Funkstrecken Futter vom großen T.
Die Zeit der kabelgestützten Mikrofone für „instrumentenlose“ Frontmänner auf der Bühne ist schon seit einiger Zeit vorbei. Wahrscheinlich ist Roger Daltrey von THE WHO der letzte Vertreter einer Band mit Weltruhm, der aufgrund seiner Showeinlagen nach wie vor einem Kabel-Klassiker à la SM 58 den Vorzug vor einer kabellosen Variante gibt. Kinderkrankheiten der frühen Tage sind längst ausgemerzt und selbst im Budget-Bereich gibt es eine reichhaltige Auswahl an Produkten, die es der nächsten Sänger-Generation leicht macht, ihre handwerklichen Fähigkeiten mit den Entertainer-Qualitäten zu kombinieren.
Gerade in der hart umkämpften Klasse um die 200 Euro kämpft neben Trademark-Schwergewichten wie Beyerdynamic, Sennheiser, Shure und AKG auch die Thomann Eigenmarke the t.bone um die Gunst des Kunden. Zwei vergleichbare, in Taiwan gefertigte Funkstrecken mit den Namen the t.bone free solo HT 1.8 GHz und the t.bone GigA Pro Vocal Set sollen überprüfen, ob es sich lohnt, einem Außenseiter den Vorzug gegenüber den teilweise bis zu zehnmal teureren Platzhirschen zu geben.
Erster Eindruck
Schält man die Kartons aus ihren Verpackungen, treten zwei unterschiedliche Transportkonzepte zu Tage. Während alle Utensilien des zum Lieferumfangs gehörenden Materials des the t.bone free solo HT 1.8 GHz in dem von nahezu allen Anbietern der unteren Preisklassen benutzten Kunststoffkoffer untergebracht und sicher transportiert werden können, verfügt das the t.bone GigA Pro Vocal Set lediglich über eine einfache Verpackung aus Pappe, die nach spätestens drei Shows ihren letzten Weg in die Altpapiertonne antreten wird. Hier gilt es, eine geeignete Transportmöglichkeit zu erwerben oder zu basteln.
Losgelöst hinterlassen die jeweiligen Funkstrecken einen ordentlichen Eindruck. Zwar sind die Receiver-Gehäuse mit halber Rackbreite nur aus einfachen Blech und das Handheld Gehäuse des the t.bone GigA Pro Vocal Set nur aus Kunststoff gefertigt, aber die Verarbeitung ist tadellos. Zudem kommen beide Produkte mit Zubehör wie Rackwinkel und TRS Kabel daher, wenngleich eine mitgelieferte Mikrofonhalterung bei dem the t.bone free solo HT 1.8 GHz fehlt.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Bei beiden Funkstrecken handelt es sich um True Diversity Funkempfänger mit einem Handsender-Mikrofon, allerdings variiert die Trägerfrequenz, auf der die Mikrofone senden. Während das the t.bone free solo HT 1.8 GHz das 1,8 GHz Frequenzband verwendet, sendet das the t.bone GigA Pro Vocal Set auf der 2,4 GHz Frequenz. Das hat starke Auswirkungen auf den Betrieb, je nachdem in welchem Land man das Produkt nutzen will. Das 1,8 GHz Band ist eine recht krude Aufteilung in Sachen EU-Ausland, so ist dieses Band beispielsweise in UK, Portugal und Norwegen nur gegen Lizenzierung zu betreiben, in Italien und Irland gleich ganz verboten. Selbst wenn man die Verbote ignoriert, so läuft man Gefahr, dass auf eben diesem Band sich andere Sender tummeln, die dann fleißig einstreuen und den Betrieb unmöglich machen.
Das 2,4 GHz Band hingegen macht weltweit keine Probleme, allerdings tummeln sich hier auch die Milliarden von Mobiltelefonen, die gerne mal den Betrieb durch Einstreuung erschweren. Letztendlich muss jeder selber entscheiden, was für seinen Betrieb am besten geeignet ist. Benutzt man das Produkt nur in Deutschland, ist ohnehin alles kein Problem.
Ein weiterer Unterschied zwischen den Systemen ist die Stromversorgung. Während nach Abdrehen der Kapsel bei dem the t.bone free solo HT 1.8 GHz zwei Batterien Typ AA (Betriebsdauer ca. 8 Stunden) ihren Dienst verrichten, verfügt das the t.bone GigA Pro Vocal Set über einen eingebauten Akku (Betriebsdauer ca. 6 Stunden). Eine Ladekapsel befindet sich im Lieferumfang. In Sachen Umweltschutz hat der Akku die Nase vorne, allerdings bedarf es hier auch größerer Disziplin in Sachen Ladezyklus.
Die Handsender
Der Handsender des t.bone free solo HT 1.8 GHz kommt in einem stabilen Metallgehäuse daher, was zwar in Sachen Robustheit einen guten Eindruck hinterlässt, allerdings mit knapp 400 Gramm Gewicht (inkl. Batterien) auch seinen Tribut bei einer 3-stündigen Tanzband Performance fordert. Hier erscheint der Handsender des the t.bone GigA Pro Vocal Set mit 220 Gramm Gewicht deutlich entspannter, allerdings ist das Gehäuse auch nur in Kunststoff ausgeführt. Beide Sender verfügen über eine Nierencharakteristik.
