Vielseitige Semi-Hollowbody zum Schnäppchenpreis!
Die Thomann-Hausmarke Harley Benton überrascht immer wieder mit herausragenden Instrumenten. Erstaunlich dabei ist, neben der Verwendung von hochwertigen Materialen, die immer besser werdende Fertigungsqualität – und natürlich ganz wichtig: der Preis! Welche Qualität man hier für relativ kleines Geld geboten bekommt, ist schon erstaunlich. Die hier zum Test vorliegende Harley Benton CST-24HB Tortoise Flame macht da auf den ersten Blick keine Ausnahme.
Mal sehen, ob sie hält, was sie verspricht!
Harley Benton CST-24HB – Facts & Features
Bei dieser Gitarre haben wir es mit einem „Semi-Hollowbody“ (Halbresonanz-) Modell zu tun. Im Gegensatz zu „Solidbody“ (Vollholz-) Gitarren haben Halbresonanzgitarren einen ganz oder größtenteils hohlen Korpus. Im Unterschied zu Vollresonanzgitarren haben Instrumente dieses Bautyps einen deutlich flacheren Korpus, bedingt durch die Verwendung schmalerer Zargen. Zur Klangverstärkung werden bei den meisten Halbresonanzgitarren sog. „F-Löcher“ benutzt – so wie auch bei der Harley Benton CST-24HB, dazu jedoch später mehr!
Der hohle Korpus der Harley Benton CST-24HB besteht aus Mahagoni und hat laut Hersteller eine zweiteilige, gewölbte AAA-Riegelahorndecke. Leider sind die beiden Teile beim vorliegenden Modell nicht wirklich „gematched“, d. h. sie sehen doch recht unterschiedlich aus. Das Finish der Gitarre wird als „Tortoise Flame“ angegeben. In der Decke sind die bereits erwähnten Aussparungen in Form von F-Löchern. Sie befinden sich rechts und links neben der Korpusmitte und dienen wie bei allen akustischen bzw. halbakustischen Instrumenten der Klangverstärkung. Die Decke ist mit einem elfenbeinfarben Binding eingefasst – leider haben sich dorthin an der oberen Zarge 1-2 kleine dunklere Lackspritzer verirrt, das ist schade, kann aber ein Einzelfall sein und muss somit nicht die komplette Serie betreffen. Die sonstige Verarbeitungsqualität kann man nur als vorbildlich bezeichnen. Die Korpusform erinnert übrigens grob an ein Modell von Paul Reed Smith.
Mahagonihals mit 24 Bünden
Der sauber eingeleimte Hals besteht ebenfalls aus Mahagoni und hat ein aufgeleimtes Griffbrett aus Jatoba mit 24 Mediumbünden – der Griffbrettradius beträgt 350 mm. Die Bünde wurden sehr sauber eingesetzt und an den Kanten sorgfältig abgerichtet. So soll es sein!
Die Halsrückseite ist ebenfalls lackiert – doch keine Angst: Der berüchtigte „Klebeeffekt“ hält sich in Grenzen bzw. tritt gar nicht auf. Die Greifhand kann sich ungehindert am Hals entlang bewegen ohne „hängen zu bleiben“. Der Hals liegt angenehm in der Hand – er ist nicht zu dünn und geht eher in Richtung 50er Les Paul-Halsprofil. Die Breite des Graphitsattels beträgt 42 mm und ist damit auch dem einer Paula sehr ähnlich. Die bei der Korpusform erwähnte Ähnlichkeit zu PRS Gitarren finden wir auch bei der Mensur der Harley Benton CST-24HB – mit 635 mm ist sie exakt dieselbe wie bei den Instrumenten des amerikanischen Gitarrenbauers.
Chrome-Hardware und Wrapove- Steg
Die gesamte Hardware der Harley Benton CST-24HB ist in glänzendem Chrom gehalten. Dazu zählen neben den DLX DieCast Mechaniken, dem DLX Wrapover-Steg, den Gurtpins und (fast!) allen Schrauben auch die hochglänzenden Pickup-Kappen der beiden Roswell Humbucker. Die leichtgängigen Mechaniken haben eine sehr gute Übersetzung und ermöglichen so schnelles und präzises Stimmen. Beim sog. „Wrapover“- Steg werden die Saiten quasi „verkehrt herum“ durch den Steg gezogen und dann über den Steg zu den Mechaniken geführt. Das sorgt für ein besseres Sustain sowie höhere Stimmstabilität und wurde bzw. wird auch gerne bei Gitarren mit Stopp-Tailpieces (z. B. Les Pauls) angewendet. Eine Besonderheit beim vorliegenden Wrapover-Steg ist eine in den Steg eingelassene schwarze (nicht Chrom!) Inbusschraube, mit der man die Höhe der G- und H-Saite einstellen kann – ein sehr cooles Feature! Die generelle Höhe des Stegs lässt sich mit zwei fetten Bolzenschrauben einstellen, die in den Korpus eingelassen sind.
