Ein vielseitiger Vorverstärker!
Der UnderToneAudio MPDI-4 ist ein Class-A Vorverstärker der in Los Angeles ansässigen Boutique Manufaktur des Musikproduzenten Eric Valentine (Queens of the Stone Age, Good Charlotte, Smashed Mouth, Slash usw.). Gemeinsam mit dem Techniker Larry Jasper (Quad Eight, GML) gründete er im Jahre 2009 UnderToneAudio, um zunächst eine selbstentwickelte Custom-Konsole zu vertreiben. Die Produktpalette ist seitdem zwar nur zaghaft gewachsen, dafür ernten ihre drei in Serie gefertigten Geräte aber viel Zuspruch in der Studioszene. Neben einem Nachbau des berühmten Fairchild 670 Kompressors, bietet UnderToneAudio inzwischen auch den Vorverstärker und Equalizer ihres Mischpultes im 19 Zoll Format an.
UnderToneAudio MPDI-4 auf den ersten Blick
Wie der Name schon verrät, beherbergt der MPDI-4 gleich vier der hauseigenen Mikrofonvorverstärker, die in einem robusten, 19 Zoll breiten Gehäuse mit einer Höheneinheit untergebracht sind.
Die Struktur des Frontpaneels ist sehr übersichtlich gestaltet, es gibt vier identisch ausgestattete Sektionen für die Preamps und auf der rechten Seite ein VU-Meter, mit dem wahlweise der Grad der Vorverstärkung jedes Kanals angezeigt werden kann.
Jeder der Preamps bietet eine maximale Verstärkung von 60 dB, die sich mittels eines äußerst soliden, gerasterten Potis in 5 dB Schritten einstellen lässt. Deutlich kleiner und wackeliger fallen hingegen die übrigen Bedienelemente aus, bei denen es sich um Metallkippschalter und Plastikdrucktaster handelt.
Für einen schnellen Zugang befindet sich auf der Vorderseite eine Neutrik Kombibuchse in jeder Preamp-Sektion, die entweder für Mikrofonsignale (XLR) oder zum Verwenden der DI-Funktion per 6,3 mm Klinkenstecker dient.
Wie so oft bei Kombibuchsen, ist die Steckerarretierung aus Kunststoff gefertigt und daher etwas weicher und schwammiger. Das stellt erstmal kein Problem dar, jedoch muss bei der Verwendung von günstigen Klinkensteckern, deren Formen minimal von der Norm abweichen, aufgepasst werden, da sie sich schnell verkeilen und nur mit viel Kraft und gleichzeitigem Rütteln wieder entfernen lassen – was leider auch bei dem MPDI-4 der Fall ist.
Auf der Rückseite befinden sich pro Kanal zwei XLR-Buchsen für einen weiteren Mikrofoneingang und den Audioausgang, die ebenfalls aus dem Hause Neutrik stammen. Auch die Kaltgerätebuchse zur Stromversorgung und die Ground-Lift-Funktion, die per Kippschalter aktiviert wird, sind hier untergebracht.
Grundsätzlich ist UnderToneAudio sehr zurückhaltend in Hinblick auf technische Details der verwendeten Bauteile oder deren Herkunft. Lediglich dass eine aktive JFET-Schaltung, wie sie häufig in den 70er Jahren verwendet wurde, hinter dem D.I.-Eingang sitzt, lässt sich den Unterlagen des MPDI-4 entnehmen.
Die Bedienelemente des UnderToneAudio MPDI-4
Das Konzept hinter den Preamps von UnderToneAudio zielt auf eine maximale klangliche Flexibilität, so dass unterschiedlichste Optionen berücksichtigt wurden, um sowohl klare und ungefärbte als auch gesättigte, mit Obertönen angereicherte Resultate erzeugen zu können.
Zunächst einmal ist jede Sektion mit obligatorischen Funktionen wie der 48 Volt Phantomspeisung, Phasendrehung und einem -20 dB Pad, das am Eingang vor dem Preamp anliegt, ausgestattet.
Wesentlich interessanter sind hingegen die folgenden Features, mit denen sich der MPDI-4 äußerst vielseitig nutzen lässt:
Mittels des Lo/Hi/NoX-Dreiwegschalters kann bestimmt werden, ob die Eingangsimpedanz 500 Ohm oder 2 kOhm beträgt. Die 500 Ohm Einstellung ist in erster Linie für Bändchenmikrofone ausgelegt, während 2 kOhm die optimale Voraussetzung für die meisten dynamischen und Kondensator-basierenden Mikrofone schaffen. Auch wenn es streng physikalischen betrachtet nicht perfekt ist, darf man durchaus auch mit der Eingangsimpedanz spielen, da gerade dynamische Mikrofone bei 500 Ohm durchaus interessante Ergebnisse liefern.
Zusätzlich ist es möglich, den Eingangstransformator in der NoX-Position zu deaktivieren, so dass ein äußerst klarer und ungefärbter Class-A Sound entsteht.
