Alleskönner trifft Leichtgewicht
Es ist doch immer wieder interessant mit anzusehen, wie sich ein Segment im Musikalienbereich verändert. Nicht nur dass sich nahezu jeder Bereich, der sich in irgendeiner Form mit Verkauf und Erwerb beschäftigt, bestimmten Modeströmungen unterworfen ist, nein, es gibt auch den schleichenden Wandel, der teils von Anforderungen, teils von finanziellen Erwägungen getrieben einen Bereich komplett ummodeln kann.
Einer dieser Bereiche in der Beschallung ist die Veränderung des Spezialisten hin zum flexiblen Multitasker, der mehrere Bereiche abdeckt, je nachdem was gerade von ihm gefordert wird. Das Ganze bitte mit einem vergleichsweise geringen Abgabepreis und in einer Gewichtsklasse, die zur Not die Sängerin auch mal alleine in ihren VW Polo wuchten kann. Was noch vor Jahren undenkbar schien, ist einer der großen Trends der Branche, die Rede ist von der aktiven Zwei-Wege-Box, die dank Class D Endstufe im Leistungsbereich ganzer Gesangsanlagen früherer Dekaden arbeiten und deren Einsatzbereich sich von P.A., Monitor, Sidefill Aufgaben bis hin zur mobilen Marktschreier-Beschallung erstreckt.
In eben jenen Bereich stößt die Alto Pro TS115 Vibe, die neben ihrem klassischen Aufgabengebiet für zusätzliche Flexibilität auch noch einen MP3-Player verbaut hat, der von der Rückseite des Produktes verwaltet wird.
Konstruktion
Mit den Abmessungen 385 x 430 x 679 mm und einem Gewicht von 18 Kilogramm bewegt sich der Alto TS115 Vibe in einer Klasse, die man zwecks Transports nicht so einfach unter den Arm klemmt. Im Gegenzug für die Leistungsangabe von 800 Watt Peak handelt es sich jedoch um ein vergleichbar leicht zu handhabendes Produkt, sofern man seiner Frontfrau nicht zumutet, ihre Beschallung alleine aufzubauen.
Nur durch die Verwendung von leichten Neodym Lautsprechern in Form eines 15 Zoll Tieftöners, 1 Zoll Hochtontreibers und den Betrieb zweier Class D Endstufe lässt sich das moderate Gewicht erzielen. Das Gehäuse wird aus widerstandsfähigem Polypropylen-Kunststoff gegossen und wurde ohne jegliche scharfe Kanten entlassen. Jeweils vier Stapelfüße, 6 Stück M10 obere, untere und hintere Flugpunkte und ein 36 Millimeter Flansch an der Unterseite lassen jegliche Form der Positionierung im modernen Bühnenbetrieb zu. Zudem helfen zwei seitlich eingelassene Griffe und eine Griffmulde auf der Oberseite in Sachen Transportabilität.
Das Gehäuse ist in einer Trapezform ausgeführt, das die Gefahr einer Kantenreflektion minimiert. Zudem kann das Produkt durch diese Form auch als Bühnen-Wedge in einem 40 Grad Winkel verwendet werden. Im Lieferumfang ist neben einem Netzkabel noch eine übersichtliche Bedienungsanleitung enthalten, die über die wichtigste Ausstattungsmerkmale Auskunft gibt.
Ein massives Metallgitter schützt die intern verbauten Lautsprecher vor mechanischen Einflüssen, zudem verhindert es das Eindringen von Gegenständen in die beiden frontseitigen Bassreflexöffnungen. Eine blaue LED auf der Frontseite des Gehäuses gibt Auskunft über den Betriebszustand. Über die nur intern zugängliche Spannungssteuerung kann das Produkt von 100 bis 240V Netzspannung betrieben werden.
Alle Regel- und Anschlussmöglichkeiten befinden sich auf der Rückseite des Gehäuses und wurden zum Schutz vor Transportschäden leicht versenkt platziert. Oben befindet sich das beleuchtete Display von 65 x 15 Millimeter Abmessungen, wobei die Steuerelemente des MP3-Players in Form von Druckknöpfen direkt darunter platziert wurden. Zwecks Titeleinspeisung dient ein USB-Stick oder aber eine MicroSD-Karte, die passenden Steckbuchsen befinden sich unmittelbar neben dem Player. Der verbaute Player unterstützt die Formate MP3, das Windows-basierte WMA und dem Apple Codec AAC.
