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Test: Native Instruments ABSYNTH 3 Software-Synthesizer

Natives dritter Muntermacher Absynth

24. März 2005

Geht es Ihnen genauso wie mir? Kennen Sie auch diese Momente, in denen sie schon beim Sehen, Hören oder bei einem anderen Sinnesreiz instinktiv zusammenzucken – vielleicht sogar Schutz suchen? Ich für meine Person erlebe diese Momente immer dann höchst intensiv, wenn die x-te Fortsetzung einer „Erfolgsgesch ichte“ angekündigt wird. Jurassic Park III, Bravo Hits 31 oder auch clever verschleiert: Matrix Reloaded – ok, sie wissen wovon ich spreche. Im Ergebnis meist ein lauer Aufguss des Originals – fade im Geschmack und hirnlos in der Story.

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Wie verschieden sind wir Musiker doch vom Rest der Gemeinde. Wenn irgendwo ein neues Betriebssystem oder ein so genanntes Major-Update einer Software angekündigt wird, brodelt es schon Wochen vorher in den Internet-Foren. Dann endlich ist der Tag gekommen, an dem die erste Beta-Version der heiß ersehnten Software den heimischen Rechenknecht ins Nirvana schießt. Wie schön ist die Welt !

Nicht anders verliefen die vergangenen Monate in denen die ABSYNTH-Jünger über die neusten Ingredienzien ihres Zaubertrankes gerätselt haben. Nun, als dann. Schauen wir uns an, welchen Trank wir uns zu Munde – meint zu Ohre – führen können.

Die ABSYNTHese

Die Grundstruktur der ABSYNTHese ist auch in der Version 3 unverändert geblieben. Der ABSYNTH-Sound ist das Ergebnis einer drei Oszillator-Synthese mit nachfolgendem Filter- und Ringmodulatormodul. Das Summensignal dieser drei Stränge kann dann im Weiteren mittels Waveshaper, Master-Filter und Effektblock bearbeitet werden. Weitere Details der Klangsynthese von ABSYNTH finden sie in den Testberichten vorheriger Versionen im Archiv von amazona.de. Ein Hinweis sei doch noch gegeben. In ABSYNTH 3 sind über das MAIN-Window alle Edit-Seiten des Programms direkt anwählbar und werden im gleichen Fenster geöffnet. Damit ist das alte EDIT-Fenster (im Plug-In-Betrieb) Geschichte.

Hier und heute wollen wir uns voll auf die neu hinzugekommenen Features von ABSYNTH 3 und ihren Auswirkungen auf die Sounds des NI-Synth-Flaggschiffs konzentrieren. Wir folgen dabei dem oben beschriebenen Klangpfad und schauen, welche Neuheiten uns auf unserem Weg begegnen.

Die Oszillator-Module

Gleich die erste Station bietet fünf Neuheiten. Bei den Oszillator-Modes findet man den neuen Eintrag Fractalize. Eine Funktion, die der Wellenform zusätzliche Obertöne verpasst. ABSYNTH 3 bietet diesen Job nun auch als Echtzeit-Parameter an. In der Vorversion wurde diese Aufgabe noch im Offline-Modus des Wave-Editors erledigt. Im Folgenden eine graphische und akustische Demonstration der Fractalize-Funktion (auf Basis eine Sinuswelle).

Sinus Fraktalikus.mp3 einfacher Sinus / Umschaltung fraktalisierter Sinus

ABSYNTH 3 bietet auf der Oszillator-Ebene einen externen Mono/Stereo-Eingang. Diese lapidar klingende Aussage hat eine große Wirkung, wird doch ABSYNTH damit so ganz nebenbei zum VST-Echtzeit-Effektgerät. Wer die Klangformungsmöglichkeiten von ABSYNTH bereits kennt, kann sich ausmalen, welche Möglichkeiten mit diesem neuen Feature verbunden sind.

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Die nächsten beiden Neuerungen im Oszillator-Bereich stehen unter dem Motto : Make it more analogue !! Der UNISONO-Modus und die Möglichkeit, die Oszillatoren unabhängig vom Noten-Trigger frei schwingen zu lassen, erlaubt die Umsetzung analog-ähnlicher Schwebungen.

Die Modulations-Blöcke

Vorweg muss gesagt werden, dass die MOD-Module von ABSYNTH eigene Oszillatoren benutzen, um die vom eigentlichen Klang-Oszillator kommenden Eingangssignale zu bearbeiten. ABSYNTH 3 stellt nun auch einen FREQUENCY-Shifter zur Verfügung. Während der bereits vorhandene klassische Ringmodulator Summen- und Differenzfrequenzen erzeugt, kann beim FREQUENCY-Shifter zwischen Summen- oder Differenzfrequenzen gewählt werden. Im Vergleich zum Ringmodulator fällt das klangliche Ergebnis des FREQUENCY-Shifters subtiler und auch kontrollierbarer aus.

