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Test: Ibanez AZ2204, E-Gitarre

Rosarote Super-Strat

13. Dezember 2020
Ibanez AZ2204

Ibanez AZ2204

Im Jahre 2018 präsentierten Ibanez ihre neue AZ-Serie, mit denen die Japaner von da an mehr das traditionelle Lager ansprechen möchten. Gegenüber der allgegenwärtigen RG-Serie wurde das Design deutlich entschärft, es geht von Kopf bis Fuß wieder runder und geschwungener zur Sache. Darüber hinaus besitzen die AZ-Modelle kein Floyd-Rose-Vibrato mit Klemmsattel, sondern einen Vintage-Typ, und auch das Halsprofil besitzt deutlich mehr „Fleisch“, als die berühmt-berüchtigten Wizard-Flachbretter der klassischen RG es bieten. Erhältlich sind die AZ-Instrumente in der Ibanez-Mittelklasse „Premium“, von denen mein geschätzter Kollege Jan Steiger bereits eines für uns begutachten konnte. Ich habe es hier und jetzt allerdings mit einem Modell aus der Oberklasse „Prestige“ zu tun und bin gespannt, was die Ibanez AZ2204 zu bieten hat. Legen wir los!

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Ibanez AZ2204 – Facts & Features

Ausgeliefert wird die AZ2204 so wie alle Instrumente der Prestige-Baureihe in einem hochwertigen Formcase, bei einem Preis nahe der 2000-Euro-Marke kann man das natürlich erwarten. Unser Testmodell besitzt ein rosafarbenes Finish, das der Hersteller als „Hazy Rose Metallic“ bezeichnet und auch durchaus unter dem Begriff „Lachsfarben“ durchgehen könnte. Erhältlich ist die Gitarre zudem in „Ice Blue Metallic“ sowie in einem verblichenen Gelbton („Off White Blond“). Beim Design des Korpus hat ganz offensichtlich die Fender Strat als Inspiration gedient, bei den Shapings des aus Erle gefertigten Bodys hat Ibanez jedoch noch eine ordentliche Schippe draufgelegt. Und das vornehmlich auf der Rückseite, denn dort wurde neben der obligatorisch bearbeiteten „Bierbauchfräsung“ vor allem der Hals-Korpus-Übergang und die beiden Cutaways von jeder Menge Material befreit. Das ermöglicht der Greifhand eine exzellente Erreichbarkeit der oberen Lagen des Halses, noch ergonomischer kann man diesen Bereich wohl kaum gestalten.

Wer sich so viel Mühe gibt, der hätte allerdings auch noch den Deckel für das Vibratofach versenkt einsetzen können. Das steht nämlich deutlich über und passt irgendwie gar nicht zur ansonsten wie aus einem Guss wirkenden Rückseite des Korpus.

Ibanez AZ2204 back

Ibanez AZ2204 Rückseite

Roasted Maple Neck

Eingeschraubt in die extrem ergonomisch geformten Halstasche des Korpus wurde ein einteiliger Hals aus wärmebehandeltem Ahorn, was die kräftig braune Farbe erklärt. Das AZ-Oval-Halsprofil verändert seine Stärke auf der gesamten Länge von 21 mm am ersten hin zu 23 mm am zwölften Bund und ist immer noch kein wirklicher „Baseballschläger“, sondern einfach nur angenehm schlank ausgefallen. Das Griffbrett mit seinen illuminierten Side-Dots wurde zusätzlich aufgeleimt, der Hals wurde also nicht aus dem Vollen gefräst. Der Radius des Griffbretts präsentiert sich mit 305 mm bzw. 12″ deutlich runder, als die Wizard-Griffbretter aus der RG-Serie es tun. Aber keine Sorge, auch mit der AZ2204 können moderne Techniken mühelos umgesetzt werden.

Die Verarbeitung des Halses und der Bundierung muss man als erstklassig bezeichnen, da kann es keine zwei Meinungen geben. Die 22 Bünde wurden perfekt eingesetzt und abgerichtet, gleiches gilt auch für den Knochensattel, der ölimprägniert wurde, um den Saiten eine Schmierung in diesem kritischen Bereich zu ermöglichen. Denn Widerstand an dieser Stelle ist Gift für das Stimmverhalten einer Gitarre mit Vibratosystem, und einen Klemmsattel besitzen die Instrumente der AZ-Serie ja nicht. Und damit sind wir schon bei der Hardware angekommen.

Vibrato und Mechaniken von Gotoh

Bei der Auswahl der Hardware verlässt sich Ibanez bei der AZ2204 auf die Spezialisten von Gotoh, die das Vibratosystem sowie die Mechaniken beisteuern. Der Block des T1802-Vibratos ruht auf zwei Bolzen und ist frei schwebend justiert; eine bündig abschließende Unterfräsung im Korpus ermöglicht sinnvollerweise auch Up-Bendings. An der Kopfplatte sitzen sechs Klemmmechaniken, deren Achsen in der Höhe verstellbar sind, um die Saitenspannung bei Bedarf dem persönlichen Geschmack anpassen zu können. Das System arbeitet überraschend gut, Verstimmungen sind auch bei härterer Beanspruchung keine festzustellen.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings doch, denn der Hebel wird mit einer Hutmutter in seinem Sitz eingeschraubt. Das lässt dem Benutzer nur die Wahl zwischen einem fest eingeschraubten Hebel, der nach der Benutzung nicht aus dem Aktionsradius der rechten Hand verschwinden will oder aber einer nicht ganz festgezogenen Mutter, die den Hebel locker bewegen lässt, dafür aber mit einem deutlichen Spiel nervt. Dazwischen gibt es leider nichts.

