Lunchbox Equalizer mit gutem Klang
Der US-Hersteller Great River schickt mit dem Harrison 32 EQ einen ernstzunehmenden 4-Band EQ für die 500er Lunchbox ins Rennen. Der deutsche Vertrieb S.E.A. stellt AMAZONA.de ein Harrison 32 EQ Modul zum Test zur Verfügung, das ins handliche 500er Luchbox-Format passt.
Als Luchbox-Kassette dient mir dazu die Bento 6s, die mit 6 freien Slots auf die High-End-Module wartet. Der Hersteller Fredenstein hat neben puristischem Design praktisches Handling seiner Box in den Vordergrund gerückt. Wir reden von nicht rackfähigen Formaten, d. h. die Lunchbox wird wohl in den allermeisten Fällen irgendwo sichtbar auf einem Case, Tisch, oder anderem Mobiliar stehen und da will der Strippenziehen auch in Sachen Optik keinen bunt blinkenden, trendigen Quatsch haben. Zeitlos muss es sein, funktional und solide verarbeitet.
Fredenstein liefert mit der Bento 6s Lunchbox diese Attribute ab, kann man mit dem linker Hand platzierten Tragegriff die Unit jederzeit bequem waage- oder senkrecht positionieren oder im Haus bzw. irgendwo unterwegs rumtragen, denn warum sollten die Herren nicht auch mal ne teure Handtasche besitzen? Spaß beiseite, die Module sind leichtgängig einzupassen und werden von 2 Frontschrauben, die oben und unten beider Modulfrontplatten für Halt sorgen, festgeschraubt. Es stehen Phantomspeisungen zur Verfügung,+/-16 V sowie +48 V können an die Module intelligent ausgegeben werden. Rückseitig sind I/Os und AUX I/Os in XLR je Modul bereitgestellt, nach der Reihe bis maximal 6 Module können der Reihenfolge nach zusammengeschaltet werden, dies passiert mit dem Kippschalter Audio Link. Mit Comp Bus steht ein weiterer Kippschalter parat, der zwei Mono-Module als Stereo-Pärchen zusammenschaltet.
Die Fredenstein Lunchbox Unit hat einen Groundlift und kann dank des 90-240 VAC Stromanschlusses weltweit eingesetzt werden. Am Ende des Artikels findet ihr einen Link dazu.
Great River Electronics und Harrison Consoles
Am Fluss, wo einst Tom Sawyer umherschlenderte gelegen, produziert Great River Electronics seit einigen Dekaden, gegründet 1994, analoges ProAudio-Equipment sowie industrielle Steuerungselektronik, manches davon ist digital gesteuert. Für die ProAudio-Leute zu nennen sind vor allem Mic-Preamps, EQs, Kompressoren und der Mixmaster 20. Von besonderem Interesse für unseren Test ist die Zusammenarbeit von Great River Electronics mit dem US-Hersteller Harrison Consoles. Man kam auf Great River zu, um ein erschwingliches Etwas mit typischem Harrison Hintergrund für die 500er Serie bauen zu lassen. Am Ende wurde es dann der reine EQ ohne Preamp oder Kompressor, wie ich bei Great River erfahren konnte.
Das gemeinsame Baby, der 32 EQ, wurde der Öffentlichkeit im Oktober 2009 vorgestellt. Harrison Pulte wurden bei Produktionen der Künstler Michael Jackson, Sade und ABBA eingesetzt. An diesen Namen führt wohl kein Musikerohr vorbei. Auch der WDR Rockpalast hatte eine Harrison Konsole, auf der Frankfurter Musikmesse 2019 konnte ich diese Bilder schießen, das hat schon was. Und natürlich habe ich trotz dieses Schildes das Pult angefasst. Zeitgeschichte zum Anfassen, da waren schon echt coole und kultige Konzerte dabei.
Harrison im 500er Format
Die mächtigen klobigen Mischpulte, so schön sie sind, so platzraubend sind sie auch. Da zieht die 500er Version doch gleich die Haupttrumpf-Karte, die der Platzersparnis.
Schaut man auf das Bild der Konsole, so erkennt man deckungsgleiche Knopfbelegung, Funktionsweise und Beschriftung des EQs. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Harrison 32 EQ keinen Klon darstellen soll, sondern die moderne Version des EQs aus den alten Konsolen, das konnte ich direkt bei Great River erfahren.
Schaltung und Aufbau des Harrison 32 EQ
Das 500er Modul ist komplett analog geschaltet, kein Recall, keine Motorisierung ist möglich. Purer händischer Betrieb wie einst am Mischpult. Der Harrison 32 EQ besitzt 4 Bänder, die in LOW, LOW-MID, HI-MID und HI aufgeteilt sind. Die Frequenzen sind so gewählt, dass der EQ im oberen und unteren Grenzbereich der Bänder zueinander stufenlos bzw. übersprechend gefahren werden kann.
Beide Mitten-Bänder sind als Peaking-EQ angegeben, das bedeutet, dass die angewählte Frequenz mit einem Peak-Punkt angefahren, danach angehoben oder abgesenkt wird. Die benachbarten Frequenzen um den Peak werden dadurch auch beeinflusst. LOW und HI können per Knopfdruck auf ein „Shelfing“ Flankenbild geschaltet werden. Diese Einstellung manipuliert ab der gewählten Frequenz den gesamten Rest des Spektrums gleichermaßen mit, egal ob eine Anhebung oder Absenkung gewünscht wird. Dazu wird auch oft der Begriff Kuhschwanz verwendet.
