Linefader raus, Drehknöppe rein
Sind Rotarys gerade im Trend oder ist das nur ein Gefühl? Liegt es an meinem Alter? Daran, dass ich die generell rein subjektiv sehr interessant finde oder ist tatsächlich aktuell ein Trend spürbar, der Rotarу Miхer ein erneutes Hoch bringen kann?
Die großen Firmen selbst bieten aktuell keine Modelle mehr an, Allen&Heath hatte natürlich den Хone:92R oder den Хone:S2, allen voran aber auch den Хone:V6. Dazu gab es ein Umbau-Kit für alle Хone:92, die zunächst werksseitig mit Linefadern ausgestattet waren. Pioneer hatte zum Beispiel mal einen DJM-800 Rotarу bzw. es gab das offizielle Umbau-Kit (PIONEER DJC-800RV) dafür zu kaufen, ebenso bei dem DJM-3000. Bei Rane hat der Drehregler auch seine Geschichte mit Modellen wie einem Rane MP2016 oder dem Rane Empath Rotary oder noch früher einem MP24.
Rane war die letzte große Firma, die es eigentlich noch recht aktuell gewagt hatte einen, man staune, digitalen Rotarу auf den Markt zu bringen, eigentlich zwei, mit dem Rane MP2014 und dem Rane MP2015. Nach dem Verkauf von Rane an inMusic aber verläuft auch das im Sande und der Rane MP2015 ist nahezu nicht mehr neu zu erwerben, der Rane MP2014 ist bei vielen Händlern ebenso nicht mehr im Sortiment oder mit langen Lieferzeiten markiert.
So ganz stimmt das eigentlich nicht, denn Omnitronic hat da auch noch ein Modell mit verschiedenen Serien – den TRM-202, bald in der MK3-Version erhältlich.
Damit ist Omnitronic aber auch die einzige Firma, die einen Rotarу zu einem erschwinglichen Preis anbietet, in allen anderen Fällen liegen die Geräte im vierstelligen Euro-Bereich, zumeist deutlich jenseits der 1500,- Euro.
Das ist in der Tat nicht für jeden eine Option, mehr noch, häufig findet sich ja bereits ein Mixer zwischen den Plattenspielern, den man vielleicht vom Layout ganz angenehm findet, man eigentlich nur gern die Linefader tauschen würde gegen etwas zum Drehen.
Hier gibt es Hilfe, allerdings nicht von Seiten der Hersteller, sondern ab und an von schlauen Menschen, die vor einem ähnlichen Problem standen und das Problem einfach gelöst haben.
Das Umbau-Kit aus Griechenland
Marios Xatzikirlis ist so ein Mensch, ein findiger Grieche, der aus voller Überzeugung, dass jeder Miхer ein Rotarу sein müsste, angefangen hat, Umbau-Kits anzubieten. Nein, so ganz stimmt das nicht. Eigentlich war es eher aus Not heraus, denn sein eigener Miхer besaß Line-Fader. Das Ganze kombiniert jedoch mit technischem Geschick ergab vor ein paar Jahren den ersten Umbau auf einen Rotarу.
Das erste Modell war ein Vestax VMC-002 XL, der einen Isolator-EQ besaß und damit eine gute Wahl war.
Leider war das Innenleben sehr kompliziert zu modifizieren und so begann die Suche nach anderen Modellen, die modularer aufgebaut sind und idealerweise auch voll analog sind.
Eine Entscheidung dabei war der Allen&Heath Xone:22 als voll analoger 2-Kanal-Mixer mit einzelnen Platinen pro Kanalzug.
Ausgestattet mit neuen Faceplates, teilsweise Holzverkleidungen, neuen Schaltern und ALPS RK27 Potis, die zumeist in Rotarys verbaut werden und auch als Blue Velvet bekannt sind, wird so aus einem klassischen Line-Fader-Mixer ein Rotarу.
Ein entsprechendes Umbau-Kit bietet Marios derweil an, nicht mehr nur für den Xone:22, sondern auch für verschiedene weitere Modelle, zum Beispiel Xone:23 und Xone:32, Reloop RMX 23i, Ecler Nuo 2.0 und am Nuo 3.0 wird gerade gearbeitet. Für einen Pioneer DJM sind Kits teilweise vorhanden, bald wohl auch eines für einen Xone:92.
Der Preis für die Kits liegt aktuell bei 160,- bis 21,-0 Euro, je nach Mixer und auch je nach Ausstattung, Faceplate und Holzverkleidung oder ohne. Kein Schnäppchen, aber eine kostengünstige Lösung, um einen guten kleinen Mixer in einen Rotarу zu verwandeln gegenüber der Alternative: groß investieren.
