Volle Kompression zum halben Preis
Das junge polnische Unternehmen Wes Audio bringt mit dem Timbre einen neuen Kompressor auf den Markt, der dem Klassiker „Gates Sta Level“ nachempfunden wurde. Was man mit dem Wes Audio Timbre alles anstellen kann, erfahrt ihr im folgenden Test.
Zunächst ein paar Hintergrundinfos: Der „Sta-Level Limiting Amplifier“ der Gates Radio Company war einer der ersten Pro Audio Kompressoren überhaupt und wurde von Mitte der 50er bis Mitte der 70er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hergestellt. Besonders häufig verwendeten Radiosender diese Geräte, die sich zur Kompression der 6386er Röhre bedienten – derselben Röhre, die auch in den legendären Fairchild 660/670 Kompressoren ihren Dienst verrichteten.
Diese „echten“ Röhrenkompressoren arbeiten nach dem Vari-Mu-Prinzip, d.h. die speziellen Eigenschaften der Röhre selbst definieren das Regelverhalten der Dynamikbearbeitung. Wegen der Hochvoltröhrentechnik und der benötigten hochwertigen Audioübertrager sind sie trotz vergleichsweise simpler Schaltungstechnik recht teuer in der Anschaffung.
Weil er sich aufgrund seiner klanglichen Eigenschaften bei Produzenten und Toningenieuren anhaltender Beliebtheit erfreut, brachte die Firma Retro Instruments vor einigen Jahren eine Neuauflage des Gates Sta-Level auf den Markt. Dies wies optisch und technisch eine größtmögliche Nähe zum Original auf. Der Wes Audio Timbre kostet nun nur knapp die Hälfte des Retro Audio. Da fragt man sich: Was kann der Vari-Mu-Kompressor zum Kampfreis?
Übersicht
Im braunen Pappkarton findet man außer dem Gerät selbst nur ein Kaltgerätekabel. Die knapp gehaltene Anleitung gibt es nicht gedruckt und kann lediglich als PDF-Datei von der Produktseite des Herstellers heruntergeladen werden.
Optisch hat das schwarze 19“-Gerät auf zwei Höheneinheiten mit dem schlachtschiffgrau lackierten Vorbild aus den 50ern wenig gemeinsam, mit seiner schwarzen Frontplatte erinnert es eher an den verbreiteten FET-Kompressor Universal Audio 1176.
Die Bedienelemente und Einstellmöglichkeiten orientieren sich an der Neuauflage von Retro Instruments. Die Vorderseite dominieren die übergroßen Knöpfe für Eingangs- und Ausgangslautstärke, die links und rechts des beleuchteten VU-Meters angebracht sind. Zudem gibt es je einen kleinen gerasterten Drehschalter für die drei Kompressionsmodi sowie für die sechs einstellbaren Release-Zeiten. Außerdem finden sich noch ein Ein-/Ausschalter sowie zusätzlich Druckknöpfe für ein Sidechain-Filter, Bypass und Link (für den Stereo-Betrieb mit zwei Geräten) auf der Frontplatte.
Auf der Rückseite ist wenig los, dort findet man lediglich den Kaltgeräteanschluss, je einen symmetrischen Ein- und Ausgang (XLR) sowie eine Klinkenbuchse für den Stereo-Link.
Qualitativ macht das 7 kg schwere Gerät einen sehr guten Eindruck, von den Knöpfen mit angenehm schwergängigen Potis über das ballistisch gelungene VU-Meter zum sehr hochwertigen, präzise gearbeiteten Metallgehäuse. Lediglich das matt-raue Frontpanel gefiel mir nicht so gut, aber das ist eher Geschmackssache.
Schöner ausführlicher Bericht und auch schön, an Feiertagen von euch mit interessanten Produkten versorgt zu werden. Bei den Audiobeispielen – grad bei Kompressoren – würde ich mir immer wünschen, dass die ablenkenden Lautstärkenunterschiede angeglichen werden, sodass man sich wirklich darauf konzentrieren kann, wie das Signal ins Klanggeschehen eingreift.
@MichBeck mensch, und ich dachte immer, dass sich das klanggeschehen von kompressoren in lautstärkeunterschieden ausdrücken würde…
@dilux Deswegen klingt der lauteste Kompressor ja auch am besten. :)
@dilux Ein Kompressor schafft mehr „Lautheit“ nicht mehr „Lautstärke“. Das ist ein Unterschied. Deswegen hat MichBeck völlig recht. Die Lautstärke sollte angepasst sein, sonst kann man die Klangbeispiele nur sehr schwer miteinander vergleichen.
@Tron24 lol, so ein unfug, ein kompressor verdichtet die lautstärke eines signals, indem signalanteile, die einen bestimmten pegel/threshhold erreichen, leiser geregelt werden, das signal wird also leiser; anschliessend verstärkt man das signal um wieder auf den ausgangspegel zu kommen. da nun leise und laute signalanteile im pegel angeglichen sind hört sich das signal nach der komprimierung „lauter“ an und genau das hört man bei den klangbeispielen!!
das wort „lautheit“ gibt es übrigens nicht…
ok, laut duden gibt es es wohl doch – ich persönlich habe es noch nie gehört – es ist jedoch gleichbedeutend zu lautstärke…
@dilux Richtig. Das der Kompressor die Dynamik verringert und unter anderen den Lautheitspegel erhöhen kann, wissen und nutzen wir ja alle. Mir ist es aber auch wichtig, was mit meinem Signal passiert und suche die bestmögliche Einstellung, um einen guten Sound, mehr Punch, Ausgewogenheit und Druck etc. zu erhalten. Damit mich die Lautstärkeunterschiede nicht in die Irre leiten, gleiche ich sie immer an. Denn wir wissen ja, was lauter ist, klingt erstmal besser.
