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Test: Golden Age Project R1 ST, passives Stereo Bändchenmikrofon

Einfach zu Blumlein

6. September 2021
golden age project r1 st test

Golden Age Project R1 ST, passives Stereo-Bändchenmikrofon

Nachdem Bändchenmikrofone lange Zeit nicht besonders populär waren, ist diese Bauart seit einigen Jahren wieder stark im Kommen. Das mag auch daran liegen, dass durch modernere Entwicklungen inzwischen die deutliche Höheneinschränkung dieses Konstruktionsprinzips weitgehend eliminiert werden konnte. Was unser heutiges Testmodell leisten kann, wir finden es heraus.

Das Golden Age R1 ST Stereo-Bändchen

Geliefert wird das Mikrofon in einem riesigen, mit Tweed überzogenen Koffer, der schön mit rotem Samt-Imitat ausgeschlagen ist. Darin ließe sich schon fast ein Gitarrenamp mit 1×12“ Speaker unterbringen. 

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Golden Age R1 ST

Schicker Reisekoffer

Im Inneren findet sich das Stereomikrofon, das mit 33 cm Länge und 7 cm Durchmesser auch alles andere als zierlich geraten ist. Mit dem ebenso voluminösen Shock Mount bringt es die Kombi auf über 1,5 kg Gewicht. Hier darf also direkt ein Schwerlaststativ mit eingeplant werden. Beim moderaten Preis des R1 ST sollte das aber kein Problem darstellen. 

Golden Age R1 ST

Der Lieferumfang

Mit der Fertigungsqualität darf man sehr zufrieden sein, hier sind keine negativen Auffälligkeiten zu verzeichnen. Die Einsprechgitter sind gerade eingesetzt und ordentlich verchromt. Auch die Lackierung des unteren Teils ist sauber ausgeführt. In der Center-Position ist hier das Firmenlogo aufgeklebt. Rückseitig befindet sich die Seriennummer. Das Unterteil lässt sich übrigens nicht einfach abschrauben, hier müssten drei Schrauben geöffnet werden. Deshalb verzichte ich dieses Mal auf eine Innenansicht.

Auch die Spinne im Neumann Stil ist massiv und stabil geraten. Wichtig ist hier, dass bei dem Gewicht des Mikros die Stellschraube fest genug greift – das tut sie.

Die beiden Bändchen liegen übereinander und sind um 90° gegeneinander versetzt und um 45° zur Haupteinsprechachse angeordnet. Somit wird hier in einem Mikrofon das klassische Blumlein Aufnahmeverfahren umgesetzt.

Golden Age R1 ST

Zwei Bändchen um 90° gegeneinander versetzt

Die beiden Ausgänge werden mit einem 5-Pol-XLR realisiert, das beiliegende Spezialkabel ist ca. 3 Meter lang. Mitgeliefert wird eine Anschlussbox, die eingangsseitig die 5-Pol-Buchse bereitstellt und zum Ausgang auf zwei normale 3-Pol-XLR führt. Somit kann das R1 ST theoretisch auch mono betrieben werden.

Golden Age R1 ST

Die Anschlussbox

Mit dabei ist noch eine gut gepolsterte Tragetasche für das Mikrofon, Anleitung und Frequenzschrieb gibt es online.

Das Blumlein Verfahren

Bevor wir uns nun weiter um das Produkt kümmern, möchte ich kurz die Funktionsweise einer Blumlein Aufnahme skizzieren, da sie evtl. nicht jedem präsent ist.

Alan Blumlein hat die Stereo-Aufnahmetechnik in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt. Für das Verfahren werden zwei identische Mikrofone mit Achter-Charakteristik benötigt. Die Kapseln werden jetzt um 90° verdreht möglichst nah übereinander angeordnet. So entsteht ein vierblättriges Kleeblatt, von dem die beiden vorderen Seiten das Stereosignal bilden, die hinteren beiden Seiten den Raum aufnehmen, das allerdings spiegelverkehrt. Somit arbeitet das Blumlein Verfahren mit viel Raumanteil, deshalb sollten die Mikros recht nah an die Schallquelle heran. So lässt sich leicht das Verhältnis Direktsignal zu Ambient durch einfaches Verschieben der Mikros bestimmen.

