Synthesizer Plattform mit Community Charakter
Der Name verrät beim zweiten Hinschauen und korrekter englischer Aussprache, worum es sich beim Zynthian V5 handelt: Zynthian ist ein Synthesizer, doch nicht irgendein Synthesizer, sondern der Synthesizer, zu dem du ihn machst. Ob multitimbraler Polysynth, Monosynth, Nachbildung eines analogen Synthesizers, moderner Digitalsynth oder DX7-Emulation, der Zynthian kann all das sein und mehr: Sequencer, Effekte, Audio-Rekorder, Looper, Gitarreneffektgerät, Gitarrenverstärkeremulation. Zynthian ist ein DIY Open-Source Synthesizer, der nicht von einem Hersteller produziert und gepflegt wird, sondern von einer Community, die aktiv das Produkt mitentwickelt und weiterentwickelt. In diesem Test stelle ich dir nicht nur die Version 5 von Zynthian vor, sondern wir beleuchten auch, was es mit DIY und Open-Source überhaupt auf sich hat.
Inhaltsverzeichnis
Zynthian V5: DIY – Do it yourself
Ich bin ein Dinosaurier. Mit nunmehr 50 Lebensjahren bin ich in den 70er und 80er Jahren aufgewachsen. Den jüngeren Generationen ist allerdings eine Sache nicht bewusst: Meine Generation hat einen rasanten technologischen Wechsel erfahren und wirklich jede einzelne Entwicklungsstufe bewusst mitvollzogen. Ich komme aus einer Zeit, in der die Welt noch analog war und Schritt für Schritt digitalisiert wurde. Aus einer Zeit, in der das Telefon mit Wählscheibe in zwei Farben verfügbar war, in der wir staunend vor Pong und schließlich Donkey Kong gesessen haben. In der ein Commodore VC20 der erste Zugang zum Computer und seinen Möglichkeiten war, dessen Upgrade zu einem C64 kurze Zeit später ein technologischer Quantensprung war. Akustikkoppler (wie in War Games) waren der Kontakt zur Außenwelt und der SID-Chip der erste Synthesizer. Wir haben gelernt, aus einer Datasette und einem C64 einen Sampler zu bauen und schon mit dem User-Port des C64 DIY-Projekte verwirklicht, als Python noch gar nicht geboren war und noch niemand daran geglaubt hat, dass es jemals einen leistungsfähigen Miniatur-Computer wie den Raspberry Pi geben würde. Und nun sitze ich hier vor einem Zynthian V5 und sehe, wie all diese Entwicklungen, die ich während meiner bisherigen Lebenszeit live und in Farbe miterleben durfte, sich in einem aufregenden DIY-Produkt wiederfinden.
Do it yourself – die Ursprünge
Aktuell ist DIY wieder angesagt. Dies ist sicherlich auch den unzähligen TikTok-Videos zuzuschreiben, die zeigen, wie einfach es offenbar ist, eigene Produkte zu entwerfen oder aus bestehenden Produkten etwas ganz Neues zu machen. Was nicht passt, wird eben passend gemacht. Und ich gestehe, dass auch ich dem TikTok-Wahn verfallen bin und die Videos, die ich mir gerne anschaue, zu 99 Prozent aus der DIY-Schublade stammen.
DIY steht für „Do it yourself“ und ist so alt wie meine Elterngeneration. Entstanden ist diese eigentlich politisch motivierte Bewegung in den 1950er Jahren in England. Zunehmende Ablehnung politischer Autorität innerhalb der jüngeren Bevölkerung, die Punk-Bewegung, Ablehnung industrieller Massenproduktion und mehr führten zu immer mehr individuellen Lösungen, die Menschen für ihren eigenen Bedarf ersonnen haben. Dies stand in einem deutlichen Gegensatz zur Bandarbeit in der Industrie und den gleichförmigen Produkten, die daraus resultierten. Die dazu benötigten Fähigkeiten haben sie sich oftmals selbst angeeignet. Innerhalb der DIY-Bewegung wurden Anleitungen zum Nachbauen verteilt. Das große Interesse an DIY blieb auch den Medien nicht verborgen. Erste Magazine griffen das Thema auf und auch Fernsehsendungen befassten sich schnell mit der DIY-Bewegung und stellten interessante Projekte und auch eigene Entwicklungen vor. 30 Jahre lang produzierte der WDR die Hobbythek mit Jean Pütz, die sich dem DIY verschrieben hatte und von vielen Menschen angeschaut wurde. Kostenlose Hobbytipps, 37 Bücher und ein Online-Shop für Hobbythek-Produkte waren die Folge.