Platziert man einen Stick im Produkt, erhält man mit Ordnername, Titelanzeige, Spieldauer und verbleibende Titel eine großzügige Information bezüglich des Speicherinhaltes, wobei im rechten unteren Teil des Displays kleine Symbole darüber informieren, ob es sich um einen USB-Stick oder eine Speicherkarte handelt. Ein einzelnes Lautstärke-Potentiometer regelt die ausgegebene Lautstärke, wobei ein kleiner, darunter liegender Schieberegler entscheidet, ob die Kanäle links, rechts oder beide zusammen in einer monophonen Mischung über die Lautsprecher wiedergegeben werden. Der Mixdown funktioniert übrigens ohne jegliche Phasenauslöschung.
Über einen Contour-Druckschalter lässt sich eine Loudness-Einstellung in „Badewannen-EQ“ (Bässe und Höhen rein, Mitten raus) aktivieren, was den Klang „gefälliger“ macht. Diese Einstellung ist ein Master Equalizer und beeinflusst auch die Klangregelung der anliegenden Mikrofon- bzw. Line-Signale. Weitere klangliche oder dynamische Bearbeitungsmöglichkeiten in Form von Filtern oder Kompressoren gibt es nicht.
Als weitere Anschlüsse sind zwei XLR/Klinke-Kombibuchsen mit separater Volume-Regelung angebracht. Dabei verwalten die beiden Lautstärkeregler sowohl einen Mikrofon- als auch einen anliegenden Line-Pegel. In der Stellung 7 Uhr bis hinauf zu 12 Uhr werden Line-Signale verwaltet, ab 12 Uhr bis zu 17 Uhr werden die Mikrofon-Signale bearbeitet. Ein eingebauter Limiter, der seinen Einsatz mit einer roten LED verkündet, verhindert eine Überlastung der internen Lautsprecher und regelt bei zu hohem Pegel die Lautstärke automatisch ab.
Um mehrere Komponenten zu einem Daisy-Chain Betrieb verschalten zu können, verfügt die Alto TS115 Vibe ebenfalls über einen XLR-Output, der das anliegende Signal wahlweise vor oder nach dem Volumeregler abgreift. Um Brummschleifen bei der Verkettung von mehreren Aktivsystemen zu verhindern, verfügt das System zusätzlich über einen schaltbaren Ground Lift. Ein vergleichsweise leise arbeitender Lüfter sorgt für eine ausreichende Kühlung innerhalb des Gehäuses.
Praxis
Bei Aktivierung des Netzschalters fährt das System ohne den berüchtigten Einschaltimpuls geräuschlos hoch. Zunächst einmal mit Musik beschallt, besticht der Alto TS115 Vibe durch einen durchsichtigen, kräftigen Grundklang, der eine frequenziell gleichmäßige Wiedergabe generiert. Auch im Crossover-Bereich, der bei dieser Konstruktion bei 2,5 Kilohertz liegt, gibt es keine Frequenzeinbrüche oder akustische Lücken. Um den internen MP3-Player nutzen zu können, muss der USB-Stick bzw. die MicroSD-Karte in FAT16 oder FAT32 formatiert werden, Mac Formate wie OS Extended etc. werden nicht unterstützt.
Im Gegenzug unterstützt der Player jedoch alle gängigen Sampleraten vom unterirdischen 8 kHz bis hinauf zu 48 kHz, jedoch ohne die CD-Standard Audioformate AIF und WAV. Platziert man ein Mikrofon am passenden Eingang, wird die maximale Lautstärke aus Feedbackgründen etwas reduziert. Für den Schnellstart durchaus sinnvoll, ansonsten sind die üblichen Aufstellungstechniken zu berücksichtigen. Leider können die XLR-Stecker nicht in der Buchse verriegelt werden, was bei einem unvorsichtigen Stellungswechsel den Ausfall des Signalflusses nach sich zieht.
Als Bühnenmonitor in Wedge Positionierung hinterlässt der Alto Pro TS115 Vibe ebenfalls einen guten Eindruck, wenngleich die symmetrische Ausrichtung der beiden Außenteile leider keine unterschiedlichen Abstrahlwinkel zulassen. Für einen durchschnittlich spielenden Drummer ist das System auch als Drumfill zu gebrauchen, vorausgesetzt man ist nicht Motörhead. Erwartungsgemäß kann auch eine moderate Sidefill-Verwendung praktiziert werden, allerdings sollten Clubbühnenausmaße nicht überschritten werden. Im P.A.-Bereich glänzt die Box mit einer guten akustischen Ausleuchtung und guten Leistungsreserven bei vergleichsweise geringem Gewicht.