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Die technischen Werte des R1 ST Bändchenmikrofons

Aber nun wieder zurück zu unserem Golden Age Bändchen, die technischen Daten gibt es noch zu notieren.

Da fällt zunächst der sehr hohe Schalldruck von 160 dB SPL auf, den das Mikro verträgt. Der Frequenzgang ist mit 30 Hz – 18 kHz angegeben, die Empfindlichkeit beträgt -52 dB. Die Output-Impedance liegt bei 600 Ohm.

Die Bändchen sind aus Aluminium gefertigt, 50 x 5 mm groß und 2 µm dünn. Die Größe und Gewicht hatten wir ja schon, hier nochmals der Vollständigkeit halber: 70 x 330 mm und 1,56 kg mit Shock-Mount. 

Da es sich bei dem R1 ST um ein passives Mikrofon handelt, ist die Angabe für die zu verwendenden Preamps nicht ganz unwichtig. Das identische Paar sollte schon 70 – 80 dB Verstärkung anbieten können.

Irgendwelche Schaltfunktionen hat das R1 ST übrigens nicht zu bietet.

Das Golden Age R1 ST in der Praxis: Drums

Als Stereomikrofon bietet sich das Golden Age natürlich zunächst auch für Stereoquellen an. Natürlich lassen sich aber auch Mono-Aufnahmen realisieren, indem nur eine der Kapseln benutzt wird. In der Anleitung wird auch von einer Anwendung in der M/S-Stereoabnahme gesprochen, dafür sollte allerdings das Center-Mikrofon eine Niere anbieten. Das kann das R1 ST aber nicht, also sehe ich davon direkt ab.

Beginnen werde ich mit meinem Cajon Drumset, eine typische Anwendung für Bändchen wie auch für Blumlein. Im Vergleich nutze ich meine beiden sE Voodoo VR2. Diese sind mit um die 1.000,- Euro im Paar deutlich teurer als das R1 ST, das mit 599,- Euro zu budgetieren ist.

Das Einrichten gewinnt das Golden Age schon mal um Längen. Mikro in die Spinne, auf das Stativ geschraubt, fertig. Bei den Voodoos ist das immer eine ziemliche Justiererei, die beiden Mikrofone passgenau zu platzieren.

Golden Age R1 ST

Einfach aufzubauen

Ist starte mit dem R1 ST, weitere Mikrofone werden nicht benutzt. Auch nachträgliche Bearbeitungen bleiben außen vor, die Aufnahmen werden nur zum besseren Vergleich auf den gleichen Pegel gebracht.

Sofort fällt auf, dass sich das Stereo Bändchen eher klassisch präsentiert. Die fast schon an ein Kondensatormikrofon heranreichenden Höhen, die einige moderne Bändchen bieten, sucht man hier vergebens. Das ergibt ein weiches, intimes Klangbild, das zum hölzernen Drumset ganz wunderbar passt. Schön stellt sich auch die Panoramaabbildung dar (ja, meine Snare steht tatsächlich links). Sogar die Kick kommt ordentlich zur Geltung. Insgesamt bietet sich ein recht geschlossenes, stimmiges Klangbild.

Nun kommen die Voodoo zum Einsatz. 

Golden Age R1 ST

Komplizierter aufzubauen

Diese sind mit einer aktiven Elektronik ausgestattet und brauchen deshalb schon 10 -12 dB weniger Gain. Dafür muss die Phantomspeisung eingeschaltet werden. Das ist die Gelegenheit nochmals zu erwähnen, dass passive Bändchen keine Phantomspeisung benötigen und die ausgeschaltet bleiben soll. Zwar ist es in den meisten Fällen nicht mehr so, dass die empfindlichen Aluminiumbändchen sich sofort in Rauch auflösen, aber sicher ist sicher.