Mit der Digitalisierung und dem Heimcomputer zu Beginn der 1980er Jahre erreichte DIY einen neuen Höhepunkt. Die faszinierende neue Technik wurde von vielen Bastlern genutzt, die Computer in den Alltag integrierten. Commodore hatten den richtigen Riecher, als sie den Computern VC20, C64 und C128 sowie Plus/4 mit dem sogenannten User Port ausstatteten. Dieser Port diente als Schnittstelle nach außen und schon mit wenigen elektronischen Bauteilen ließen sich interessante Projekte verwirklichen. Von Bewässerungssystemen für die heimischen Blumen oder den Garten bis hin zur Entwicklung von Messtechnik, Steuerung von EPROM-Brennern, Steuerung von Relais und der Kommunikation mit der Außenwelt wurden und werden Projekte für die Commodore Computer und ihren User Port entwickelt. Viele Programme und Bastelanleitungen werden in Magazinen wie der C64er Zeitschrift vorgestellt und dank der einfachen Programmierung in Basic trauen sich immer mehr Leute an eigene Projekte.
DIY gehörte für viele Commodore C64-Besitzer in den 1980er Jahren einfach mit dazu. Hier eine interessante Webseite dazu:
Leider wurden Computer mit der Zeit deutlich komplexer oder teilweise auch zu einem geschlossenen System. Der Einzug von PCs in die Haushalte und die Entwicklung von Windows und MacOS zu immer komplexeren Systemen, die teilweise den Zugriff auf Low-Level-Funktionen der Hardware verhindern, sowie USB hat die Entwicklung von DIY-Projekten auf Computerbasis deutlich komplizierter gemacht. Einfache Programmiersprachen wie Basic standen zwar noch zur Verfügung, besaßen aber kaum noch Relevanz beziehungsweise waren nicht in der Lage, die wichtigen Schnittstellen für solche Projekte anzusprechen.
Ändern sollte sich das alles wieder mit der Vorstellung der Programmiersprache Python im Jahr 1991, die Basic sehr ähnelte, aber gleichzeitig als moderne Hochsprache konzipiert war, die einfach zu erlernen ist. Durch die Möglichkeit, Python durch in anderen Programmiersprachen geschriebene Module zu erweitern, ist Python eine sehr offene Sprache, die trotz ihrer Einfachheit für sehr viele Aufgaben verwendet werden kann. So richtig Fahrt nahm Python mit der Vorstellung des Raspberry Pi im Jahr 2012 auf, einem sehr preisgünstigen Einplatinencomputer, der als Lerncomputer für Kinder und Forschung verwendet werden sollte. Das Ziel war, an die beschriebene glorreiche Zeit des Heimcomputers anzuknüpfen und die Menschen zum Experimentieren und Entwickeln anzuregen. Das Projekt wurde ein voller Erfolg und die verschiedenen Revisionen des Raspberry Pi verkauften sich bis heute millionenfach, allerdings vorrangig in der DIY-Szene, dien den Raspberry Pi für ihre Projekte einsetzt. Der Open Source-Gedanke des Raspberry Pi dürfte dabei eine große Rolle spielen. Doch auch außerhalb der DIY-Community wird der Raspberry Pi rege genutzt: So verwenden zum Beispiel einige Synthesizer von KORG ein Raspberry Pi-Modul als Grundlage. Wieder andere nutzen INTEL-Hardware, wie zum Beispiel die neue Ableton Push, die aber ebenfalls auf ein Linux-Betriebssystem setzt. Auch AKAIs MPC-Reihe beruht auf einer Linux-Basis.
Open Source für den Zynthian V5
Open Source ist ein Begriff, der in der Softwareentwicklung verwendet wird. Open Source, dass der Quellcode der Software für die Öffentlichkeit frei zugänglich ist. Jeder, der die Software nutzt, kann den Quellcode nicht nur einsehen, sondern auch ändern, verbessern und wieder weiterverbreiten.
