Verbesserter Kopfhörer- und Lautsprecher-Sound
Rund 1 1/2 Jahre ist es her, dass wir Sonarworks Reference Studio in der Version 4.0 getestet haben. Zwischenzeitlich hat der Hersteller die Software zur Optimierung des Raumklangs (bzw. eher Anpassung des Lautsprecher-/Kopfhörerklangs an örtliche Gegebenheiten) auf Version 4.3 gebracht. Was alles neu ist, erfahrt ihr im folgenden Test.
Überblick zu Sonarworks Reference 4.3
Die meisten unserer Leser werden vermutlich nicht über ein akustisch optimiertes Tonstudio verfügen. Ein wenig Theorie vorab, Diffusoren hier, Absorber da – alleine mit handwerklichem Geschick kann man den eigenen Abhörraum schon hinsichtlich der Raumakustik optimieren. Professionelle Messungen und entsprechende Umbauten sind kostspielig und lohnen sich für Hobby- und Semi-Profis nur selten, gerade wenn man sein Studio mit Lebenspartner, Familie, Kindern oder dem Vorratsraum im Keller teilt. Abhilfe könnte Sonarworks mit ihrer Software Reference 4.3 bieten. Diese bietet das in Riga, Lettland, beheimatete Unternehmen in zwei Versionen an: Studio Edition und Headphone Edition.
Während die Headphone Edition ausschließlich für eine Frequenzgangkorrektur von Kopfhörern sorgt und entsprechend mit 99,- Euro deutlich günstiger als die Studio Edition ist, lassen sich mit der größeren Studio Edition sowohl Lautsprecher als auch Kopfhörer in „ihrem Frequenzgang“ anpassen. Das Prinzip dahinter: Durch Messungen und vorgefertigte Kopfhörer-Profile schaltet Sonarworks wahlweise ein DAW-Plugin oder ein systemübergreifendes Tool vor die Audioausgabe des Computers. Klingt der eigene Raum bzw. Kopfhörer nicht linear, so addiert (bzw. subtrahiert) Sonarworks die gemessenen Frequenzanteile vor der Audioausgabe zum Original bzw. nimmt sie heraus. Das Ergebnis soll ein deutlich lineareres Klangbild sein.
Im Sonarworks Reference 4 Test meines Kollegen Markus Schröder erfahrt ihr alles über die Installation, die Messungen und Anpassungsmöglichkeiten der Software. Während er sich in seinem Test vornehmlich der Anpassung von Lautsprechern gewidmet hat, geht es in diesem Testbericht vornehmlich um die Neuerungen von Version 4.3 sowie den Einsatz von Sonarworks mit unterschiedlichen Kopfhörern.
Nur so viel dazu: Auch während meines Tests verliefen die Installation, die Messung und letztlich die Anpassung enorm stressfrei. Etwas Zeit sollte man für das ganze Prozedere einplanen, die Software führt den Kunden aber sicher und zielgerichtet zum Ergebnis.
Neuerungen in Sonarworks Reference 4.3
Optisch hat Sonarworks für die Reference Software nun einen Dark-Mode eingeführt, d. h. das ansonsten in Weiß gehaltene User-Interface kann auf Wunsch nun mit schwarzer Hintergrundfarbe gefüllt werden.
Kopfhörer-Profile können ab sofort „on demand“ heruntergeladen werden, d. h. kommt man einmal in Verlegenheit und muss kurzfristig auf den Kopfhörer des Studionachbarn wechseln, lässt sich dieser im Handumdrehen mit und in Sonarworks einsetzen. Anders herum gedacht werden ab sofort auch nur noch die wirklich benötigten Kopfhörer-Profile installiert. Mittlerweile umfasst das Sonarworks Profil-Repertoire 232 Kopfhörer, mit Version 4.3 sind die folgenden hinzu gekommen:
- Beyerdynamic Custom Studio
- Beyerdynamic MMX 300
- Direct Sound EXTW37 Pro
- Direct Sound Serenity Plus
- Direct Sound Studio Plus
- Marshall Major III
- Marshall Major III Bluetooth
- Marshall Monitor Bluetooth
Die komplette Liste aller unterstützten Kopfhörer findet ihr hier.
Während des Tests habe ich Sonarworks, neben der Kalibrierung meiner Lautsprecher, vor allem mit unterschiedlichen Kopfhörern eingesetzt. Denn im Prinzip müsste man einen Mix mit Sonarworks Reference ohne Probleme mit unterschiedlichen Kopfhörern fahren können, denn die klanglichen Anpassungen der Software sollen ja dafür sorgen, dass alle unterstützten Kopfhörer möglichst linear und identisch klingen. Dass das aufgrund von Fertigungsschwankungen wohl nie zu 100 % zutreffen wird, liegt in der Natur der Sache. Gerade bei Kopfhörern, die schon viele Jahre verkauft werden (die DT-Reihe von Beyerdynamic sei hier nur stellvertretend genannt), muss man davon ausgehen, dass der Hersteller im Laufe der Jahre, wenn auch nur minimale Änderungen vorgenommen hat. Sei es aufgrund von neuen/günstiger herzustellenden Komponenten oder sonstigen Anpassungen.
