Tribute-Tele mit ordentlich Kampfgewicht
Inhaltsverzeichnis
Nun ist auch die Signature-Tele des Rolling-Stones-Gitarristen und Kult-Rockers Keith Richards in der unteren Preisklasse angekommen. Harley Benton ehrt eine der größten noch lebenden Legenden des Rock ’n‘ Roll mit der TE-53KR BL aus ihrer Tribute-Serie, basierend auf dem Original aus dem Hause Fender. Eine etwas modifizierte Tele-Style also, die primär durch ihre goldverchromte Brücke und dem Humbucker in Halsposition auffällt. Wenn das Original zu teuer ist, dann findet man im Sortiment von Harley Benton in aller Regel eine preiswerte Alternative. Mittlerweile haben die Gitarren und Bässe der Thomann Hausmarke eine beachtliche Qualität erreicht, das stellen wir in unseren Tests immer wieder fest. Ob die TE-53KR BL ein ähnlich solides Bild abgibt, werden wir im folgenden Artikel herausfinden.
Harley Benton TE-53KR BL – Facts & Features
Nur knapp 240,- Euro sind für die Harley Benton TE-53KR BL fällig, ein Spottpreis im Vergleich zum Original und zugleich auch wieder typisch für eine Gitarre von HB. Bereits auf den ersten Blick fragt man sich auch an dieser Stelle wieder, wie so etwas möglich sein kann und natürlich auch, wo denn der Haken bei der Sache ist. Um es vorwegzunehmen: Es gibt nicht viele Mängel an unserem Testinstrument festzustellen, dafür jedoch einer, der im wahrsten Sinne des Wortes ganz besonders ins Gewicht fällt. Doch dazu später mehr, schauen wir erst mal, welche Zutaten für die Herstellung der TE-53KR verwendet und wie diese zu einem Gesamtbild zusammengesetzt wurden.
Der charakteristisch geformte Korpus wurde aus Esche gefertigt und mit einem Blonde-Hochglanz-Finish sauber bis in die kleinsten Ecken versiegelt. Drei Teile des Holzes finden Verwendung, das sieht man durch den durchscheinenden Lack recht gut. Fräsungen vorne oder hinten am Korpus sucht man jedoch vergebens, hier weicht die TE-53KR kein Stück vom Original ab und präsentiert sich als das klassische Tele-Brett ohne Schnickschnack. Demnach gibt es auf der Rückseite nicht viel zu entdecken, dort sitzen lediglich die Hülsen für die Aufnahme der Saiten, was die String-through-Body-Saitenführung der Gitarre verrät.


Harley Benton TE-53KR BL Tribute Series
Die Drähte werden also von hinten über sechs Saitenreiter durch die Stegplatte geführt, die ausnahmsweise nicht im Aschenbecher-Design erscheint, sondern nur aus einer flachen Metallplatte besteht. Die wurde dafür aber mit einer goldenen Chromschicht überzogen, was wiederum ein typisches Merkmal der Signature-Tele des Künstlers ist und hier detailgetreu übernommen wurde.
Karamellisierter Ahornhals
Was zu Beginn des Trends ausschließlich Instrumenten der Premiumklasse vorbehalten war, hat sich nun bis in die unteren Preisregionen durchgesetzt, zumindest bei Harley Benton. Viele seiner Instrumente stattet der Hersteller mit wärmebehandelten Ahornhälsen aus, was zum einen für eine attraktive Farbe sorgt und noch viel wichtiger die Stabilität des Holzes erhöht und darüber hinaus das Klangverhalten des Instruments insgesamt verbessern soll. Das mit der Farbe stimmt wohl, der Rest dürfte in den Foren des WWW und an den Musikerstammtischen der Republik nach wie vor für genügend Diskussionsstoff sorgen. So ganz aus einem Stück besteht der Hals nicht, aufgeleimt wurde zusätzlich ein Griffbrett aus dem gleichbehandelten Holz. Durch das schlanke C-Halsprofil und das matte Finish der Halsrückseite ergibt sich ein komfortables Spielgefühl, zumal unser Testinstrument in puncto Saitenlage und Oktavreinheit ordentlich eingestellt wurde.