Die Idee hinter Open Source ist, eine transparente und kollaborative Umgebung für die Softwareentwicklung zu schaffen. Entwicklerinnen und Entwickler können verstehen, wie die Software funktioniert, eventuelle Fehler beheben und sogar neue Funktionen hinzufügen. Eine aktive Entwicklergemeinschaft dienst somit der Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaustausch.
Verschiedene Open-Source-Lizenzen legen die Bedingungen fest, unter denen der Quellcode genutzt und weitergegeben werden darf. Eine der bekanntesten Open-Source-Lizenzen ist die GNU General Public License (GPL). Beispiele für Open-Source sind zum Beispiel die Linux GPL-Lizenz, die Browser-Engine WebKit oder auch die Programmiersprache Swift.
Open Source hat nicht nur in der Softwareentwicklung, sondern auch in anderen Bereichen wie Hardware, Wissenschaft und Kultur Verwendung gefunden. Die Bewegung hat dazu beigetragen, eine Vielzahl von innovativen Projekten hervorzubringen und diese über viele Jahre weiterzuentwickeln.
Zynthian V5, eine Community Synth-Plattform
Über den Gründer von Zynthian etwas zu erfahren, ist deutlich schwerer als erwartet. Auf der Seite zynthian.org stellt er sich im Forum zumindest kurz vor. Sein Name ist José Fernando. In der Zynthian Community nennt er sich Jofemodo. Er stamm aus Pamplona in Spanien, lebt aber nun in Barcelona. Zynthian wurde von ihm im Jahr 2015 gestartet und hat sich schnell zu einem Community-Projekt entwickelt, an dem weltweit viele Musiker und Entwickler beteiligt sind. José Fernando präsentiert sich innerhalb dieser sich schnell entwickelnden Community eher zurückhaltend und recht schüchtern, was vielleicht die Weiterentwicklung begünstigt.
Die Hardware des Zynthian V5
Zynthian V5 ist ein typisches DIY-Produkt und basiert auf dem erwähnten Raspberry Pi. Wer einen Zynthian Synth möchte, muss ihn sich selber bauen. Die Einzelteile dazu sind im Shop erhältlich. Es gibt die Wahl, den Bausatz mit und ohne Raspberry Pi 4 zu bestellen. Mit einem Raspberry Pi 4 mit 4 GB Speicher kostet der Bausatz aktuell 570 Euro netto. Angesichts der Leistungsfähigkeit und hohen Qualität des Produkts ist das ein Schnäppchenpreis. Auch wenn ich das Testgerät nicht selbst zusammenbauen musste, wurde mir von seinem Besitzer Holger Wirtz versichert, dass der Zusammenbau einfach ist. Auch die im Internet zu sehenden Bilder der Einzelteile lassen das vermuten. Das folgende Video, das ich auf YouTube gefunden habe, zeigt die notwendigen Schritte:
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Die aktuelle Version des Zynthian hört auf den Namen V5. Sie besticht durch ein Aluminiumgehäuse, 5“ Multitouch Display, 20 Tastern, vier Reglern (Encoder), MIDI In/Out/Thru, einem Kopfhörerausgang, zwei Ausgängen (TRS Klinke symmetrisch), zwei Eingängen (TRS Klinke symmetrisch), 4 x USB Host (Typ A), 1 x USB Device (Typ B), einem RJ-45 Ethernet-Anschluss sowie WIFI. Ein Netzteil wird mitgeliefert.
Für eine gute Audioqualität sorgen hochwertige Komponenten. Die Bestückung des Mainboards sieht folgendermaßen aus:
- Audio Output DAC: PCM5242 (TI/BurrBrown).
- Audio Input ADC: PCM1863 (TI/BurrBrown).
- Kopfhörerverstärker: TPA6130 (TI)
Der DA-Wandler PCM5242 besticht durch eine Signal-to-Noise Ratio von 114 dB, 32 Bit und einer maximalen Samplingrate von 384 kHz. Der PCM1863 AD-Wandler hat eine maximale Samplingrate von 192 kHz und eine Signal-to-Noise Ratio von 110 dB.