RM_ Frequency Shift.mp3 Bearbeitung in der Reihenfolge: Originalloop – plus Ringmodulator – plus FREQUENCY-Shifter mit Summenfrequenzen – plus FREQUENCY-Shifter mit Differenzfrequenzen

ABSYNTH makes the world surround

Ein kleiner Schalter links neben dem (im Vergleich zur Version 2.0) unveränderten Waveshaper-Modul aktiviert den Surround-Modus von ABSYNTH 3. Dieser ist das unbestrittene Highlight der vorliegenden Version. ABSYNTH 3 bietet hier die folgenden Funktionsarten: Stereo / StereoWide / 3-Kanal-Surround / 3-Kanal-Front / 4-Kanal-Surround / 4-Kanal Quadraphonic/ 5-Knala Music. Nach Informationen von Native Instrument sollen bei einem künftigen Update des Programms bis zu 8 Surround-Kanäle ansteuerbar sein.

Jeder Strang der Klangerzeugung kann – entsprechend der gewählten Einstellung – mittels einer kleinen Fadenkreuz-Steuerung individuell im Surround-Panorama positioniert werden. Doch damit nicht genug. Auch die Hüllkurven – für die ABSYNTH schon immer bekannt war – nehmen sich des Themas Surround an. Darum verlassen wir an dieser Stelle kurz den strengen Pfad der Klangerzeugung und werfen einen Blick auf die Klangformungselemente, die den Ruhm von ABSYNTH begründet haben und dies auch immer noch tun.

In Hülle und Fülle – Eine Kurvendiskussion

Zwischendurch ein kleiner Tipp für alle brotlosen Klangtüftler da draußen. Wenn Mutti das nächste Mal die saubere Wäsche bringt, sollte ihr unbedingt dafür sorgen, dass dann das ABSYNTH Hüllkurven-Fenster euren Monitor ziert. Das macht echt was her. Und Mutti wird sicherlich mit dem Satz „Ich wusste, dass aus dir mal ein Ingenieur wird“, die nächste Auszahlung ihres Privat-Bafögs fertig machen.

Aber im Ernst. Allein die Darstellung der Hüllkurven demonstriert bereits, welch mächtiges Klangformungswerkzeug sich hier offenbart. Offen gesagt ist die Hüllkurven-Abteilung leider die einzige, in der ABSYNTH 3 eine zeitgemäße Graphikoberfläche bietet. Die anderen Editoren verfügen noch immer über die angestaubten Drei-Felder Steuerung im grundschulmäßigen 10er, 100er und „Vor dem Komma“-Raster.

Zur Erinnerung zunächst einige Eckdaten: Die Hüllkurven in ABSYNTH sind so genannte Breakpoint-Hüllkurven mit 68 Segmenten. Diese Kurven können in einem variablen Zeit- oder BPM-Raster platziert werden und erzeugen so immer beat-kompatible Modulationen. Neben den üblichen Verdächtigen wie Filter-Cutoff und Resonanz, können diese Hüllkurven auch auf „exklusivere“ Parameter wie z.B. Waveshaper-Gain, Sample-Start, Grain-Size oder auch Fraktalisierung geroutet werden. Insgesamt stehen 40 Modulationsziele zur Auswahl. Über die gezielte Zuweisung von MIDI-Controllern auf Hüllkurven-Breakpoints können spektakuläre Echtzeit-Modulationen mit leichter Hand eingerichtet und umgesetzt werden.

Neuerungen in Absynth 3

Natürlich hat die dritte ABSYNTH-Ausgabe auch hier einige Neuerungen zu bieten:

Da ist an erste Stelle die Surround-Hüllkurve zu nennen. Aus dieser New-Feature-Kombination ergibt sich die Möglichkeit, die drei Oszillator-Kanäle per Hüllkurven-Steuerung frei durch den Surround-Raum zu jagen. Im aktivierten Surround-Modus bewirkt die LFO-Modulation des Panning-Parameters eine gleichzeitige Bewegung des Signals sowohl im Rechts/Links-, als auch um Vorne/Hinten-Panorama. Ein Muss für Multimedia- und Filmmusik-Anwendungen.

Ebenfalls neu und mit Blick auf den Alltags-Gebrauch sehr willkommen ist zum einen die Möglichkeit, Hüllkurven-Gruppen zu bilden, darüber hinaus können auch mehrere Breakpoints gruppiert und gleichzeitig editiert werden. So können schnell und gezielt umfangreiche Parameter-Modulationen gestaltet werden, denn bei 68 Segmenten geht schnell mal der Überblick verloren. In diesem Zusammenhang ist auch eine neu integrierte Wiedergabe-Cursorlinie sehr hilfreich, die nach dem Noten-Trigger das Durchfahren der Hüllkurve visualisiert. Sehr schön !

Aber bitte mit Sahne – Effekte in ABSYNTH 3

Zurückgekehrt in die Signalkette von ABSYNTH finden wir zunächst ein vorgeschaltetes Master-Filter, bevor wir nun in der Abteilung Effekte ankommen. Auch hier gibt es Neuheiten zu vermelden.