Insgesamt hat der Harrison 32 EQ neben der fein justierbaren 4-fachen Parametric noch 4 Druckknöpfe. Zwei davon verändern wie gerade erklärt die Flanke, der dritte schaltet alle EQ-Parameter auf Bypass. Knopf Nummer 4 schaltet ein Lowpass-Filter bzw. ein Highpass-Filter zu. Diese sind durch die rote Farbe auf dem Bild gut zu erkennen. Lowpass bedeutet, alle Frequenzen über der eingestellten Frequenz werden beschnitten, Hipass bewirkt das Durchlassen der hohen Frequenzen ab der angewählten Frequenz. Bildlich gesprochen wirkt das wie ein Audio-Vorhang, der entweder im Bassbereich oder im Höhenbereich hin und her geschoben werden kann, manches ist zu sehen, manches verdeckt.
Interne Jumper des API-500 Harrison 32 EQ
Auf der Hauptplatine im Inneren des 32 EQs sind 2 Jumper gesetzt, mit denen die Gegenkopplung der Transistorstufe beeinflusst werden kann. Das hat direkt Folgen auf die Klangeigenschaft des 32 EQs. Möchte man die Jumper verändern, muss die Unit aufgeschraubt werden. Die Jumper-Belegung lässt 2 Stellungen zu, die „Vintage Feedback Design“- sowie die „Non-Feedback Option“-Stellung. Da ich das Testgerät nicht aufschrauben wollte, sind alle Klangbeispiele mit der ab Werk eingestellten Vintage-Feedback-Design Option-eingespielt worden.
Great River Electronics Firmenchef Daniel Kennedy war jedoch so freundlich, mir die beiden Jumper-Positionen zu beschreiben.
Bitte die Beschreibung immer im Vergleich zur anderen Jumper-Position sehen.
- Vintage Feedback Design: Diese Einstellung wird als trocken, tight, clean und crips klingend beschrieben. Die harmonische Verzerrung nimmt in der zweiten Obertonreihe deutlich ab, der Charakter verändert sich. Gleichzeitig geht die dritte und fünfte Obertonreihe etwas nach oben, die Ratio der Verzerrung ändert sich auch.
- Non-Feedback Option: Diese klingt natürlich und offen. Die harmonische Verzerrung 2nd Order (zweite Potenz) nimmt zu, diese Obertöne werden als warm und musikalisch klingend empfunden.
Daniel Kennedy spricht keine Empfehlung aus, welcher Sound wie durch den EQ geschickt werden sollte, dies wäre Haarspalterei, der Geschmack entscheidet. Mir war an dieser Stelle nicht nur die reine technische Beschreibung wichtig. Man muss den Grundcharakter mögen, den die beiden Jumper-Positionen zulassen, dann wird die Aufnahme gefälliger.
Klangeigenschaften des Harrison 32 EQ
Der WDR Rockpalast war für mich immer eine Bank. Tolle Konzerte und vor allem durch die Bank weg sehr ordentlicher Sound. Dieser Gedanken an die Sounds will mir auch beim Ausprobieren des Great River Harrison 32 EQ nicht aus dem Kopf. Ich bin ziemlich beeindruckt von den warmen und fetten Klangqualitäten des EQs. Egal ob Gitarre, Keys, Sprache, Bass, der EQ hebt und senkt schmeichelnd jedes Signal, bis es gefällt.
Beim EQing geht es neben der generellen Herangehensweise, ob nur entzerrt oder ob geboostet wird, um das jeweils beste Resultat für das gewählte Audio. Mache Instrumente benötigen zur optimalen Entfaltung im Gesamtsound eben einen Frequenzschub, andere einen Dämpfer. Der Harrison 32 EQ ist mit seinen 4 parametrischen Bändern für so ziemlich jedes Szenario zu haben, im Low-End bei 40 Hz und nach oben bis 16 kHz, dann ist allerdings das Ende der Fahnenstange erreicht. Das sind recht allgemein gehaltene Erläuterungen, die Klangbeispiele machen diese dann für verschiedene Instrumente gut nachvollziehbar.
Der EQ gibt auch relativ stark manipulierte Filtersounds her, einen Telefon-EQ, total übersteuerte Bässe, bis zur Aufdringlichkeit zischende Höhen. Wer im Sounddesign zuhause ist, kann diese Range gut brauchen.
Mastering mit dem Harrison 32 EQ
Sehr interessant ist auch das Mastering mit der 500er Einheit, sinnvollerweise hat es dann gleich 2 davon bzw. entsprechend viele Einheiten für einen Surround-Mix. Der EQ kann dann seine ganze Variabilität dem Summensignal zufügen. Manchmal braucht es gar nicht viel, um den Gesamtsound abzurunden. Die Hörgewohnheiten ändern sich ja von Zeit zu Zeit. Die Kunst ist es, etwas Zeitloses zu generieren oder etwas, das die Entstehungszeit genau einordnen lässt. Beides hat was. Der Harrison EQ hat in jedem Fall den entsprechenden Charakter.
Klangbeispiele zum Harrison 32 EQ
Verschiedene Instrumente verlangen verschiedene EQ-Einstellungen. Die Beispiele sind jeweils flat, dann mit EQ-Manipulation eingespielt. Zu hören sind ein Godin Fretless Bass, eine Taylor 12-String, Sprache vom Dollar Dummies Frontmann, Keys aus dem Hybrid Plugin mit Pro Tools und ein Songmix, der schon im SPL Mixdream Test zum Einsatz kam. Die EQ-Bearbeitungen sind alle erst nach den eigentlichen Aufnahmen erfolgt. Musiker mögen die Noise-Sounds überspringen, ich fand diese für die Filtervorführung ganz passend.