Software des Zynthian V5
Die Software des Zynthian V5 basiert auf GNU-Linux und frei verfügbaren Software-Komponenten. Sie bietet einen Low-Latency-Betrieb mit minimalem Jitter und erlaubt den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Synth Engines sowie Multitimbralität. Wie bei vielen Open Source-Projekten ist die Liste der Features lang und im Prinzip auch unbegrenzt, denn das Produkt ist nicht in sich geschlossen und wird beständig weiterentwickelt. Hier deshalb nur ein Auszug:
- Multitrack Audio-Recorder
- MIDI-Recorder
- Live Looping Sampler
- Plugin-Host mit bis zu 16 Chains (MIDI, Synths, FX)
- Audio Mixer
- Master FX
- Step Sequencer
- Arpeggiator
- Metronom
- Tuner
- Autotune
- Über 50 Synth Engines
- Über 100 Soundfonts
- Über 500 Audio-Effekte
- Mehr als 50 MIDI-Effekte
Und vieles mehr.
Da der Zynthian mit den weit verbreiteten Soundfont-Formaten SF2, SF3, SFZ und GIG arbeitet, steht auf Anhieb eine riesige Sample-Bibliothek zur Verfügung und darüber hinaus besitzen die meisten Software-Tools für Sampler die Möglichkeit, in eines dieser Formate zu konvertieren und zu exportieren.
Synthesizer & Effekte mit dem Zynthian V5
Viele Amazona-Leser wird bestimmt vor allem der Synthesizer-Bereich interessieren und der hat es in sich. Von der B3-Emulation über den DX7 Software Synth Dexed hin zu OBX-D und weiter über den TAL NoiseMaker, den MDA JX-10 bis hin zu Pianoteq bleiben kaum Wünsche offen. Und diese bekannten Namen stellen nur einen kleinen Auszug des kompletten Programms dar.
Ähnlich sieht es bei den Effekten aus: Vom virtuellen Guitar Amp über Autotune bis hin zum Juno Chorus und hochwertigen Hallalgorithmen ist so ziemlich alles dabei, was man im Produktionsalltag benötigt. Allein die 15 Zam Audio-Plugins bieten so ziemlich alles, was für eine Musikproduktion notwendig ist. Auch die Calf Studio Gear-Sammlung ist sehr umfangreich. Nicht zu vergessen, dass über den LV2-Standard weitere Plugins zu der bereits reichen Ausstattung des Zynthian V5 hinzugefügt werden können.
Einsatzmöglichkeiten des Zynthian V5
Es gibt zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für den Zynthian V5. Einige davon werden sehr eindrucksvoll auf der Website präsentiert.
Plugin Host für Effekte und Synthesizer
Der Zynthian V5 ist ein erstklassiger Plugin Host für Effekte und Synthesizer und kann anstelle eines Laptops zum Beispiel auf der Bühne eingesetzt werden. Das Gerät findet problemlos Platz auf der Oberfläche eines Masterkeyboards und bietet alle Features, die man sich von einem Plugin Host erwartet: Layer-Sounds, Split-Sounds, MIDI-Learn, viele Kontrollmöglichkeiten über MIDI CC, die integrierten Buttons und Encoder und vieles mehr. Durch die vielen mitgelieferten Synthesizer Engines und Effekte bleiben eigentlich schon von der ersten Minute an kaum noch Wünsche offen. Wer sich dem DIY-Gedanken verpflichtet fühlt, kann aber auch die Integration weiterer LV2-Plugins versuchen oder gar selbst Plugins für den Zynthian V5 portieren.
Was den Zynthian V5 als Plugin Host auszeichnet, ist der Stage Mode. Dieser sorgt für blitzschnelle Preset-Wechsel ohne Sound-Unterbrechung. Das können teils noch nicht einmal deutlich teurere Hardware Synthesizer. Im multitimbralen Modus lassen sich mehrere Klangerzeuger oder Sounds ansteuern und gleichzeitig spielen. Das geht auch mit mehreren Tastaturen, die am MIDI In-Port oder einem der USB-Ports angeschlossen sind.
Ob als Multieffektgerät oder Pedal Board für Gitarristen, Zynthian V5 bietet zahlreiche Möglichkeiten, die vielfältigen Effekte live und im Studio einzusetzen. Die beiden Eingänge ermöglichen nicht nur den Anschluss von Line-Level-Signalen, sondern auch von Instrumenten oder dynamischen Mikrofonen. Nur eine Phantomspeisung ist nicht möglich. So lässt sich der Zynthian V5 entweder wie ein Effektgerät einschleifen oder hinter ein Instrument schalten. Das kann ein Keyboard sein, aber auch eine E-Gitarre, eine Akustikgitarre oder ein Bass. Interessant ist dabei auch der integrierte Looper, mit dem sich bis zu sechs Loops aufzeichnen und gleichzeitig wiedergeben lassen, inklusive Overdubs, Time Stretching und Pitch Shifting.