Die Voodoos klingen deutlich härter und erinnern zunächst so gar nicht an den typischen Bändchenklang. Der zeigt sich aber durchaus in der schönen Panoramaverteilung und der räumlichen Auflösung. Beiden Aufnahmen ist auch gemeinsam, wie angenehm die Bell am Ende ausklingt, ohne aufzureißen oder körnig zu werden.

Zum Abschluss der Drum-Aufnahmen nehme ich noch ein Paar AKG SE300B mit Nierenkapsel CK-91 mit hinzu, ein eher dunkel abgestimmtes Kondensatormikrofon. Hier wird in X/Y stereo mikrofoniert.

Golden Age R1 ST

Die AKG Kleinkondenser

Diese Spur wirkt weit weniger geschlossen. Das liegt zum einen daran, dass hier die Mikros gerne etwas höher hätten hängen dürfen, ich aber zum direkten Vergleich dieselbe Position gewählt habe. Zum anderen hätten hier weitere Mikros, zumindest für Kick und Snare, nicht geschadet. So bleibt die Aufnahme deutlich hinter den beiden anderen zurück.

Das R1 ST in der Praxis: Akustische Gitarre

Hier muss ich natürlich das Gain deutlich erhöhen, ich bin jetzt bei 55 dB anstelle der 41 dB für die Drum-Aufnahmen. Was mir nach dem Recording sofort auffällt, ist ein deutliches Brummen auf den Spuren, das war vorhin nicht. Auch ein Wechsel der Preamps von den Cranborne zu den internen UA Apollo Eingängen bringt keine Besserung.

Dies ist der Zeitpunkt, um den Vertrieb zu kontaktieren. Das ist bei Golden Age recht einfach, da es sich um eine recht kleine und übersichtliche Company handelt. Dazu aber später mehr.

Um direkt weiter arbeiten zu können, bemühe ich das Spectral Denoise Plug-in aus iZotopes RX 7. Zum Vergleich nehme ich hier beide Versionen her, um zu zeigen, dass das Nutzsignal nicht gelitten hat.

Auch hier kommen die sE Voodoo VR2 zum Vergleich mit dazu.

Auch hier gefällt mir die Spur mit dem Golden Age Bändchen besser. Sie klingt wärmer und fügt sich besser in den Raum ein. Die beiden Voodoos bilden hier härter, drahtiger und ein wenig detailreicher ab. Das ist natürlich auch der besseren Höhenzeichnung geschuldet, die das Voodoo liefert. Authentischer liefert aber das R1 ST ab.

Nun möchte ich beide Varianten auch in Mono hören.

Der grundsätzliche Klangunterschied bleibt erhalten. Da hier aber durch die Mono-Abnahme die realistische räumliche Struktur fehlt, wird sich der modernere Sound des Voodoo VR2 leichter im Mix einfügen lassen. Das R1 ST trägt mir hier in den tiefen Mitten auch etwas zu dick auf.

Das R1 ST in der Praxis: Sprache

Gerne wird ein Bändchenmikrofon auch für Sprachaufnahmen benutzt. Hier setze ich gerne das Audio Technica AT4080 ein, das auch hier das Vergleichsmodell sein darf. Hier kann ich die Mikros nahe genug beieinander platzieren, um beide gleichzeitig besprechen zu können.

Golden Age R1 ST

R1 ST links, AT4080 rechts

Erstaunlich, wie nahe die Aufnahmen beieinander liegen. Das Audio Technica klingt etwas offener und differenzierter, die Sibilanten geraten etwas weniger scharf. Insgesamt ein sehr gutes Ergebnis für das Golden Age, auch aus dem Kostenaspekt gesehen. Für das Audio Technica in Mono werden ein ca. 50 % höherer Anschaffungspreis fällig als für das R1 ST.

Das R1 ST in der Praxis: Am Amp

Ein Test steht noch aus, das R1 vor einem Amp. Dazu nehme meinen kleinen Rath Retro 20, der mit zwei 8“ Speakern bestückt ist. Das R1 ST kommt vor den einen, der andere wird wieder mit dem Voodoo VR2 abgenommen. Beide Spuren sind in Mono.