Und so möchte ich das auch gerne bei Testberichten haben. Wenn es nur darum gänge, dass ein Kompressor laut macht, warum hat dann jeder von uns mehrere im Rack oder Festplatte. Und warum brauchen wir dann überhaupt noch einen, wenn’s auch Limiter gibt?
@MichBeck ein limiter ist auch ein kompressor mit einem regelverhalten(ratio) von unendlich zu 1. du willst auf das klanglich einfärben des signals, dass viele kompressoren aber bei weitem nicht alle bieten, hinaus.
vielleicht könnte der autor des testberichtes sich ja mal äussern, aber meines erachtens haben die jeweiligen klangbeispiele alle den selben pegel…
@dilux Hallo,
man kann verschiedene Philosophien verfolgen: Normalisierung, Angleichung auf RMS-Wert, keine Angleichung usw. Einen Königsweg gibt es nicht.
Ich habe die Spuren grob gelevelt, im Endeffekt sind Färbung und Kompression meist so offensichtlich, dass schnell klar, wird, was der Kompressor hier macht.
Im Zweifel dreht man während des Abhörens ein wenig am Lautstärkeregler.
@dilux Ich seh keinen Unfug in Tron24s Antwort.
Er hat vollkommen richtig die Wirkungsweise des Kompressors auf die Lautheit dargestellt.
Lautstärke hat nichts damit zu tun.
Ebenso wie beim sogenannten und vielzitierten „loudness war“. Da geht es immer nur um die Lautheit, nicht um die Lautstärke.
@A.Vogel es steht ja bereits in meinem post: lautheit=lautstärke; du kannst natürlich gerne den duden anzweifeln…
@dilux Da hat der Duden nicht viel zu melden.
Lautstärke und Lautheit sind zwei verschiedene Begriffe in der Akustik/Psychoakustik.
So wie Licht und Helligkeit, etc..
Und ein Kompressor nutzt die Verstärkung (=Lautstärkeanhebung) als eine Komponente, aber als Funktion „verdichtet“ er die Pegel, was eine Angleichung der Lautheit bedeutet.
Das ist das, was Tron24 geschrieben hat, und das ist vollkommen richtig.
@A.Vogel gregors antwort auf meinen letzten post bestätigt ja meine vermutung.
unfug bezog sich übrigens auf die forderung, die klangbeispiele von der lautstärke her anzupassen.
@dilux Sorry, wenn ich Dir widerspreche. Lautstärke und Lautheit sind zwei unterschiedliche Dinge und werden auch in unterschiedlichen Maßeinheiten dargestellt. Lautstärke wird ausgedrückt als Lautstärkepegel in dB, während die Lautheit in Phon ausgedrückt wird. Lautheit ist aber das, was maßgeblich ist, denn das Empfinden von Lautstärke ist in großem Maße subjektiv und außerdem ist das Gehör nicht linear, was das Empfinden von Lautstärkepegeln angeht (siehe Fletcher-Munson-Kurven bzw. „Kurven gleicher Lautheit“).
Damit zusammen hängt, dass Menschen subjektiv ein Signal mit größerer Lautheit als „besser“ empfinden. Was wiederum erklärt, warum der „Loudness War“ (Loudness bedeutet übersetzt übrigens auch Lautheit) nicht sofort zu Protesten geführt hat. Erst mit den brutalen Verzerrungen, die die Wandler erzeugen, kamen Proteste.
Möchte man zwei Signale hinsichtlich ihrer klanglichen Güte vergleichen, so müssen diese von gleicher Lautheit sein, da sonst das Gehör automatisch alle anderen Parameter ignoriert und das Signal mit größerer Lautheit als besser einstuft.
@Markus Galla Übrigens: zwei Signale können den gleichen Lautstärkepegel besitzen und gleich ausgesteuert sein (z. B. auf -6 dB FS), dennoch kann die Lautheit unterschiedlich sein. Ziel des Masterings ist es deshalb, Titel hinsichtlich ihres Pegels einheitlich zu halten, aber auch hinsichtlich der Lautheit. Würde man nur den Pegel angleichen (Verbrechen: Normalisierung), so sind später alle Titel unterschiedlich „laut“. Deshalb benötigt man ein Lautheits-Meter, um die tatsächliche Dynamik und Lautheit festzustellen und anzugleichen.
Fazit: möchte man Aufnahmen hinsichtlich ihres Klanges vergleichen, müssen diese die gleiche Lautheit besitzen. Das bedeutet für ein komprimiertes Signal (Kompressoren heben bei passender Einstellung die Lautheit an), dass dieses für den Vergleich einen erheblich geringeren Pegel benötigt als das trockene Signal. Macht man das nicht, blendet das Gehirn alle anderen Parameter aus und bewertet lauter als besser.
Ich hab jetzt das ende verpasst denn ich bin kurz beim lesen eingeschlafen. Wer hat gewonnen?
@pytrel Der Lauteste von uns allen. :D
@MichBeck Der lautheiteste!.. :-)