Ein intelligentes Reverb-Plugin, das zuhört
Software-Hall-Plugins gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Dabei reicht die Palette von hochwertigen Hardware-Emulationen bis hin zu sehr eigenständigen Effekten. Wer in diesem Markt mitmischen möchte, muss schon etwas sehr Besonderes bieten.
Das dachten sich wohl auch die Entwickler von iZotope: Das neue Hall-Effekt-Plugin Neoverb soll nach eigenen Aussagen der bis dato intelligenteste Reverb für Musikproduzenten sein.
Installation
Neoverb von iZotope ist als einzelnes Plugin erhältlich, aber auch Bestandteil verschiedener Bundles des Software-Herstellers. Wer also bereits ein Bundle besitzt, sollte mal schauen, ob nicht auch Neoverb enthalten ist oder gar ein günstiges Upgrade angeboten wird.
Das Plugin läuft nur in 64 Bit, unterstützt aber mit AU, AAX, VST2 und VST3 alle gängigen Schnittstellen. Die Installation läuft über iZotopes Installer mit dem Namen Product Portal. Anschließend hat man die Wahl, ob man die Software online oder Offline authentifizieren möchte. Bei Letzterem kann man zwischen Challenge/Response- und iLok-Authentifizierung wählen.
Interface des Plugins
Wer bereits im Besitz anderer iZotope Produkte ist, wird sich beim Öffnen von Neoverb direkt zurechtfinden. Übersichtlich und logisch geordnet finden sich die wichtigsten Parameter wieder. Dabei fällt zuerst der mittig platzierte Makro-Controller – der von iZotope Blend Pad genannt wird – ins Auge, der es erlaubt, stufenlos zwischen drei verschiedenen Hall-Effekten hin- und herzujustieren. Um welche Halleffekte es sich dabei handelt, sieht man direkt auf der linken Seite.

Sehr aufgeräumt und übersichtlich präsentiert sich das User-Interface von iZotopes Neoverb
Ganz oben befindet sich der Halleffekt „Reflections“, mit dem sich Erstreflexionen (ER/Early-Reflections) einstellen lassen. Dieser Parameter ist bei allen Presets gleich und kann nicht verändert werden. Darunter befindet sich die zweite Sektion, in der man zwischen Room, Plate und Medium Chamber wechseln kann. Der letzte der drei Effekt-Slots besteht aus einem Hall- oder Large-Chamber-Effekt. Jede der drei Sektionen lässt sich natürlich auch deaktivieren. Mit dem runden Regler rechts neben den Halleffekten lässt sich jeweils die Größe/Zeitverlauf des Reverbs einstellen.
Wem das nicht genügt, kann in die Advanced-Ansicht wechseln, in der weitere Einstellmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die in der Abbildung gezeigten Parameter sind für alle Effekte identisch.

Für alle Soundtüftler gibt es in der Advanced-Ansicht alle Effektparameter auf einen Blick.
Presets
Mit über 100 Presets wird Neoverb ausgeliefert. Diese unterteilen sich in folgende Kategorien:
- All Purpose
- Experimental
- Guitar
- Instrumental
- Percussion
- Spaces
- Vocals
- User Presets
Was auf Anhieb gefällt, ist die Vielseitigkeit von Neoverb und der hochwertige Klang. Neoverb bedient sich dabei an den von Exponential Audio entwickelten Algorithmen, eine Firma die im Übrigen ebenfalls zu iZotope gehört und für ihre hohe Qualität und realistische Raumsimulationen bekannt sind.
Reverb trifft auf künstliche Intelligenz
Spannend wird Neoverb aber vor allem durch Funktionen, die den Workflow mittels Artificial-Intelligence rapide beschleunigen. So bfindet sich im unteren Drittel des Interfaces eine Sektion, mit der sich im Handumdrehen Pre-EQ- und Reverb-EQ-Einstellungen vornehmen lassen und zwar in Echtzeit. Alles, was man dafür tun muss ist, den sogenannten „Auto Cut“-Button in der Pre-EQ-Sektion oder „Unmask“-Button in der Reverb-EQ-Sektion zu drücken, während man das Audiomaterial in der DAW abspielen lässt.