Allen&Heath Xone:22 – der Umbau
Wie der Zufall so spielt wurde ich gefragt, ob ich nicht einen Xone:22 mit einem solchen Umbau-Kit umbauen könnte. Eigentlich witzig, denn meine Frage war sofort „Hast du das Kit von dem Griechen?“. Hat man ein wenig die Augen offen, könnte einem seine Arbeit schon aufgefallen sein. So folgte also ein Abend mit einem Xone:22, einem Umbau-Kit und einem Marios im offenen Facebook-Chat, der Anweisungen geben wollte.
Für rund 180,- Euro gab es das Umbau-Set für den Xone:22 inklusive schwarzer Faceplate, Potikappen, Schalter samt Kabeln und Schrumpfschlauch wie natürlich den ALPS Blue Velvet samt Kabelstrang. Bauanleitung? Fehlanzeige? Aber das ist für technisch Begabte auch nicht notwendig, ansonsten gibt es Marios im Chat. Das ist Kundenservice 2.0.
Klar ist, der Xone:22 muss erst einmal aufgemacht werden und es wird auch einiges verloren gehen. Das LED-Metering neben den Kanalzügen ist danach weg. Alternative? Gegen Aufpreis gibt es eine Version mit einem klassischen VU-Meter in jedem Kanalzug.
Verloren geht auch der Cue/Master-Schalter, wie auch der Schalter für die Auswahl zwischen High-Pass und Low-Pass-Filter, wie auch der Schalter für die Resonanz.
Also an die Arbeit: Alle Potikappen runter, Potis losgeschraubt und die horizontal verbauten Platinen müssen gelöst werden. Diese sind mit den Potis an der Faceplate verschraubt. Vorsicht beim Lösen der Plastikringe um die Filterschalter herum, diese sind an den Platinen eingeklickt. Hier ungefährlich, wie sich später zeigt, bei einem Xone:92 aber sehr gefährlich, da hier unter der Arretierung Leiterbahnen verlaufen und ein nach oben gerissener Schalter mit dem Kunststoffring die Leiterbahnen zerstören könnte.
Die Flachbandkabel zwischen den Platinen kann man ohne Sorge lösen, ebenfalls ist es einfacher, die verlöteten Erdungen zwischen den Platinen zu lösen, um die Platinen einzeln entnehmen zu können.
Ist man so weit gekommen, geht das Gebastel los. Fader raus, dank Kabeln und Steckern recht einfach zu erledigen. Die ALPS-Potis sind schon vorbereitet auf den richtigen Stecker und können direkt verkabelt werden mit der Platine. Soweit Plug & Plaу quasi.
Deutlich komplizierter gestaltet es sich mit den Schaltern für die Filter / den FX-Loop. Hier finden sich ab Werk die Druckschalter, diese werden nun aber getauscht gegen Kippschalter – das bedeutet, es ist vorbei mit Plug und Plaу. Zum ersten müssen die Druckschalter entlötet werden.
Das sind acht Lötpunkte unter dem Schalter, die gelöst werden müssen, um den Schalter zu entfernen. Selbst für geübte „Löter“ eine knifflige Aufgabe, hier die Lötpunkte zu lösen, ohne die Leiterbahnen zu beschädigen oder zu verbrennen. Auf der Platine sind dann die beiden Kontakte erkennbar, die genutzt werden können für das Kabel des Kippschalters. Da es ein 1-poliger Stecker ist, ist die Anordnung egal.
Im Idealfall hat man nun alles dran, sowohl die neuen Schalter als auch die Line-Fader ersetzt durch die ALPS Potis.
Nun muss man einige Entscheidungen treffen. Wie schon erwähnt, bleibt nicht jeder Schalter vorhanden, so zum Beispiel die Auswahl des Filters. High-Pass- oder Low-Pass-Filter, vor dem Zusammenbau ist die letzte Chance zu entscheiden, gedrückt oder nicht gedrückt? Wir entscheiden uns für das High-Pass-Filter.
In jedem Fall muss vom oberen Ende des Plastikstiftes ein Stück abgeschnitten werden – das betrifft alle unbenutzten Schalter. Ansonsten stoßen diese unten gegen die Faceplate und behindern ein Verschrauben.
Ebenso verhält es sich bei der Cue-Taste. Master oder Cue? Da man per Poti zwischen Cue 1 und Cue 2 frei mischen kann, ist hier die sinnvolle Auswahl natürlich Cue statt nur dem Master-Signal. Also rote Kappe runter (mit ein bisschen Gewalt) und den Stift abgeschnitten.
