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Workshop: Abmischen und Mixing von Metal – Teil 3

Mehr Druck! Wie man Metal richtig mixt!

26. April 2022

Metal abmischen – Gitarre

Kommen wir nun endlich zum führenden Instrument des Metals, der Gitarre. Man kann durchaus sagen, dass die Musikrichtung für die E-Gitarre geradezu erfunden wurde, da in keiner anderen Musikrichtung die HighGain-Gitarre eine solch führende Funktion übernimmt. Ähnlich wie sich der überwiegende Teil aller Bassisten dem Motown oder Acid-Jazz zugewendet hat, da der Bass in Musikrichtungen dieser Art sehr stark zur Geltung kommt, fühlt sich ein großer Teil der Gitarristen im Metal heimisch, einfach weil diese Musikrichtung die Gitarre in der Wahrnehmung zumindest in der Nähe der Wertigkeit des Gesangs wähnt. Also dann, worauf gilt es bei einer High-Gain-Gitarre zu achten?

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Wie Mixt Man Metal Workshop

Metal abmischen – wichtige Gitarren-Parameter

– Das Aufnahmeverfahren

Ich möchte jetzt nicht schon wieder die alte Leier der besten Aufnahmemethode anstimmen, sondern jedem selber überlassen, welche Lösung für ihn das Optimum darstellt. Fakt ist, dass eine hochwertige Mikrofonabnahme mit einer entsprechenden Auswahl an Amps, Lautsprechern und Mikrofonen in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Engineer das Nonplusultra im Gitarrensound darstellt. Dynamik, Obertonverhalten und Auflösung des Signals liegen immer noch über allem, was alternative Aufnahmemethoden mittels IRs oder ähnlichem generieren können. Als aktuelle Referenzaufnahmen würde ich gerne das letzte Soloalbum von Billy Gibbons „Hardware“ oder auch das aktuelle Album „Gotta Have The Rumble“ von Brian Setzer ins Feld führen.

Fakt ist aber auch, dass diese Aufnahmemethode mit großen Investitionen in das persönliche Equipment und entsprechende Miete für ein professionelles Tonstudio einhergehen, was sich gerade im Hobbybereich keineswegs mehr wirtschaftlich rentiert und gerne von den Fans von Plug-in-Lösungen und Modeling-Amps als Argument gegen ein analoges Aufnahmeverfahren ins Feld geführt wird. Dies ist absolut richtig und da die klangliche Güte nur selten von den Musikern selber und faktisch nie vom Publikum an sich unterschieden wird, gibt es mit Ausnahme des persönlichen Anspruchs, respektive Befriedigung über den eigenen Ton keinen finanziellen Grund mehr, einen entsprechend hohen Aufwand bei Aufnahmen von Metal-Gitarren zu betreiben. Hier muss jeder für sich selber entscheiden, was ihm wichtig ist.

– Die Spieltechnik

Eine High-Gain-Gitarre stellt uns während der Aufnahme vor gleich mehrere Probleme, die es zu bekämpfen gilt. Zum einen produziert das Gitarrensignal aufgrund seiner „übermäßigen“ Vorverstärkung deutlich mehr Nebengeräusche, sowohl vom Verstärker ausgehend, als auch von der ganz normalen Haptik des Spiels an sich. Selbst extrem leise Rutsch- oder Kratzgeräusche oder aber dezent mitschwingende Leersaiten, welche bei einer cleanen Gitarre nicht einmal zu hören wären, werden im High-Gain zu einer massiven Geräuschkulisse aufgeblasen, welche das Nutzsignal massiv stören können.

Von daher geht meistens ein Großteil der eigentlichen Aufmerksamkeit des Spielers dafür drauf, die Saiten, welche man NICHT benutzt, unter Kontrolle zu halten. Viele Gitarristen benutzen daher bei einer Soloaufnahme Dämpfer in Form von Kletthalterungen oder auch einer Socke, um zumindest die Leersaiten unter Kontrolle zu halten. Dies schränkt allerdings die Verwendung der Leersaiten ein und man muss sich bei einer Live-Show der Herausforderung der aufschwingenden Saiten stellen und selbst entscheiden, ob man ggf. das Lick/Solo etwas unsauberer kredenzt, oder aber direkt als Fake Einlage vom Backing-Track kommen lässt.