Völlig automatisch berechnet Neoverb die passenden Pre-EQ-Einstellungen, während man das Audiomaterial abspielt.
Völlig automatisch berechnet Neoverb dann wortwörtlich auf Knopfdruck die richtigen Einstellungen. Nach mehrfachem Testen von diversen Audiospuren im Gesamtmix kann ich bestätigen, dass dieses Feature hörbar das Gesamtklangbild verbessern kann. Gerade Maskierungseffekte lassen sich ohne visuelle Hilfe schwer identifizieren und Neoverb zeigt diese nicht nur an, sondern übernimmt auch gleich den Quick-Fix. Nach Belieben kann man die automatisch vorgenommenen EQ-Einstellungen über einen Regler prozentual feinjustieren.

Mit einem Klick wird der perfekte Reverb-EQ berechnet und lässt sich in der Intensität über einen Regler prozentual verstellen
Reverb Assistant
Das bringt uns direkt zu einem weiteren Highlight, dem sogenannten Reverb-Assistant. Klickt man auf diesen Button, der sich übrigens ganz prominent links neben dem Preset-Browser befindet, öffnet sich folgende Eingabemaske:

Ganz individuelle Halleffekte lassen sich mit iZotopes Neoverb Reverb-Assistant erzeugen
Schritt für Schritt wird man durch den Assistenten geführt, wobei es sich empfiehlt, dabei die Audiospur in der DAW abzuspielen, auf der man den Halleffekt anwenden möchte. In Echtzeit hört man dann auch eine Vorschau der Einstellungen, die man in der Eingabemaske des Reverb-Assistant gerade vornimmt.
Der Reverb-Assistant erklärt sich dabei ganz von selbst. Ganz oben kann man stufenlos mittels Schieberegler zwischen realistischem und dramatischem Hall wählen. Darunter lässt sich eine von fünf Hallgrößen auswählen: XS, S, M, L und XL. Über den Dry/Wet-Regler lässt sich der Hallanteil gegenüber dem trockenen Signal bestimmen und zu guter Letzt lassen sich auch noch die Klangeigenschaften des selbsterzeugten Halleffektes bestimmen. Clean, Dark, Bright oder Airy stehen zur Auswahl.
Integration
Wer weitere iZotope Produkte besitzt, dürfte sich über die nahtlose Integration mit Neutron 3, Nectar 3, Vocal Synth 2 und Relay freuen.
Klangbeispiele
Vocals
Die Vocal-Samples entstammen Steinbergs Sample-Pack „Bloom“. In Beispiel 2 und 3 wird deutlich, wie Pre-EQ und Reverb-EQ zu mehr Transparenz führen. Gerade für Vocals bietet auch das Bend-Pad großes Potential, da man mithilfe dessen zwischen den Effekten stufenlos hin und her wechseln und die Intensität ändern kann. Damit lassen sich interessante Effekte oder auch nur Akzente am Ende einer Vokalphrase realisieren. (Klangbeispiel 8: Vocals Large Vocal Hall + Chamber Automation“)
Gitarre
Die Presets in der „Guitar“-Kategorie geben einen Aufschluss über die Vielseitigkeit von Neoverb. Von realistischen Room-Effekten, bis hin zu sphärischen Klängen, ist alles möglich.
Drums
Für diese Klangbeispiele habe ich mich an den Presets aus der Kategorie „Percussion“ bedient.
Synthesizer
In der Kategorie Experimental und Spaces befinden sich sehr sphärische Halleffekte, die besonders gut in Verbindung mit Leadsounds oder Synthesizern klingen.
Claudio „Dr. Mix“ Passavanti hatte schon viel Spaß mit dem Teil. :)
https://youtu.be/Cr8mA5S3L4s