Tonleitern Minor Pentatonic & Major Scale
Wer dieser Workshop-Reihe aufmerksam gefolgt ist, verfügt bereits über ein ausgeprägtes Wissen über Akkorde bzw. Arpeggios und wird sich möglicherweise bereits fragen, warum bisher keinerlei Tonleitern auf dem Stundenplan standen. Oftmals gehören gerade diese, insbesondere die Moll-Pentatonik oder Dur-Tonleiter, zu den ersten shapes, die man überhaupt lernt. Das hat natürlich einen Grund. Ich bin der Meinung, dass man Tonleitern viel tiefgreifender versteht und musikalischer einsetzt, wenn man sie als „ergänzte Arpeggios“ betrachtet oder anders formuliert in der Tonleiter stets die enthaltenen Akkordtöne visualisieren kann. Nun stürzen wir uns auf die Moll-Pentatonik, die besonders im Blues und Rock den essentiellen Teil des Tonmaterials ausmacht und trotz oder gerade wegen ihrer Simplizität unheimlich viel Spaß macht.
13: Minor Pentatonic
Die Pentatonik ist eine Tonleiter, die (nach griechischen „penta“ abgeleitet) fünf Töne enthält und keinerlei Halbtonschritte enthält. Daher klingt sie weniger melodiös und klingt sehr klar und offen. Durch ihre geringe Spannung liegt man mit mir gerade bei Improvisationen schnell „richtig“, was auch in ihrer Nähe zum minor seventh arpeggio begründet ist. Die minor pentatonic sollte daher nicht als völlig neues shape betrachtet werden, sondern stellt vielmehr einen Moll-Septakkord dar, den man um eine Quarte bzw. perfect fourth erweitert hat. Es kommt also nur ein neuer Ton zu den altvertrauten Griffbildern hinzu. Die Mutter aller shapes in der Rockmusik stellt das erste basis pattern der Moll-Pentatonik dar und sicherlich vielen von euch längst vertraut ist.
In der oben stehenden Grafik verschieben wir es zum nächsten A hin in den zwölften Bund der A-Saite. Dabei fallen zwei Töne vom „Griffbrett herunter“, während zwei Lücken auf der E-Saite entstehen die wir durch die nächst gelegenen Töne der Moll-Pentatonik wieder „auffüllen“.
Nun haben wir neben dem basic shape sogleich „pattern 4“ kennengelernt. Diese beiden pattern bilden exzellente Fixpunkte zur Orientierung, doch bevor wir uns auf die drei verbleibenden shapes stürzen, hier noch die Struktur der minor pentatonic in Intervallen: root, minor third, perfect fourth, perfect fifth, minor seventh. Besonders übersichtlich erkennt man den Aufbau, wenn man die fünf Töne der Moll-Pentatonik wie folgt auf der E-Saite darstellt.
Hier ist die A minor pentatonic auf dem Griffbrettdiagramm über den kompletten Hals dargestellt.
Wie auch bei den seventh arpeggios macht es Sinn, das Griffbrett in fünf Patterns einzuteilen und die einzelnen shapes vielmehr als verknüpfbare Elemente zu betrachten. Die Moll-Septime und Quarte sind dabei grau gekennzeichnet, damit man die minor triad shapes innerhalb der Pentatonik besser visualisieren kann.
Beim Üben ist es hilfreich, auch mit Saitenpaaren zu arbeiten, damit man nicht in der rein vertikalen Sichtweise der fünf pattern stagniert und die „Grenzen“ der einzelnen Shapes nicht als starr betrachtet.
14: Major Pentatonic
Wie auch bei der Moll-Pentatonik, besteht die Dur-Variante aus einem Dreiklang, der um zwei weitere Intervalle ergänzt wurde, bei denen es sich um die major second und sixth handelt. Die Intervallformel lautet demnach root, major second, major third, perfect fifth, major sixth. Die Griffbilder sind identisch mit denen der Moll-Pentatonik, allerdings stellt das major basic shape, das zweite pattern der minor pentatonic dar. Es beginnt demnach auf der minor third, was aus dem Verwandtschaftsverhältnis der beiden Skalen resultiert und schon bald näher erläutert werden wird. Doch obgleich die shapes äußerlich identisch sind, erfordern die anders angeordneten Grundtöne bzw. unterschiedlichen Intervallfunktionen ein gewisses Maß an Übung. Die major pentatonic wird übrigens besonders häufig in Country und Jazz verwendet. Auch hier sind die Dreiklänge farblich abgehoben und major second und sixth grau markiert.
