Der dynamische Klassiker mit integriertem Vorverstärker
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Das Shure SM7B ist nicht nur ein Klassiker unter den dynamischen Studiomikrofonen, sondern auch berüchtigt für seinen niedriges Ausgangssignal und die damit erforderliche sehr hohe Verstärkung. Viele herkömmliche Vorverstärker in Mischpulten oder Audiointerfaces bieten nicht genügend Gain für den Betrieb des SM7B und sind somit auf einen zusätzlichen Preamp angewiesen. Das hat nun ein Ende, denn Shure bringt mit dem SM7 dB eine eigene Lösung auf den Markt.
Shure SM7B – der Klassiker
Das Shure SM7B ist ein Klassiker und zahlreiche berühmte Alben ebenso berühmter Künstler sind mit diesem Mikrofon entstanden. Man denke nur an Michael Jackson’s Thriller. Dies ist nur ein berühmter Name, es gibt zahlreiche weitere Künstler, die auf dieses Mikrofon schwören, darunter: James Hetfield, Bruce Springsteen, Sheryl Crow, Bob Dylan, John Mayer, Rob Halford und viele mehr. Im Studiofilm zu Springsteen’s Album „Letter to you“ ist deutlich zu sehen, wie er die Songs des Albums mit dem Shure SM7B einsingt. Dabei ist das Shure SM7B eigentlich gar nicht so besonders: In seinem Innern wandelt nämlich die gleiche Kapsel den Schall, die auch für den Klang des Shure SM58 und Shure SM57 zuständig ist. Diese Kapsel hört auf den Namen Unidyne III.
Nun wäre zu erwarten, dass die drei Mikrofone identisch klingen. Das ist aber nicht der Fall und dafür gibt es einige logische Gründe. Zunächst einmal besitzt das Shure SM7B einen schaltbaren Bass-Roll-off und einen Presence-Boost. Beim SM58/SM57 gibt es diese nicht. Das Shure SM7B ist darüber hinaus deutlich größer und schwerer und der aufgesetzte Pop- und Windschutz ist ebenfalls deutlich größer als zum Beispiel beim Shure SM58. Durch diesen Aufsatz ist der Sprecher oder Sänger beim Shure SM7B deutlich weiter von der Kapsel entfernt, als das bei einem Shure SM58 der Fall wäre. Zudem ist der Schaumstoffschutz im runden Korb eines SM58 sehr dünn im Vergleich zum dicken Schaumstoff beim Shure SM7B.
All das hat zur Folge, dass sich der Klang beider Mikrofone deutlich voneinander unterscheidet. Im Studio sieht man das Shure SM7B öfter einmal ohne den aufgesetzten Windschutz. Auch das verändert den Klang und auch den Ausgangspegel des Mikrofons. Dieser ist nämlich deutlich geringer als der eines Shure SM58. Aus diesem Grund hat das Shure SM7B den Ruf, ohne einen zwischengeschalteten zusätzlichen Verstärker, wie zum Beispiel den CloudLifter oder Triton FetHead, nicht auszukommen. Das stimmt natürlich nicht ganz, denn es gibt durchaus Mikrofonvorverstärker, die ausreichend Gain bereitstellen. Dennoch muss sich ein Vorverstärker schon ganz schön quälen, möchte er genügend Leistungsreserven für das Shure SM7B bereitstellen.
Trotz der vielen hervorragenden Studiokondensatormikrofone ist für viele Musiker und Tontechniker das Shure SM7B die erste Wahl, wenn es um die Aufnahme von Rock-Vocals geht. Vielleicht hat das auch mit der einfachen Handhabung zu tun. Das Shure SM7B kann ohne Probleme ohne einen zusätzlichen Pop-Schutz und mit Lippenkontakt genutzt werden. Der Sänger kann ins Mikrofon schreien – es verträgt Schalldrücke, die jedes Trommelfell zum Platzen bringen würden –, ohne dass die Kapsel verzerrt. Der Kontakt zum Mikrofon ist oft das, was die Gesangs-Performance ausmacht und genau dieser ist bei einem Shure SM7B gegeben. Die beeindruckende Größe des Mikrofons und die Tatsache, dass man nicht wie bei einem Großmembranmikrofon das Mikrofon von der Seite bespricht, sondern von vorne, wie man es von einem Bühnenmikrofon gewohnt ist, sind weitere Faktoren, die nicht unterschätzt werden sollten.
Das Shure SM7B hat eine sehr stabile Nierencharakteristik und rückwärtiger Schall wird sehr stark unterdrückt. Ideal also auch für die gleichzeitige Aufnahme von Gesang und Instrumenten. Der integrierte Stativadapter ist ein weiterer Vorzug des Mikrofons.
Shure SM7 dB
Eine kleine Ergänzung im Produktnamen weist schon auf die große Veränderung hin: dB steht auch für Dezibel und gibt damit einen Hinweis auf den höheren Output des Shure SM7 dB im Vergleich zu seinem Vater, der aufgrund des Altersunterschieds schon fast der Großvater sein könnte. Das Shure SM7 dB benötigt nämlich keinen leistungsfähigen Preamp oder zwischengeschalteten Verstärker mehr – dieser ist fest ins Mikrofon integriert. Dieser Verstärker macht aus dem passiven Shure SM7B das aktive Shure SM7 dB. Zur Erinnerung: Ich habe für AMAZONA.de bereits einige aktive Mikrofone des Herstellers Austrian Audio getestet, die nach einem ähnlichen Prinzip arbeiten und ebenfalls eine dynamische Kapsel mit einer Verstärkerelektronik paaren.
