Klein, massiv, handlich!
Ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn es um Equipment geht, ist der erste optische Eindruck. Das Produkt kann sich später in der Praxis als der Überknaller schlechthin herausstellen, wenn der erste Eindruck mehr oder minder den Bereich „belanglos bis auf die Knochen“ abbildet, braucht es eine Ewigkeit, um diesen Eindruck zu relativieren, sofern man ihn überhaupt jemals aus dem Kopf bekommt. Im heutigen Test des Hotone Ampero One haben wir es eindeutig mit der Leistungsklasse „wat putzig“ zu tun, was die Prioritäten des Produktes kurz und knackig zusammen fasst.
Die Konstruktion des Hotone Ampero One
Bei dem Hotone Ampero One handelt es sich um ein typisches Multieffektpedal der modernen Klasse, will heißen, zum üblichen FX-Arsenal gesellen sich jede Menge Modeling-Amps, Cabinets- und Mikrofon-Simulationen hinzu. Wie bereits angedeutet legt der Hotone Ampero One dabei seinen Fokus auf sehr geringe Abmessungen, ohne jedoch auf den nötigen Editierkomfort zu verzichten. Gehörte es bis vor einigen Jahren noch zum Standard, sofern man sein eigenes Equipment nicht in einem KFZ transportieren konnte, zumindest irgendeine Art von Box und Mikrofonsystem im Proberaum, respektive Clubbühne vorzufinden, wird heutzutage je nach Konstellation schon verlangt, aus Kostengründen mit dem ÖNV anzureisen und dabei neben dem persönlichen Instrument eine passende Inear-kompatible Klangerzeugung mit im Gepäck zu haben.
An genau diese Zielgruppe wendet sich das Hotone Ampero One, welches mit seinen Abmessungen 273 x 143 x 51 mm (B x T x H)und einem Gewicht von nur knapp 1,2 kg in jede Fronttasche eines durchschnittlichen Gigbags passt. Das benötigte 9 V Multispannungsnetzteil wird mitgeliefert. Sollte dieses einmal vergessen werden, keine Sorge, mit einer Abgabe von moderaten 500 mA lässt sich zur Not auch anderes Netzteil vor Ort benutzen.
Trotz Fokus auf Transportabilität und einem Ladenpreis von nur 272,- Euro hat Hotone nicht an der mechanischen Ausstattung gespart. Waren früher die Multieffektgeräte dieser Leistungsklasse noch gerne in einem Kunststoffgehäuse untergebracht, besitzt das Hotone Ampero One ein rundum massives Metallgehäuse, was für eine lange Lebensdauer des Pedals spricht. Neben drei Fußschaltern, einem Volume-Regler und einem Dreh-/Pushregler wurde sogar ein kleines Expression-Pedal verbaut, welches dank einer griffigen Oberfläche einen guten Halt für jeden Schuh bietet.
Dies ist auch dringend nötig, da das Pedal aufgrund seiner geringen Länge von nur 13 Zentimetern zu einigen Kompromissen nötigt. Setzt man den Fuß für das nötige Feingefühl mit dem Ballen auf, setzt die Ferse bei der Abwärtsbewegung vorzeitig auf dem Boden auf, so dass man mit dem Ballen noch mal nach hinten rutschen muss, um das Pedal auf Null zu setzen. Umgekehrt hat man bei einem bündigen Aufsatz der Ferse auf dem Pedal nur etwa die Mitte des Fußes, um die Kippbewegung auszuführen, was zu einer ungewohnten „Fußhabung“ führt. Natürlich kann man sich an die Abmessungen gewöhnen, es bleibt aber zu überlegen, ob man nicht ein externes Expression-Pedal mit regulären Abmessungen anschließt, zumal das Hotone Ampero One auf der Stirnseite extra eine Anschlussbuchse für ein externes Pedal bereithält.
