Der Absynth-Synthesizer legt den 4. Gang ein
Spannend war es, Native Instruments bringt auf einen Schlag eine Reihe dicker Update-Pakete heraus – zuletzt auch Reaktor für Intelmac. Absynth ist sicher bereits als gereiftes Projekt zu sehen mit der 4 vor dem Punkt. Zwischenzeitlich hat es auch Kore in einige User-Häuser geschafft und legt teilweise auch eine Grundlage für ein neues System, welches das Auffinden und Sortieren vereinfacht. Mac-Nutzer werden natürlich die Intel-Portierung begrüßen, ohne die Audioprogramme nicht brauchbar sind. Der Doppelkernprozessor erfordert auch eine Multi-Threading Programmstruktur, um die neue Kraft effektiv nutzen zu können. Der Universal Code beinhaltet nun Versionen für Intel und Power-PCs. Für Windows-Nutzer ist diese Änderung nicht entscheidend, vielleicht wird Vista auch einige Änderungen nötig machen? Neben einigen Neuerungen zunächst: Hefte raus! Klassenarbeit:
Geschichtsunterricht – Der generelle Aufbau
Tatsächlich hat Absynth bereits eine längere Geschichte. Brian Clevinger brachte die Grundstruktur, die Native Instruments etwas später VST-Tauglichkeit einhauchte. Die Philosophie hinter dem Programm ist ein komplexes „semimodulares“ Synthesizersystem ohne komplizierte Patchkabeleien , jedoch mit vielen Möglichkeiten. Dieses war bereits in der ersten Reinkarnation in beachtlicher Qualität und stellte viele andere Softwaresynthesizer weit in den Schatten, wenn es um komplexe Klänge ging. Absynth bietet drei Oszillatorenstränge, die jeweils zwei flexible „Module“ zur Auswahl bietet. Jedes Modul bietet freie Wahl zwischen Filter, Ringmodulator oder Frequency-Shifter. Die Filter bieten alle bekannten Filtermodelle, sowie Allpässe und Kammfilter (Anm.: Allpassfilter filtern letztlich nicht, jedoch verschieben sie die Phasenlage). Ein Frequency Shifter ist in einem Synthesizer eher eine Einheit zur Verfremdung, es geht primär nicht um Pitch-Shifting, denn das könnte man dem Stimmen der Oszillatoren schon erreichen. Gedacht sind Ringmodulation und Shifter, um Obertöne hinzuzufügen, während Filter diese gezielt reduzieren können.
Auch die Oszillatoren sind derart wandlungsfähig. Sie liefern eine oder zwei gegeneinander verstimmbare unterschiedliche Wellenformen, spektral-additive Fähigkeiten oder Sampling an. Zusätzlich sind FM (Frequenzmodulation mit zwei Oszillatoren innerhalb eines Oszilllators) und verschiedene Granular-Sample-Modi vorgesehen, die ein Sample und Spektrale Wellen verarbeiten können. Sie ermöglichen eine elastischere Form von Audio bis zu einem „Stillstand“ innerhalb eines ständig abgespielten Samples, ohne die Tonhöhe zu verändern. Der in Absynth 3 neu hinzugekommene Modus für Fraktale ist auch enthalten und macht eine Obertonstruktursteuerung möglich, die klanglich an eine Alternative zu Oszillatorensynchronisation oder Waveshaping erinnern kann.
Es gibt drei komplexe LFOs, die faktisch jedem Parameter zugewiesen werden können, dabei gibt es 3 freie und einige „hartverdrahtete“ oder einem bestimmten Zweck zugedachte Modulationsziele pro LFO. Die LFOs können die gleichen Wellenformen verwenden wie die Oszillatoren, also auch selbst gezeichnete Verläufe. Auch die neuen Morph Funktionen können mit den Wellenformen verwendet werden, dazu jedoch später mehr. Die wohl beeindruckenste Abteilung sind die mehrstufigen und zum Tempo synchronisierbaren Hüllkurven, die ebenfalls eine eigene Abteilung verdient haben. Der Gesamtstruktur der 3 Module, die in drei Strängen organisiert sind, folgen zwei weitere Mastermodule. Sie waren in bisherigen Versionen von Absynth fest als Modulator, gefolgt von einem Filter geschaltet. Inzwischen sind auch diese beiden Module ebenfalls frei definierbar als Modulator oder Filter und identisch mit den Funktionen der 3 Modulstränge (natürlich können sie keine Oszillatoren sein).