Ich persönlich empfehle immer nur das aufzunehmen, was man bei einer Live-Show auch wirklich problemlos reproduzieren kann, da es deutlich mehr integer wirkt, als wenn man versucht, im Studio zusammengeklebte Passagen irgendwie an den Mann oder die Frau im Publikum zu bringen.

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– Die EQ Einstellung

Die Gitarre ist ein Instrument der „Mitte“, will heißen, in einem guten Metal-Mix belegt eine reguläre Gitarre den Mittensektor des gesamten Frequenzbereichs. Nicht umsonst wurden die meisten legendären High-Gain-Gitarren-Sounds vor ca. 40 Jahren geschaffen, einfach weil der überwiegende Teil aller Kompositionen in Standard-Tuning eingespielt wurde und selbst ein Tuning von „one halfnote down“ eine Seltenheit darstellte, einfach weil weder der Massengeschmack noch die technischen Gegebenheiten der Instrumente eine andere Nutzung zugelassen hätte.

Dies hat sich aufgrund von Djent, 8-Saitern und anderen Downtunings massiv geändert. Nach oben hin ist das Frequenzspektrum der E-Gitarre aufgrund ihrer Haptik gleichgeblieben, aber nach unten hin prügelt sich die Gitarre bereits seit Jahren mit dem Bass um die letzte freie Frequenz. Dies führt allerdings auch dazu, dass die Definition des Gitarrentons mit jedem Halbton nach unten weiter abnimmt. Aber auch Standard-Tunings leiden je nach Auslegung unter einem viel zu großen Basshub, so dass sich im Gitarrenbereich ein Low Cut und ein High Cut etabliert hat. Auch wenn der Solosound der Gitarre noch so fett klingen mag, sollte man noch einen Bassisten in der Band haben, hat die Gitarre unterhalb von ca. 200 Hz im Mix nicht mehr viel zu suchen. Auch der Hochtonbereich ist faktisch überflüssig, da sich hier nur noch Kratzgeräusche ausbreiten, welche den Sound unnatürlich harsch erscheinen lassen.

Inwieweit man im existentiellen Mittenbereich bestimmte Frequenzen mit welchem Q-Wert auch boostet oder absenkt, ist ein sehr persönliches Unterfangen und kann nicht global beschrieben werden. Ich würde jedoch den EQ immer als „Hilfsmittel“ ansehen, den Gitarrensound im finalen Mix den restlichen Instrumenten anzugleichen, niemals um den eigentlichen Gitarrensound zu formen. Eine perfekt aufgenommene Gitarre hat von sich aus bereits alle Frequenzen im richtigen Verhältnis zueinander, die es für einen guten Sound benötigt und braucht einen Channel EQ nur noch für einen Angleich im Gesamtsound.

– Was ist mit Reamping?

Das parallele Aufnehmen einer cleanen Spur, um später einen anderen Amp etc. ansteuern zu können, hat sich mittlerweile als festes Ritual bei vielen Aufnahmen entpuppt und wird häufig zwecks Doppeln etc. benutzt. Hier hat jeder Produzent eine eigene Vorstellung, welches Verfahren für den amtlichen Sound am besten geeignet ist, daher möchte ich diese Methode auch nicht schlecht reden. Ich für meinen Teil benutze kein Reamping, einfach weil ich der Meinung bin, dass die Interaktion von Gitarre, Amp, Speaker und Mikrofon einen direkten Einfluss auf die persönliche Spieltechnik hat. Eine Technik, welche zum Beispiel bei einem Diezel oder Engl Amp einen maximalen Ton erzeugt, kann beispielsweise bei einem Marshall oder Fryette einen völlig anderen Effekt hervorrufen.