Roswell Humbucker mit Splitfunktion
Zur Klangübertragung sind in der Harley Benton CST-24HB 2 Roswell LAF AlNiCo-5 Humbucker verbaut. Die Tonabnehmer dieser Firma findet man mittlerweile in so gut wie allen Modellen von Harley Benton. Angewählt werden die beiden Pickups über einen Standard 3er Toggleswitch – zur Regelung des Klangs stehen ein Volume- und ein Tone-Poti zur Verfügung. Die verwendeten Knöpfe der beiden Regler bestehen aus Metall und weisen eine geriffelte Oberfläche auf – dadurch ist in allen Situationen ein guter „Grip“ gewährleistet. Beim Tone-Poti versteckt sich noch eine Besonderheit: Zieht man den Potiknopf heraus, lassen sich die beiden Humbucker splitten und man hat somit zusätzliche Singlecoil-Sounds zur Verfügung.
Die Harley Benton CST-24HB in der Praxis
Nimmt man die Gitarre in die Hand, fällt als Erstes das angenehm geringe Gewicht auf – nur ca. 2,8 kg bringt das Instrument auf die Waage! Das liegt natürlich vorrangig an der Halbresonanz-Bauweise des Korpus. Hängt man sich die Gitarre dann um, ist deshalb eine leichte Kopflastigkeit festzustellen. Diese ist nicht dramatisch und lässt sich bestimmt mit einem entsprechenden Gurt in den Griff kriegen. Der Hals bzw. das Griffbrett lässt sich dank der großzügigen Cutaways bis in die höchsten Lagen komfortabel bespielen. Natürlich wird es bei 24 Bünden irgendwann ganz schön eng – aber no pain, no gain! Unverstärkt gespielt erzeugt die Harley Benton CST-24HB einen akustischen Klang mit gutem Sustain und perkussiver Note. Die Bässe sind etwas unterrepräsentiert, aber insgesamt kann man von einem harmonischen Klangbild sprechen.
Am clean eingestellten Amp wird das bereits akustisch gute Ergebnis bestätigt und sogar leicht verbessert, da jetzt der Anteil der Bassfrequenzen zunimmt und somit ein stimmigeres Gesamtbild erzielt wird. Der Roswell LAF AlNiCo-5 Steg-Pickup gibt clean gespielte, arpeggierte Akkorde sauber und ausgewogen wieder – abgedämpfte funky Single-Notes bekommen durch die Halbresonanz-Bauweise eine gehörige Portion Attack spendiert. Schaltet man beide Humbucker zusammen, erhöht sich die Lautstärke und das Klangbild verdichtet sich; Bass- und Mittenanteile nehmen zu und wir nähern uns immer mehr einem jazzigen Ton. Das setzt sich fort, wenn wir den Halstonabnehmer aktivieren: Jazzige Akkordfolgen und Lines sprudeln nur so aus einem heraus und die Harley Benton CST-24HB macht einen guten Job, das adäquat herüberzubringen.
Schaltet man um auf einen verzerrten Sound, ist man zunächst überrasch t… WOUWH … das brät und brutzelt ganz ordentlich! Mit dem Steg-Pickup kommen abgedämpfte Powerchords mit ordentlich Druck aus den Speakern und auch komplexere Akkorde werden ohne viel Gematsche wiedergegeben. Rockig-bluesiges Solospiel macht richtig Spaß auf dieser Gitarre – vor allem, weil die Pickups fein nuanciertes, dynamisches Spiel sehr gut unterstützen. In den anderen (Humbucker) Pickup-Konfigurationen setzt sich dieser positive Eindruck fort: In der Mittel- und Halsposition wird der Sound fetter und bassbetonter – alles in allem erinnern diese Varianten an die Soundkultur einer Les Paul.
Moment … schon fertig? Da waren doch noch die Split-Sounds – oder? Die Split-Sounds der Roswell LAF AlNiCo-5 Tonabnehmer sind im Vergleich zu den Humbucker-Sounds nicht ganz so überzeugend. Sie klingen recht charakterlos – es fehlt, wie so oft bei diesen Pickup-Schaltungen, die typische Singlecoil-Charakteristik. Aber so was ist ja auch immer Geschmackssache, weshalb man der Harley Benton CST-24HB dennoch eine vielseitige Einsetzbarkeit attestieren muss.
Zum Einspielen der Klangbeispiele habe ich neben der Harley Benton CST-24HB ein Brunetti Mercury EL34 Topteil, ein Suhr Reactive Load sowie Software von Two Notes benutzt.