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Test: Cranborne Audio Camden 500, API500 Mikrofonvorverstärker

Just another Preamp?

3. August 2020
Cranborne Audio Camden 500

Cranborne Audio Camden 500, API500 Mikrofonvorverstärker

„Camden 500 is the most astoundingly clean, linear, transparent preamp you’ve ever heard.“ So beginnt der Werbetext des API500 Preamps der noch jungen englischen Firma. Aha, also mal wieder der Beste, dazu gefertigt in UK, verkauft für gerade mal um die 350,- Euro. Entschuldigt bitte, wenn ich da etwas kritisch ans Werk gehe.

Andererseits, das von mir kürzlich getestete USB-Audiointerface und System-500 Rack 500R8 konnte erstaunlich gut punkten. Gehen wir also ans Werk.

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Cranborn Audio Camden 500

Cranborne Camden 500

Hier noch etwas einsam

Der Preamp belegt einen Slot im 500er Rack. Das Modul ist offen gestaltet, d. h. es wird von keiner schützenden Blechkassette umgeben. Das ist nicht weiter schlimm, so werden Kosten gespart und die Einheit sitzt ja geschützt im Rack.

Die schwarze Frontplatte ist stabil, die Potis sind verschraubt, auch die Kippschalter sind gut befestigt. Mittig sitzt der Gain-Drehschalter, der in 12 Schritten gerastert jeweils 5,5 dB weiterschaltet. Die maximale Verstärkung beträgt 60 dB, wobei die minimum Startpunkte bei Mic = 8 dB, Hi-Z = 3 dB und Line = 0 dB liegen.

Cranborne audio test Camden 500

Offen gebaut, sauber verarbeitet

Oberhalb des Gains liegen die Schalter für das Lowpass-Filter und den Phasendreher, unterhalb die Phantomspeisung und der 3-fache Schalter für Hi-Z, Line und Mic. Ungewöhnlicherweise ist bei den drei Erstgenannten die On-Position auf links, was durch einen weißen Farbpunkt angezeigt wird. LEDs zur Kontrolle gibt es nicht.

An LEDs sind zumindest Signal und Clip vorhanden. Hier befindet sich auch die Besonderheit des Camden 500. Mit dem Schalter Mojo Style – mit den Auswahlmöglichkeiten Thumb und Cream  – und dem zugehörigen Poti soll dem Preamp ganz ordentlich Charakter eingepflanzt werden.

Ganz unten schließt die Klinkenbuchse für Line und Hi-Z die Bedienelemente ab.

Werte

Diesen Abschnitt empfinde ich persönlich meist recht unergiebig, ich möchte das Gear ja hören, nicht erlesen. Trotzdem bietet der Camden 500 einige Zahlen, die durchaus einer Erwähnung wert sind.

So bietet der Preamp einen sehr weiten Frequenzgang von 5 Hz bis 200 kHz. Auch die Total Harmonic Distortion wird mit fast unglaublichen <0,0004 % bei 1 kHz, 35 dB Gain und 24 dBu out angegeben. Beeindruckend auch der Equivalent Input Noise, der z. B. < -131 dBu, A-weighted an einer 150 Ohm Quelle bietet.

cranborne audio camden 500 test

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Die maximale Verstärkung liegt bei 68 dB für den Mic-Eingang, 60 dB für Line- und 63 dB für den Hi-Z Instrumenteneingang. Das verbaute Hipass-Filter liegt bei 80 Hz und arbeitet mit einer Flankensteilheit von 12 dB/Okt.

Was auffällt, Cranborne legt ein sehr ausführliches Datenblatt mit bei, das zum jeweiligen Wert immer ganz genau die Messsituation mit aufführt. Sogar der verwendete Audio-Analyzer und das verwendete Host-Rack ist mit angegeben.

Mojo Analog Saturation

Die Entwickler bei Cranborne Audio haben sich beim Camden 500 für ein übertragerloses Design entschieden, um den Preamp so linear und clean wie möglich zu gestalten.

So ganz wollten sie wohl aber doch nicht auf ein wenig Färbung verzichten – hier kommt nun das Mojo ins Spiel. Hier werden mit analogen Filtern zwei Sättigungsstufen nachempfunden, die harmonische Verzerrungen 2. und 3. Ordnung hinzufügen. Das Poti steuert die Stärke der gewählten Sättigung, eine Mischung der beiden Stufen ist nicht vorgesehen.