Apropos Stirnseite: Neben besagter Buchse hält das Hotone Ampero One neben der Eingangsbuchse zwei Stereo-Klinkenbuchsen (links kann bei Bedarf mono genutzt werden), eine Stereo-Miniklinke für den Kopfhörerbetrieb und eine Stereo-Miniklinke als AUX-In bereit. Auch hier eine massive Bauweise, zumal die Buchsen direkt mit dem Gehäuse verschraubt sind und somit die Ein- und Aussteckkräfte der Kabel nicht an die Platine weitergegeben werden. Das System ruht auf insgesamt 6 angenehm weichen Gummifüßen, welche auch auf glatten Flächen eine gute Standfestigkeit gewährleisten. Den Abschluss macht eine USB-Buchse zwecks Steuerung der Client-Lösung im PC-Betrieb bzw. für das Aufspielen von Updates.
Die Effektabteilung
Wie bei Produkten dieser Leistungsklasse üblich, wird man bei der Auflistung der möglichen Effekte geradezu erschlagen. 64 Amp-Modelle, 60 Cabinet-Modelle zzgl. verschiedener Mikrofontypen, über 100 Pedal-Modelle, über 50 Hotone Effekte inkl. High-Drive-, Dynamic-, Filter-, Mod-, Dela-y und Reverb-Modellen, das Ganze verteilt auf 198 Presets, vermitteln den Eindruck, man könnte sich den gleichen Fuhrpark in analoger Form, welcher knapp einen sechsstelligen Bereich zusammenkommen lassen würde, locker sparen, zumal Hotone sehr grenzwertig mit Bezeichnungen wie z. B. bei den Amps mit Namen wie „Boger“, „Fryman“, „Rector“, „Dizzle“, „Engle“ oder auch „Marshell“ ins Feld zieht. In wieweit sich diese Modelle untereinander unterscheiden oder überhaupt auch etwas mit den Originalen zu tun haben, wird sich noch im Praxistest zeigen.
Gesteuert wird das große farbige Touch-Display des Pedals mittels Fingereinsatz oder aber über die Software, welche man sich im Netz herunterladen kann. Dabei hat man eine sehr umfangreiche Auswahl an Untermenüs, wo man z. B. neben den verschiedenen Pedal/Amp/Cabinet-Kombinationen auch noch zwischen unterschiedlichen Mikrofontypen nebst einer Ausrichtung des Mikrofons in der X-, Y- und Z-Achse wählen kann. Jetzt wären wir in der analogen Welt schon locker bei 120.000 Euro Gegenwert angekommen. Abschließend ist für das persönliche Üben noch ein Drum-Computer mit 100 unterschiedlichen Patterns und ein Tuner verbaut, welcher durch das gleichzeitige Drücken des linken und dem mittleren Fußschalters aktiviert wird.
Das Hotone Ampero One in der Praxis
Das Hotone Ampero One kann man auf zwei Arten in seinem persönlichen Setup benutzen, respektive integrieren. Zum einen kann man es als normales Multieffekt-Pedal benutzen, sprich man 1.) nutzt die internen Zerrpedale vor dem analogen Amp oder 2.) schleift es in den FX-Loop des analogen Amps ein oder 3.) benutzt alle Effekte vor einem clean eingestellten Verstärker. So weit, so normal, allerdings wird der überwiegende Teil der Nutzer wohl eher auf die zweite Variante der Verwendung schielen, sprich die all-in-one Lösung mit minimalem Transportaufwand, direkt in die P.A./Inear-Systeme etc., wie man es von den Marktführern Kemper und Fractial her kennt.
Dies ist auch der Bereich, welchen ich primär getestet habe und von welchem auch die beigefügten Soundfiles stammen. Sie wurden allerdings über den analogen Output mittels eines Mischpultes in die DAW geschickt. Steppen wir die einzelnen Werkspresets durch, stoßen wir auf die üblichen, zumeist mit Effekt überladenen Standards, wie man sie auch von der Konkurrenz her kennt. Warum sich diese „Achtziger-Programmierung“, in denen ein ausgefuchster Reverb-Algorithmus noch eine Besonderheit war und eine besondere Erwähnung in den Presets durchaus gerechtfertigt war, bis heute auch bei allen anderen Anbietern dieser Produktklasse gehalten hat, kann ich mir nicht wirklich erklären. Heutzutage kann man den erfahrenen Nutzer nur noch mit einer möglichst gelungenen Abbildung des Originals zu einem wohlwollenden Nicken bewegen und da bedarf es genau des Gegenteils, nämlich keinerlei FX-Anteil.