Hinter ECHO verbergen sich drei getrennte Delay-Effektblöcke, die jeweils mit einem Filtermodule (Low-Pass, High-Pass und Phaser) eine weitergehende Bearbeitung des Delay-Feedbacks ermöglichen.

Ebenfalls neu in ABSYNTH 3 ist der RESONATOR-Effekt. Hierbei handelt es sich ebenfalls um (drei) Hall/Delay-artige Effekte, deren klangliches Ergebnis sich eben an Resonanzkörpern wie z.B. Flaschen oder Scheiben orientieren. Als Betriebsmodi stehen hier „Raw“, „Natural“, „Resonant“ und „Synthetic“ zur Auswahl, die sich im Wesentlichen durch Diffusität und helleren bzw. dunkleren Klangcharakter unterscheiden.

Die graphische Aufbereitung der Effektabteilung von ABSYNTH wird ihrer klanglichen Bedeutung leider in keiner Weise gerecht. Die bereits oben angemäkelte Parametersteuerung über Kleinst-Diamantfelder und Maus-reaktiven Zahlen erscheint insbesondere bei der FX-Steuerung archaisch. Parameter wie Resonant, Diffusion oder Spread schreien förmlich nach eine graphischen Visualisierung. Hier sehe ich noch erheblichen Nachholbedarf bei weiteren Updates.

Der Software-Synthesizer in der Praxis

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich halte ABSYNTH für ein sehr inspirierendes Instrument. Unzählige Sounds der umfangreichen Library sprechen die Kreativität an und laden zum weiteren Experimentieren ein. Dieser Kreativität standen während der Testphase keine technischen Probleme entgegen. ABSYNTH 3 lief sowohl auf MAC (G4 PowerBook, 1,0 GHz) als auch auf Windows PC (WIN XP Home 3.2 MHz) absolut stabil und fügte sich nahtlos in die entsprechenden VST-Host-Umgebungen ein. Doch sind mir in der Testphase auch zwei Dinge unangenehm aufgefallen. Zum einen finde ich es unverständlich, dass man das MAIN-Window nicht auf Vollbildmodus aufziehen kann – um zweiten sind die Informationen, die das rund 100-seitige Handbuch bereit hält, zu knapp bemessen. An dieser Stelle sei bemerkt, dass NI für März 2005 eine (kostenpflichtige!!) ABSYNTH Tutorial-DVD für Power-User und solche die es werden wollen angekündigt hat.

Diverse Infos zu Kompatibilität etc.

Schnittstellen PC :

VST 2.0, ASIO, DXi, Direct Sound ,RTAS

Schnittstellen MAC:

VST , Core Audio, Core MIDI, Audio Units, RTAS,

Import und Kompatibilität :

AIFF, WAV

Systemvoraussetzungen :

PC :
Minimum: Windows XP, Pentium 700 MHz, 256 MB RAM
Empfohlen: Windows XP, Pentium 1.2 GHz, 512 MB RAM

MAC :
Minimum: Mac OS 10.2.6 oder höher, G3 500 MHz, 512 MB RAM
Empfohlen: Mac OS 10.3.X, G4 1 GHz, 768 MB RAM

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Fazit

ABSYNTH 3 ist ein Update, das viele Wünsche erfüllt, gute neue Features bringt und auch noch Entwicklungsspielraum offen lässt. Besonders hervorzuheben ist das Surround-Feature, das zumindest im Bereich der Software-Synthesizer einzigartig ist. Sicherlich ist es schon eine kleine Herausforderung, einen 5-dimensionalen rhythmisch-modulierten Flächensound vom „INIT“-Status aus zu programmieren. Aber hier gibt die (lt. Native Instruments) mit rund 1000 Sounds prall gefüllte Werks-Library eine weit reichende Überbrückungshilfe. Für Filmkomponisten und Multimedia-Sounddesigner ist ABSYNTH 3 ebenso ein Muss wie für die ambient-orientierte Fraktion der Elektronikmusiker. Letzteren hatte ich ja im vergangenen Jahr die MORPHOLOGY-Soundsammlung von Ian Boddy (Zero-G) ans Herz gelegt. Wem MORPHOLOGY gefällt, sich aber gerne tiefgehender in die eigentliche Soundgestaltung ambienter Soundscapes hineinwühlen will, der kommt an ABSYNTH3 nicht vorbei.

Plus

  • Sound !!
  • Surround-Feature
  • überragende Modulationsmöglichkeiten
  • Gewinn an Übersichtlichkeit gg. Version 2
  • Stabilität und Performance
  • umfangreiche Werkslibrary

Minus

  • kein Vollbildmodus des Main-Windows
  • kein graphische Aufbereitung der Parametersteuerung
  • schlechte MIDI-Controller-Belegung der Presets
  • Handbuch zu sparsam

Preis

  • 249,-€
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