Thumb steht dabei für die 2. Harmonic Distortion, Cream steuert die 3. Harmonische mit hinzu. Wie sich das ganze klanglich auswirkt, werden wir im Praxistest hören.

Cranborne Camden 500

Die Mojo Vorgaben

Preamp in der Praxis

Der Camden 500 ist zum Test im 500R8 von Cranborne Audio eingebaut. Diese Kombi sollte also optimal spielen. Das tut sie natürlich auch, zum Vergleich habe ich das Modul trotzdem mal in mein Heritage OST-4 500er Rack verpflanzt. Auch hier sind keine Auffälligkeiten zutage getreten.

Cranborne Camden 500 audio test preamp

Diesmal im Heritage Rack

Nun denn, der Camden 500 will super neutral sein, was bietet sich da besser an, als ihn mit meinem Millennia HV-3C in den Ring zu schicken?

Alle nun folgende Aufnahmen sind in meiner Regie ohne Vorbereitung und weitere akustische Maßnahmen entstanden, habt also Nachsicht.

Wie schlägt sich unser Proband nun so?

Ich bin verblüfft: Die beiden Aufnahmen sind zunächst nicht voneinander zu unterscheiden. Nach viel hin und herschalten glaube ich den Millennia eine Spur befreiter in den Höhen und minimalst impulsfreudiger wahrnehmen zu können, die Unterschiede sind aber marginal. Wie nahe die beiden Preamps beieinander liegen, zeigt dieses Beispiel, bei dem ich im zweiten Teil zum Camden den Millennia phasenverdreht zugemischt habe. Ist hier nichts zu hören, sind die Aufnahmen identisch – viel hören wir nicht.

Ein sehr überraschendes und positives Ergebnis für den Camden. Also gehen wir gleich weiter zum nächsten neutralen und übertragerlos aufgebauten Kandidaten, den SSL XR627 im X-Rack-Format.

Hier sind die Unterschiede gleich deutlicher, der SSL erklingt heller, aber auch etwas härter. Zudem kommen die tieferen Mitten beim Camden besser zur Geltung und schmeicheln der Stimme.

Cranborne Camden 500

SSL XR627 vs. Camden 500

Was soll ich sagen, die Camden Aufnahme gefällt mir hier tatsächlich einen Tick besser. So langsam glaube ich, dass an den Werbesprüchen der Engländer was dran sein könnte.

Aber der SSL hat noch einen Trumpf im Ärmel, der nennt sich VHD, was für Variable Harmonic Distortion steht. Hier kann der Schaltkreis per Knopfdruck zugeschaltet werden. Dann wird stufenlos zwischen der 2. und 3. Harmonischen geregelt. Für den Vergleich stelle ich also den SSL auf die 3. Harmonische, eine Einstellung, mit der ich ganz gerne arbeite. Der Camden 500 erhält sein Mojo in der Cream-Einstellung auf 50 %.

Hier reagieren die Preamps recht unterschiedlich. Der Camden liefert eindeutig den runderen tiefen Mittenbereich, in den Höhen klingt er etwas angeraut. Das kriegt der SSL offener hin, allerdings geraten die höheren Mitten etwas nasal. Insgesamt würde ich auch diesen Punkt wieder an den Cranborne Audio vergeben.

Gehen wir weiter zum nächsten Vergleich, dieses Mal kommt der Warm Audio WA-73 zum Einsatz, ein Klon des Neve 1073 und damit ein Preamp, der mit Übertragern bestückt ist.

Das ist auch deutlich zu hören, der Warm Audio liefert den typischen Druck in den Mitten, die Höhen sind hier belegter. Je nach Anwendung können beide Aufnahmen gefallen, der Camden ist offener und neutraler, der WA intimer und druckvoller.

Auch hier möchte ich noch eine Variation ausprobieren. Dazu wird beim WA-73 die Eingangsimpedanz reduziert, was der Tone-Schalter erledigt. Der Camden 500 bekommt mit 75 % eine fette Prise Thumb.