Kopfhörer Edition von Sonarworks in der Praxis
Im Test muss Sonarworks Reference 4.3 entsprechend zusammen mit den folgenden Kopfhörern antreten:
- AKG K-812
- Beyerdynamic DT-990 Pro
- Superlux HD-330
Gerne hätte ich auch den Hifiman Sundara mit hinzugenommen, dieser ist zum Zeitpunkt des Sonarworks Tests gerade bei mir. Leider bietet Sonarworks für diesen (noch) kein Profil an, lediglich für die Modelle der HE400er Reihe gibt es diese. Was macht man in solch einem Fall? Sonarworks bietet an, dass man seinen eigenen Kopfhörer nach Riga schickt und diesen dort messen lässt. Denn letztlich hat jeder Kopfhörer seine individuellen Eigenarten, sei es aufgrund von leichten Fertigungstoleranzen, abgenutzten Earpads oder ähnlichem. Nach 10 Tagen geht der Kopfhörer zurück an seinen Besitzer, im Gepäck (bzw. als Download) ist ein Preset-Profil für den individuellen Klang. Die Kosten hierfür starten ab 149,- Euro plus 9,- Euro für den Rückversand. Den Versand zu Sonarworks nach Lettland muss man selber übernehmen.
Zurück zu unseren Kopfhörern: Preislich könnte die Bandbreite kaum größer sein, hier ist von 29,- Euro bis 789,- Euro alles dabei. Für mich erstaunlich: Für den ultra-günstigen Superlux HD-330 gibt es tatsächlich ein Sonarworks Profil. Ansonsten sieht die Abhörkette wie folgt aus: RME HDSP als Audiointerface, danach für Vergleichszwecke über deren Kopfhörerausgang, den Kopfhörerausgang des Monitorcontrollers Drawmer CMC2 bzw. den SPL Phonitor mini.
Wie bereits erwähnt, lässt sich das passende Profil für den Kopfhörer ganz einfach auswählen. Dafür klickt man in der Leiste oben auf das Profil und wählt „Add Headphones“. Danach erscheint die Kopfhörerliste von Sonarworks, man wählt seinen eigenen aus und das Profil ist aktiv. Hier zum Vergleiche die drei Profile von AKG K-812, Superlux HD-330 und Beyerdynamic DT 990 Pro:
Wie nicht anders zu erwarten, fallen die drei Profile höchst unterschiedlich aus. Dabei stellt die grüne Linie die Korrektur von Sonarworks dar, d. h. beim AKG K-812 wird beispielsweise bei knapp über 2 kHz deutlich angehoben, der Frequenzbereich um 5,5 kHz dagegen deutlich zurückgenommen. Die lila Linie zeigt das Resultat an, d. h. den zu erwartenden Frequenzgang nach Eingriff von Sonarworks.
Auf Wunsch lässt sich die vorgefertigte Kurve an die eigenen Wünsche anpassen, denn so unterschiedlich die Kopfhörer/Lautsprechersignale ausgeben, so unterschiedlich nimmt jeder Hörer das Signal wahr. Wer also grundsätzlich etwas mehr Bass wünscht oder die gesamte Frequenzkurve in Richtung Höhen/Bässe verschieben möchte, kann dies mit Hilfe der Funktion „Bass Boost and Tilt“ umsetzen. Ebenso erlaubt Sonarworks mit der Funktion „Predefined Target Curves“ die Anpassung des Frequenzverlaufs in Richtung der im Jahr 1974 von Bruel & Kjaer entwickelten Kurve, die laut Sonarworks zu einem Großteil der HiFi-Lautsprecher passt. Auch eigene Presets lassen sich erstellen und speichern.
Die Option X-Target dagegen ist eine Referenzkurve, die für Kinos empfohlen wird – mit Hilfe von Sonarworks lässt sich diese auch auf dem eigenen Computer simulieren, beispielsweise wenn man Filme oder Videos über den Computer schaut.
Wie klingt es mit Sonarworks Reference 4.3?
Grundsätzlich ist der Klang der genutzten Kopfhörer mit zwischengeschaltetem Sonarworks besser als ohne. Je nach Kopfhörer fallen die Resultate aber unterschiedlich stark aus – auch spielt die Gewohnheit hier eine große Rolle. Denn im Verlauf der letzten Jahre habe ich mich natürlich sehr an den Sound meines AKG K812 gewöhnt, weiß also, wo ich im Zweifelsfall nachjustieren muss. Dass der Kopfhörer nun leicht anders klingt und ich entsprechend anders arbeiten muss, ist definitiv ungewohnt und braucht etwas Zeit. Dazu muss ich sagen, dass sich der Unterschied beim K812 nicht sehr gravierend anhört. Nicht ohne Grund gehört der K812 zu den besseren (aber auch teureren) Kopfhörern am Markt. Missen möchte ich Sonarworks nach dem Test aber dennoch nicht.
Bei den anderen beiden Kopfhörern, die ich regelmäßig als Alternative heranziehe, fällt das Resultat noch deutlicher aus. Vor allem beim Superlux HD-330 ändert sich der Sound doch sehr deutlich zum Besseren, der Einfluss von Sonarworks ist spürbarer und absolut gewinnbringend.
Jetzt bräuchte man sowas noch für die Ohren, da jeder Mensch anders hört und auch bei linear wiedergebenden Kopfhörern den Klang anders hört und bewertet.
@Tommy Ich frage mich auch, ob das überhaupt so eine schlaue Idee ist, das zu nutzen. Die meisten (selbst teure) Kopfhörer haben einen Boost in den unteren Mitten und den Höhen. Das Plugin reduziert diese wieder um sie Linear zu machen. Wenn man damit Mixt, setzt man diese Frequenzen eben wieder höher, damit sie mit den Referenz-Tracks zusammen passen. Wenn dann der Rest der Welt den Mix ohne Sonarworks Reference hört, sind diese Frequenzen dann doppelt geboostet (aus dem Mix und den Kopfhörern).
Da kann man natürlich dagegen halten, dass man das beim Mixen berücksichtigen soll und diese Teile eben nicht boostet. Dann stellt sich halt wieder die Frage, wozu das Ganze :) Wenn eh alle Kopfhörer ungefähr die gleiche „unschärfe“ haben, klingt ein guter Mix auf den eigenen Kopfhörern ja wieder auf allen anderen gut.