Leichte Mängel in der Verarbeitung zeigen sich am „Skunk Stripe“, also jenem Stück Holz auf der Halsrückseite, das den Truss-Rod (Halseinstellstab) abdeckt. Das gute Stück versinkt etwas in seiner Öffnung, was den Spielfluss der echten Hand aber in keiner Weise negativ beeinflusst. Dafür gibt die Bundierung ein gutes Bild ab, alle 21 Medium-Jumbo-Bünde wurden sauber eingesetzt und an ihren Kanten unspürbar abgerichtet. Dazu gab es noch eine ausreichende Politur für die Oberflächen der Bünde im Werk, sodass es vom Start weg ohne Schabgeräusche losgehen kann. Gleiches gilt für den Sattel, der mit seinen 42 mm Breite gewohnt schlank ausfällt, bei der Mensur orientiert sich die Harley Benton TE-53KR BL mit 648 mm wie zu erwarten an den Modellen aus berühmtem kalifornischen Haus.
Pickups & Hardware
Tesla baut also nicht nur elektrisch betriebene Autos, sondern gleich auch Tonabnehmer dazu? Natürlich nein, bei Tesla-Pickups handelt es sich um eine chinesische Firma, deren Tonabnehmer neben den bekannten „Roswell-Pickups“ vermehrt in Gitarren und Bässe von Harley Benton auftauchen. Während in der goldverchromten Stegplatte ein Tesla Opus-TE Alnico-5 Singlecoil seinen Dienst verrichtet, sitzt dem gegenüber in der Halsposition ein Opus-4 Alnico-5 Vintage-Humbucker unter einer verchromten Metallkappe. Geschaltet und geregelt wird wie eh und je über einen 3-Wegeschalter und je einen Regler für Lautstärke und Klang, die zusammen auf der Chromblende untergebracht wurden. An dieser Stelle macht sich der günstige Preis bemerkbar, denn der Schalter wirkt schon jetzt im Neuzustand recht fragil und auch die beiden Regler laufen alles andere als samtweich auf ihren Achsen.
Aber auch an dieser Stelle folgt wieder der Hinweis bzw. der Tipp, dass dieser Teil der Hardware recht kostengünstig und ohne großen Aufwand getauscht werden kann. Wäre doch echt schade, nur deshalb auf eine gute Gitarre mit einem schockierend niedrigen Preis zu verzichten. Oder? Das Gleiche gilt im Prinzip für die sechs verchromten Mechaniken an der Kopfplatte, obwohl ich schon schlechtere Tuner gesehen habe. Und das nicht nur in dieser extrem niedrigen Preisklasse.
Harley Benton TE-53KR BL – Praxis
Ich hatte zu Beginn dieses Artikels schon angedeutet, dass es ein „gewichtiges“ Problem mit der Harley Benton TE-53KR BL gibt. So schlank und rank sich die Gitarre auf den ersten Blick zeigt, so bleischwer präsentiert sie sich beim Anheben. Mit stolzen 4,2 kg (!) toppt diese Tele alles, was ich persönlich bisher um den Hals tragen oder im Schoß platzieren durfte. Da mag man sich einen zwei Stunden langen Live-Gig mit etlichen Zugaben gar nicht vorstellen! So weit zum Handling mit dem Instrument, was durch diesen Umstand natürlich enorm leidet.