Golden Age R1 ST

Großes Mikro vor kleinem Amp

Hier gewinnt das Voodoo, das den durchsetzungsfähigeren Sound liefert. Hier wirkt das Golden Age etwas schwammig und dröhnt, wie auch an der akustischen Gitarre, etwas zu sehr in den tiefen Mitten. Das lässt nicht besonders viel Spielraum, zumal ich beide Bändchen recht mittig ausgerichtet habe.

Nun möchte ich aber noch hören, wie sich das R1 ST gegen ein dynamisches Mikrofon anhört. Dazu wird der zweite Speaker mit einem Audix D2 abgenommen.

Zwar klingt auch hier das Golden Age ein wenig zu boomy, kann aber mit einer angenehmen Softheit im Klang punkten. Das dynamische Pendant wird hier recht hart und zweidimensional.

Anders stellt sich das dar, wenn ich die beiden Spuren mische, wobei das D2 ein wenig mehr Anteile erhält. Beide Spuren werden im Panorama leicht auseinander gelegt.

Das hört sich doch schon besser an, so ist auf einfache Weise, ohne jegliche weitere Bearbeitung eine brauchbare Einspielung entstanden, die beiden Mikrofontypen gerecht wird.

Der Kontakt zu Golden Age Project

Wie schon ausgeführt, hatte ich ein kleines Problem mit Brummen mit dem R1 ST. Ich habe Bo Medin, den Mastermind hinter Golden Age, also angeschrieben und mein Problem geschildert. 

Schon am selben Tag hatte ich eine Antwort: Durch den geringen Output des passiven Mikrofons ist es etwas empfindlich gegen Einstreuungen. Nach zwei weiteren E-Mails hatten wir das soweit eingegrenzt, dass dafür die Stromversorgung, WLAN oder Radiowellen am ehesten in Betracht kommen. 

Also habe ich mich mit Mikro und einem langen Kopfhörerkabel auf dem Weg durch die Räumlichkeiten gemacht und konnte tatsächlich die Fritzbox in meiner Regie als den Störenfried ausmachen.

Witzigerweise ist das Mikrofon, je nach Richtung unterschiedlich empfänglich. Hier habe ich eine Aufnahme, wo ich das R1 ST einfach an einem Punkt auf dem Mikroständer um 90° gedreht habe

Somit ist das Problem relativ leicht durch Umpositionieren in den Griff zu kriegen. Nach Aussage von Bo haben nur sehr wenige Nutzer mit der Einstreuung zu kämpfen. Wenn alles nichts hilft, bei ihm melden, es wird sich eine Lösung finden.

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Fazit

Mit dem R1 ST liefert Golden Age Project ein Stereo-Bändchenmikrofon, das vorwiegend für die Blumlein Stereophonie vorbereitet ist. Hier erhält man ein günstiges und gut klingendes Arbeitsgerät, das zudem für diese Anwendung schnell und einfach aufgebaut werden kann. Kleine, intime Drumsets klingen hier hervorragend.

Aber auch mono betrieben kann das Bändchen, gerade für Stimme, einen guten Mehrwert anbieten. Auch die Amp-Abnahme in Kombination mit einem zweiten Mikrofon gelingt.

Der Klang orientiert sich an traditionellen Bändchenmikrofonen, die Höhenzeichnung ist weniger ausgeprägt als bei meinen Voodoos oder dem AT4080.

Bei dem Preis und der durchaus guten Verarbeitung und Ausstattung ist das R1 ST auf jeden Fall eine Empfehlung wert.

Plus

  • einfache Realisation des Blumlein Verfahrens
  • guter, ehrlicher klassischer Klang
  • günstiger Preis
  • sehr ordentliche Verarbeitung
  • gutes Zubehör

Minus

  • groß und schwer
  • empfindlich gegen Einstreuungen

Preis

  • 599,- Euro
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    Hm, Kaufempfehlung aber offen für Einstreuung, ein Thema was die meisten Hersteller ab 59 Euro aufwärts in den Griff bekommen haben und in Zeiten von Wandwarzen und mitteilsamen Steuerungselektroniken von LED Leuchten oder Flachfernsehern wirklich ein Thema ist.

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