Die Effekte hängen physikalisch an diesen beiden „Mastermodulen“ und sind ebenfalls ungewöhnlich, sie bieten alternativ Röhrenmodelle, Resonatoren (3fach), Delays (3fach) oder Kammfiltereffekte (6fach), welche aus speziell gekoppelten Feedbackdelay-Schleifen nebst Filterung bestehen. Somit sind sie fast eher eine Art Physical-Modeling-Light Zugabe.
Neu und besser, der Absynth 4
Endlich, jetzt geht es um die Neuerungen: Derer gibt es auf den ersten Blick wenige, auf den zweiten deutlich mehr. Übersichtlichkeit ist dabei ein neues „Feature“. Die durch Kore generell bei Native Instruments eingeführte Soundbrowser-Denkstruktur ermöglicht einfachere und musikalisch sinnvolle Suchfunktionen, die mit Schlagworten arbeiten – das ist übrigens nicht nur etwas für Preset-Liebhaber, denn es hilft schnell beim Auffinden musikfunktionell ähnlicher Klangalternativen im Song. Man klickt einfach auf Attribute wie „dunkel, warm, metallisch, sequenziell, Genre, etc.“ und bekommt nur noch die passenden Klänge angeboten. Ebenso durch Kore motiviert sind die 16 Makro-Controller. Sie sind intern frei benenn- und routbar und sind für die Arbeitsweise mit musikalischen Begriffen gedacht. Die Begriffe pro Patch werden in Kore immer angezeigt und stehen daher immer sicher zur Verfügung. Eine normale Controllerbox kann auch genutzt werden, jedoch müssen sie prinzipbedingt ohne Displaybeschriftungsübergabe auskommen. Übrigens sind die meisten Presets wirklich sehr beweglich und spannend, wer „normale“ Klänge sucht, wird überraschenderweise hier eher wenig vorfinden, daher auch einige Soundbeispiele in dieser Richtung. Ansich „kann Absynth auch einen normalen Bass“.
Absynth als Effektbox?
Wirklich neu ist die Einspeisung von vier Audiosignalen als Modulatoren- oder Triggerquellen. Absynth 4 ist surroundfähig und damit sind seine Oszillatorstränge im Raum frei verteilbar. Effekte und die Synthesemodule können direkt über Live-Signale oder Audiospuren von einem Sequenzer gesteuert werden. Sehr interessant ist die Steuerung von Granular-Oszillatoren durch externe Signale, beispielsweise könnte ein Sprachsample durch den Verlauf einer Stimme oder eines Drumloops im Sample umher springen und damit eine Art Warp-Cyber-Rap erzeugen, welcher im Rhythmus des eingespielten Beats Wortfetzen abfeuert (oder eher durchfährt). Es gibt sicher nicht viele „Filterboxen“, die dazu in der Lage sind. Die Oszillatoren bieten alternativ die Einspeisung von sechs Audio-Signalen an (Stereo pro Oszillator), um bis zu 8 Ausgänge via Surroundmix zu beschicken. Somit ist Absynth nebenbei auch ein Luxus-Surround-Effektsystem für Ereignisklänge und Filmmusik mit insgesamt 8 frei belegbaren Filtern, Ringmodulatoren, Frequenz-Shiftern oder Waveshapern sowie Effekten.
