Außen Loumavox, innen Doepfer.
Erinnert ihr euch noch an Loumavox? Im Dezember 2021 wurde ein bis dahin unbekannter Synthesizer präsentiert, der angeblich von Louise und Marc Vokzinski im Jahr 1969, also noch vor dem Minimoog, gebaut wurde.
Schon beim Erscheinen der „Doku“ gab es erste Zweifel an der Story (siehe die erste Meldung weiter unten) und tatsächlich wurde nur wenige Wochen später enthüllt, dass es sich um ein Video-Projekt einer Medienklasse handelte. Wir hatten uns bereits zu diesem Zeitpunkt gefragt, warum bei dem „sensationellen Scheunenfund“ kein Blick in das Innenleben gestattet wurde. Das war neben all den anderen Ungereimtheiten offenbar der wirkliche wunde Punkt des Fakes.
Denn jetzt hat sich der tatsächliche Erbauer des Loumavox namens Christian Lamalle bei Dieter Doepfer gemeldet. Denn im Inneren des französischen Synthesizers schlägt ein deutsches Herz in Form von zwei Doepfer DIY Synth Kits!
Lamalle schreibt, dass er nur wenig Zeit zum Bau des Loumavox hatte und deshalb auf den Doepfer DIY Synth kam, der perfekt zu seinen Vorstellungen passte. Um diese zwei Board herum entstand der restliche Synthesizer. Zum Beweis gewährt Lamalle nun doch Einblick in den Synthesizer, wo die beiden DIY-Boards gut zu erkennen sind.
Übrigens gibt es auf Amazona.de einen sehr ausführlichen Bericht zum Doepfer DIY Synth von Autor H. Gerdes.
Der DIY Synth ist immer noch erhältlich, wird aber auf der Doepfer-Webseite als Auslauftyp geführt. Dort finden sich auch viele Beispiele, was für unterschiedliche Projekte aus dem Board von den Anwendern gemacht wurden.
Wer den Loumavox nachbauen oder etwas Eigenes konstruieren möchte, sollte sich also bald noch einen oder zwei Doepfer DIY Synth sichern.
Ab hier die Fresh-News vom 3. Januar 2022
Es war von vornherein klar, dass die „Entdeckung“ des Synthesizers Loumavox eine konstruierte Geschichte war, aber nun wurde es auch offiziell geoutet.
Wie schon vermutet, handelte es sich um einen Film-Workshop, quasi ein Lockdown-Projekt. Die ganze Geschichte um die Erfinder Louise und Marc war ausgedacht. Erstaunlich, dass man jemanden finden konnte, der das funktionierende Gerät für das Video gebaut hat und dass Jean Michel Jarre hier so begeistert mitgemacht hat.
Hier das Video mit der Enthüllung (auf französisch, daher Übersetzung einschalten):
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Ab hier die Meldung vom 17. Dezember 2021
Da hat sich jemand wirklich Mühe gegeben. Auf Youtube gibt es eine „Dokumentation“ über einen vergessenen Synthesizer zu sehen: „L’enquête Loumavox“. Darin wird von einem sprichwörtlichen Scheunenfund berichtet, der einen frühen französischen und längst vergessenen Synthesizer ans Licht brachte. Eine echte Sensation, die selbst Jean Michel Jarre auf den Plan ruft? Wirft das Gerät von 1969 die ganze Geschichtsschreibung über den Haufen?
Natürlich nicht. Auch wenn in dem Video ausführlich eine herzige, leicht melancholische Backstory präsentiert wird, lässt schon die Machart des knapp 20-minütigen Videos erste Zweifel aufkommen. Zu bemüht in Darstellung und Erzählweise, zu unglaubwürdig in der angeblichen Recherche. Und ist man erst einmal misstrauisch geworden, kann man mit wachem Auge eine Reihe von Ungereimtheiten und Anachronismen entdecken, die wir hier jetzt nicht aufzählen wollen. Es soll jedem der Spaß gegönnt sein, selbst danach Ausschau zu halten.
Die zum Video kolportierte Website existiert nicht und auch andere „Fakten“ um die Entwicklerin Louise Vokzinski und ihren Bruder Marc sind ganz offensichtlich kreiert worden. Da ändert auch die Präsenz von Loumavox auf Facebook nichts. Und wieso gibt es von dem sensationellen Synthesizer keinen tiefen Blick ins Innenleben? Würde man etwa SMD-Bauteile zu sehen bekommen?