Ach, schon erwähnt: Der Crossfader fliegt raus. Wundert sicher niemanden, stört sicher auch niemanden.
Hat man alles erledigt, kann man mit dem Zusammenbau beginnen. Nicht vergessen, die Erdungsverbindungen zwischen den Platinen wieder einzulöten. Wichtig auch: Der FX-Loop-Schalter oben darf nicht gedrückt sein, ansonsten funktioniert das Filter nicht mehr.
Spielkind wie man ist, haben wir natürlich beim Zusammenbau zunächst die ALPS-Potis verschraubt, danach die Platinen. Das LED-Metering haben wir einfach ein Stück zur Seite gebogen, das klappt ohne Probleme und fällt später auch nicht auf.
Vorsichtig ebenso die Schalter einschrauben, kurz checken, wie sie stehen sollen. Da es neben der Platine recht eng ist, ist die Bewegungsrichtung „auf und ab“, steht „links und rechts“. Also darauf achten, dass die Schalter richtig herum gedreht sind, also zunächst einmal gleich, danach kann man entscheiden, ob man gedrückt das Filter eingeschaltet haben möchte oder lieber ausgeschaltet.
Hat man die Platinen wieder verschraubt, kann man den Mixer wieder verschließen. Neue (schwarze) Schrauben für die Faceplate finden sich im Lieferumfang, top!
Danach vorsichtig die Potikappen verschrauben und sich darauf freuen, dass man den neuen Mixer gleich testen kann. Die Größen der Kappen sind unterschiedlich, die Anordnung aber eigentlich entsprechend der Menge und den Funktionen mit ein wenig Logik selbst zu erkennen. Beim Verschrauben vorsichtig sein. Das gilt natürlich eigentlich immer.
Das war der letzte Schritt, ab zwischen die Geräte, anschließen und testen.
Ein letzter Tipp von mir noch: Der Xone:22 hat diese unschöne Eigenart, keinen An/Aus-Schalter zu besitzen. Wenn man schon am Mixer bastelt, kann man das eigentlich direkt noch nachholen. Wer Lust hat, setzt diesen irgendwo auf die Gehäuserückseite, wer ein wenig fauler ist, der setzt einfach einen Schalter in den Kabelweg kurz vor das Gehäuse. Nicht so 100% schön, aber ebenso funktionell.
Qualität
Qualitativ macht das gesamte Kit einen sehr guten Eindruck. Zu den Blue Velvet ALPS-Potis braucht man kaum etwas sagen. Die Faceplate ist sehr gut verarbeitet, die Beschriftung ist gefräst und dann gefärbt. Die Oberfläche ist mattschwarz, sehr gut passend zum Gehäuse des 22ers, allerdings auch schnell übersät mit Fingerabdrücken.
Bei den Potikappen wüsste ich gern, von welchem Hersteller sie sind. Sie alle besitzen eine silberne (eingelassen) und eine weiße Markierung für die Mittenstellung / Nullstellung. Durch die seitlichen Einkerbungen sind sie sehr griffig, zusammen mit den ALPS-Potis macht drehen hier richtig Spaß.
Das Set selbst ist gut vorbereitet. Kabel finden sich in ausreichender Länge, ebenso Schrumpfschlauch, ansonsten ist alles vorbereitet. Poti samt Kabel und Stecker ist schon fertig verlötet. Ein perfektes Umbau-Kit.
Danke schöne Idee und schöner Artikel. Prima das du es selbst gebaut hast. Wie ist nun die Arbeitsweise? Gefällt sie dir besser, als mit Fader.
Ich habe leider keinen Rane 2015 mehr bekommen. Als er raus kam, waren erst andere Investitionen notwendig. Wobei ich sagen muss, dass es bei dem Teil vorallem das Design ist und die sehr gute Soundkarte, was es mir da angetan hat.
Der Xone S2 hat mir als Rotarie nicht gefallen, da bin ich wieder auf Fader zurück. Übrigens das beste Mischpult was ich bisher hatte.
Von der Optik her, gefällt mir dein Umbau auch.
@DJ Ronny Mir gefällt die Arbeitsweise mit einem Rotary immer besser, ausser bei einem 92er, da interessieren mich die Fader sowieso komplett nicht. Da wird rein über Filter und EQ gespielt – das geht halt nur mit nem Pre-EQ-Kophförer-Weg.
Der Umbau gefällt mir ganz gut und der Freund ist mega happy. Gut ausschauen tut er auch, also eine gute Investition :)
Ich bastel derweil an einem Kit für einen 92er, da aber gibt es noch kleinere Hürden..
Moah ich finde den silbernen Ecler NUO 2 Umbau ja am heißesten!
