Alto ganz oben?
Für das italienische Wort „alto“ gibt es mehrere Bezeichnungen: „groß“, „hoch“, „laut“. Alle drei Begriffe haben irgendwie auch mit der neuen Alto TS212 zu tun, die bestimmt „groß und laut“ klingen will, um damit „hoch hinaus“ zu kommen zu den Gipfeln des guten Klangs.
Wer ist Alto?
Diese Firma (zumindest den Namen) gibt es ja nun schon seit ungefähr 15 Jahren und war zuerst in italienischer Hand. In Italien selbst wurde zwar nie produziert (die Geräte wurden von der taiwanesischen Elektronikfirma Seikaku gebaut), aber die Geräte dort entwickelt und designt. Das merkte man den Geräten an, denn sie waren oft sehr schön anzusehen und hoben sich merklich von der Masse ab. Seit einigen Jahren hat nun die amerikanische inMusic die Markenrechte, seither sehen die Alto-Geräte etwas anders aus und das Programm wurde deutlich gestrafft. Es wurden aber auch etliche neue Modelle kreiert, eines der neuesten ist der aktive Lautsprecher TS212, den ich nun für euch zum Test in meinem Reich der Töne habe. Eine Anmerkung: Ich selbst hatte früher in meinem Studio mehrere Kleinmischer der alten Mischpultserie AMX sowie vier Line-Splitter im Einsatz (die Splitter sind immer noch in Verwendung) und aktuell auch wieder vier Stück der neuesten Kleinmixer-Serie für das Monitoring der Musiker. Da ich mit allen diesen Geräten stets gute Erfahrungen gemacht habe, hat Alto bei mir einen gewissen Vertrauensvorschuss.
Alto TS212
Die Alto TS212 ist ein äußerlich sehr schön anzusehender PA-Lautsprecher der 12-Zoll-Klasse, der mit gerade einmal knapp 13 kg als ausgesprochenes Leichtgewicht durchgeht. Was aber garantiert nicht als Leichtgewicht durchgeht, ist die eingebaute Endstufe, deren Spitzenleistung („Peak“) von Alto mit 1100 Watt angegeben wird. Uff …
Selbst wenn man diese 1100 Watt-Angeber-Prospektleistung einmal beiseite lässt, sind 550 Watt Dauerbelastbarkeit auch noch ein sattes Pfund Kraft, das eigentlich meine Studiowände ein wenig bewegen sollte. Der Frequenzgang ist mit 53 Hz bis 20 kHz auch nicht von schlechten Großeltern, da bin ich ja einmal gespannt.
Auf der Rückseite des schnörkellos und zeitlos gestalteten Lautsprechergehäuses (aus Kunststoff) befinden sich zwei Eingänge in Form von XLR-Combobuchsen (auch Klinkenkabel können angeschlossen werden), die gleichzeitig belegt werden können, auch mit zwei Mikrofonen. Über jeweils zugehörige Drehregler können diese beiden Signale miteinander gemischt werden, praktisch, wenn man zum Beispiel nur mal eben auf die Schnelle Sprache mit zwei Mikrofonen verstärken will oder eine kleine Gesangsdarbietung plus mikrofonierter Gitarre. Ansonsten ist die Mittelstellung der richtige Ausgangspunkt, wenn man vom Mischpult in die Alto TS212 hinein will. Über eine „Mix Out“-Buchse kann das gemeinschaftliche Signal der beiden Eingänge abgegriffen und an eine weitere Box oder ein anderes Audiogerät weitergeleitet werden.
Des Weiteren findet sich ein Druckschalter für den Ground-Lift und einer für die „Contour“-Regelung. Früher, als der Onkel Sigi noch jung und Lehrling in einem Hi-Fi-Fachladen war, nannte sich das „Loudness“: Hierbei werden bei niedrigerer Lautstärke die hohen und tiefen Frequenzen angehoben, was den Klang kräftiger und luftiger erscheinen lässt. Ansonsten gibt es noch eine Betriebslampe sowie eine Warnlampe für zu hohen Gesamtpegel.