Entschädigung gibt es aber in Form einer komfortablen Bespielbarkeit sowie dem Klang der beiden Tesla-Pickups, die nicht nur den typischen „Twang“ produzieren, sondern ein überraschend „luftiges“ Klangbild mit kräftigem Output und einem hohen Headroom erzeugen und dem doch insgesamt etwas müden Grundklang der Konstruktion deutlich auf die Sprünge helfen. Von messerscharf am Steg über ausgeglichen und kraftvoll in der Mittelposition des Schalters, bis hin zu den dicken und warmen Sounds des Humbuckers am Hals reicht das Repertoire. Gerne darf auch der Overdrive des Amps etwas mehr aufgeregelt werden, denn auch mit Nebengeräuschen halten sich die beiden Teslas erfreulich zurück. Darüber hinaus brechen Frequenzbild und Dynamik nicht komplett zusammen, wenn die Lautstärke zurückgenommen wird. Das wird alle Spieler freuen, für die die Interaktion mit dem Verstärker einen wichtigen bzw. unverzichtbaren Punkt darstellt.
Harley Benton TE-53KR BL – Klangbeispiele
Für die folgenden Klangbeispiele habe ich die Harley Benton TE-53KR BL zusammen mit einem Orange Micro Dark und einer angeschlossenen 1×12″ Celestion Vintage 30 Box betrieben. Vor der Box wurde ein AKG C3000 Mikrofon platziert, weitere Effekte wurden nicht eingesetzt.
Hi Stephan,
ich stimme zu, daß eine E-Gitarre nicht unnötiger Weise 4,2kg wiegen sollte.
Deine Aussage „Da mag man sich einen zwei Stunden langen Live-Gig mit etlichen Zugaben gar nicht vorstellen!“ dürfte aber so manche Bassisten und Bassistin zu einem sehr breiten Schmunzeln über wehleidige Gittareros verleitet haben, da dort 4,2kg eher als moderat gelten…. ;-)
Sicher, aber wir sechssaitigen Zupfer sind doch alle irgendwie Mimöschen. Oder? 😁
Wer widerspricht einem Mann, der nur die Wahrheit sagt?
Es ist immer wieder erstaunlich, was für ein Preis-Leistungs-Verhältnis bei E-Gitarren inzwischen möglich geworden ist.
Kürzlich habe ich eine Strato-Kopie mit dem Aufdruck „Axman“ (damaliger Neupreis ca. 120,00 Euro) für 40 Euro erworben. Die Dinger wurden über LIDL vertrieben. Mit Kabel, Mini-Verstärker und einer Tasche.
Tatsächlich ist das Ding nach einigen (wirklich auch sehr notwendigen) Einstellungsarbeiten erstaunlich gut zu spielen und es klingt auch nach Strato.
Will jemand lernen Gitarre zu spielen, dann ist so eine günstige Gitarre im Bereich unter 300 Euro sicher nicht der Grund dafür, dass nach dem Lockdown diese „Billig“-Gitarren als Deko an die Wand gedübelt wurden, auf dem Sperrmüll landeten und die Kleinanzeigenmärkte überschwemmten.
Ich glaube, so richtig schlechte Gitarren gibt es inzwischen bei keinem Hersteller mehr, egal, welche Preisklasse man sich anschaut.
Meine HB’s hatten immer noch ein bisschen Spielraum nach oben (was bei den Preisen aber erwartbar und verschmerzbar ist).
Unsaubere Fret Ends, hakelige Tuner etc. kann man recht gut nacharbeiten, dafür hatte ich bisher immer 1a-Lackierungen und schnurgerade, bundreine Hälse. So what…
Eine Axman-Strat in Schwarz habe ich auch noch hier, war ein Spontankauf, als evtl. Teilespender für ein Selbstbau-Projekt.
Aber ich habe es (noch) nicht über’s Herz gebracht, sie auszuschlachten… 😀
Eine Tele habe ich, trotz guter Vorsätze, immer noch nicht. Brauche ich wohl auch nicht, aber haben täte ich sie schon gerne.
Die KR käme da schon in Betracht. Ich könnte sie ja im Sitzen spielen, bin ja nicht mehr der Jüngste.
Danke an Stephan für’s Vorstellen…!
Und Willkommen, @stompology, hier im Forum…!
Ich habe Les Pauls die schwerer sind, angenehm ist das ganz sicher nicht aber wenn es dem Sound hilft, dann „ist das halt so“. Bei einer Gitarre in dieser Preisklasse wage ich das aber zu bezweifeln.