Betätigt man den On/Off-Schalter des the t.bone free solo HT 1.8 GHz, der unterhalb des Displays sitzt für knapp eine Sekunde, leuchten die wichtigsten Infos des Systems wie Trägerfrequenz, Batteriezustand, Gain-Einstellung und Feldstärke auf. Durch einen weiteren Druck schaltet man den Sender stumm. Schraubt man das Gehäuse des Senders auf, befinden sich auf der Rückseite des Batteriefachs zwei weitere Druckschalter mit den Bezeichnungen SEL und SET, mit denen man weitere Parameter wie zum Beispiel eine Schutzfunktion gegen unbeabsichtigtes Verstellen aktivieren kann. Neben dem Batteriefach befindet sich noch eine Infrarot-LED, die beim automatischen Abgleich der Frequenz zwischen dem Empfänger und dem Sender benötigt wird.
Gegen dieses Setup wirkt die Verwaltung des the t.bone GigA Pro Vocal Set mehr als nur spartanisch, sie ist faktisch gar nicht vorhanden. Lediglich ein On/Off-Schalter mit einer dreistelligen Ladeanzeige des Akkus dient als Übersicht, alles andere muss man am Displays des Receivers ablesen.
Die Receiver
Von den Abmessungen her sind beide Receiver identisch. Beide kommen im halben Rackformat daher und besitzen Rackwinkel für den 19 Zoll Rackbetrieb, bei dem sie 1 HE in Anspruch nehmen. Beide Geräte verfügen über je zwei Antennen, allerdings sind die Antennen beim the t.bone GigA Pro Vocal Set auf der Vorderseite, bei dem the t.bone free solo HT 1.8 GHz auf der Rückseite angebracht. Um im Rackbetrieb die Empfangsleistung nicht zu schmälern, empfiehlt es sich bei dem the t.bone free solo HT 1.8 GHz, die Antennen über zwei BNC-Verlängerungen auf die eigens dafür angelegten Bohrungen nach vorne zu verlängern. Leider sind solche BNC-Verlängerungen nicht im Lieferumfang enthalten.
Beide Receiver verfügen über einen Sendersuchlauf und eine entsprechende Synchronisierung der Handsender mittels Infrarotschnittstelle. Die jeweiligen Displays verfügen über eine gute Lesbarkeit und informieren über die wichtigsten Parameter des Betriebs. Die Rückseiten der Receiver sind vergleichsweise spartanisch aufgebaut, lediglich ein symmetrischer XLR- und ein unsymmetrischer Klinkenausgang werden zur Signalausführung bereitgestellt. Sollten die mitgelieferten Netzteile einmal nicht zur Hand sein, so verarbeiten die beiden Funkstrecken auch andere Anbieter von 12-15 Volt (the t.bone GigA Pro Vocal Set), respektive 12-18 Volt (the t.bone free solo HT 1.8 GHz).
Klang
Dass man in dieser Preisklasse im Vergleich zu den hochpreisigen Konkurrenten einige Abstriche vom letztendlichen Klang der Handsender machen muss, dürfte wohl jedem klar sein. Es geht lediglich um den Grad der Abstriche, die man hinnehmen muss. Und hier schlagen sich beide Mikrofone recht wacker. Beide Sender überzeugen mit einer guten Sprachverständlichkeit und einer hohen Rückkopplungsfestigkeit. Weibliche wie männliche Stimmen werden gleichermaßen gut übertragen, kein Anlass zur Kritik.
In Sachen Gesang klingen beide Mikrofone etwas belegt, will heißen, es fehlt die Frische in den Hochmitten und der Glanz in den Höhen. Hier kann mit entsprechenden Filtern nachgeholfen werden, was allerdings nicht den Grundklang der Kapsel verändert. Eventuell kann ein geschmackvoll arbeitender Exciter dem Grundklang auf die Sprünge helfen, hier gilt es auszuprobieren.
Im Bezug auf den Ladenpreis hingegen hinterlassen die Handsender einen guten Eindruck und bieten bei schmalem Portemonnaie viel Qualität fürs Geld.
Leider fehlt dem Test Angaben zur Sendestabitität, Griffgeräuschen und Eigenrauschen.
Für 60 Euro mehr gibt es schon Sennheiser und für 149 Euro zwei Sender mit Station von AKG.
Man sollte aber erst die Preise nach der Planung des nötigen Zubehörs vergleichen. Auch da gibt es deutliche Unterschiede.
Ferner ist es wichtig Ersatzteile für die Geräte zu bekommen.
@Franz Walsch Sendestabilität: bei beiden Produkten keine Einbrüche im normalen Nutzungsbereich (freie Sicht – große Standardbühne)
Griffgeräusche: keine Auffälligkeiten
Eigenrauschen: nicht wahrnehmbar
@Axel Ritt Vielen Dank für die sehr schnelle Ergänzung des Tests.
Es scheint eine Qualitässtreuung bei den Produkten zu geben, denn es gibt auch Testberichte die über Rauschen und starke Griffgeräusche berichten.
@Franz Walsch Jo, für die Streuung in der Qualität sind die Chinaböller generell bekannt.
Klingt alles plausibel. Na hoffentlich hat Wellenstrom und Franz nicht recht, und es gibt große Fertigungstoleranzen.