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Ibanez AZ2204 Gotoh T1802 Vibrato

Gotoh T1802 Vibrato

Seymour Duncan Pickups mit extrem flexibler Schaltung

Auch bei den Tonabnehmern setzt Ibanez auf echte Profis; so stammen alle drei Typen aus dem Hause Seymour Duncan. Am Hals und in der mittleren Position sitzt jeweils ein Hyperion Singlecoil, während am Steg ein Hyperion Humbucker auf seinen Einsatz wartet. Die Anwahl der möglichen Kombinationen erfolgt über einen Fünfwegeschalter; darüber hinaus ermöglicht ein kleiner Metall-Switch zwischen dem Volume- und dem Tone-Regler weitere Optionen, die die Klangvielfalt entscheidend erweitern. Welche Möglichkeiten sich bieten, veranschaulicht das folgende Diagramm:

Ibanez AZ2204 Schaltungsdiagramm

Ibanez AZ2204 Schaltungsdiagramm

Die Qualität der verbauten Regler und der beiden Schalter bietet keinen Anlass zur Kritik. Die Potis besitzen griffige Knöpfe aus Kunststoff, laufen weich wie in Butter auf ihren Achsen und die Schalter rasten knackig und frei von jeglichem Spiel in ihren Positionen ein. Die gesamte Elektronik wurde auf einem dreischichtigen Perlmutt-Pickguard montiert, so wie man es auch von der guten alten Strat kennt.

Ibanez AZ2204 – Praxis-Check

Akustischer Grundsound & Handling

Die Gitarre besitzt einen kraftvollen und Höhenreichen, brillanten Grundsound sowie ein knackiges Attack, mit dem jede angepickte Saite sofort mit einem vollen Ton quittiert wird. Nicht ganz so gut steht es um das Sustain, hier würde man sich vielleicht noch etwas mehr Ausdauer wünschen. Unser Testinstrument wurde mit einem guten Set-up ausgeliefert, die Oktavreinheit, die Einstellung des Vibratos  und der Saitenlage sind gut gelungen, sodass sich die AZ2204 direkt aus ihrem Koffer entnommen angenehm bespielen ließ. Die Gitarre ist zwar nicht ganz leicht, dafür aber perfekt ausbalanciert und pendelt sich daher am Gurt ausgewogen ein. So weit also alles in bester Ordnung. Bleibt also nur die Frage, wie sich das Instrument am Amp verhält, denn mit einem solchen wird sie ja in aller Regel benutzt.

Elektrischer Sound

Keine Frage: Durch den Alternate-Switch – so nennt sich der kleine, zwischen den Potis angebrachte Kamerad – stehen dem Benutzer eine Unmenge an Klängen zur Verfügung, die grundsätzlich eine Vintage-lastige Färbung besitzen und sich mit ihrem druckvollen Mittenspektrum perfekt für alles eignen, was verzerrt klingen soll. Dafür aber muss man bei den cleanen Sounds Abstriche machen, denn in diesem Bereich klingen die Duncans m.M.n. etwas muffig und wenig überzeugend. Fast wirkt es so, als wäre eine Decke über den Amp gelegt, die das Höhenspektrum abdämpft. Schade eigentlich, denn die Grundkonstruktion der AZ mit ihrem Erlenkorpus und dem Ahornhals lässt im trocken angespielten Zustand ein ganz anderes Bild erwarten. Wer also ein Strat-typisches Klangbild für unverzerrte Sounds erwartet, der wird an dieser Stelle sicher enttäuscht werden. Für Musiker allerdings, die überwiegend im Overdrive-Bereich unterwegs sind, bietet die Schaltung eine breite Spielwiese von dynamisch spielbaren und zugleich durchsetzungskräftigen Zerrsounds, die mit erfreulich wenig Nebengeräuschen auskommen.

Ibanez AZ2204 – Klangbeispiele

Für die folgenden Klangbeispiele wurde die Ibanez AZ2204 an den Eingang eines Mesa/Boogie Studio 22+ Combos angeschlossen. Vor dem Amp wurde ein AKG C3000 Mikrofon platziert, mit dem das Signal ohne weitere Bearbeitung in Logic aufgenommen wurde.

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Fazit

Die Ibanez AZ2204-HRM Prestige ist ein hochwertig verarbeitetes Instrument mit einer exzellenten Bespielbarkeit, einem stimmstabilen Vibrato-System und einer breiten Palette von Sounds, die allerdings nur im verzerrten Bereich wirklich überzeugen können.

