Shredgewitter in Schwarzweiß
Fällt der Name David Schecter, dann geht den „alten Hasen“ unter uns ja regelmäßig das Herz auf. Unvergessen sind die Edelstrats aus der Custom-Schmiede des kalifornischen Herstellers, die in den 80er Jahren zum Besten zählten, was man sich um den Hals hängen konnte. Noch heute gibt es diese edlen Instrumente zu kaufen, der Customshop in Los Angeles hat nach wie vor (oder besser gesagt wieder) geöffnet. Von der hervorragenden Qualität der dort hergestellten Instrumente konnten wir uns bereits in zwei Tests überzeugen, damals stellten sich eine Strat- sowie eine Tele-Kopie bei uns vor. Und sie kamen, sahen und siegten!
Um kostengünstiger zu produzieren, hat aber auch Schecter einen Teil seiner Produktion nach Asien verlagert. Von dort, genauer gesagt aus Korea, erreicht unsere Redaktion mit der Schecter Sun Valley Super Shredder FR eine Gitarre, die sich als typische Vertreterin der Kategorie „Superstrat“ in unsere Herzen „shredden“ möchte. Ob sie das Zeug dazu hat, werden wir gleich mal überprüfen.
Facts & Features
Bis auf kleine Feinheiten ähnelt das Äußere der Schecter Sun Valley Super Shredder FR einer klassischen Strat. Überraschender sind da eher die inneren Werte, denn der Korpus wurde aus Mahagoni gefertigt – erwartet man doch eigentlich bei diesem Typ Gitarre die Verwendung von leichteren Hölzern wie etwa Esche oder Erle. Aber gut, zumindest fällt das Instrument nicht mit einem hohen Gewicht (negativ) auf, von daher ist die Überraschung um so gelungener. Die Farbe unseres Testinstruments bezeichnet der Hersteller als „Gloss White“, die Lackierung wurde sorgfältig aufgetragen und schließt auch die Kopfplatte mit ein.
Bequeme Fräsungen auch auf der Rückseite: Neben der fast schon obligatorischen „Bierbauchfräsung“ erfreut sich die linke Hand zudem über einen ergonomisch designten Hals-Korpus-Übergang. Bei unserem Testinstrument ist an dieser Stelle allerdings ein kleiner Lackfehler zu erkennen, was aber in der Praxis natürlich überhaupt nicht stört und auch bei deutlich teureren Gitarren nicht selten mal passiert.
Die Kunststoffabdeckung für den Zugang zum Vibrato wurde versenkt eingelassen. Warum man das nicht auch mit dem Batteriefach getan hat, bleibt unverständlich.
Der Hals der Schecter Sun Valley Super Shredder FR
Ein Ahornhals muss es sein, klar! Der besteht bei der Sun Valley Super Shredder FR aus einem Stück, besitzt eine recht attraktive Maserung und wurde bombenfest in seiner Tasche im Korpus versenkt. Sein Profil, der Hersteller bezeichnet es als ‚Thin C‘, ist äußerst flach ausgefallen und dürfte daher der anvisierten Zielgruppe der „High-Speed-Shredder“ sicher gut gefallen!
Das Halsprofil ist auch hier wieder ganz dem aktuellen Trend folgend „Compounded“. Was im konkreten Fall bedeutet, dass sich die Stärke des Halses auf einer Distanz vom ersten bis zum 12. Bund um 2 mm erhöht (20 zu 22 mm). Das soll für ein bequemeres Spielgefühl in den jeweiligen Positionen auf dem Griffbrett dienen. Das besteht übrigens aus Rosewood, also Palisander. Die Firma Schecter scheint also dem allgemeinen Trend der Hersteller die Regeln des Artenschutzabkommens CITES anzuwenden bzw. einzuhalten, zumindest beim Modell Schecter Sun Valley Super Shredder FR nicht zu folgen.
Unabhängig davon gibt es an der Verarbeitung des Griffbretts des mit 41,3 mm sehr schmalen Sattels und der Bundierung mit den 24 X-Jumbo-Bundstäbchen rein gar nichts auszusetzen. Alles fühlt sich gut an, nichts kratzt oder steht über. Als Positionspunkte auf dem Griffbrett dienen einfache Dots aus Perlmutt und um nicht den Faden zu verlieren, wurden in der zweiten Oktave gleich mal drei davon eingesetzt. Auch hier wurde die Arbeit sauber und ordentlich ausgeführt, darüber hinaus passen die kleinen Perlmuttpünktchen an den Rändern der Bünde bestens zum optisch eher dezenten Gesamtbild der Gitarre.