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Nun bleibt aber die Frage nach dem Sinn des aufwändigen Videos und warum es berichtenswert scheint. Einfach nur Clickbaiting? Es wäre mehr als zweifelhaft, dass sich Jean Michel Jarre dafür hergeben würde. Viel wahrscheinlicher scheint es zu sein, dass es sich hier um den Beginn einer PR Kampagne handelt, mit der eine neue Firma Aufmerksamkeit für ihren ersten Synthesizer zu erzeuen versucht. Es wäre immerhin ein neuer, erfrischender Ansatz, als die immer gleiche Schnipsel-Teaser-Taktik, mit der uns so viele andere Firmen immer wieder nerven. Außerdem ist von Jarre ja bekannt, dass er französische Firmen aus der Branche gern unterstützt. Das mag die Vermutung über eine neue Firma stützen – oder es ist nur ein cleverer Abschlussfilm von Studenten einer Medienschule. ;-)
Warten wir ab, wann die Auflösung erfolgt und der neue Synthesizer Loumavox dann doch in echt vorgestellt wird.
Fiktion hin oder her. Kann Behringer das Ding nicht einfach mal bauen?
@P.Rotten P.Rotten: You made my day! :)
Sehr gut gemacht. Entwickelt von Voksinzki (haha) . Glaubwürdig auch, dass das “historische” Instrument einfach eingeschaltet wird . Am besten gefallen mir die 3,5 mm Jacks für das Keyboard. Ein passendes ist natürlich gleich zur Hand. Hat Behringer eine Filiale in Frankreich?
Hi Ihr Lieben.
Vielleicht eine dumme Frage, aber falls das Gerät von 1969 sein sollte,
gab es damals schon (erschwingliche) LEDs?
Liebe Grüße, Joachim
@kakagoo LEDs nicht, aber kleine Glühbirnen.
@kakagoo ja, aber ich sehe beim loumavox keine leds, eher so kleine miniglühlampen, wie sie z.b. bei modellbahnen verwendet wurden….aber mal ernsthaft: wir sehen hier die gut gemachte marketingkampagne eines musikinstrumentenherstellers…vielleicht arturia?
Die 3D gedruckten Knobs sind voll die 60er ;) Anders Detail was nicht in die Zeit passt: der Shure Mikrofonkopf ;)
Hahaha … ich habe es VER-SCHLUNG-EN!
Sehr gut, meine Aufmerksamkeit haben sie.
Mal ein wenig Spekulation: Welche aktuelle französische Firma kennen wir, die nun seit mittlerweile 15 Jahren immer und immer wieder absolut phantastische Synthesizer auf den Markt bringt (Soft- wie Hardware)? Welches Gerät steht bei dem »Professor« direkt hinter dem »Loumavox«? Und gäbe sich für diese Firma mit diesen Vorzeichen Jean-Michel Jarre her?
Wenn ich Recht haben sollte, freu‘ ick mir ’n drittes Lock in’n Bauch! 😍😋
@Flowwater Seit über 20 Jahren! ;)
Super gemacht.
Bei Herrn Jarre schwingt sogar Stolz in der Stimme mit, dass in „La Grande Nation“ so früh schon so ein wegweisendes Gerät entwickelt wurde.
Und dann noch von einer Frau! Aber das haben unsere lieben Nachbarn dann doch noch etwas relativiert und ihr vorsichtshalber einen genialen männlichen Entwickler zur Seite gestellt. Sonst wäre es wohl für die Macher doch zu unglaubwürdig geworden. Man redet schließlich von 1969 ;-)
@0gravity an der technischen entwicklung der elektronischen musikprodultion waren nicht wenige frauen federführend beteiligt; eine sehr empfehlenswerte doku „sisters with transistors“ gibts auf ARTE zu sehen:
https://www.arte.tv/de/videos/104017-000-A/sisters-with-transistors-die-verkannten-heldinnen-der-elektronischen-musik/
Lumavox ist übrigens auch ohne die im Film gezeigte Herleitung ein toller Name für einen Synth.
Zur Enthüllung
Jetzt bin ich nach der Auflösung ein wenig traurig. Und, ja, es war schon klar, dass das nicht echt ist. Obwohl das Video wirklich sehr gut gemacht ist (Jean-Michel Jarre, hehe, ohne rot zu werden).
Aber ich hatte tatsächlich gedacht, dass das von Arturia als virales Marketing für eine Art Neu-Nachbau des VCS3 ist. Schade.
Muss ich mich eben doch weiter mit der Emulation Synthi V aus der Arturia-V-Collection begnügen (der auch alles andere als schlecht ist). 😄
Ähhm, bitte? Selbst 1969 wäre das Teil maximal ganz „nett“ gewesen. Das ist doch minimalste Hausmannskost. Das Kreativste sind hier sicher noch die DYMO Label auf französisch.
Es ist schon erstaunlich wie leicht man die Leute so unterhalten kann.
Ich finde, der Film ist eine tolle Idee. Und dann das Drama mit dem verstorbenen Bruder…
Naja, auch wenn die Fotos recht neu wirken und Notizen mit Kuli geschrieben wurden.
Danke für den Filmfund!
Ach jeh,
der Film war total süß und filmisch korrekt gemacht. Ob nun „ hi ha oder ho“ – vom kreativen Blickpunkt hat mich das gelungene Werk sehr entzückt! 😀