ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Vintage Guitar Classics: Silvertone 1423 Jupiter 1961 E-Gitarre

Vintage galaktisch: Silvertone goes Jupiter

4. Februar 2023

Silvertone Modell 1423 aka Jupiter von 1961. Made in USA.

Die Silvertone 1423 Jupiter gehört zu den gesuchtesten amerikanischen E-Gitarren der alternativen Vintage-Szene, abseits von Gibson, Fender, Rickenbacker, Martin & Co. Sie wurde zwischen 1959 und 1962 von der Firma Harmony hergestellt, die auch Instrumente für die Labels Alden, Stella, Sears, Vogue, Valencia, Monterey, Holiday u.a. produzierte.

ANZEIGE

Silvertone-Gitarren werden Kult

Eine Alden 9908 Tuxedo von 1963 habe ich an dieser Stelle schon mal vorgestellt. Diese E-Gitarre ist mehr oder weniger baugleich mit der Harmony H45 und sie sieht aus wie die kleine Schwester der Silvertone 1420 – die ist hier weiter unten, rechts zu sehen, neben einer weiteren schönen Single-Cutaway-Schwester made in USA: der Silvertone 1423 Jupiter. Willkommen im Universum der amerikanischen Mailorder-Katalog-Gitarren!

Diese ehemals billigen Kaufhausgitarren aus den 1950er- und ’60er-Jahren sind heute gesuchte Sammler- und Spieler-Objekte, die von Künstlerinnen und Künstlern wie Derek Trucks, Jack White, David Bowie, Cat Power, St. Vincent, Lianne La Havas, David Lindley, Beck Hansen, Link Wray u.v.a. eingesetzt wurden.

Wichtigster Hersteller war die Firma Harmony, die in den 50er- und 60er-Jahren elektrische und akustische Archtops, Western-Gitarren, Lapsteels, Banjos und Mandolinen im Angebot hatte. Gegründet wurde das Unternehmen 1892 von Wilhelm Schultz; 1916 wurde Harmony von Sears, Roebuck & Co. aufgekauft und man war anfangs vor allem erfolgreich mit dem Verkauf von Ukulelen. Zwischen 1923 und 1930 verdoppelte der Hersteller den Absatz an Instrumenten auf 500.000 Stück. Sears und andere verkauften Harmony-Produkte jetzt unter allen möglichen Namen wie Alden, La Scala, Stella, Sovereign, Sears, Silvertone, Vogue, Valencia, Johnny Marvin, Monterey, Holiday u.a. Zwischen 1945 und ’75 hat Harmony angeblich ca. 10 Millionen Gitarren auf den Markt gebracht. Mehr zum Thema in o. g. Artikel!

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

ANZEIGE

Die Silvertone 1423 Jupiter

Die Silvertone-1423-E-Gitarre wurde zwischen 1959 und 1962 von der Harmony-Company hergestellt und war auch als Jupiter H49 innerhalb der Harmony-Stratotone-Serie auf dem Markt – und so hatte dann auch die Silvertone 1423 schnell den griffigen Beinamen „Jupiter“, der in die Zeit von Stratocaster, Flying V, Explorer, Telecaster, Firebird und Saturn einfach nur passte.

Wobei die hier zu sehende Silvertone zwar auch wie eine schnittige Brettgitarre aussieht, in Wahrheit aber eine gemütliche Hollowbody ist, deren Korpus aus einem Ahorn-Holzrahmen und zwei Sperrholzplatten aus Fichten-Laminat für Decke und Boden besteht – was sich im rückenfreundlichen Gewicht von je nach Modell ca. 2 bis 2,5 kg äußert. Und sie besticht mit einem wirklich eigenwilligen Resonanzverhalten: Diese Gitarren sind schon akustisch gespielt relativ laut, sie klingen zwar etwas perkussiv, dabei aber angenehm rund – also auf ganz eigene Art lebendig.