Gitarrenverstärker
Der mitgelieferte Plugin-Amp Guitarix liefert eine große Bandbreite an Sounds, die sich durchaus hören lassen können und in meinen Ohren anderen Mitbewerbern nicht nachstehen. Natürlich kann und will das Plugin nicht mit einem Kemper-Amp, Helix oder anderen Spezialisten konkurrieren. Dennoch sind die Ergebnisse sehr gut und in Verbindung mit der Web-Oberfläche MOD-UI, die wir auch schon einmal im Zusammenhang mit den Geräten von MOD Devices vorgestellt haben, macht das Schrauben neuer Gitarren-Sounds richtig Spaß.
Produktion
Mit dem integrierten Step Sequencer lassen sich schnell Ideen festhalten oder Songstrukturen entwickeln. Natürlich kann der Step Sequencer auch für Live Performances eingesetzt werden. Von den Features spezialisierter Geräte oder einer DAW ist der Zynthian Step Sequencer allerdings noch weit entfernt. Dennoch ist er für mich ein gutes Tool, das den Einsatz der Box deutlich erweitert.
Ein schönes Video, wie das aussehen kann, findet sich auf der Zynthian Website:
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Der Zynthian V5 in der Praxis
Ein so komplexes Gerät innerhalb kurzer Zeit zu durchblicken, ist so gut wie unmöglich. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten, die der Zynthian V5 jetzt schon bietet. Der Zynthian V5 ist kein „Set and forget“ Tool. Das Studium der Bedienungsanleitung und eine gewisse Affinität zu DIY sind erforderlich, möchte man sinnvoll mit dem Zynthian V5 arbeiten. Der Zynthian V5 ist dabei den Geräten von MOD Devices sehr ähnlich. Auch hier erfordert es einige Einarbeitungszeit, bis sich damit flüssig arbeiten lässt.
Pro und Contra
Als Keyboarder faszinieren mich die vielen tollen Sounds und die Möglichkeiten, die sich live und im Studio daraus ergeben. Ich sehe den Zynthian V5 als gute Alternative zu einem Computer auf der Bühne.
Verbessert werden sollte meines Erachtens allerdings die Menüstruktur. Es sind oft unnötig viele Schritte notwendig, um zu einer bestimmten Funktion zu gelangen. Die Zuordnung der Encoder ist gewöhnungsbedürftig:
Während an einigen Stellen das Drehen an einem Encoder zum Beispiel das Scrollen durch Listen erlaubt, geht es an anderen Stellen nicht. Manchmal ist dafür der oberste Encoder zuständig, manchmal der unterste Encoder. Stehen links Parameter, regeln die Encoder die entsprechenden Werte, schalten manchmal aber auch beim Drehen Toggle-Funktionen um. Es führen darüber hinaus zu viele Wege zum Ziel. So gibt es mehrere Wege zu den Parametern eines Plugins. Hier sollte lieber eingeschränkt werden, denn das kann sich am Ende keiner merken. Ein eindeutiger Weg ist besser als drei oder vier verschiedene Wege. Manchmal drückt man einen Taster, zum Beispiel eine der Cursor-Tasten, und landet irgendwo und weiß gar nicht, wo man sich gerade befindet und warum.
Anstelle einer schön gestalteten GUI bekommt man bei den Plugins lieblose Parameterlisten angezeigt. Das ist mir, zum Beispiel bei DEXED, dann etwas zu viel Retro.
Für Keyboarder fehlen einfache Layer- und Split-Möglichkeiten und eine dafür passendes GUI. Zwar lassen sich solche Setups verwirklichen, richtig Spaß macht das Arbeiten mit Zynthian V5 aber diesbezüglich noch nicht. Leichter geht das für Nutzer von Master-Keyboards, die über die Möglichkeit verfügen, Split- und Layer-Zonen anzulegen und fertig mit Programmwechselbefehlen als Patch abzuspeichern.
Für eine V6 würde ich mir wünschen, dass der zweite HDMI-Ausgang des Raspberry Pi nach außen geführt wird, um im Studio ein großes Display, eine Tastatur und eine Maus zu nutzen. Sollte die Leistung dafür nicht ausreichen, könnte man in diesem Fall das Touch Display auch abschalten.