Vorne unter dem stabilen Metallgrill befindet sich eine blaue Betriebslampe, die „normal hell“ leuchtet und löblicherweise nicht die ganze Bühne bestrahlt. Für meinen Geschmack hätte es aber noch eine Spur dezenter sein können.
Für Anwendungen, bei denen die Lautsprecher „geflogen“ werden sollen, sind Flugpunkte eingelassen.
Punkt, das war’s. Mir gefällt diese auf das Notwendigste reduzierte Ausstattung bestens, denn meinen Klang regle ich am Pult, von der Box will ich nur eines: Sound satt!
Hier die technischen Daten zusammengefasst:
Leistung: 1100 W Spitzenleistung („Peak“) (700 LF+400 HF) 550 W Dauerleistung (RMS) (350 LF+200 HF)
Basstreiber: 12-Zoll (305 mm) woofer, 2-Zoll (51 mm) voice coil
Hochtöner: 1-Zoll (25 mm) Neodymium-Treiber mit Waveguide
Crossover-Frequenz: 2 kHz
Maximum SPL: 127 dB peak, 124 dB continuous (dB-SPL@1 m)
Frequenzgang: 53 Hz–20 kHz (+/- 3 dB)
Frequency Range: 46 Hz–22 kHz (-10 dB)
Abstrahlwinkel: 90° H x 60° V nominal
Anschlüsse: 2 XLR-Combobuchsen und 1x XLR Mix Output
Regler: Eingang 1 und 2, Power on/off mit LED, Limiter mit LED, Ground Lift
Diverse Schutzschaltungen gegen Überlastung Abmessungen: 357 x 351 x 591 mm, Gewicht: 12,86 kg
Wie wurde getestet?
Einmal natürlich wie immer mit meinem Standard-Testprogramm, das aus folgenden Tonträgern besteht:
Sigi Schwab & Percussion Academia: LIVE
Diese Aufnahme ist exzellent zur Beurteilung von dynamischen Feinheiten geeignet, da erstens Spitzenmusiker an bestem Instrumentarium aufspielen und zweitens der Scheibe (entgegen dem derzeitigen Blödsinn der Totkomprimierung) auch eine wohltuende Portion Dynamik gelassen wurde.
Status Quo: BLUE FOR YOU
Knackiger Blues-Rock zum Lautstärketest und wie es so mit dem Druck einer Box aussieht. Besonders der „Mystery Song“ eignet sich dazu besonders gut, da er sich langsam aufbaut, zudem sollte der starke Choruseffekt auf der Gitarre am Anfang des Songs auch bei monophoner Wiedergabe einer Box noch angenehm klingen.
Yello: FLAG
Wundervoll gemischtes Meisterwerk mit edlem Synthsound und vielen musikalischen/tontechnischen Gimmicks. Gibt Aufschluss darüber, wie „edel“ diese Mischung wiedergegeben werden kann.
Dolcenera: UN MONDO PERFETTO: Eine emotionelle Frauenstimme vom Allerfeinsten mit einer erstklassigen Band im Hintergrund. Dolceneras Stimme erscheint vor guten Studiomonitoren wie plastisch davorstehend. Hier zeigt sich, wie „in sich stimmig“ und räumlich ein Lautsprecher arbeitet.
Golden Earring: MOONTAN
Besonders der Welthit “Radar Love” ist von der akustischen sowie spieltechnischen Umsetzung ein kleines Meisterwerk: Dynamische Bläserparts, tolles Schlagzeug, ein grooviger, warmer Bass, der rotzige Sänger gepaart mit ausdrucksstarken Gitarren gibt Aufschluss darüber, ob die Klangcharakteristik der Lautsprecher sich bei unterschiedlicher Dynamik verändert.
Heißer Tipp zum Testen der Basspräzision: MY BABY DOES ME von Queen.
