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Test: Ruper Neve Designs Portico 517, API500-Mikrofonvorverstärker

Der Alleskönner von Neve

15. Mai 2020

Rupert Neve Designs 517

Der Rupert Neve Desingns Portico 517 ist ein vielseitiger Preamp mit DI-Eingang und integriertem Kompressor für das API 500 Format. Vor wenigen Wochen hatten wir bereits den kleineren Bruder Portico 511 zum Test in der Redaktion. Dieser konnte durch extrem geringes Rauschen, einen hochwertigen Grundklang und den sehr attraktiven Preis überzeugen. Der Portico 517 hat noch einige weitere Tricks auf Lager – Rupert Neve und seine Kollegen haben ein originelles Konzept entworfen, das diesen Preamp wohltuend von der Masse abhebt.

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Wie schon beim Test des Portico 511 spare ich mir weitere Einzelheiten zu Herrn Neve und seinem eindrucksvollem Werdegang. Der Mann hat Geschichte der Aufnahmetechnik geprägt wie wenige neben ihm. Ohne ihn und seinem Erfindergeist würde sich heutzutage vieles, was wir kennen und lieben, völlig anders anhören. Hier und hier gibt es weiterführende Informationen zu seiner Person.

Neve 1073? Nein Neve 517!

Rupert Neve Designs ist in Texas beheimatet und wie alle anderen Produkte ist auch der vorliegende Portico 517 “Made in the USA”. Es ist das Topmodell der Firma für die 500er API Serie und hat viele einzigartige Funktionen im Gepäck. Die Silk-Schaltung kennt man unter anderem bereits vom Portico 5211er bzw. dem Portico 5012 – auch Steinberg hat dieses Schaltungsdesign in seinen neuen Interfaces AXR4T und AXR4U integriert. Daneben hat der Rupert Neve Portico einen leicht bedienbaren Kompressor mit an Bord, wodurch das Signal direkt bei der Aufnahme angedickt bzw. dynamisch bearbeitet werden kann. Für externe Instrumente besitzt er zudem einen DI-Eingang, der sich stufenlos mit dem Mikrofonsignal mischen lässt. Auch hat er eine „Thru“-Buchse an Bord, um das Signal einer Gitarre, eines Basses oder eines anderen Instruments direkt an den Verstärker oder eine weitere DI-Box weiterzuleiten. Dieses Feature bietet meines Wissens kein zweiter Preamp im 500er API Format. Zwar gibt es von Radial und API sogenannte Reamping-Module, aber ein derart sinnvolles Bundle an Features hat sonst kein Hersteller im Programm. Übrigens gibt es den Preamp auch in einer Standalone-Variante, die auf den Namen Portico 5017 hört.

Rupert Neve Designs 517
Ausgepackt – Rupert Neve Designs Portico 517

Geliefert wird der Portico 517 in einer Kartonbox, die deutlich größer ist als jene des 511. Warum das so ist, erschließt sich mir nicht ganz, schließlich sind die Gehäuseabmessungen der Module ja identisch. Einziger Unterschied ist, dass die englischsprachige Bedienungsanleitung im DIN-A4-Format vorliegt – ob das der Grund für die größere Verpackung ist?

Rupert Neve Designs 517
Wie von Rupert Neve Designs bereits gewohnt, ist die Verarbeitungsqualität des Portico 517 sehr hochwertig. Die Potis machen einen guten haptischen Eindruck, sind nicht zu leichtgängig, sondern bieten einen angenehmen Widerstand. Auch die Schalter sind robust und vertrauenerweckend. Eine LED-Kette zur Aussteuerungsanzeige (wie sie der Portico 511 bietet) ist leider dem Rotstift zum Opfer gefallen. Dafür gibt es auf der eng gepackten Front einfach keinen Platz mehr. Trotz der vielen Schaltern und Potis geht die Bedienung aber recht leicht von der Hand – alles ist problemlos zu erreichen und selbst für “Würstelfinger” sehr gut einzustellen.

Rupert Neve Designs 517
Das Gehäuse ist rundum elektrogalvanisch verzinkt, was einer besseren Abschirmung dienlich sein soll. Durch diesen Bearbeitungsprozess sieht das Metallgehäuse hinter der Frontplatte gebraucht aus – laut Rupert Neve Designs ist das nicht vermeidbar. Mich stört das nicht im Geringsten, da die Kassetten ohnehin eingebaut werden und man eventuelle Kratzspuren nicht sieht.

Bedienelemente des Portico 517 im Detail

Ganz oben sitzt der gerasterte Drehschalter, der die Vorverstärkung zwischen 0 – 66 dB in 6 dB Schritten einstellt. Daneben befinden sich zwei Schalter zur Phasenumkehr und zur Aktivierung der Phantomspannung. Darunter gibt es einen An/Ausschalter für den Kompressor und einen Regler, um dessen Wirkungsgrad einzustellen. Das blaue “Blend”-Poti ist für den Anteil des DI- bzw. des Mikrofonsignals verantwortlich. Ganz nach rechts gedreht wird nur das DI-Signal an den Output gesendet, dreht man das Poti nach links, wird ausschließlich das Mikrofonsignal ausgegeben. Im Bereich dazwischen lassen sich beide Signale stufenlos überblenden.

