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Black Box: Movement Systems MCS Percussion Computer (1981)

Sweet Dreams are made of Nascom

27. Mai 2023

Der Movement Systems MCS Percussion Computer ist wahrlich eine Rarität unter dem Obskuren. Es wurden von der ersten Version MKI ca. 10 und vom Nachfolger MKII ungefähr 50 gebaut – genaue Zahlen sind nicht verfügbar.

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Der Movement Systems MCS Percussion Computer hatte einen recht schweren Stand, obwohl er zu den ersten digitalen Drum-Computern gehörte. Denn kurz darauf waren LinnDrum (1982) und EMU Drumulator (1983) erhältlich. Und diese boten einen entscheidenden Vorteil: Sie fühlten sich wie Musikinstrumente an, währen der Movement Systems MCS Percussion Computer wie ein typischer Mikrokomputer der frühen 80er-Jahre daher kam. Und das in Look und Bedienung.

Basis des Movement Systems MCS Percussion Computer

Und tatsächlich, basierten beide Movement Systems MCS Percussion Computer Modelle auf dem 8 Bit Microcomputer von Nascom Microcomputers Ltd, dem Nascom-II, der 1980 auf den Markt kam. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass man noch Zusatz-Software erwerben konnte, um Tabellenkalkulationen oder Texte zu schreiben – ja, auch Spiele waren möglich.

Der Movement Systems MCS Percussion Computer MKI kam also 1981 für 1799 GBP (entspricht ca. 6798,- Euro heute) auf den Markt und benötigte noch einen extra Monitor. Der Nachfolger Movement Systems MCS Percussion Computer MKII kam dann als Einteiler mit integriertem Monitor in einem Gehäuse für 2300 GBP (entspricht ca. 8720,- Euro heute) auf den Markt. Und diese Version sieht aus, als käme sie direkt aus einem der Fallout-Spiele von Bethesda – das Design muss man einfach lieben. Andere Quellen sprechen von einem jeweiligem Einführungspreis von 1998,- GMP, was auch durch eine Werbeanzeige belegt werden kann.

In der letzten Auktion, die ich finden konnte (2021), ging der Movement Systems MCS Percussion Computer für 12000 GBP (=10950,34 Euro) unter den Hammer – beachtlich.

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Technisch gesehen basierte der Movement Systems MCS Percussion Computer auf einem Z-80 Microprozessor, dem 32 k RAM zur Verfügung standen, und der keine Pixel-Grafik darstellen konnte – nur Zeichen. Für die Eingabe der Daten war eben die Tastatur zuständig und der Klang kam aus 14 Modulen. Diese waren eine Kombination aus analoger Hybrid-Technik und digitalem 8 Bit Sampler, die aus einem Eprom eingelesen wurden. Die Tonhöhe der Samples wurde einfach durch die Auslesegeschwindigkeit der Eproms manipuliert. Die Firma Movement Systems bot auch den Service an, die Eproms mit Nutzer-Samples zu programmieren – man musste nur ein Tonband einschicken und einen Aufpreis von 22 GBP (entspricht ca. 83,- Euro heute) zahlen.

Technisch gesehen sind im Movement Systems MCS Percussion Computer MKII lediglich 7 Karten, aber zwei Stimmen sind jeweils auf einer Voice-Karte zusammengefasst. Es standen aber tatsächlich 28 Sounds zur Verfügung. Jede Voice konnte umgeschaltet werden zwischen „Synth“ (hybrid analog) und „Real“ (8 Bit Sample).

Die Sounds des Movement Systems MCS Drumcomputers

In den Synth-Voices arbeitete ein altbekannter Chip im Movement Systems MCS Percussion Computer. Der in Arcade- und Home-Computer Anfang der 80er viel genutzte AY38910, wenn man den Quellen glauben darf (überhaupt gestaltet sich die Recherche schwierig, da es nicht viele Quellen gibt). Hinter dessen 4 Bit logarithmischem DA-Wandler kam dann ein analoges Filter. Logarithmisch heißt in diesem Fall, dass die unteren Stufen eine kleinere Schrittweite in Volt haben als die oberen, so dass die Dynamik besser ausgenutzt werden kann.

Nach diesem Sound-Beispiel zu urteilen, kommt das aber sehr wohl hin, es klingt doch sehr Arcade-mäßig. Dass in dem Beispiel die Tonhöhen der Sample-Instrumente individuell von außen gesteuert werden können, ist allerdings eine Modifikation der Werkstatt.