Auf dem Album “The Miracle” befindet sich dieser Titel, mit dem jeder Lautsprecher auf seine Basstauglichkeit überprüft werden kann. Gleich zu Beginn des Songs groovt ein herrlich runder Bass ins Geschehen, der zuerst recht harmlos wirkt, aber eine ungeheure Energie beinhaltet. Je besser ein Lautsprecher konstruiert ist, um so lauter schafft er diesen Bass ohne Verzerrung.
Zudem habe ich mein kleines Keyboard-Setup aufgebaut, mit dem ich gerne zu meinem Vergnügen herumdudel, bestehend aus einer Yamaha PSR-S670 sowie einem Moog SubPhatty. Und in meinem Studio bekommt es ja auch keiner mit, wenn ich zu allem Überdruss noch dazu singe.
Wie klingt die Alto TS212?
Also ehrlich Leute: Ich war mehr als beeindruckt! Was ich gehört habe, kann sich aber ganz locker mit den ganz Großen der Branche messen: konturierte Bässe mit einem Mordspfund, schöne Mitten mit Durchsetzkraft und ohne schrille Aggression und griffige Höhen. „Griffig“ ist hier tatsächlich der richtige Begriff, denn sie sind nicht seidig, sondern sehr plastisch und ziemlich vor der Nase. Super gemacht, ein Lob an die Konstrukteure!
Der Moog SubPhatty ist nun nicht gerade ein Leisetreter, aber ich konnte ihn sacklaut über die Alto TS212 sägen lassen, bis ganz runter in den Frequenzkeller. Die Lautsprecher kamen nie merklich ins Schwitzen, auch die wirklich hammermäßigen Elektrobeats der PSR-S670 prügelten lässig gegen meine Studiodämmung, als wäre es eine leichte Aufwärm-Übung. Ich habe es in der Testphase nicht geschafft, die Limiter-Lämpchen der TS 212 ansprechen zulassen, diese Lautstärke hätte ich einfach nicht mehr ausgehalten.
Besonders beeindruckend sind die Bässe, die diese „nur-12-Zoll-Box“ hervorbringen kann und wie präzise die Bassläufe vernehmbar sind. Kein matschiges Gewummer, sondern klare Linien mit festem Fundament.
Was besonders aufgefallen ist
Die Verarbeitung ist makellos, eine gutgeschriebene und verständliche Anleitung liegt auch in deutscher Sprache bei und das Handling des Lautsprechers ist durch seine vier Griffe sehr gut zu erledigen.
Die eingebauten Endstufen sind lüfterlos und das Grundrauschen ist sehr niedrig. Besonders dieses niedrige Grundrauschen hat mich in Anbetracht der sehr hohen Verstärkerleistung äußerst angenehm überrascht, da diesbezüglich die Konkurrenz öfters mit einem merklich höheren Grundrauschen daherkommt. Alto beweist hier, dass es doch leiser geht.
Was gibt es zu meckern?
Die Boxen fangen zu riechen an, wenn man sie länger auf hoher Power fährt. Es riecht nicht nach verbrannter Elektronik oder sonstigem Unbill, es sind Ausdünstungen vom Kunststoff, die da merklich in das empfindliche Näschen hochkrabbeln. Inwieweit sich das nach einiger Zeit legt, kann ich nicht sagen. Der Geruch ist weder scharf noch ekelig, auch habe ich keine Kopfschmerzen bekommen. Aber nach jeweils einer Stunde Betrieb hatte ich doch das dringende Bedürfnis, die Bude zu lüften.
Die Stellung der Drucktaster auf der Rückseite sind schlecht zu erkennen, besonders dann, wenn die Lichtverhältnisse nicht gut sind.
Für wen ist die Alto TS212 die richtige Wahl?
Keine Einschränkung, diese Box spielt klanglich weit oben! Auch anspruchsvolle Ohren werden auf ihre Kosten kommen, auch wenn dies der fast schon als billig zu bezeichnende Preis nicht vermuten lässt.