Rupert Neve Designs 517

Eine “O/L”-LED zeigt an, ob das Signal übersteuert, der Silk-Schalter fügt dem Signal leichte harmonische Verzerrungen hinzu.

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Darunter befindet sich ein On/Off-Schalter zur Aktivierung von “Variphase” – denn die Phase lässt sich beim Portico 517 nicht nur umkehren, sondern exakt anpassen. Erst dadurch macht die Blend-Funktion auch richtig Spaß. Über den beiden Klinkenbuchsen “Inst” und “Thru” lässt sich die Vorverstärkung des Instrumenteneingangs mithilfe eines stufenlosen Reglers zwischen 0 dB und +30 dB einstellen. Ein Ground-Lift-Schalter über der Instrumentenbuchse kann helfen, eventuelle Brummschleifen zu unterdrücken.

Rupert Neve Design 517

Doch selbst mit all diesen Features ist beim RND Portico 517 noch nicht Schluss – unter der Haube gibt es noch weitere Einstellmöglichkeiten. Da wäre zunächst ein Jumper für die Arbeitsweise des Kompressors. Hier lässt sich die Attack-Zeit zwischen „Fast“, „Medium“ und „Slow“ umschalten. Auch ein Highpass-Filter, das bei 80 Hz mit 12 dB/Oktave zugreift, kann man so aktivieren. Dafür muss man das Gerät allerdings ausbauen und die acht Gehäuseschrauben entfernen.

Rupert Neve Design 517

Ein Blick ins Gehäuse offenbart auch hier eine sehr gute Verarbeitung, der Ausgangsübertrager ist deutlich zu erkennen.

Neves technische Finessen

Der Frequenzverlauf des Portico 517 ist extrem geradlinig und RND gibt einen Übertragungsbereich bis hinauf zu unhörbaren 150 kHz an. Das Eigenrauschen ist kleiner als -125 dB, der Vorverstärker ist also ein Leisetreter.

Die Eingangsimpedanz des XLR-Eingangs liegt bei hohen 10 kOhm, beim Instrumenteneingang sind es 1,6 MOhm (bzw. 3,3 MOhm bei symmetrischem Anschluss). Da der Preamp Eingangssignale bis zu +23 dBu verarbeiten kann, lassen sich auch Line-Signale bedenkenlos per XLR anschließen. Der Kompressor arbeitet mit einer fest eingestellten Ratio von 2:1, wie oben angedeutet, lässt sich die Attack-Zeit per Jumper anpassen. Diese seht ihr hier rechts neben dem Übertrager auf der oberen Platine:

Rupert Neve Design 517

Ein THD-Wert von 0,001 % bei 1 kHz spricht für eine glasklare Abbildung des Signals. Wer es gerne etwas “farbenfroher” hätte, der kann die Silk-Schaltung aktivieren. Diese arbeitet beim Portico 517 allerdings anders als beim Portico 511, bei dem sich die Intensität durch ein Poti regeln lässt. Während beim Portico 511 bis zu 2 % harmonische Verzerrung (THD) dritten Grades erreicht werden können, arbeitet der SILK-Modus mit einem fixen Wert von 0,2 % zweiter harmonischer Ordnung. Der Effekt dürfte hier also geringer ausfallen. Der Stromverbrauch des Moduls liegt mit 110-125 mA etwas höher als beim kleinen Bruder, der 100 mA für den Betrieb benötigt. Trotzdem sollte das jede 500er Lunchbox locker wegstecken.

Rupert Neve Design 517

Portico 517 im Einsatz

Ich habe den Rupert Neve Designs Portico 517 in drei Racks getestet – sowohl im Fredenstein Bento 6S, Midas Legend 6 und dem neuen Fredenstein Bento 8 Pro Pure Analog verrichtet er seinen Dienst ohne Probleme. Für den Vergleich habe ich ein Arsenal an weiteren Preamps herangezogen, von denen einige sehr stark von Rupert Neves 1073 Schaltung inspiriert sind. Das wären der IGS 573, der Golden Age Premier Pre-73, der Heritage DTT-73, der API 512c sowie die internen Preamps des RME UFX. Aber auch der Vergleich zum Portico 511 ist relevant, um zu hören, inwiefern sich die beiden Brüder unterscheiden.

Fangen wir direkt mit dem DI-Sound an. Hier hört ihr meine Fender Jazzmaster, bei der ich zwischen 1. Stegtonabnehmer, 2. beide Tonabnehmer und  3. Halstonabnehmer umschalte:

Hier bleibt das Signal des Portico 517 recht frisch, selbst wenn durch die Verwendung des Hals-Pickups viele Bassanteile dazukommen. Apropos Bass – die nächsten Beispiele wurden mit einem G&L 1500 aufgenommen (passiver Tonabnehmer):

Hier würde sich vielleicht gleich der eingebaute Kompressor anbieten. Zuerst sehr sanft, dann mit etwas mehr „Schmackes“:

Bei gleicher Lautstärke wird das Signal im letzten Beispiel hörbar dichter.