Das Gleiche gilt für den Ausgangstransformator, der sich via Vfrmr/Out ausschalten lässt.
Mit dem -10 dB Taster wird wiederum der Pegel des Ausgangstransformators reduziert, so dass ein größerer Headroom für Sättigung und Verzerrung entsteht, ohne dabei Gefahr zu laufen, die A/D-Wandler während einer Aufnahme übersteuern zu müssen.
Zu guter Letzt kann man sogar die Ausgangsimpedanz von 47 Ohm auf 600 Ohm umschalten, um eine adäquate Anbindung an alte Studiogeräte wie zum Beispiel dem Urei 1176, Teletronix LA2-A oder einem Pultec Equalizer zu schaffen. Selbst wenn kein weiteres Equipment dahinter hängt, verändert die 600 Ohm Einstellung den Charakter der generierten Obertöne und erzeugt etwas mehr Vintage-Flair.
Die klanglichen Optionen des UnderToneAudio MPDI-4
Angesichts dieser Vielzahl an Möglichkeiten wird schnell klar, dass der MPDI-4 nicht nur unterschiedlichste Generationen von Vorverstärkern vereinen soll, sondern auch mannigfaltige Kombinationen aller tonformenden Komponenten erlaubt. UnderToneAudio hegte bei der Entwicklung keineswegs den Anspruch, einen Nachbau irgendeines legendären Preamps zu schaffen, sondern viel mehr einen Vorverstärker, der den typischen, klanglichen Stil verschiedener Epochen in einem Gerät zusammenbringt.
Um schnell eine Übersicht der Möglichkeiten zu erlangen, werden in der Bedienungsanleitung vier verschiedene Sound-Setups beschrieben, die für diesen Test als Basis dienten:
„That’s 60s Sound“ heißt das erste Preset, bei dem beide Transformatoren eingeschaltet sind. Zusätzlich wird die Ausgangsimpedanz auf 600 Ohm gestellt und das -10 dB Pad aktiviert. Als Ergebnis soll ein obertonreicher Sound entstehen, der viel Raum für Sättigung oder gar Verzerrung bietet.
Fast identisch sind die Einstellungen für das zweite Setup namens „That’s 70s Sound“, außer dass die Absenkung des Ausgangstransformators herausgenommen wird. Zwangsläufig reduziert sich so der Wirkungskreis der Vorverstärkung und das Resultat soll immer noch gefärbt und druckvoll sein, aber trotzdem weiche Höhen im Stil der Neve-, EMI- oder Helios-Konsolen aus den 70er Jahren liefern.
Die dritte Einstellung ist mit „Modern Class-A“ betitelt und unterscheidet sich von dem Vorherigen, indem man die Ausgangsimpedanz auf 47 Ohm stellt. Dadurch entsteht immer noch eine leichte Färbung durch die Transformatoren, aber der Klang ist insgesamt klarer und sauberer.
Bei dem letzten Preset „Class-A Transformerless“ werden schließlich beide Transformatoren deaktiviert, so dass ein komplett ungefärbter, unverzerrter und fein auflösender Sound erklingen soll.
UnderToneAudio MPDI-4 – Praxis und Klang
Während des Tests wurden als Erstes die Snare und Bass-Drum eines Schlagzeuges separat aufgenommen. Dafür lief das Mikrofonsignal in einen Splitter, der es teilte und an die vier Preamps des UnderToneAudio MPDI-4 gleichermaßen weiterleitete. Für die Einstellungen der einzelnen Vorverstärker dienten die eben genannten Presets als Vorlage, so dass ein Vergleich möglich ist.
Die darauffolgenden vier Klangbeispiele mit den Becken musste der Schlagzeuger jedoch wegen der Stereo-Mikrofonierung separat einspielen.
Die Unterschiede der Aufnahmen fallen je nach Klangquelle und Preamp-Setup mal kleiner und mal größer aus. Grundsätzlich empfiehlt sich eine hohe Abhörlautstärke, um die teils feinen Nuancen wahrnehmen zu können.
Alle Klangbeispiele zu dem ersten Preset „That’s 60s Sound“ wurden mit 10 dB mehr Verstärkung aufgenommen als alle übrigen. Durch das Drosseln des Ausgangstransformators bietet diese Einstellung mehr Spielraum für Sättigung und Verzerrung, was den einzigen Unterschied zu dem zweiten Setup „That’s 70s Sound“ darstellt – somit darf man natürlich nicht zwei grundverschiedene Ergebnisse erwarten.
Die Betitelung des Herstellers ist vielleicht etwas zu kategorisch gewählt, wobei im Benutzerhandbuch auch fairerweise daraufhingewiesen wird, dass die Unterschiede teils sehr minimal sind:
Das gilt in jedem Fall für die Aufnahmen mit der Bass-Drum. Während die Transienten der „60s“ Einstellung ein bisschen runder wirken, sind die der „70s“ Bass-Drum etwas klarer und insgesamt öffnet sich mehr das High- und Lowend.