Erstaunlich, wie sich der Cranborne hier tatsächlich Richtung Übertragersymmetrierung steuern lässt, die Tiefmitten treten deutlich hervor, die Höhen werden etwas bedämpft. Da kann der WA nur mithilfe der Tone-Buttons so einigermaßen mit halten.

Nun kann der Camden ja auch Instrumente verarbeiten, hier schließe ich zunächst meinen passiven E-Bass an.

Cranborne Camden 500

Auch ein Klinkeneingang ist vorhanden

Das folgende Beispiel ist hintereinander weg mit den Einstellungen neutral, Thumb 100 % und Cream 100 % gespielt.

Neutral liefert der Preamp einen druckvollen, recht drahtigen Sound, der sich gut durchsetzt. Thumb fügt eine gute Prise Rock ’n‘ Roll hinzu, der Bass wird fetter, reagiert in den Höhen aber ein wenig träger. Mit Cream werden die Bässe ausgedünnt, die oberen Lagen fetzen und bekommen eine ordentliche Verzerrung mit in den Signalweg. Erstaunlich, wie viele Sounds hier mit einfachsten Mitteln geboten werden.

Da die Einstellungen hier vom Pegel nicht gleich laut sind, hier noch eine Version mit angepassten Lautstärkeverhältnissen.

Auch mit akustischer Gitarre soll sich der Camden 500 nun bewähren, die Einstellungen entsprechen der Bassaufnahme.

Hier wirkt die neutrale Aufnahme etwas zu höhenreich, ich habe bewusst auf eine EQ-Anpassung verzichtet. Sehr schön klingt die Thumb-Spur, die Bauch hinzufügt und die spitzen Höhen mildert. Die sind in der Cream-Version wieder voll und mit Sättigung da, die Mitten treten dabei in den Hintergrund. Speziell, aber durchaus brauchbar. Mit ein wenig EQ-Einsatz lassen sich also auch hier gute und brauchbare Sounds finden.

So, nun ist der Line-Input noch dran. Dafür spiele ich aus Logic den Jingle „Tour Bus“ ein. Da auch hier Mojo verwendet werden kann, wieder die drei Durchläufe neutral und die beiden Maximalwerte von Thumb und Cream.

Die Charakteristika bleiben erhalten, in Neutralstellung wird ein linearer, frischer Sound geboten, Thumb macht recht fette Bässe bei reduzierten Höhen, Cream lässt die E-Gitarre sägen, wird unten rum aber etwas dünn. Der Song aufgesplittet, die Drums mit Thumb, die E-Gitarre mit Cream, das wäre eine prima Bearbeitung, ganz ohne EQ oder weitere Soundspielereien.

Einen habe ich noch, der das bisher nicht benutze HPF mit einsetzt, das bei 80 Hz einsetzt. Diesen Beat mit tiefer Bassdrum habe ich erst neutral überspielt, dann wird das HPF gesetzt, als Drittes bei HPF Thumb zu 50 % eingeschaltet und zum Schluss mit Thumb das Tiefenfilter wieder entfernt.

Auch hier ist es wieder überraschend, wie viele Variationen der Preamp mit einfachsten Mitteln anbieten kann.

Womit wir zu der anfangs gestellten Frage zurückkommen wollen: Nehmen die Cranborne Entwickler den Mund nicht arg voll? Ja, das tun sie und das völlig zu Recht. Der Cranborne Camden 500 ist ein hervorragend klingender und flexibler Preamp, der zudem erstaunlich günstig angeboten wird. Konkurrenzlos!

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Fazit

Mit dem Cranborne Camden 500 überzeugt das junge Team aus Potters Bar auf ganzer Linie. Der Preamp im API500 Format bietet eine natürliche und dynamische Performance, die keine Wünsche offenlässt. Dazu kann er mit den beiden Mojo-Schaltkreisen stufenlos gewünschte Färbungen hinzufügen. Hiervon profitieren auch die ebenso gewinnbringend einsetzbaren Inputs für Line und Hi-Z. Unbedingt anhören!

Plus

  • hervorragend klingender neutraler Preamp
  • kann mit Mojo auch zum Biest mutieren
  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • zusätzlich Line- und Hi-Z-Input
  • sehr gute technische Werte
  • übersichtlicher Aufbau

Preis

  • 343,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
    • Profilbild
      Armin Bauer RED

      @Lewis Sorry, meine besten Zeiten sind schon ca. 30 Jahre her. Damals war ich aber wirklich nicht so schlecht, inkl. Kopfstimme und solche Spielereien.