Mit full-kill-isolator-EQ auch wie für einen Rotary-Umbau gemacht!
„Der Grieche“ rockt!
Wo bekommt man den diesen Umbau-Kit ?
Über den Griechen. Willst du selbst verbauen? Dann stell ich gern einen Kontakt her!
@Bolle / Johann Boll Hi Bolle,
ich habe mit großem Interesse deinen Artikel gelesen und bin sehr interessiert an einem Umbau eines xone23 oder eines Nuo 2.0. Ich möchte mir gerne einen Rotary-Mixer zulegen und benötige bestimmte Features wie FX-Send-Regelung pro Kanal und ggf. Filter. Da ich mir selbst das Löten nicht zutraue, möchte ich wissen, ob du mir vielleicht jmd. empfehlen kannst, der den Umbau vornehmen könnte.
@Hans Süly Ganz einfach, ich kann den Umbau machen ;)
@Bolle / Johann Boll Das klingt ja großartig! Wie kann ich dir am besten eine PN zukommen lassen?
@Bolle / Johann Boll Hey Bolle, ist ja schon mit dem Post ein Weilchen her. Ich hab so Bock meinen Ecler Nuo 4 umzubauen, bisher habe ich vergebens den richtigen Ansprechpartner gefunden. Wie schauts mit dir aus? Ist es möglich? Grüße aus Berlin
Moin Rico, gibt es denn ein Set vom Marios? Ich bin mir grad nicht sicher. Ich luscher mal :)
Hello
Viel Dank für die kit Anbau Prozess.
Ich habe eine ecler sma 32
Weisst du ob dass kit mit meine mixer gehen würde?
Wenn ja ich würde gern den Kontakt haben?
Vielen Dank und freundliche Grüße
G
Hello
Viel Dank für die kit Anbau Prozess.
Ich habe eine ecler sma 32
Weisst du ob dass kit mit meine mixer gehen würde?
Wenn ja ich würde gern den Kontakt haben?
Vielen Dank danke für deine Zeit.
freundliche Grüße
Hallo, soweit ich weiß, gibt es kein Kit für den Ecler :(
Hi Bolle,
jetzt erst gerade auf deinen Artikel gestoßen – super Sache! Ich bin gerade dabei, meine alte Rodec Mixbox MKII auf Rotary umzurüsten und habe dazu ne Frage bzgl. der ALPS Blue Velvet RK27112 Linepotis.
Da es diesen Poti in verschiedenen Ausführungen gibt, bin ich etwas verwirrt, welchen ich da verbauen soll. Den gibt es ja zum einen linear oder zum anderen als logarithmisch. Wobei ich mal irgendwo gelesen habe, dass bei Lautstärke technischen Dingen der logarithmische zum Einsatz kommt. Auch über den Widerstandswert bin ich mir auch nicht so richtig darüber im Klaren.
Hast Du hierzu ein paar Tipps? Ich weiss, dass Marios inzwischen Kits für den Rodec BX9 und den MX180 MKIII anbietet. Da aber der ALPS Europavertrieb quasi 500m von mir entfernt ist, habe ich beschlossen, alle benötigten Potis und Potikappen, direkt dort zu besorgen.
Ich danke dir schon mal im Voraus für deine Zeit…
Herzliche Grüße
Moin Liefko,
dann wirst du dich jetzt unweigerlich mit dem Projekt auch auf elektrotechnischer Basis auseinandersetzen müssen. Du kannst nicht irgendeinen Poti einbauen und wie du siehst, gibt es viele Unterschiedliche Modelle und unterschiedliche Werte. Da kann ich dir leider nicht mit helfen, dass wirst du selbst herausfinden und messen müssen.
Oder aber man verlässt sich auf die Arbeit von MC und zahlt natürlich auch dafür….aber dafür hat er das alles ausgemessen, probiert und bietet nun eine gute Lösunge an ;)
Viel Erfolg und viel Spaß!
Bolle
@Bolle / Johann Boll Hey Bolle,
vielen Dank für deine schnelle Antwort. Das Projekt Rodec Rotary Mixbox ist leider, nach abnehmen der Faceplatte, gestorben. Das Design der Platine läßt keinen Einbau von Potis zu, da alles auf einer Hauptplatte fest verlötet ist und das Splitten auf zwei Platinen meinen elektrotechnischen Horizont übersteigt. ;)
Danke nochma!!
Liefko
Sehr guter Artikel Danke Bolle. Ich hätte auch Interesse an dem Umbau Kit für den Xone22. Wie kann ich den Griechen kontaktieren?
Vielen Dank
Beste Grüße
deepsoulful