Wer sich später im Mix mehrere Optionen freihalten möchte, sollte mehrere Spuren mit unterschiedlichen Amps aufnehmen und später entscheiden, welcher Sound letztendlich das Rennen macht. Ich für meinen Teil nehme immer nur eine Rhythmusspur gedoppelt auf und das war es auch schon. Keine 4-fach Gitarren, kein Re-amping, nichts davon. Wenn eine regulär links/rechts gedoppelte Gitarre nicht überzeugt, arbeite ich an der Komposition, da in dem Fall nahezu immer das Riff zu schwach ist.

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wild long haired musician with black guitar

Metal abmischen – Mixing/Mastering

Kommen wir letztendlich zum alles entscheidenden Punkt der Produktion, dem Mixing/Mastering-Prozess, wobei man nur noch selten ein Aufsplitten der beiden Prozesse beobachten kann, insbesondere wenn man in-the-box mischt. Der Hauptgrund ist einmal mehr der finanzielle Aspekt, da viele Musiker sich die zusätzlichen Ausgaben für ein hochwertiges Mastering sparen wollen und stattdessen lieber mit verschiedenen Plug-ins auch diesen Schritt selber übernehmen wollen.

Um direkt vorneweg zu sagen, kein noch so perfekter Mix kann Schwächen im Bereich Songwriting, Handwerk und Aufnahmeprozess kompensieren, von daher ist der gerne zitierte Spruch „we fix it when we mix it“ auf die oben genannten Parameter bezogen purer Blödsinn. Allerdings zerstört ein schlechter Mix im Handumdrehen jeden Song und zertrümmert in Zusammenarbeit mit einem falschen Mastering alles, was man sich im Vorfeld mühsam aufgebaut hat. Nicht umsonst geben selbst erfahrene Musiker ihre Aufnahmen in dritte Hände, um den finalen Mix noch einmal mit frischen Ohren bewerten zu können.

Wer dennoch von seinen Fähigkeiten überzeugt ist, sollte zumindest folgende Punkte auf der Agenda haben:

– Monitore

Natürlich ist die Versuchung groß, sich ein paar preiswerte Nahfeld Monitore auf den Schreibtisch zu stellen, welche im Vergleich zu den üblichen PC-Lautsprechern um Welten besser klingen, um dann direkt mit dem Mischen los zu legen. Wer jedoch glaubt, er könnte z. B. mit einem 5 Zoll Tieftöner eine entsprechende Basswiedergabe bewerten, obliegt einem großen Irrtum. Entweder man hat mindestens einen 8-Zöller für die Basswiedergabe pro Seite, oder aber man investiert in einen passenden Subwoofer, ansonsten ist alles unter ca. 120 Hz pures Rätselraten. Das Ergebnis ist meist ein viel zu bassbetonter Mix, dem jede Definition im Tiefbassbereich fehlt. Merke, ohne die passende Abhöre geht auch im Metal nichts!

– EQ

Echte EQ Einstellungstips zu geben ist faktisch unmöglich, da die Möglichkeiten viel zu vielschichtig sind, insbesondere wenn es um den Mittenbereich geht. Viele Mischer arbeiten mittlerweile mit ihren persönlichen „Golden Curves“, bei denen sie eine voreingestellte Frequenzkurve mit einem Summen-EQ nachzeichnen und am Analyzer kontrollieren. Dieses rein auf den Master ausgelegte Verhalten geht meistens zu Lasten der individuellen Instrumente und sorgt regelmäßig gerade bei High-Gain-Gitarren für einen deutlich zu hohen „Kratzanteil“. Ich empfehle den Analyser, generell nur für Kontrollzwecke zu benutzen und nicht als Starting-Point für die entsprechende Frequenzwahl.

Des Weiteren sollte man sich vor Augen führen, dass die meisten erfahrenen Tontechniker nicht durch das Boosten von Frequenzen, sondern durch die Rücknahme anderer Frequenzen arbeiten. Wer z. B. die Frequenz X im Pegel erhöhen möchte, erreicht dies auch durch die Rücknahme der Frequenzen Y und Z, allerdings in einem deutlich durchsichtigeren Klangbild. Ein guter Startpunkt für eine Summen-EQ-Einstellung ist auch das Anlernen der eigenen EQs durch den finalen Mix eines der präferierten Mixe in seiner Audiothek. Nahezu jede DAW bietet diese Möglichkeit innerhalb ihrer Plug-in-Struktur.