Der letzte Nachteil ist, dass sich Zynthian V5 öfter mal aufhängt, zum Beispiel beim Verwenden von MOD-UI. Das Arbeiten mit MOD-UI ist zudem auch deutlich träger als das Arbeiten an der Zynthian Hardware.
„583,10€ ohne Raspberry Pi
578,30€ mit Raspberry Pi 4“
Geil, 4,80 € billiger mit Pi 4.
Python ist übrigens keine Progammier- sondern eine Skriptsprache und zudem, dank Google, hoffnungslos overhyped.
@Mac Abre Wenn du oben mal auf den Screenshot zu Python schaust, wirst du sehen, dass dort „programming language“ steht. Und auch Skriptsprachen sind Programmiersprachen. Und nein, auch Interpreter oder Compiler ändern daran nichts. Die Unterscheidung liegt ausschließlich in der Betrachtung der damit zu realisierenden Projekte. JavaScript ist zum Beispiel schon lange keine Skriptsprache mehr. Python auch nicht. Python ist schon seit langem eine der wichtigsten Programmiersprachen überhaupt, weil sich damit selbst große Projekte realisieren lassen, die einfach zu pflegen sind. Insbesondere im Bereich Machine Learning ist Python sehr weit verbreitet. Gleiches gilt für die Datenverarbeitung. Schau dir mal die Statistiken zu Python auf Stackoverflow an. Und: Mittlerweile gibt es sogar Python Compiler, die ohne Runtime und Bytecode auskommen und direkt zu nativem Maschinencode kompilieren.
Aber das ist halt alles Ansichtssache.
@Mac Abre Beim Preis ist ein Tippfehler: Es sind mit Pi4 678,30€ (inkl. MwSt).
Gibt es auch die Möglichkeit Multisamples mit Velocity-Mapping zu erstellen/nutzen?
@swift Das hängt vom Plugin ab, das du nutzt. Wenn das Plugin das unterstützt, ist das möglich. Es sind ja Plugins mit dabei, die Soundfont-Formate unterstützen. SoundFont kann Multisamples mit Velocity-Mapping. Es sollte also möglich sein, diese zu nutzen. Editieren möchte ich das am Zynthian allerdings nicht müssen. Würde den eher als Player sehen.
@Markus Galla Man kann Zynthian komplett und bequem via Webbrowser(MOD-UI) und VNC konfigurieren. Das gilt dann auch für Soundfont. Die Struktur ist selbsterklärend. Unter /zynthian/zynthian-my-data gehts los und sieht dann so aus.
+ soundfonts
+ sf2
+ bank-1.sf2
+ …
+ bank-n.sf2
+ sfz
+ bank-1
+ sfz-bundle1
+ …
+ sfz-bundle2
+ …
+ bank-n
+ gig
+ bank-1
Da wir Remote mit VNC drauf sind, brauchen wir entweder (s)ftp, Putty, ssh, scp oder Winscp.
Ab Werk lauten die Credentials user=root, password=raspberry. Wenn unser Lan sauber aufgesetzt ist, findet sich die Kiste unter zynthian.local oder zynthian.lan
@TobyB Die Weboberfläche ließ sich relativ einfach nach der Verbindung per WLAN erreichen. Läuft leider weniger stabil als bei den MOD Devices, aber funktioniert. Mit Kabel läuft es natürlich besser. Das Editieren bezog sich eher auf die Parameter innerhalb eines Plugins. Also zum Beispiel das Editieren von Multisamples, Mapping, Velocity Splits usw. Das möchte ich weder am Zynthian machen müssen noch per Weboberfläche. Da kann man besser ein Software-Tool nutzen, SF2 editieren, abspeichern und dann auf den Zynthian laden.
@Markus Galla Hallo Markus,
Das Web UI ist für die grundlegende Einstellung gedacht. Alles weitere kannst du entweder Remote oder Lokal mit Datentransfer machen. Stichwort, VNC, Putty, SSH, SCP. Für einige Synths kann man das auch auf dem lokalen Rechner mittels dem UI des Synths machen. Hier leitet man einfach das INTERFACE->UI Options auf den Zynthian.
@TobyB Ja genau. Aber es ist doch deutlich komplexer als es zunächst den Anschein hat. Das muss dem Käufer halt klar sein. Mach doch mal einen Workshop dazu…..Peter würde sich bestimmt freuen. Ist ja ein interessantes Produkt, aber man muss sich doch länger damit beschäftigen.