    • Profilbild
      Armin Bauer RED

      @dr noetigenfallz Hatte ich vorgeschlagen, liegt aber im Ermessen der Redaktion.
      Inzwischen sind aber zwei von den Teilen in mein API-Rack eingezogen, obwohl ich nicht unbedingt Bedarf an neuen Preamps hatte, das sagt doch schon einiges, oder?

  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Das Gerät hat ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und die Audiobeispiele machen Lust auf mehr, aber …. die angesprochene „offene“ Bauweise karikiert wieder den Einsatz in einem API 500, weil damit die Einstrahlfestigkeit flöten geht, was in Zeiten von LED Lampen, billigen LC-Displays und Fernsehern, strahlungsreichem Internet über die ungeschirmte Stromleitung und anderen Grausamkeiten kein unwichtiger Faktor ist. Schade … Endpreis 449 und dafür gekapselt wäre konsequenter gewesen.

    • Profilbild
      Armin Bauer RED

      Na ja, das Rack ansich sollte ja schon abschirmen. Ich sehe eine geschlossene Kassette eher in der Handhabung von Vorteil, man fühlt sich sicherer beim Einbau. Andererseits ist das System so eher Hitze anfällig.
      Offene Kassetten produzieren u.a. SSL und API, Elysa und WES ebenso. BAE sägt Aussparungen für die Trafos. Denke also, diese Hersteller wissen schon, was sie tun. Der Camden, ebenso wie das 500R8 Rack machen auf mich einen sehr durchdachten Eindruck. Bei mir strahlt übrigens nichts ein.

      • Profilbild
        AMAZONA Archiv

        @Armin Bauer Werden Gehäuse diesbezüglich nicht sowieso überschätzt?
        Wenn ich bis jetzt Störungen hatte, dann kamen sie immer über die Kabel.
        Oder über Singlecoils. ;-)

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        AMAZONA Archiv

        @Armin Bauer Ob die Hersteller betreffend Einstrahlung und RFC Regelungen wirklich wissen, was sie tun, darüber lässt sich trefflich streiten. Und das Rack wirkt nur gegen Einstrahlung, wenn es voll ist und dann könnten Übersprecheffekte zwischen den Platinen eintreten. Nö mich überzeugt das nicht ganz, zu mal die meisten 500er Module eine geringe Stromaufnahme haben und das Thema Hitze daher sekundär wäre. Und die Materialkosten wäre auch nicht die Welt höher. Wie gesagt es geht hier um API 500 und nicht Eurorack, wo jeder Zehntel Cent zählt. Bei 500er dachte ich, geht es um die ultimative Signaltreue.

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          Armin Bauer RED

          Ich denke Wolftarkin liegt da nicht falsch. Kabel, Netzteil, da gibt es viele Möglichkeiten für Störungen.
          Wenn der Erfinder des Formats offen baut, habe ich da wenig Bedenken.
          Für nicht belegte Slots gibt es Leerblenden. Und jedes Mischpult, selbst in der absoluten Oberklasse, arbeitet mit offenen Channels.
          Aber wenn es nicht dein Ding ist, kein Problem. Gibt ja Alternativen. Cranborne hat inzwischen, glaube ich, ein 19″ Teil mit 2 Camden plus Headphone Amps und C.A.S.T. draußen, könnte, wenn das API Rack nicht schon da ist, sogar günstiger kommen.

          • Profilbild
            AMAZONA Archiv

            @Armin Bauer Naja die Oberklasse Mischpulte haben aber geschlossene Metall-Gehäuse. Da kann die Elektronik auch drin „offen“ liegen, das ist bei einem Einschubgehäuse doch eine andere Problematik. Vielleicht schaue ich mal, wie man das Ding „einpacken“ kann und mache bei Erfolg eine Leserstory draus, die keinen interessiert ;)

            • Profilbild
              AMAZONA Archiv

              Sorg nur dafür, daß irgendwie Frankfurt in deiner Leserstory vorkommt. Am besten in der Überschrift. ;-)
              Dann gehts rund.

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