Eine Gretsch aus dem fernen Osten
Gretsch ist einer der ehrwürdigen Namen in der Welt der Musikinstrumente, denn er ist schon seit 1883 mit dem Saiteninstrument verbunden und stand insbesondere in den fünfziger und sechziger Jahren für Gitarren und Bässe aus der gehobenen Klasse. Nach dieser Blütezeit und unter der Leitung der Baldwin Company drohte die Qualität in Sparzwängen und Rationalisierungen unterzugehen. Erst nach der Herauslösung aus dem gewann die Geschichte wieder an Fahrt und viele Künstler erfreuten sich an dem charakteristischen Klang der echten Gretsch. Seit gut 10 Jahren gehört diese nun zur Fender Familie und natürlich lässt es sich da kaum vermeiden, einen Teil der Produktion nach Fernost zu verlagern, um konkurrenzfähige Produkte zu kundenfreundlichen Preisen anbieten zu können. Als Vertreterin dieser Fraktion, der Electromatic Reihe, hat sich bei uns die Gretsch G5420T zum Test eingefunden.
Verarbeitung & Konstruktion
Als klassische Hollowbody konstruiert, verfügt die Gretsch G5420T über eine Zarge, einen Boden und eine leicht gewölbte Decke aus 5-lagigem Ahornsperrholz, die zusammen einen ausladenden Body mit knapp 7 cm Tiefe ergeben. Ein Cutaway auf der unteren Seite sorgt für erleichterten Zugang zu den höheren Lagen. Bei der Farbgestaltung hat man sich für ein Sunburst vom Rötlich-Braunen ins Schwarze entschieden, was der Gitarre nicht nur gut zu Gesicht steht, sondern auch bei näherer Betrachtung von einer sehr ordentlichen Verarbeitung zeugt. Der Lack ist glatt und frei von Dellen oder Nasen und auch an den Rändern und Winkeln gleichmäßig aufgetragen. Genauso wenig Grund für Kritik bieten die Bindings an den Korpuskanten und den F-Löchern, die ebenfalls gerade wie eine Eins sind. Der einteilige Hals besteht ebenfalls aus Ahorn und wurde rückseitig in der gleichen Farbe wie der Body gebeizt und lackiert. Auffällig dabei ist das verhältnismäßig schlanke Shaping des Halses, das schon fasst sportlich ausfällt. Das Palisandergriffbrett ist mit 22 Medium-Jumbo Bünden bestückt und mit großen Hump-Block Einlagen bis zum 17. Bund veredelt. Die Bundstäbchen sowie der Sattel sind sehr akkurat in das Griffbrett eingepasst und wurden sauber abgeschliffen, sodass keine Kanten und Ecken den Spielfluss behindern sollten.
Auf der großzügig dimensionierten Kopfplatte werden die Seiten von Gretsch-eigenen Vintagestyle-open-back Mechaniken gehalten. In Kombination mit einer Adjustomatic-Brücke mit Palisanderfuß ergibt sich dabei eine Mensur von 622 mm. Hinter der Brücke befindet sich ein Bigsby B60 Vibrato. Konstruktionsbedingt sind diese Systeme allerdings sehr verstimmungsanfällig und sollten in der Regel mit Vorsicht oder nur mit den Augen genossen werden. Dazu aber später mehr. Für die „Elektrisierung“ des Klangs sind zwei identische Black Top Filter’tron Humbucker zuständig, die mit sehr breiten Pickuprahmen in glänzendem Chrom auf der Decke befestigt sind. Das Signal der Gitarre wird über zwei Volumepotis, einen Master-Tone sowie einen Master-Volume am unteren Horn des Cutaways geschickt, bevor es die Gitarre verlässt. Die Pickupwahl erfolgt über einen Dreiwege-Schalter auf der Oberseite des Bodys. Die gesamte Hardware, die Potikappen, der Toggleswitch und auch die Gurtpins sind aus demselben massiven Metall und von guter Qualität.
Das trifft auch für das Vibratosystem zu, wobei das große, weiße Pickguard zur Hälfte das untere F-Loch verdeckt, welches so ziemlich das einzige Plastikteil an der Gitarre ist. Das ist zwar kein Garant, aber doch ein Hinweis auf gute Qualität, von dem sich einiges findet, wenn man sich die Verarbeitung, das Finish und auch die Werkseinstellungen der in Korea hergestellten Gitarre betrachtet. Selbst an so verräterischen Stellen wie dem Hals-Korpus-Übergang, wo selbst bei den USA-Instrumenten einiger Hersteller Nachlässigkeiten nicht ausgeschlossen sind, hat man bei der G5420T Liebe zum Detail bewiesen und ganze Arbeit geleistet. Schade, mag der ein oder andere sagen, dass die Liste des Lieferumfangs nach zwei Inbusschlüsseln bereits zu Ende ist und sich kein Gigbag darauf findet, wie es mittlerweile in der Preisklasse um die 800,- Euro Standard ist. Hier scheint aber jeder Euro in die Verarbeitung geflossen zu sein, was auf jeden Fall für die spartanischen Dreingaben entschädigt. Letztlich wird darüber jedoch der Klang entscheiden.
