Fast hätte er uns überzeugt.
Vorwort der Redaktion:
Dieser Test entstand ursprünglich auf Basis der ersten CS-80V Version aus dem Jahr 2003 von Stephan Lüdde und wurde schließlich bei Erscheinen der Version V3 überarbeitet.
Der Repliken des Yamaha CS-80
Dank der Computertechnologie und einiger genialer Tüftler kann man heutzutage Schätze wie einen Moog, einen Odyssey oder auch das schrullige Mellotron am heimischen PC genießen. Viele Punkte auf der Wunschliste sind aber immer noch offen. Eine weitere Lücke schließt Arturia mit seinem Wurf: CS-80V, der in der Zwischenzeit in der dritten Version vorliegt. Hintergrundinfos zum Original findet Ihr übrigens in unserer Blue Box Report HIER.
Die Sache mit Vangelis
Künstler wie Vangelis haben den Yamaha CS-80 bekannt und begehrt gemacht. Das Monster aus Japan mit dem Lebendgewicht von zwei Sack Kartoffeln galt lange als der König der Polyphonen und für viele ist er das noch heute. Die Jungs von Arturia haben ja bereits mit dem Moog Modular bewiesen, dass sie imstande sind, den klanglichen Charme einer Legende detailgetreu nachzubilden. Man durfte also gespannt sein, als die Umsetzung des CS-80 angekündigt wurde.
Und nun ist es soweit, der CS-80V Version 3 befindet sich auf meiner Festplatte. Der erste Eindruck der sich mir bietet, ist äußerst überwältigend, was sowohl auf den Klang als auch die grafische Präsentation betrifft. Das gesamte Bedienpanel des Originals und noch einiges mehr fand seinen Weg in die Oberfläche des PlugIns – Fotorealismus ich liebe dich!
Aufbau
Der CS-80 bietet zwei von einander unabhängige Stränge für die Klangerzeugung mit je einem Oszillator. Für jede der acht Stimmen hat man also zwei Oszillatoren zur Verfügung. Jeder Strang enthält vier Sektionen: VCO, VCF, VCA und Touch Response, also: Oszillatoren, Filter inklusive Hüllkurve, Lautstärkehüllkurve und Einstellungen für anschlagsdynamisches Spiel. Der Aufbau der Stränge ist identisch.
Die Auswahl der Oszillatorwellenform erfolgt via Kippschalter. Es stehen Rechteck, Sägezahn und Sinus zur Auswahl, sowie in der Intensität regelbares Rauschen. Im Original steht für die Pulsweitenmodulation ein LFO zur Verfügung. Die Emulation geht noch einen Schritt weiter und bietet pro Strang einen zusätzlichen via MIDI synchronisierbaren LFO.
Für die Klangformung stehen gleich zwei Filter zur Auswahl: je ein Hoch- und ein Tiefpass. Beide sind resonanzfähig und haben eine Flankensteilheit von 12dB. Im Gegensatz zum Yamaha Synth lässt sich die Steilheit auch auf 24dB umschalten. Der Klang der Filter ist gut getroffen. Die originale 12dB Variante macht eine Menge der Wärme des Vorbilds aus, die hier gekonnt reproduziert wurde. Eine ADR (Attack, decay, release) Hüllkurve übernimmt die weitere Formung für beide Filter gleichzeitig und bietet mit zwei extra Reglern auch die Möglichkeit den Anfangslevel der Hüllkurve und der Attack-Phase zu regeln. Das Zusammenspiel dieser Bestandteile will verstanden werden und es kostet etwas Einarbeitung den Klang in eine gewollte Richtung zu verbiegen.
Der Aufbau der Lautstärkehüllkurve folgt dagegen dem komplett klassischen Aufbau und verfügt außerdem über eine Sustain-Phase. Dem Klang kann hier auch eine vom Filter unabhängige zusätzliche Sinuswelle untergemischt werden, die für zusätzliche Klangfülle sorgt.
Am Ende eines Stranges lassen sich mit vier Slidern Filterfrequenz und Lautstärke abhängig sowohl von der Anschlagsstärke als auch vom Aftertouch steuern. Der Aftertouch ist beim CS-80 sogar polyphon, was vielfältige Ausdrucksvarianten bietet, sofern man sie beherrscht und man – was sich beim PlugIn als schwieriger gestalten dürfte – auch ein Masterkeyboard auftreibt, das polyphonen Aftertouch sendet.