15: Major Scale
Die Dur-Tonleiter bildet das Rückgrat der westlichen Musik und steht im Zentrum des harmonischen Verständnisses. Wir konstruieren sie zunächst, indem wir die Dur-Pentatonik um eine perfect fourth und major seventh interval ergänzen. Nun gliedert sich die Formel der scale in folgende Intervalle auf: root, major second, major third, perfect fourth, perfect fifth, major sixth, major seventh und octace.
Es handelt sich hierbei um eine diatonische Tonleiter, da sie alle sieben Töne des musikalischen Alphabets enthält und diese in einer festen Struktur um ein tonales Zentrum platziert sind. Ausgehend von C erhalten wir eine spezifische Anordnung von Ganz- und Halbtonschritten, die hier aus den natürlichen Halbtonschritten resultiert und auch für alle anderen Tonarten gilt.
C – D – E^F – G – A – B^C
1 2 3/4 5 6 7/8
Die Halbtonschritte liegen also zwischen major third und perfect fourth sowie major seventh und octave. Bauen wir die besprochenen Intervalle um die root note A herum auf, so erhalten wir das klassische Griffbild der major scale innerhalb einer Octave. Es ist bedeutsam diese „geschlossene“ Sinneinheit in den vollständigen shapes visualisieren zu können und immer vom „Grundton“ aus zu denken, der sich bei Skalen tonic oder Tonika nennt und als tonales Zentrum wahrgenommen werden muss.
Nun ergänzen wir die restlichen möglichen Skalentöne innerhalb der vier Bünde der Position, starten aber noch immer auf dem Grundton.
Der Vollständigkeit halber kommt nun noch die verfügbare große Septime hinzu, allerdings sollte man diese auch als solche erkennen können und nicht einfach mit dem ersten Ton des shapes starten.
Nun haben wir das basis pattern der major scale erarbeitet. Wie auch bei der Pentatonik gibt es hier fünf shapes, die den Hals in Spielpositionen aufteilen. Diesmal habe ich perfect fourth und major seventh grau markiert, damit ihr die „enthaltene“ Dur-Pentatonik erkennt. Der Schlüssel zum musikalischen und routinierten Umgang liegt daran, alles aufeinander aufbauend zu betrachten. Intervalle bilden Dreiklänge, diese werden zu Vierklängen erweitert, die in Form von Arpeggios das Grundgerüst für Skalen bilden. Um beim Spiel mit Tonleitern nicht zu mechanisch zu klingen, hilft es zu wissen, dass alle Arpeggiotöne melodische Ruhetöne sind, auf denen man aufbauen kann, um einen näheren Bezug zu den Akkorden herzustellen.
16: Minor Scale
Wie bereits besprochen, resultieren die unterschiedlichen Klangcharakteristika der Dur- und Moll-Tonleiter aus der Anordnung der Halbtonschritte bzw. dem Intervallaufbau. Die minor scale betrachten wir als Moll-Pentatonik, die um major second (Nicht von der Bezeichnung irritieren lassen!) und minor sixth erweitert wurde. Der komplette Aufbau lautet demnach root, major second, minor third, perfect fourth, perfect fifth, minor sixth, minor seventh und octave. Die Halbtonschritte liegen demnach zwischen 2/3 und 5/6, sodass sich unser C-Dur Beispiel wie folgt verändert.
C – D^Eb – F – G^Ab – Bb – C
1 2/3 4 5/6 7 8
Hier analog zur Dur-Tonleiter die fünf Shapes in Form der „erweiterten“ Pentatonik.
17: Adding Blue Notes
Eine klanglich überaus reizvolle Alternative stellt die Erweiterung der Pentatonik um sogenannte Blue-Notes dar, die sich in nahezu allen Genres wohlfühlen, nicht nur im Blues. Bei der Moll-Pentatonik kommt eine diminished fifth bzw. augmented fourth hinzu, die wir bereits als Tritonus oder auch „Slayer-Intervall“ kennengelernt haben. Klingt allerdings kaum teuflisch, sondern wie der Name bereits sagt nach Blues. Eine weitere wichtige Blue-Note liegt zwischen kleiner und großer Terz, sodass man sie am besten mit Bendings anvisiert oder mittels Hammerings und Slides von der minor zur major third hin. Das funktioniert am besten durch das Hinzufügen der kleinen Terz in der Dur-Pentatonik. Summa summarum ist unser Handwerkszeug in puncto Skalen damit vorläufig komplett, und ich verabschiede mich bis zum finalen Showdown, in denen uns die diatonische Funktionstheorie und Kirchentonarten beschäftigen werden.