Interessant ist auch die Befestigung des Ahorn-Halses mit drei asymmetrisch plazierten Schrauben am Korpus. Man hat was in der Hand: Der Hals hat ein angenhmes D-Profil, auf dem Palisandergriffbrett sitzen 20 schmale Vintage-Typ-Bünde, das Spielgefühl ist sehr entspannt, was auch an der kurzen Mensur von nur 618 mm liegt. Keine Angst: Das fühlt sich nicht anders an, als wenn man seine Strat erst ab dem 3. Bund bespielt. Auf der Kopfplatte sitzen sechs offene Einzelmechaniken, von denen aus die Saiten über einen nur höhenverstellbaren Holzsteg zu einem Mini-Trapeze-Saitenhalter laufen. Was Oktavreinheit angeht, muss man hier mangels einzeln verstellbarer Saitenreiter ein bisschen ausprobieren, um die richtige Balance zwischen Saitenlage und Saitendicke zu finden – die H-Saite klingt bei Standard-.010er- oder besser passenden .011er-Sätzen oft etwas zu hoch, was mit einer dünneren Einzelsaite behoben werden kann. Die Silvertone 1423 Jupiter verträgt aber auch etwas kräftigere Saiten, denn sie hat einen verstellbaren Halsspannstab (aka Trussrod) mit dem man ggf. gegensteuern kann.

Die Gitarre ist aufgrund ihres tief geschnittenen Cutaways bis in die höchsten Lagen spielbar und sie hängt im Stehen gespielt perfekt am Gurt. Sie macht einfach Spaß! Und sie sieht mit ihrem „Black Gold“-Finish, mit feinem Sternenstaub auf der glänzend lackierten Decke, einfach sehr schön und minimal kitschig aus. Ein Hingucker!

Die Elektrik der Silvertone 1423

Neu und 1959 ganz sicher eigenartig war die Regeleinheit dieser E-Gitarre. Die Signale der beiden einspuligen „DeArmond Silver Foil”-Tonabnehmer gehen auf mit „Bass“ und „Treble“ überschriebene Reglerpaare, mit denen Volume und Tone eingestellt werden. Statt des üblichen Toggle-Switches (dem von Gibson-Gitarren bekannten dreistufigen Tonabnehmerwahlschalter) findet man auf dem unteren Korpushorn der Silvertone einen dreistufigen Drehschalter, mit dem man „Bass“ (also den Hals-Pickup), „Treble“ (den Steg-Tonabnehmer) oder aber die mittlere Stufe „Blender“ abrufen kann, die beide Pickups aktiviert. Warum heißt sie „Blender“? Den Namen hat sie wohl vom genau so bezeichneten fünften Regler der Gitarre, über den man dann vermutlich die Balance zwischen den beiden (eingeschalteten) Tonabnehmern einstellen kann …? Falsch vermutet! Bei Mittelstellung des Tonabnehmerwahlschalters (Position „Blender“) gehen die beiden Tonabnehmersignale zusammen und Singlecoil-brummfrei ausschließlich auf den Blender-Regler, mit dessen Hilfe man den Ton von ganz spitz und höhenlastig bis ganz dumpf und rund regeln kann.

Der Grund-Sound dieser Mittelstellung erinnert dezent an die erste Stratocaster-Zwischenposition, auch was den etwas geringeren Output angeht. Am Blender-Poti hängt ein fetter Kondensator, den ich nicht näher identifizieren konnte. Den Effekt schon: Klanglich geht es etwas in Richtung WahWah, wenn man einen Akkord stehen lässt und dann am Blender-Regler dreht. Es handelt sich also hierbei um eine eigene, autonome Klangeinstellungs-Option, die ein ganz breites Spektrum an Sounds ermöglicht, vom jazzigem Handschuhton bis zum klirrenden Trommelfellanreißer. Diese Option macht besonders viel Spaß, wenn man bei einem zunehmend ekstatisch eskalierenden Solo mehr und mehr Höhen ins Spiel bringt oder eben umgekehrt, stufenlos vom höhenlastigen Bridge-Pickup und Dick Dale zum fetten Halstonabnehmer-Sound der Marke „Jim HaII-V-I“ wechselt. (Wer diesen wirklich überirdischen Wortwitz verstanden hat und trotzdem weiterliest, ist Jazzer mit Humor ;-)
Eine andere Möglichkeit ist natürlich die so sehr feinfühlige Annäherung an das perfekte Gitarrensignal für den übersteuerten Röhren-Amp, quasi als Sweet-Spot-Finder. Und auch dieser Regler macht einfach Spaß! Spielt man die Gitarre etwas lauter, vielleicht sogar krass übersteuert und es kommt zu Feedbacks, dann spürt man schon ordentlich Rappeln im Karton. Ein sehr eigenes Spielgefühl!