– Kompression/Limiter

Bekannt ist der immer noch ausgefochtene Loudness War, bei dem die Summen Limiter den Master Pegel bei 0 dB kleben lassen. Auch wenn immer wieder eine Besserung gelobt wurde, findet man die Abkehr von der o. g. Praxis so gut wie gar nicht, zu groß ist die Angst, man könnte als „Leiser“ als die Konkurrenz durchgehen. Sehr problematisch ist es zudem, wenn ein undurchsichtiger Mix auf ein „falsches“ Mastering trifft, bei dem die meist mittenbetonten Mixe auf einen übermäßig hart eingestellten Limiter treffen, der so zusätzliche Verzerrungen hinzufügt.

Ich empfehle generell, jegliche Form der optischen Unterstützung lediglich als Ergänzung zum eigenen Gehör zu nehmen, zu groß ist die Gefahr, dass man dem „Gesehenen“ mehr glaubt als dem „Gehörten“. Und als Abschluss lasst euch einmal einen Punkt durch den Kopf gehen. Warum brauch es mindestens 3 Jahre, um einen Lehrberuf zu erlernen und warum kommen bei einem Studium gerne einmal 6 Jahre oder mehr zusammen? Ganz einfach, weil es so lange braucht, bis man sein Handwerk beherrscht, wohlgemerkt ohne Erfahrungswerte.

Wer den Anspruch hat, nach 2 Jahren Instrumentalunterricht und ein paar Monaten „mischen am PC“ eine professionelle Produktion abliefern zu können, geht von einem völlig falschen Ansatz aus. Nur weil der größte Teil der Freunde diese Fehler oder Mängel nicht hört, heißt es nicht, dass man gut ist, in dem was man macht. Rückwirkend gesehen waren die ersten 5 Jahre, die ich selber am Pult gearbeitet habe, unter den heutigen Gesichtspunkten purer Schrott und erst nach ca. 10 Jahren habe ich Produktionen abgeliefert, die ich auch heute noch mit Stolz präsentieren kann.

Von daher, lasst euch Zeit mit dem Lernen, es lohnt sich!

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Forum
  1. Profilbild
    OscSync AHU

    Hm. Ich finde ein bißchen mehr hätte man schon auf´s Doppeln eingehen können. Mir ist kein anderes Genre bekannt, in dem Rhythmusgitarren so konsequent gedoppelt bis gevierfacht werden wie im Metal. Und der Hinweis, es beim Doppeln Gain eher zurückzunehmen, damit es druckvoll bleibt.

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @OscSync Das Zurücknehmen des Gains kenne ich auch so. So haben wir damals an der SAE gearbeitet. Statt eine High Gain-Gitarre nimmt man dann halt zwei bis drei Mid Gain-Gitarren auf. Der Unterschied ist extrem, weil mit jedem Prozent mehr Gain Dynamik und Definition schwinden. Eine Mid Gain-Verzerrung hat das aber alles noch. Riffs klingen dann am Ende druckvoller. Aber da hat jeder seine eigene Philosophie. Davon abgesehen will das Double Tracking auch gelernt sein. Wenn ein Gitarrist es kaum schafft, eine Aufnahme mit gutem Timing und ohne Nebengeräusche hinzubekommen, sollte er von Double Tracking lieber die Finger lassen (oder einfach mehr üben).

  2. Profilbild
    MusicChest

    „Nach oben hin ist das Frequenzspektrum der E-Gitarre aufgrund ihrer Haptik gleichgeblieben,..“

    Diese Ritt-Duftmarke made my day. 8)

  3. Profilbild
    Garfield Modular AHU

    Hallo Axel,

    Herzlichen Dank für deinen interessanten 3-Teilen-Serie-Artikeln! Ich habe es so gut und schnell gelesen als wäre es ein Top Krimi :-) Wirklich Super!

    Wenn es nicht zu viel gefragt ist, dann wäre mal ein Mixing & Mastering Engineering zehn (oder so) Teilen Artikeln mit deine Erfahrungen sehr interessant! :-D

    Noch mal vielen Dank und viele Grüße, Garfield.

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