Doch zurück zum Shure SM7 dB: Der integrierte Verstärker sorgt für ein sattes Plus von 28 dB Gain und wird über die +48 V Phantomspeisung des Mischpults oder Audiointerface mit Spannung versorgt. Goodbye Cloudlifter und FetHead! Das Shure SM7dB funktioniert jetzt mit wirklich jedem Vorverstärker, egal ob Mischpult, Highend-Studio-Preamp oder günstiges Audiointerface. Und dabei liefert das Shure SM7 dB exakt den Sound, den man von einem Shure SM7B erwartet: viel Druck, einen Frequenzgang von 50 Hz bis 20 kHz, die schaltbare Präsenzanhebung oder den Bass-Rolloff.
Ein weiterer winziger Unterschied besteht noch zwischen dem Shure SM7 dB und dem Shure SM7B: die Farbe. Das Shure SM7 dB kommt mit schwarzer Lackierung, während das Shure SM7B anthrazitfarben ist.
Du hast die Wahl
Shure hat dabei nicht einfach einen Verstärker integriert, sondern erlaubt es, zwischen drei Möglichkeiten zu wählen:
Bypass: Der Verstärker wird ausgeschaltet. Du hast nun ein „normales“ Shure SM7B mit dem gewohnt geringen Ausgangspegel. Puristen werden diesen Modus bevorzugen. Auch für sehr laute Instrumente wie eine Trompete oder eine Snare die richtige Wahl.
- +18 dB: Für laute Signalquellen, für die trotzdem der Pegel im Bypass-Modus nicht ausreichend ist, bietet sich dieser Modus mit 18 dB Verstärkung an. Denkbar wäre das zum Beispiel bei der Aufnahme einer E-Gitarre.
- +28 dB: Der Verstärker liefert die volle Vorverstärkung von 28 dB und macht somit genau das, was auch die Verstärkerelemente wie Cloudlifter oder FetHead machen. Für Vocals und leise Signalquellen die richtige Wahl.
Die Empfindlichkeit des Shure SM7dB wechselt also bei Bedarf zwischen -59 dBV, -41 dBV und -31 dBV.
Warum die Welt das Shure SM7 dB braucht
Das Shure SM7B ist seit vielen Jahrzehnten unverändert auf dem Markt, verkauft sich gut und dennoch entscheidet sich Shure, mit dem SM7 dB eine neue Variante an seine Seite zu stellen. Warum?
Das Shure SM7B hat sich rasend schnell in der Welt von Podcastern und YouTubern verbreitet und auch als Bühnenmikrofon wird es gerne gesehen. Oftmals werden von Podcastern und YouTubern preisgünstige ein- oder zweikanalige Audiointerfaces genutzt oder kleine USB-Mischpulte. Diese besitzen selten für ein SM7B ausreichende Vorverstärker. Rode hat zum Beispiel kürzlich mit dem RODECaster Pro II reagiert und dem Nachfolger des beliebten RODECaster Preamps mit bis zu +76 dB Gain spendiert. Doch das ist eher die Ausnahme.
Der Sprechabstand ist zudem beim Einsatz vor der Kamera noch größer als bei der Gesangsaufnahme im Studio. Das verringert den Ausgangspegel eines SM7B noch weiter und macht eine zusätzliche Verstärkung zur Pflicht. Mit dem Shure SM7 dB ist all das kein Problem.
Zwar hat Shure mit den verschiedenen Varianten des Shure MV7 bereits seit längerer Zeit eine moderne Interpretation des Shure SM7B im Programm, die mit weniger Verstärkung auskommt oder sogar gleich einen USB-Anschluss mitbringt. Diese klingt jedoch nicht exakt wie ein Shure SM7B, auch wenn sie sich an dessen Klang orientiert. Liebhaber des Shure SM7B wird das kaum zufrieden stellen.
Das Shure SM7dB ist darüber hinaus für den Betrieb mit dem Shure MVX2U Motiv XLR-USB-Adapter geeinget, der die direkte Verwendung des Mikrofons mit USB-Geräten ermöglicht und darüber hinaus zahlreiche DSP-Funktionen mitbringt, die per App steuerbar sind. Mit dem Ur-SM7B wäre die Zusammenarbeit undenkbar oder zumindest erschwert, weil man noch einen Verstärker zwischenschalten müsste.
Durch die Bypass-Schaltung ist das Shure SM7dB ein „richtiges“ SM7B. Wer die Vorverstärkung nicht benötigt, schaltet sie einfach ab.
Klangbeispiele
Da der Klang des Shure SM7B hinlänglich bekannt ist und damit auch der des Shure SM7dB, konzentriere ich mich auf eine kurze Demonstration der drei Verstärkungsstufen, um die Unterschiede und Auswirkungen des integrierten Vorverstärkers zu demonstrieren. Ansonsten verweise ich auf den entsprechenden Testbericht zum Shure SM7B und die vielen mit diesem Mikrofon aufgenommenen und hinlänglich bekannten Hit-Vocals der oben genannten Künstler.
Zuerst hört ihr das Mikrofon mit +28 dB Verstärkung, dann mit +18 dB und zuletzt bei eingeschaltetem Bypass, sodass der Vorverstärker des Mikrofons umgangen wird. Der Gain am X32 Rack war fix auf +36 dB eingestellt. Im Bypass-Modus ist das Signal sehr schwach. Der Vorverstärker des Pults wird dann auf +60 dB aufgezogen und immer noch hört man kaum etwas vom Mikrofon. Ich erhöhe dann in Ableton Live schrittweise für euch den digitalen Gain, damit ihr seht, wie sich die digitale Bearbeitung auf das Signal auswirkt, wenn es zu schwach ist. Das funktionierte besser, als ich es erwartet hätte. Dennoch ist das keine gute Lösung und man darf dankbar sein, dass das Shure SM7 dB endlich mit einem integrierten Vorverstärker ausgerüstet ist.