Aber letztendlich kein Problem, man kann ja alle Effekte abschalten und sich die pure Amp/Cabinet-Emulation evtl. mit einem Zerrpedal davor anhören. Und genau dann hört man auch, warum die Presets mit vergleichsweise hohem FX-Anteil angesetzt wurden. Man möge mir die harte Ausdrucksweise verzeihen, aber keiner der genannten „Umschreibungen“ hat etwas mit dem Klang des Originals zu tun. Weder klingt ein „Dizzle“ nach Diezel, noch ein „Engle 4×12“ Cabinet nach Engl, noch ein Dyn57 nach Shure. Auch die „Bewegung“ der Mikrofon-Emulation in den drei Achsen ist eine reine EQ-Bearbeitung und hat mit der interaktiven Aktion einer analogen Mikrofonierung nichts zu tun.
Dies bedeutet nicht, dass man mit dem Hotone Ampero One keine befriedigenden Sounds erzielen kann, es bedeutet lediglich, dass man sich nicht an den Bezeichnungen der Originale orientieren sollte. Für echte „Spielkinder“ hingegen bietet das Pedal aufgrund seiner schier unerschöpflichen Möglichkeiten eine große Spielwiese. Klanglich bietet das Produkt die typischen Stärken und Schwächen dieser Leistungsklasse, will heißen, gute cleane Sounds und eher mittelmäßige Zerrsounds, welche sich zwar durch die manuelle Bearbeitung zweifelsohne verbessern lassen, insgesamt aber eher einen durchwachsenen Eindruck hinterlassen.
Für das schnelle Festhalten einer Idee im Songwriting-Modus, der täglichen Übungsroutine oder auch das unbeschwerte Jammen ohne große Verkabelung ist das Hotone Ampero One hingegen zweifelsohne zu empfehlen.
Ich finde das Ampero One mit 272,-€ zu teuer; ein Boss GT-1 kostet da nur 185,-€ und das leider nicht mehr erhältliche Digitech RP360 XP war für 149,-€ zu haben. Da ich nur hin und wieder meine Harley Benton Short-Scale für einige Glissando-Sounds (Daevid Allen, Steve Hillage, Christian Boulé) bemühe, reicht mir mein Digitech RP155 völlig aus…
Ich kann mich nicht erinnern, hier jemals ein Multieffekt im Test gehört zu haben, bei dem ich wirklich jedes Soundbeispiel so kalt, schlecht aufglöst und eigentlich unerträglich gefunden habe, wie in diesem Fall. Mein pensionierter POD 2.0 klingt besser.
Beim Boss GT-1 gibt es zwar nur eine Plastikwanne als Unterbau, viele Sounds sind aber brauchbar, es ist viel billiger und es läuft zur Not sogar mit Batterien.
Die Effekteritis bei den Presets nervt mich auch schon seit 10 Jahren, für mich wäre eine Handvoll klassischer Sound-Setups viel sinnvoller. Ich habe mittlerweile den Verdacht, dass das irgend so ein asiatisches Ding ist, wenn man sich mal diesbezügliche YT-Channels aus Thailand oder den Philippinen ansieht, lassen die es häufig gerne diesbezüglich krachen.
Endlich mal jemand, der den Sound angemessen kritisch beschreibt.
Nur schade, dass die Effekte so kurz kamen. Das wäre ja die andere sinnvolle Anwendung: Analogen Verzerrer davor, cleanen Amp dahinter, und hauptsächlich Modulation, Delay Reverb nutzen.
Beherrscht die Kiste Midi via USB, so dass man andere Geräte mitschalten könnte?
Das neue kleine NUX scheint besser zu klingen, und dass die Effekte können, haben sie schon bewiesen.
Gibt es denn neue Erfahrungen und ggf. Vergleiche zwischen den Schwarzen ampero und dem Silver Edition 70th von Thomann?
Das Jub-Schnäppchen scheint richtig gut zu sein.