 

Plus

  • hochwertige Verarbeitung
  • Klang im Crunch/Distortion-Bereich
  • flexible Schaltung
  • stimmstabiles Vibrato

Minus

  • Cleansounds etwas muffig
  • wackelnder Vibratohebel

Preis

  • 1949,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Eibensang

    Wie kommt’s, dass das Urteil speziell über die Clean-Sounds dieses AZ-Prestige-Modells so viel schlechter ausfällt als das des im (oben verlinkten) Artikel des Kollegen Jan Steiger – über das immerhin einige Euro-Hunderter günstigere Premium-Modell, in dem jedoch die gleichen Pickups verbaut sind?

    Ich würde ja auf Geschmackssache tippen, womit ich gut leben könnte (habe selber einen Geschmack, den nicht immer alle anderen teilen, hihi) – aber die Hörbeispiele beider Test unterscheiden sich den Urteilen entsprechend. Ich kann als Leser und Hörer beide Tests gut nachvollziehen: Die Premium machte mich neugierig – die Prestige hingegen klingt (für mich, wegen der müden Cleans) kaum beachtenswert. Und jetzt kratze ich mich am Kopf, wieso ein Modell für 2 Kilo Euronen zumindest clean deutlich matter und ärmer klingt als das nahezu baugleiche derselben Firma und Serie (AZ), das nur etwas mehr als halb soviel kostet … Und das bei identischer PU-Bestückung.

    Macht bereits das Holz (Erle bei Prestige-, Linde bei Premium-Serie) soviel aus? Ich hätte erwartet, dass die teure Prestige (gerade auch wegen der Erle) womöglich noch einen Tacken schmackiger klingt als die Premium.

      • Profilbild
        Eibensang

        @elbonzoseco Vergleichbarer mit – welchem Modell bitte? Danke, aber das ist eine ganz anders bestückte – und bepreiste – Gitarre. Andere Gitarren habe ich schon gesehen. Ich halte sogar selbst welche … ;-)

        • Profilbild
          elbonzoseco

          @Eibensang wollte damit durch die Blume ausdrücken, dass sich Gitarren beim gleichen Tester ähnlicher anhören obwohl vermeintlich unterschiedlicher bestückt, als 2 ähnliche Gitarren die aber von unterschiedlichen Menschen getestet werden.

          Ich glaube kaum, dass die Prestige durch die Bank schwächer klingt als die Premium.

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Bei Thomann gibt es anscheinend auch noch eine Version in Sea Foam Blue, die optisch alle anderen Lackvarianten deklassiert.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich besitze diese Gitarre seit ca. 6 Monaten und muss sagen, dass sie noch viel besser ist, als es der Bericht darstellt.

    Es haette sich durchaus gelohnt die Tremoloplatte abzuschrauben.
    Warum?
    Weil die 3 Tremolofedern mit abnehmbaren Gummis fixiert sind und der Sustain dadurch gedämpft wird. Manche machen in die Federn ja Watte rein um Nebengeräusche zu minimieren. Einfach Gummis abmachen und schon ist deutlich mehr Sustain hoer- und spürbar.

    Ich weiss nicht genau, was mit der Tremolohebelstellung auf ‚dazwischen geht nichts‘ gemeint war, aber ich hab den Hebel permanent auf dazwischen eingestellt. Sprich, der ist weder schlabbrig noch ganz fest fixiert, sondern so auf Halbstellung eben. Einfach die Schraube entsprechend drehen. Geht meiner Meinung nach wunderbar.

    Die Gitarre hat ausserdem nen Treble Bleed, die Höhen gehen nicht verloren wenn man das Volumenpoti dreht – ist keine Selbstverständlichkeit.

    Aber was noch viel besser ist und die Gitarre in eigene Liga hievt sind die Edelstahlbuende. Glaub der Artikel verliert keine einzige Silbe ueber Edelstahlbuende… Fuer Vielspieler ein muss.

    Klanglich kann die Gitarre alles. Strat, Tele, Humbucker-sounds alles dabei. Cleane Sounds klingen fuer mich nicht dumpf sondern eher klarer und definierter. Das Teil topt sogar meine Strats aus dem CS des grossen F. Gewicht bei mir 3,3 kg.

  4. Profilbild
    Andy

    Seit kürzen bin ich stolzer Besitzer die Ibanez AZ2204b die ich direkt mit einer Fender Strat. Ultra HSS und einer AZ2402 vergleichen habe. Die hier getestete AZ 2204 als auch meine mit „b“ überzeugen vollkommen, durch ihren Grundklang, der schon unverstärkt wahrnehmbar ist und mit den neuen Pickups und der Schaltung elektrisch perfektioniert wurden. Bei clean Klängen machen auch eine gute Figur und müssen sich vor keinem verstecken. Die Gitarre bietet Vielseitigkeit und typische Mid-Scoop-Sounds statt höhenreicher, klingelnder Klänge einer klassischen Stratocaster. Humbucker im Split-Coil-Modus klingt einfach nicht ganz wie ein echter Singlecoil, es fehlt etwas Fundament und klangliche Tiefe. Aber die parallel geschalteten Einzelspulen sowie die seriellen Singlecoils sind überraschend musikalisch und authentisch. Handling und Bespielbarkeit sind grandios.

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