonanz funktioniert zwar problemlos, aber leider werden die Werte nicht im Display nicht gleichzeitig angezeigt – ein Tribut an die einfache Menüdarstellung und das zweizeilige Display.

Dennoch laden die Möglichkeiten des Micromonstas zu stundenlangen Klangreisen an. Zu schade, dass man dazu immer einen Stromanschluss und eine MIDI-Tastatur braucht, denn die Größe und Stabilität des Monsterchens schreien förmlich danach, es in den Rucksack zu werfen und dann im Park wieder auszupacken.

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Fazit
In der unauffälligen kleinen Kiste steckt jede Power.
Die zahlreichen zur Verfügung stehenden Oszillatoren sowie die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten führen dazu, dass man entweder Stunden an neuen Presets basteln kann oder sich an bestehenden Presets erfreuen kann.
Der fehlende Kopfhöreranschluss und der Umstand, dass man immer ein Netzteil braucht verdammen das Micromonsta leider auf den Studiotisch, wo es aber seinen festen Platz hat.

Plus

  • Klang
  • Vielfalt an Oszillatoren-Typen
  • Modulationsmatrix
  • Einfache und übersichtliche Bedienung
  • Stabil
  • MPE Implementierung

Minus

  • Kein Batteriebetrieb
  • Kein separater Kopfhörerausgang
  • Biederes Design
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Forum
  1. Profilbild
    Emmbot AHU

    Danke für den schönen Test. Gerade bei YouTube reingehört sehr geiler Sound.

    Die Pad s traut man der kleinen Kiste gar nicht zu.

    Viel Spaß mit dem Gerät.

  2. Profilbild
    tonvibration

    Auch von meiner Seite Danke für den gut geschriebenen Test. Macht mich neugierig! Leider finde ich die Audiobeispiele nicht… bin ich blind, oder habe ich ein Browser-Problem? Wäre schon spannend, aber sonst schaue ich heut Abend mal bei Youtube….
    Den Satz „Mit meinem neu angeschafften Behringer Deepmind 12D kann das Micromonsta locker mithalten.“ find ich mal ne Ansage. Nicht dass ich ein Behringer Fan-Boy wäre, aber mein Deepmind 6 – eigentlich ein Frustkauf – hat mich nachhaltig beeindruckt hinsichtlich Druck und Vielfältigkeit (unbedingt die Oscillator Sink Videos anschauen und die patches mal nachbauen!) – wenn das Micromonsta klanglich da mitkann (von den Features her haut das ja grob hin, wenn auch digital statt analog), dann wow…
    [bleibt nur das wirklich unsexy Äußere, aber es kommt ja auch auf innere Werte an;)]

    • Profilbild
      UBeeh

      @tonvibration Danke!
      Leider sind meine Bilder und Klangbeispiele nicht mit veröffentlicht worden… Auf YT und Soundcloud findet sich aber einiges.

  3. Profilbild
    Thereminchen

    Schöner Bericht, die Kritik am beleuchteten Display kann ich nicht teilen, komme damit gut zurecht.
    Besonders geil ist die MPE-Fähigkeit, ich spiele das Monsta meist mit dem Seaboard 49.
    Braucht wenig Platz, guter Sound und macht mächtig Spaß!
    Den Netzschalter habe ich bisher nur ein mal benutzt, warum ausschalten?

    • Profilbild
      Numitron AHU

      @Thereminchen Um Strom zu sparen? Außerdem altern die Kondensator dann schneller.Zu viel Geld vorhanden? 8-)

      • Profilbild
        Thereminchen

        @Numitron Weil es schneller geht verwende ich eine geniale Erfindung, nennt sich zentraler Netzschalter. Dann muss ich nicht ständig über 20 Geräte an- oder ausschalten. Zu viel Zeit vorhanden?

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