Klang & Handling
Trocken angespielt klingt die Gretsch G5420T erst einmal nicht so kräftig und sonor, wie man es eventuell erwarten würde – und sie neigt zu einem leicht blechernen klang. Erst wenn man leisere Töne anspielt und ein wenig zarter mit dem Instrument umgeht, bekommt man das ganze Spektrum der Gitarre zu hören und schon wird das Ganze deutlich angenehmer. Die Mitten und die tieferen Frequenzen halten sich vornehm im Hintergrund, sind aber durchaus zu spüren und hören. Was dabei an purer Lautstärke fehlt, zahlt sich in der Differenziertheit des Grundklangs aus: Klar und sauber schallt es aus den F-Löchern, vor allem in den tieferen Lagen. Aber wirklich beeindrucken kann die Gretsch mit ihrem lang anhaltendem und lautem Sustain, den man bei einer Hollowbody eher nicht in diesem Maße erwartet hätte.
Im verstärkten Zustand stellt sich natürlich die Frage, ob die Gretsch G5420T an den unverwechselbaren Klang herankommt, der die Instrumente von Gretsch in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts bei vielen „Rock’n’Roll-ern“ so beliebt gemacht hat. Und in der Tat präsentiert sich die Gitarre in Verbindung mit den Black Top Filter’Tron-Pickups als sehr markant und bietet eine gute Portion Durchsetzungskraft. Besonders gilt dies für den Tonabnehmer in der Stegposition, der sehr schneidig und knackig klingt und, trotz einem ordentlichen Output, die Dynamik der Gitarre gut an den Verstärker überträgt und auch mal ein wenig mehr Gain im Sound möglich macht, ohne die einzelnen Töne bis zur Unkenntlichkeit miteinander zu verwaschen.
Moin Tilman, du scheinst da einem Irrtum aufgesessen zu sein: in den USA werden keine Gretsch gitarren gebaut. Die hochwertigen und genial klingenden Gretschs der 6xxx Serie werden in Japan gefertigt. Was keinerlei Abstrich bedeutet zur Fertigung in den USA oder Europa. Mann kann also nicht sagen, das Gretsch die Produktion der Electromatic-Serie nach Asien „ausgelagert“ hat. Übrigens empfiehlt sich immer ein Vergleich mit der baugleichen Gitarre der „großen“ Serie. Hier zeigt sich, das du echten Gretsch-Feeling in der Electromatic-Serie letztlich nicht kriegst. Ich habe selber meine Electromatic sofort verkauft, als ich einmal auf einer 6120 gespielt habe. Dann fleissig gespart, zweieinhalbtausend Euro auf den Tisch gelegt und seit dem im Gretsch-Himmel. zur Nachahmung ausdrücklich empfohlen. So etwas ist ein Instrument fürs Leben.
Hallo iltis30
Vielen dank für die deinen Kommentar und die Korrektur. Aus den Informationen auf der offiziellen Homepage von Gretsch war mir leider nicht ersichtlich, dass Die Produktion in den USA gestoppt wurde. Mit der Auslagerung nach Asien meinte ich auch eher Südost-Asien, wo nicht wie in Japan schon eine Lange Gitarrenbau-Tradition mit Prestigemarken vorhanden ist. In Korea, Vietnam und Indonesien zum Beispiel, werden ja erst seit vergleichsweise kurzer Zeit Instrumente unter Lizenz gebaut, und wie ich finde ist die Qualität erst seit ein paar Jahren mit der der Vorbilder vergleichbar. Natürlich kann auch die hier getestete B4520T nicht mit deiner 6120 mithalten und Ich gebe dir auch absolut recht, dass es sich lohnt für ein Instrument für’s leben zu sparen, aber wer trotz eiserner Disziplin die 2500 Euro für das Original nicht zusammen bekommt ist meiner Meinung nach mit einer Gitarre aus der Electromatic-Serie recht gut beraten. Die Preis/Leistung stimmt jedenfalls.
Grüße, Tilmann.
@tilmann.seifert Da stimme ich dir zu! In dem unteren Preisbereich sind aber die Ibanez-Gitarren gleicher Bauart sowie die Epiphones konkurrenten. Die „großen“ Gretsch sind konkurrenzlos in ihrem Klangverhalten. Aber vielleicht bin ich da auch nicht objektiv … ((-;
Danke für den schönen Test wollte ich natürlich noch sagen.