Deutlicher treten hingegen die Abweichungen bei den Snare-Beispielen auf. Obwohl die Lautstärken angepasst wurden, erscheint die „60s“ Snare etwas lauter, woran sich auch die mit der Sättigung einhergehende Kompression erkennen lässt. Die Attack-Phasen wirken druckvoller und haben mehr Punch, während die „70s“ Snare dagegen sauberer und transparenter klingt. Sehr ähnlich ist das Resultat bei den Beckenaufnahmen: Erneut erscheint die „70s“ Einstellung ein wenig offener und tatsächlich auch etwas seidiger in den Höhen. Besonders bei dem letzten, kräftigen Abschlag lässt sich die Sättigung der „60s“ Overheads hören, da nicht nur eine leicht sandige Zerrung einsetzt, sondern auch in der Ausklingphase die Schwingungen der Becken mehr hervortreten.
Alle dieser Beispiele haben einen schönen, subtilen Obertonanteil und einen warmen Vintage-Flair, trotzdem reicht er nicht an den starken Charakter eines Neve, API oder EMI Preamps heran.
Im Vergleich zwischen der „That’s 70s Sound“ und „Modern Class-A“ Einstellung zeigen sich vor allen Dingen die Unterschiede der veränderten Ausgangsimpedanz. Die „70s“ Bass-Drum wirkt wärmer und vollmundiger, dagegen trumpft die „Modern Class-A“ Bass-Drum mit mehr Definition, einem strafferen Bassbereich und etwas spitzeren Transienten.
Gerade bei den Snare und Overhead Beispielen fallen die Höhen des „70s“ Setup etwas lebendiger und weicher aus, dafür ist die Kontur des „Modern Class-A“ Presets klarer und das Frequenzbild aufgeräumter. Auch hier sind die Attack-Phasen ein bisschen schärfer mit einer deutlichen Betonung in den oberen Mitten.
Am offensichtlichsten sind die Unterschiede bei dem vierten Setup „Transformerless Class-A“. Durch das Abschalten beider Transformatoren verändert sich der Klangcharakter des UnderToneAudio MPDI-4 vehement.
Bei den Bass-Drum und Snare Aufnahmen fällt besonders das veränderte Verhalten der Transienten auf. Im Gegensatz zu allen drei anderen Einstellungen sind sie neutraler und weniger aggressiv.
Das gesamte Klangbild erscheint dezenter und feiner aufgelöst. Besonders bei den Beispielen mit den Cymbals ist selbst bei einer geringen Monitorlautstärke nicht zu überhören, wie der Höhenbereich sich deutlich öffnet und wesentlich luftiger wird. Die „Transformerless Class-A“ Einstellung hat von allen vier Presets den neutralsten Charakter.
Insgesamt sind alle Ergebnisse der von UnderToneAudio vorgegebenen Voreinstellungen sehr hochwertig, vielseitig und absolut brauchbar, es ist nur eine Frage der Anwendung oder des Geschmacks, welche Einstellung man bevorzugt.
Zu guter Letzt wurde noch die D.I.-Funktion des UnderToneAudio MPDI-4 mit einem Yamaha CS5 Synthesizer und einem Roland RE-501 Chorus/Echo getestet. Auch hierfür bietet der Hersteller in der Bedienungsanleitung zwei verschiedene Presets namens „Transformerless“ und „Colored“ an. Abermals wurde das Stereosignal des RE-501 gesplittet und an die vier Kanäle des MPDI-4 weitgeleitet, so dass wieder ein exakter A/B-Vergleich möglich ist.
Die „Transformerless“ Einstellung wirkt wieder sehr klar, neutral und offen, während das „Colored“ Setup gesättigter und gefärbter klingt. Dieser Unterschied wird vor allen Dingen an Hand der niedrigen Filtereinstellungen und der damit einhergehenden kräftigen Resonanzen am Anfang und Ende des Beispieles deutlich. Wie schon bei den Mikrofonaufnahmen sind es die Pegelspitzen, bei denen der MPDI-4 sein volles Potential an Färbung und Obertönen entwickelt, ansonsten sind die generierten Obertöne eher subtil.
Klangbeispiele
Schlagzeuger: Christoph Eggener
Schlagzeug: Pearl Masters Custom Maple Shell
Snare: Sonor Special Edition
Cymbals: Custom Crash 16“, K Ride 20“, K Dark Crash Thin 14“, Oriental China Trash 16“, Sabian HHX 10“ Splash, Paiste 14“ Signature Dark Energy MK1 Hihat
Mikrofone:
Bass-Drum: Electro-Voice RE 320 (Kick-Drum Mode)
Snare: Shure SM 57
Overheads: 2 x Sennheiser MKH 40
Splitter: Alphaton MPV-33, Kramer VM-1110
Synthesizer: Yamaha CS5 + Roland RE-501
Preamps:
UnderToneAudio MPDI-4
RME Fireface 800
Logic Pro
Die Klangbeispiele wurden nicht weiter nachbearbeitet, nur die Lautstärke wurde entsprechend ihrer Spitzenwerte angepasst.