@Markus Galla Einfach kann jeder Markus. Aber ich denke wer sich die Zynthian Plattform zulegt, der weiss das oder hat das zumindest im Hinterkopf. Was für einen mächtige Kiste er da hat. Im Prinzip kannst jedes beliebige VST aufspielen. Workshop im Prinzip ja. Ich bin grade beim Studio Umbau, altes Mischpult raus, neues Pult rein. :)
@TobyB Im Prinzip kann man offensichtlich jedes auf ARM portierbare LV2-PlugIn (also C/C++, ohne x86-Assemblerteile) für den Pi kompilieren und aufspielen. VST könnte schwieriger werden.
Schöner Artikel und mächtiges Gerät. Akai kann dann schon mal einpacken …
Ein wirklich grund solider, gut verarbeiteter toller Synth, welcher für die zukunftige Weiterentwicklung noch viel Potential unter der Haube hat.
„Der letzte Nachteil ist, dass sich Zynthian V5 öfter mal aufhängt, zum Beispiel beim Verwenden von MOD-UI. Das Arbeiten mit MOD-UI ist zudem auch deutlich träger als das Arbeiten an der Zynthian Hardware.“
Das ist leider ein Problem, was den Zynthian V5 in der Anwendung ein wenig unzuverlässig macht. Bei mir traten die Abstürze im Zusammenhang mit der Nutzung von MIDI und Programm- oder Parameterwechseln auf.
Der Raspberry Pi ist leider nicht die beste Wahl als zu Grunde liegende Plattform, da seine I/O-Leistung doch ziemlich eingeschränkt ist. Schade, dass es so ein Projekt nicht mit einem modernen Celeron-basierten ITX-Board gibt, da wäre mit Support für richtige SSDs und USB-C noch erheblich mehr möglich…
@gs06 Hallo gs06!
Das RPi hat eine sehr ordentliche I/O-Leistung. Tatsächlich ist es für Zynthian mehr als ausreichend, dass es sich nicht um eine voll ausgestattete DAW, sondern um einen Keyboard-Expander und eine Groove-Box handelt. Bei Bedarf können Sie SSD-Einheiten an das RPi anschließen und es verfügt über 2xUSB-2 + 2xUSB-3 Typ-A-Hostanschlüsse. Außerdem ein Typ-C-Geräteanschluss, der als Slave an einen Computer angeschlossen werden kann.
Was die CPU-Leistung angeht, ist mehr immer besser, aber das aktuelle RPi4 bietet eine gute Menge CPU-Leistung und genügend Speicher, um viele audiobezogene Dinge auszuführen. Die Benutzeroberfläche von Zynthian ist recht minimalistisch und verschwendet bei aufwendiger Grafik nur sehr wenig Energie, sodass mehr als 90 % der gesamten RPi-Leistung für die Audio- und MIDI-Verarbeitung verfügbar sind.
(Entschuldigung für mein Deutsch, ich übersetze aus dem Englischen mit Google)
Grüße!
Ich finde solche Projekte großartig. Ich bin mit dem derzeitigen Markt an digitalen Instrumenten und Controllern sehr unzufrieden und baue mir Controller-Hard- und Software inzwischen größtenteils selbst. Da geht viel Zeit bei drauf die ich ansonsten musizieren könnte. Darum wäre mir ein Projekt das mir etwas Aufwand abnimmt sehr willkommen. Leider ist hier offensichtlich das für mich entscheidende Problem, die Bedienbarkeit, nicht angegangen worden. Die Anordnung der Buttons empfinde ich als katastrophal und es folgt wohl keiner ergonomischen Überlegung sondern einer rein wirtschaftlichen: diese Knopf-Raster-Platinen lassen sich sehr preiswert einkaufen. Dazu vier Drehimpulsgeber ohne Positionsanzeige oder (lt. Text) sinnvolle Einbindung in die GUI und ein winziges Touch-Display mit winzigen GUI-Elementen. Been there, done that. Habe im derzeitigen „Projekt“ mehrere 11″ Displays nebeneinander verbaut um eine halbwegs erträgliche Bedienbarkeit „in action“ zu erreichen. Was ich wirklich brauche sind schnelle(!) Motor-Potentiometer wie sie hier mal in einem Demo-Video eines kleinen Synthesizer-Herstellers zu sehen waren. Angeblich eine Eigenentwicklung. Ich hoffe Hersteller und Open Source Community gehen das irgendwann mal an. Ich befürchte aber eher mehr vom gleichen und vor allem Hersteller-„Lock-ins“ wie man sie bei den Controllern von SSL und Softube sehen kann – nein danke!