Der Hals-Pickup der Silvertone 1423 Jupiter

Trotz dieser vielen Möglichkeiten kommt mein Lieblings-Sound der Silvertone Jupiter vom Hals-Tonabnehmer – der hat eine wirklich starke Präsenz, hat Körper und Klarheit, ist lebendig. Und wenn man den zugehörigen Volume-Regler auf 8 oder 9 zurückdreht, wird der Neck-Pickup sehr zahm und liefert perfekte Akkord-Klangfarben für den Hintergrund. Kein Wunder, dass diese alten Silvertones so oft ausgeweidet und die Tonabnehmer in anderen Instrumenten eingesetzt wurden …

So etwas kann man machen, sollte man aber nicht. Denn bei dieser Silvertone 1423 Jupiter hat anscheinend jemand genau gewusst, was man als Gitarrist in einer Band gebrauchen konnte – damals, in der wilden Zeit ohne Bodentreter, Presets, High-Gain-Amps und Down-Tunings. Klar, das ist alles Geschmacksache. Für mich ist die Silvertone 1423 ein wirklich cooles, eigenwilliges kleines Biest! Ein Gitarrenverkäufer auf Reverb.com bezeichnete sie mal als „awesome poor man’s Duo Jet“.

Vintage Guitar Classics: Silvertone 1423 Jupiter

Die kleine Schwester: Silvertone 1420 von 1959 mit konventionellerer Pickup-Schaltung.

Kaufempfehlung: Original oder Reissue?

Wie so viele schöne alte Instrumente, wurden auch diverse Danelectros, Harmonys, Silvertones, Supros und andere in den vergangenen zwanzig Jahren neu aufgelegt um 50s/60s-Fans erschwingliche und zuverlässige Instrumente im alten Look zu liefern. Die kosteten dann meist um die 500 bis 600 Euro, also ungefähr die Hälfte der gesuchten Originale. Waren die Reissues, z. B. die unzähligen Modelle von Eastwood, mal vergriffen und aus dem Handel, blieben deren Preise, zumindest was die beliebteren Instrumente angeht, erstaunlich stabil, also nahe am ehemaligen Neupreis. Die Preise der Originale gehen seit ca. 15 Jahren immer weiter nach oben.

Silvertone 1420 von 1959

Eine Silvertone 1420 oder die Harmony H-45 Stratotone kosteten Anfang der 1960er-Jahre regulär $ 39 als Single-Pickup- und $ 59 als Dual-Pickup-Modell. Der Preis mancher Billiggitarre hat sich über die Jahrzehnte wirklich sehr ordentlich vervielfacht. Heute werden sie in der Regel in Europa zwischen 1200 und 1900 Euro gehandelt; Importe aus den USA lohnen sich wegen der horrenden Frachtkosten, dernZollgebühren plus noch mal der Einfuhrumsatzsteuer von 19 % auf alles, kaum noch.

Viele neuere Remakes und Variationen des Harmony– bzw.  Silvertone-Themas werden in China hergestellt und sind nur noch die Hälfte wert, wenn man an der Kasse vorbei ist. In der Regel sehen sie klasse aus, haben aber die üblichen Verarbeitungs- und Materialqualitäts-Mängel vieler 300 bis 400 Euro günstigen Instrumenten: scharfe Bundkanten am schrumpfenden Griffbrett, die verwendeten Hölzer sind eben keine abgelagerten, wertigen Instrumentenbauhölzer, daher rühren dann auch resonanzarme Bodys mit klanglich eher matten Ergebnissen.

Wofür man sich entscheidet, hat natürlich mit der Angebotslage, den eigenen finanziellen Möglichkeiten und dann ganz praktisch mit den spielerischen Vorlieben zu tun: Denn die alten Originale und die neuen „Reissues“ haben teils wenig miteinander zu tun, was Sound und Spielgefühl angeht. Oft geht es mehr um den Look. Und ein intonationsunsicherer Holzsteg klingt natürlich in jeder Beziehung anders, als eine feinjustierbare Tune-o-matic-Bridge. Ausprobieren!

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Vintage-Gitarren und Silvertone-Vinyl?

Gute Gitarren und gute Musik gehören einfach zusammen wie Vinyl-LPs und Vintage-Instrumente – meine Meinung. Daher entstanden einige der hier zu sehenden Fotos in meinem früheren Lieblingsplattenladen in der Kölner Ritterstraße – und der hieß auch noch Silvertone Recordstore. Passt doch!

ANZEIGE
ANZEIGE
Forum
    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Tomtom Da hast du Recht. Gut erhaltene, alte Instrumente mit Originalkoffer haben fast immer eine unglaubliche Ausstrahlung. Da machst du eine Zeitreise, wenn du sie auspackst! ;-)

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X