Preset-Verwaltung
Vor allem die Soundverwaltung hat in der neuen Version an Übersichtlichkeit gewonnen. Laden, speichern, umsortieren.. alles kein Problem.
Ring, ring, ring
Ein weiteres Highlight der Hardware war der Ringmodulator. Dieser ließ sich stufenlos zumischen und sein charakteristischer Klang prägte vielen Soundtracks (Blade Runner!) eine typische Note auf. Selbstredend ist der Ringmodulator auch in der virtuellen Nachbildung zu finden und auch er macht dem Vorbild alle Ehre.
Modulationen
Wer vom CS-80 redet, meint neben seinem vollen Klang, vor allem die einzigartigen Spielmöglichkeiten. Natürlich kann ein PlugIn da nur bedingt mithalten. Arturia hat seinem neuesten Spross aber ein paar Funktionen mit auf den Weg gegeben, damit der Ausdruck nicht auf der Strecke bleibt. So la ssen sich beinah alle Slider via MIDI-Learn über eine Controller-Box fernbedienen.
Angesichts der Mini-Slider auf dem Bildschirm ist diese Personalisierung wohl bei den meisten auch gleich die erste Amtshandlung.Daneben haben die Franzosen eine Modulationsmatrix implementiert, in der sich wichtige Klangelemente durch verschiedene Quellen modulieren lassen. Hier treffen Anschlagdynamik auf Filterfrequenz oder das Modulationsrad auf die Tonhöhe von Oszillator 1. Selbst der virtuelle Ribbon Controller lässt sich hier zuweisen, was wohl eher als Gag zu verstehen ist, denn wer will schon einen Ribbon Controller mit der Maus bedienen?
Und schließlich moduliert auch der Sub-Oszillator kräftig mit. Entgegen dem Namen handelt es sich dabei aber um einen LFO und nicht um einen Sub-Oszillator im klassischen Sinne.
Der „Multimode“
Hinter einer zweiten Klappe verbirgt sich eine weitere Besonderheit des CS-80V. Im so genannten Multimode kann auf jede der acht Stimmen getrennt Einfluss genommen werden. Der alte CS80 hatte z.B. die Angewohnheit, dass sich einzelne Stimmen im korrekten Tuning schwer taten. Dies kann man hier zum Beispiel durch leichtes Detune einzelner Stimmen simulieren. Neben Detune kann im Multimode auch Panorama, Transpose und Volume für jede Stimme getrennt eingestellt werden. Zusätzlich können die Stimmen vier Tastaturbereichen oder MIDI-Kanälen zugewiesen und die Funktionen Portamento, Ring Modulator und FX getrennt für jeden Bereich aktiviert werden.
Interessant sind zum Beispiel auch Panning-Spielereien mit dem Arpeggiator. Für die vier Tastatur-Zonen können zusätzlich verschiedenste Stimmen-Modi (Rotate, Retrigger, Unisono, etc.) definiert werden. Und wer es ganz wild möchte, weist jeder Stimme einen unterschiedlichen Sound zu und aktiviert einen der Unisono Modi und erhält damit bis zu 16 (2×8) unterschiedliche, gestackte Sounds. Der Multimode ist im übrigen ein „Soundparameter“, d.h. alle Einstellungen werden innerhalb eines Presets abgespeichert. Die Möglichkeiten im Multimode sind enorm vielfältig und erlauben auch sehr ungewöhnliche Sound- und Performancekombinationen.
Die Effekte
Für die unmittelbare „Modernisierung“ des Klanges stehen drei Effekte zur Verfügung: Tremolo, Chorus und ein simples Delay. Puristen mögen sofort den Off-Button suchen, doch ich halte den Klang der Effekte für durchaus gelungen. Er fügt sich gut in die Klangerzeugung ein und wird so zu einem Teil des Sounds selbst. Voreilige Verdammung ist also fehl am Platze. Die Effekte sind rechts neben dem Arpeggiator und den Spielhilfen platziert worden (siehe nächsten Screenshot)
Arpeggiator
Ein weiteres Feature aus der Rubrik „Was das Original nicht konnte“ stellt der Arpeggiator dar. Sein Tempo folgt selbstverständlich dem Host und er macht einfach Spaß.