Weiter geht’s an die echten Amps. Den Anfang macht wieder die Gitarre, diesmal verzerrt und mit einem Shure Sm7b abgenommen. Auch den Empirical Labs EL-9 Mike-e habe ich dafür zum Vergleich herangezogen:

Um den Wirkungsgrad der Silk-Schaltung zu testen, wechsle ich zum Bändchenmikrofon Beyer 260 NCS. Bei diesem Mikrofon war der Unterschied beim Test des RND 511 deutlich zu hören:

Die Silk-Schaltung des RND 517 bringt in dieser Kombination mit dem Beyer 260 recht wenig. Ein Grund dafür dürfte auch sein, dass der verzerrte Gitarrensound wenig hochfrequentes Signal über 7 kHz bietet und die Silk-Schaltung nur sehr sanft eingreift. Ich persönlich hätte mich durchaus mit einer Silk-Schaltung anfreunden können, die der vollen Aussteuerung am 511 entspricht.

Rupert Neve Design 517

Am Bass-Amp verwende ich das Großmembranmikrofon U47fet sowie das dynamische Electro Voice PL-20 (das in Europa auf den Namen RE-20 hört):

Bass-Amp- Neumann U47fet EV Re-20 PL-20

Die beiden Neve Vorverstärker klingen in meinen Augen identisch genug, um sie guten Gewissens als Stereopaar zu verwenden. Hier noch weitere Klangbeispiele der Silk-Schaltung sowie des Kompressors, bei dem ich die Intensität in drei Stufen erhöhe:

In der Handhabung finde ich es etwas schade, dass die Schalter für Phase, Phantomspannung und Silk nicht wie beim Portico 511 mit LEDs unterlegt sind. Dadurch ist aus der Ferne nicht zu erkennen, ob Phantomspannung anliegt oder ob Silk aktiviert ist. Umständlich ist auch die Veränderung des Jumpers für die Attack-Zeit bzw. das Highpass-Filter, da man dafür das Gerät immer ausbauen muss. Aber natürlich ist auch verständlich, dass durch die vielen Funktionen einfach kein Platz für weitere Bedienelemente auf der Vorderseite ist. Die Freude überwiegt, dass es die Möglichkeit gibt, diese Funktionen überhaupt zu aktivieren.

Rupert NEve 517 511 Igs 573 api 512c

Zum Abschluss noch einige Mono-Beispiele, bei denen ich den Elektron Digitakt als Klangerzeuger verwendet habe:

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Fazit

Der Rupert Neve Designs Portico 517 überzeugt wie sein kleiner Bruder 511 auf ganzer Linie. Vorbildliche Verarbeitung, hochauflösender Klang und viele innovative Features machen den Rupert Neve Designs 517 zu einem sehr attraktiven Gesamtpaket für das API 500 Format. Durch die Möglichkeit, die Phase nicht nur umzukehren, sondern genau einzustellen, durch den stufenlos zumischbare DI-Eingang, der über einen Thru-Ausgang verfügt sowie durch den sehr nützlichen Kompressor wird der Portico 517 zu einem flexiblen Alleskönner. Der hochwertige transparente Klang des sehr rauscharmen Preamps rundet das Bild ab. Ein toller Signalzug, der auch preislich attraktiv ist.

Plus

  • transparenter, hochaufgelöster Grundsound
  • Funktionsvielfalt
  • Verarbeitung
  • sehr geringes Rauschen
  • Preis

Minus

  • Jumpertausch für HPF und Attack-Zeit umständlich

Preis

  • 888,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Marco Korda AHU

    Uff… hab jetzt viele Soundbeispiele durchgehört (vielleicht zu viele???) und verglichen. Für mich klingt der GA immer entweder gleich gut oder gar besser. Vom Vergleich 511 zu 517 hätte ich dem 11er eher den Vorzug gegeben (gilt nicht für jedes Beispiel).

    Interessant wäre sicherlich auch eine Gesangspassage gewesen.

    Dennoch vielen Dank für die vielen, vielen Beispiele. Daumen hoch für den Tester.

    • Profilbild
      Raphael Tschernuth RED

      @Franz Walsch Tja, gut Ding will Weile haben! Dafür gibt’s nach 8 Jahren über 50 Soundbeispiele als Belohnung für das lange Warten… ;-)

  2. Profilbild
    Raphael Tschernuth RED

    Übrigens gab es eine Antwort des Vertriebs bezüglich der größeren Umverpackung:
    Zu Anfangszeiten der 500er-Module hatten die bei RND noch keinen angepassten Karton, sondern es wurden die Kartons der 50xx Portico-Module verwendet. Da war dann natürlich ziemlich viel Luft drin. Der zum Test geschickte 517 hat also schon ein paar Tage auf dem Buckel, weil er noch im alten Karton geliefert wurde…
    Die neuen Kartons sind also kleiner.

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