Des Kaisers neue Kleider
Fostex feiert bereits den 5. Geburtstag seines Kopfhörer-Topmodells Fostex TH-900 Mk2. Zum Jubiläum haben die Japaner eine saphirblaue Anniversary Edition auf den Markt gebracht. Diese ist auf 300 Stück limitiert und neben der farblichen Veränderung soll der Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue auch klanglich noch mal besser als das Serienmodell sein. Da wir dieses gerade im Test hatten (hier zum Nachlesen), nehmen wir uns gerne auch noch mal der neuen Variante an.
Die inneren Werte des Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue
Beim Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue handelt es sich um einen geschlossenen Kopfhörer mit einer Impedanz von nur 25 Ohm. Der Frequenzumfang liegt laut Fostex zwischen 5 Hz und 45 kHz an – damit ist er um einiges umfangreicher als das menschliche Gehör. Bei Aufnahmen mit Samplingraten ab 88,2 kHz und geeigneten Mikrofonen wie dem neuen Sony C-100 kann das durchaus ins Gewicht fallen und vor allem einer erstklassigen Transientenabbildung zugute kommen.
Der Durchmesser der Membran beträgt 50 mm und der Neodym-Magnetantrieb hat wie beim Serienmodell eine kräftige, magnetische Flussdichte von 1,5 Tesla. Das dazugehörige Kabel muss der Käufer vor Inbetriebnahme noch selbst an die Ohrmuscheln anschließen. Es lässt sich auch gegen eine symmetrische Variante mit XLR-Steckern tauschen.
Das Design der neuen Verpackung des des Fostex TH-900 Mk2 SB ist moderner, die dunklen, wertigen Aufbewahrungsboxen für den Kopfhörer und den Ständer gleichen jenen der roten Version. Der Holzständer aus Buchenholz wurde überarbeitet und bietet nun rückseitig einen Haken für das Kopfhörerkabel. Darüber hinaus spendiert uns Fostex noch eine Ledertasche und ein quadratisches Fotoheft mit Mood-Bildern, die dem „Sapphire Blue“ angepasst wurden. Als Handbuch liegt, wie in der normalen Version, nur ein Faltblatt mit technischen Informationen bei. Bis auf einen leichten Blaustich der farblich zum Kopfhörer passt, sind die Werte darin identisch zur Vorversion.
Der Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue ist wieder aufwendig verarbeitet. Als Gehäusematerial kommt Holz der japanischen Zierkirschen-Birke zum Einsatz. Die Lackierung aus traditionellem Urushi Lack wird in einer 118 Jahre alten kleinen Werkstatt per Hand aufgetragen. Das Fostex Logo an der Seite der Ohrmuscheln ist sogar aus Platin.
Das Leder der Ohrpolster ist aus Eierschalen-Protein gefertigt und dadurch 60 % leichter als gewöhnliches Leder. An der Verarbeitung gibt es absolut nichts zu bemängeln, sie ist erstklassig und der Fostex leistet sich keinerlei Schwächen. Aber so soll es ja auch sein, denn schließlich ist der Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue ja ein sehr exklusives Topmodell. Bei dem stolzen Preis von fast 1.800,- Euro darf man nichts anderes erwarten.
Etwas verwirrend finde ich, dass die Modellbezeichnung gleich geblieben ist, Fostex den Kopfhörer aber auch klanglich neu abgestimmt hat. Wäre es nicht besser gewesen, bei einem neuen Klang die Mk2 Version zur Mk3 werden zu lassen? Da die rein technischen Werte gleich geblieben sind, ist es für den Käufer nicht leicht herauszufinden, wo die Unterschiede denn tatsächlich liegen, die den doch recht happigen Aufpreis zum Serienmodell von 345,- Euro rechtfertigen.
Was ist neu am Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue?
Zum einen gibt es eine leichte Anhebung der Mitten zwischen 300 und 600 Hz und etwas gedämpfte Höhen ab dem Bereich um 6,5 kHz. Dadurch soll der Kopfhörer durch das ganze Frequenzspektrum hindurch etwas linearer abbilden. Beim ersten Anspielen ist der Klang tatsächlich auch gleich einen kleinen Tucken gefälliger. Man könnte sagen, er ist etwas leichter zugänglich als das normale Modell. Wir reden hier allerdings nicht von dramatischen Veränderungen, sondern von kleinen Unterschieden.
Der prinzipiellen Ausrichtung und dem Klangkonzept des originalen TH-900 MK2 bleiben die Japaner treu. Die Höhen klingen sehr detailliert und offen, ohne dabei zu nerven oder anstrengend zu wirken. Es sei denn, die Musik an sich wurde zu höhenlastig abgemischt, wie es bei manch aktuellen Produktionen leider vorkommen kann.
Gleichzeitig bietet der TH-900 Mk2 Sapphire Blue eine exzellente Tiefenstaffelung mit großer Bühne. Der Bassbereich, der mir zum Beispiel bei AKG manchmal etwas zu kurz kommt und bei Beyerdynamic Kopfhörern auch mal zu viel des Guten sein kann, ist hier sehr ausgewogen, mit gutem Punch bei hoher Definition. Das ist wirklich höchstes Niveau, sehr griffig und eignet sich gut, um damit auch im Mix die richtigen Entscheidungen zu treffen. Stilistisch ist der Fostex TH-900 Mk2 Sapphire Blue ein Multitalent. Von Klassik bis Rock und hin zu elektronischer Musik – er lässt sich nichts vormachen und mit ihm kann mache Aufnahme wortwörtlich in neuem Licht erstrahlen. Dafür trägt vor allem der generell offene Klangcharakter ab ca. 2 kHz Rechnung.
Leider bleiben die Kritikpunkte, die ich auch schon beim Test des Serienmodells beanstandet habe, weiterhin bestehen. Das stoffummantelte Kabel überträgt jede Reibung sofort auf die Ohrmuscheln, was bei genauen, analytischen Arbeiten recht störend sein kann, da es immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auch das Gewicht ist mit fast 400 Gramm im oberen Mittelfeld angesiedelt und durch den geringen Anpressdruck kann der Kopfhörer auch schon mal ins Rutschen geraten, wenn man den Kopf etwas schief hält. Der Tragekomfort an sich ist für meinen Männerkopf durch das weiche Leder und den geringen Druck durchaus als gut zu bewerten. Ich kann ihn tatsächlich bei längeren Hören auch komplett „vergessen“ und es stellen sich keine Ermüdungserscheinungen ein – das Gegenteil ist der Fall. Mir macht der Fostex Th-900 Mk2 Sapphire Blue sehr viel Spaß.
Meiner Frau allerdings wäre er viel zu schwer. Hier ist also testen angesagt, denn mit Kopfhörern und Köpfen verhält es sich wie mit Mikros und Stimmen – es muss zur jeweiligen Person passen.