Zugabe! Mehr Synthese
Natürlich gibt es auch in der Synthese-Abteilung Neuigkeiten. Die Spektraloszillatoren bekommen Nachwuchs in Form einer Morphing-Funktion. Die Wellenformen können als Spektrum (mitsamt ihrer Phasenlage) oder direkt als fertige Wellenform eingezeichnet werden. Zwei dieser Wellen sind stufenlos ineinander überblendbar.
Die aus genau einer Periode (Wellenberg/Wellental) einer Welle bestehenden Wellenformen besitzen zwei „Locator“-Paare, die das Morphing noch einmal beeinflussen können (vor allem die Phasenlage und Verschiebungen innerhalb der resultierenden Welle). Nicht neu, jedoch das absolute Hammerargument sind die bis zu 68stufigen, frei bieg- und formbaren Hüllkurven. Sie bieten verschiedenste Voreinstellungen, die auch einen 16-Step-Modulations-Sequenzer abbilden können. Dabei können Hüllkurvensegmente auch mit einer Art Lauflicht-Step-Vorgabe rhythmisch wiederholt werden.
Die bisher flexibelste Kompromissfindung aus Sequenzer und Hüllkurve kann auch in ihrer Kurvenform zwischen den einzelnen Punkten frei eingestellt werden. Als Hilfe zu den Hüllkurven gibt es ein omnipräsentes ADSR-Hüllkurven-Set, welches als eine Art „Schnelleditor“ sofort in die aktuell gewählte Hüllkurve eingreift. Ein LFO innerhalb jeder Hüllkurve (!) ermöglicht dazu noch einen schwingenden Verlauf entlang des eingestellten Hüllkurvenverlaufs. Im einfachsten Falle können so einfache Fade-Ins geschaffen werden. Übrigens können die Hüllkurven per Controller proportional durchfahren werden. Es dürfte schwer sein, hier noch etwas zu vermissen. Mir fiel nur noch der bedingte Sprung zwischen den Segmenten ein. Ältere Absynth-Nutzer erinnern sich: Alle angewählten Hüllkurven werden direkt angezeigt und sind leichter direkt zu vergleichen, was für FM-Klänge besonders hilfreich ist. Die Anzahl der Hüllkurven ist unbegrenzt. Wem hier nichts einfällt, der sollte sich ins, ansonsten löbliche, Bäckerhandwerk zurückziehen.
Also bescheurtere Sound-Beispiele hättet ihr euch für Absynth4 echt nicht aussuchen können oO
Was hättest du denn gern gehabt an Sounds?
He, Tom
erst destuktiv und dann… kommt nichts?! Auf der NI Site gibt's auch Beispiele aber solch ein Kommentar ist absolut überflüssig.
also die Soundbeispiele …
Müll kann ich auch in Reason erzeugen …
Es hat seinen Namen nicht zu unrecht: Mit Absynth haben sich seinerzeit die Kreativen in kuerzester Zeit eine wundervolle Droehnung verschafft. NI nahm dieses Konzept nun wieder auf, ohne die Leber zu schaedigen. Absynth laden, power-up, und loslegen … ich sags Euch, nach spaetestens 10 Minuten stellen sich rauschaehnliche Gluecksgefuehle ein, mixed mit tiefempfundenen bbbbboooooooeeeiiiiijjjj's
unbestritten ist absynth ein gutes tool. aber lohnt sich die ganze upgraderei ? ich benutze derzeit noch die version 2.0 und suche nach dem sinn auf 4.0 zu wechseln. die ganzen neuerungen erscheinen mir vornehmlich eher eine zeitgemäße anpassung als ein tatsächlicher fortschritt zu sein. mit anderen worten: braucht mans unbedingt ?
Nun steht Version5 in den Startlöchern und die neuen Features lesen sich, für meinen Geschmack, hervoragend. Wenn es so klingt hat NI der Eierlegende Wollmichsau Absynth einen weitern Stempel aufgedrückt. Die Version4 ist für mich eine der ultimativsten Sounddesignerwerkzeuge überhaupt und wer Ni kennt weis das die Jungs aus Berlin wissen was sie programmieren. Ich freu mich auf Absynth5.