Klang
Der CS-80V3 bietet den typischen Klangcharakter seines Vorbilds, erreicht ihn aber nicht vollständig. Das Klangbild ist rund und unglaublich durchsetzungsfähig. Mit Hilfe des Ringmodulators sind aber auch äußerst schrille und bissige Klänge möglich. Insgesamt hebt sich Arturias neuester Streich wohltuend vom klanglichen Einerlei der meisten VSTi ab und beweist einmal mehr, dass digitale Emulationen großer analoger Namen machbar sind. Wer allerdings einen 100% authentischen CS-80 Sound erwartet, wird hier nur zum teil glücklich gemacht.
Vor allem das Fehlen der Original-Presets (mit denen. Vangelis einen Großteil seiner berühmten Tracks eingespielt hat), fehlen gänzlich. und auch der Versuch diese Presets nachzubilden, scheiterte kläglich. Die berühmten CS-80 Lead und Brass-Sounds klappen gerade noch, aber die können tatsächlich auch viele andere Synthesizer nachahmen. Viel dramatischer ist der Vergleich bei klassischen Vangelis-Sequence-Sounds. Spätestens da geht in Sachen Authentizität dem CS-80V3 die Luft aus. Das oll nicht bedeuten, dass der CS-80V3 schlecht klingt, das absolute Gegenteil ist der fall, er klingt eben in dieser Kategorie nur noch 100% wie das Vorbild.
Bedienung und Praxis
So ansprechend die fotorealistische Oberfläche des CS-80V auch aussehen mag, so kompliziert gestaltet sich daran die Bedienung. Nun gilt schon das Original nicht als auf den ersten Blick intuitiv und bedarf einiger Einarbeitungszeit, doch das PlugIn setzt da noch einen drauf, da man zunächst nur die Maus statt echte Controller zur Verfügung hat. Zwar folgen die Fader wie bei der Hardware einem farblichen Schema (Grün für allgemeine Filter Einstellungen, rot für die Filter Resonanz, Weiß für die Tonhöhe, Grau für die Lautstärke, Gelb regelt Sustain und schwarz für die übrigen Funktionen), doch ohne Hardware-Controller tut man sichtrotzdem schwer. Seit Version 3 lässt sich aber zumindest die GUI enorm vergößeren – das hilft – und auch die Zuordnung zu Hardware-Controller klappt reibungslos.
Man darf nicht vergessen, dass ein großer Teil der Faszination die vom Original ausging, in den einmaligen Ausdrucksmöglichkeiten lag, so dass ein gutes Masterkeyboard und eine handvoll (es dürfen gern mehr sein!) Regler meines Erachtens hier zur Pflichtausstattung gehören.
Software-Alternative Memorymoon ME80
Der härteste Konkurrent am markt ist sicher ME80 von Memorymoon. Er kam ca. 10 Jahre nach der ersten Arturia-Version auf den Markt und hat in Sachen Authentizität deutlich mehr zu bieten als die Arturia-Variante. Dazu kommt ein eklatanter Preisunterschied, da der ME80 fast 100,-€ weniger kostet, als sein Arturia Wettbewerber.
Der CS80V3 ist einer meiner liebsten Arturia Synths. Er hat einen wirklichen tollen Klang und kann sehr sinnvoll in Arrangements eingesetzt werden. Ob er wie der CS80 klingt ist mir eigentlich egal.
Toll ist es auch das die Größe der Darstellung skalierbar ist.
Ich denke hier geht ist ein kleiner Fehler bei den prozentualen angegeben zur klang Authentizität unterlaufen: „ Das oll nicht bedeuten, dass der CS-80V3 schlecht klingt, das absolute Gegenteil ist der fall, er klingt eben in dieser Kategorie nur noch 100% wie das Vorbild.“
Unten bei der Bewertung steht er würde „nur“ 70 Prozent des Orginals erreichen. Kann es auch daran liegen, dass bei Bladerunner auch noch Effekte verwendet wurden? Ich würde fast so weit gehen und sagen alle east cost style Synthesizer ähneln sich zu 70%, wenn man Versuch einen ähnlichen Sound einzustellen.