Die Kopfplatte hat ebenfalls einen glanzweißen Lacküberzug abbekommen, dazu bringt ein gemeinsamer String-Tree hinter dem Klemmsattel die Saiten auf Position zu den Mechaniken. Die stammen aus eigener Fertigung, wurden wie die komplette Hardware schwarz lackiert und werden dank des Klemmsattels in der Praxis ja ohnehin nicht übermäßig starker Beanspruchung ausgesetzt. Damit sind wir auch schon bei der Hardware und der Elektronik der Schecter Sun Valley Super Shredder FR angelangt.
Hardware & Pickups der Schecter Sun Valley Super Shredder FR
Floyd Rose – was sonst?
An der Brücke kann es nur einen Captain geben: Mr. Floyd Rose! Verbaut wurde die koreanische Variante des Klassikers, hier allerdings in einer exklusiven Anfertigung bzw. Überarbeitung für Schecter. Optisch zeigt sich dies in den unlackierten Schrauben für die Fixierung der Saitenreiter und die zum Festklemmen der Saiten, technisch in einem absolut verstimmungsfreien System, das dank der Unterfräsung im Korpus die Bahn für Exzesse aller Art freimacht. Ein ganz großer Pluspunkt ist weiterhin der nur eingesteckte und nicht etwa wie sonst üblich eingeschraubte Vibratohebel, der spielfrei in seiner Hülse im Vibratoblock sitzt und nach Gebrauch ganz schnell auch wieder aus dem Aktionsradius der rechten Hand verschwindet.
Ganz und gar simpel fällt die elektrische Ausstattung auf dem schwarzen Pickguard aus. Zwei EMG Humbucker des Typs Retro Active Hot 70 besetzen die Positionen an Hals und Steg und werden über einen robusten und griffgünstig angebrachten Dreiwegeschalter angesteuert. Auf ein Tonepoti hat man (Gott sei Dank) verzichtet, so regeln die beiden Potis die Lautstärke für jeden Pickup separat. Ihre Stromversorgung erhalten die aktiven EMGs über einen 9-Volt-Block, der über einen Schnellverschluss auf der Rückseite in Sekundenschnelle erreichbar ist – sollte mal in ungünstigen Momenten der Saft ausgehen.
Zwischenzeugnis
Abgesehen von dem winzigen Lackplatzer im Bereich des Hals-Korpus-Übergangs gibt es bei der genauen Begutachtung der Super Shredder FR nichts auszusetzen. Holz, Finish und Hardware geben ein gutes Bild ab, insbesondere das FR-Vibrato mit seinem gesteckten Hebel sowie das angenehm flache Halsprofil ragen hier hervor und versprechen eine gute Performance für den „Shred-Fan“. Wie gut die ist, das erfahren wir jetzt!
Sound & Praxis mit der Schecter Sun Valley Super Shredder FR
Der Mahagonikorpus verleiht der Sun Valley Super Shredder ein solides Fundament und beschert der Gitarre einen warmen Grundsound, dem allerdings etwas mehr Attack gut zu Gesicht stehen würde. Nicht dass die Tonansprache etwa träge wäre, ein wenig mehr Biss könnte aber durchaus nicht schaden. Dafür aber drückt die Gitarre elektrisch verstärkt ordentlich ab und liefert einen Sound, der unmittelbar Erinnerungen an die Gitarrenhelden der guten alten „80s Shred-Ära“ weckt. Zumindest dann, wenn man es mit der Verzerrung richtig krachen lässt.
Im unverzerrten Betrieb hingegen ist der Sound, auch mangels einer Singlecoil-Option der beiden EMGs, weit weniger flexibel, obwohl man auch hier dem Klang einen gewissen Charakter nicht absprechen kann. Hören wir rein in die Klangbeispiele, für die einen Orange Micro Dark Verstärker, eine H&K GL112 Box mit Celestion V30-Speaker und ein AKG C3000 Mikrofon benutzt wurden.
In Klangbeispiel 1 zunächst der Leadsound des Steghumbuckers bei fast voll aufgeregelter Verzerrung der Verstärkervorstufe.
Wunderbar „schmatzig“ – und selbst bei dieser hohen Verzerrung klar und sauber.
Nun der verzerrte Sound des Fronthumbuckers. Mit echten Licks aus der 80s Arpeggioküche!
Auch hier fällt der saubere und transparente Ton auf, der nur ganz selten zum Matschen neigt. Gar nicht mal so selbstverständlich für einen Halshumbucker.
In Klangbeispiel 3 nun ein verzerrtes, stiltypisches Riff mit dem Sound des Humbuckers am Steg bzw. Floyd Rose.
Klangbeispiel 4 zeigt beide Pickups mit deutlich zurückgenommener Verzerrung. Ein sauberer und dynamisch spielbarer Crunchsound, in dem jeder Ton klar wahrzunehmen ist.
Abschließend der Cleansound beider Pickups. Wie bereits erwähnt: Der unverzerrte Sound der Schecter Sun Valley Super Shredder FR ist zwar nicht sehr flexibel, dafür aber durchaus interessant in dem, was er kann.