Ich habe mir voller Enthusiasmus die Vorgängerversion des Bausatzes zugelegt. Es klingt verlockend, Synthesizer und Effekte aus dem Raspi kommen zu lassen. Leider ist die Bedienung am Gerät eine Katastrophe, was zum einen daran liegt, dass nur jeweils 4 Parameter auf einer Page editiert werden können, zum anderen sind aber auch Hüllkurvenparameter oder VCO’s auf mehrere Seiten verteilt und mischen sich da bunt mit Parametern für Filter und Effekte. Leider gibt es keine Möglichkeit, das umzusortieren. Wenn die Bedienung direkt am Gerät absolut keine Freude aufkommen lässt, könnte man hoffen, dass eine Ansteuerung über einen Controller mit vielen Poties oder Fadern die Sache erleichtert. Leider lassen sich die CC-Zuweisungen nicht für ein Instrument speichern (man kann sich allerdings ein Preset mit CC-Zuweisungen anlegen, von dem aus man immer starten möchte).
Als FX-Gerät ist der Zynthian ganz akzeptabel. Auch da ist keinerlei Logic in der Anordnung der Parameter, aber wenn man nicht all zu viele Effekte hintereinander hängt, bleibt es beherrschbar.
Alles in allem steht das Teil jetzt einfach nur rum und wird gelegentlich für Effekte genutzt.
@Stmax Hallo @Stmax!
Hier Jofemodo vom Zynthian-Team.
Was Ihre Kommentare zum Bearbeiten von Parametern auf Zynthian betrifft, muss ich sagen, dass Sie Recht hatten, aber wir nehmen in diesem Bereich Verbesserungen vor.
Obwohl wir immer noch auf Seiten mit 4 Parametern beschränkt sind, was offensichtlich ist, weil aktuelle Zynthian-Geräte nur über 4 Drehregler verfügen, haben wir die Navigation über Seiten hinweg verbessert und Parameter auf rationalere Weise innerhalb von Funktionsseiten gruppiert, sodass das Auffinden der Parameter einfacher und schneller ist .
Diese Aufgabe ist noch nicht für alle Synth-Engines und FXs abgeschlossen, die Sie im offiziellen ZynthianOS-Image finden. Ich glaube, es gibt mehr als 50 Synth-Engines und mehr als 800 Effekte!! Deshalb haben wir mit den relevanteren begonnen:
+ Dexed (DX7-Emulator)
+ OBXd (Oberheim-Emulator)
+ TAL Noiz3Maker
+ setBfree (Hammond-Orgel-Emmulator)
+ Pianoteq
+ usw.
Ich denke, dass der Seitenansatz gut genug ist, um kleine Anpassungen an den Voreinstellungen vorzunehmen. Einige Synth-Engines in Zynthian enthalten Hunderte davon, Sie haben also gute Ausgangspunkte, um den Sound zu finden, den Sie brauchen!
…
@Stmax …
Wenn Sie komplexe Synth-Presets von Grund auf bearbeiten möchten, tun Sie dies lieber von Ihrem Computer aus und greifen über die VNC-Schnittstelle des Zynthian auf die nativen GUIs der Engine zu.
Wie auch immer, Zynthian ist nicht für Sounddesign gedacht. Es ist eher ein Keyboard-Expander, eine FX-Einheit und neuerdings auch eine Groove-Box.
Schließlich ist die MIDI-Zuordnung der Synth-Engine (Instrument) eine lang erwartete Funktion, die sehr bald verfügbar sein wird. Hoffentlich noch vor Weihnachten ;-)
(Entschuldigung für mein Deutsch, ich übersetze aus dem Englischen mit Google)
Grüße!
Echt jetzt, Soundfonts ist das nicht etwas zu viel Retro? Fand die in den 90ern schon bisl Altbacken.
Aber oké wenn sogar Tracker in ein Gehäuse verpackt werden und teuer verkauft werden, warum dann nicht einen Soundfont Player in ein Gehäuse packen und sehr teuer verkaufen.