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Hier mal eine Auflistung der einzelnen Sounds.

Instrumente Top Real

  • Hi-Hat close,
  • Hi-Hat open,
  • Bell tap,
  • Cymbal,
  • Short Cymbal tap,
  • Cowbell,
  • ? (hier konnte ich keine Angaben finden)

Instrumente Top Synth

Für die Grundschwingungsform wurde ein Teil der Eprom-HiHats bzw. -Cymbals geloopt und dann analog nachbearbeitet, sodass ein variablersDecay für Synth-Voices und auch Pitch für Samples möglich war.

Davon gab es dann je zwei Varianten für HiHats und Cymbals.

Die restlichen drei Sounds waren

  • ein resonanter Noise-Sweep,
  • resonantes Noise mit feststehendem Pitch,
  • Clave.

Movement Systems MCS Percussion Computer - Page ansicht

Instrumente Bottom Real

  • Bass drum,
  • Low Tom,
  • Mid Tom,
  • High Tom,
  • kurze Snare,
  • lange Snare,
  • Tambourine.

Instrumente Bottom Synth

  • Bass Drum,
  • Low Syndrum,
  • Mid Syndrum,
  • High Syndrum,
  • Snare mit High Noise
  • Snare mit Low Noise
  • Snare mit einem High-Pitch-Tweak

Dabei gilt immer „Entweder-Oder“. Es kann in einem Teilmodul also entweder Real- oder Synth-Tonerzeugung genutzt werden. Die Movement Systems MCS Percussion Computer MKI hatte eine andere Aufteilung. Hier gab es lediglich 5 Sample-Voices und 9 Synth-Voices.

Im Gegensatz zu einer 808 z. B. waren aber die Einstellungsmöglichkeiten der einzelnen Instrumente sehr beschränkt. Es gab pro Voice neben dem REAL/SYNTH-Schalter ein Poti für Pitch (REAL) bzw. Sustain (SYNTH), und einen Volume-Regler. Dann noch einen Schalter für das Trigger-Verhalten; also ob eine Triggerausgabe bei Spielen des oberen oder des unteren Moduls stattfinden sollte.

Anschlüsse satt – Movement Systems MCS Percussion Computer, Rückseite

Apropos Modifikation. Da Movement Systems eine sehr kleine Firma war, bestehend aus Dave Goodway und John Dickenson und später noch Jonathan (JJ) Jowitt, konnte man entsprechend auf Kundenwünsche eingehen. Wie hier zu sehen, wurden Einzelausgänge und Trigger-Eingänge nachgerüstet (obwohl ich hier eher auf eine neuerliche Modifikation tippe, da man unten rechts eine Steckerbuchse mit der Überschrift „CV to Pitch“ sehen kann – ganz so wie in dem Sound-Beispiel oben vom Hideaway Studio).

Diese Einzelausgänge waren zwar auch in der Standard-Version enthalten, jedoch als DB-25-Buchsen, so dass man zwingend eine Kabelpeitsche benötigte. Neben Einzelausgängen finden sich eben noch Trigger Ein- und Ausgänge (nicht Anschlagsdynamisch).

Es gab noch Clock-Sync-I/O, ein Cassetten-Interface sowie einen Stereo-Mix-Ausgang samt Monosummierung. Auch an externe Monitore wurde gedacht und man konnte sowohl einen Video-Monitor, als auch einen einfachen Fernseher anschließen. Alles in allem eine volle Ausstattung. Wer hier MIDI vermisst, liegt richtig. Denn der Standard wurde ja erst im November 1982 vorgestellt. Der Movement Systems MCS Percussion Computer erhielt erst 1984 seine MIDI-Schnittstelle

Movement Systems MCS Percussion Computer Software

Movement Systems MCS Percussion Computer - Front detail

Auch hier ist es schwierig, Genaueres in Erfahrung zu bringen. Aber generell konnten Patterns programmiert werden, um dann zu einem Song zusammengesetzt zu werden – also nicht viel anders als heute auch. Dazu wurden ausgehend von einer Bildschirmansicht die entsprechenden Trigger-Tasten betätigt, um die Steps zu setzen. Sogar Flams und Rolls konnten genutzt werden.

Auch Akzente konnten gesetzt werden, deren Stärke durch das links neben dem Bildschirm angebrachte Modul eingestellt werden konnte. Hier konnte auch die Master-Tonhöhe der HiHat- und Cymbal-Samples eingestellt werden

Movement Systems MCS Percussion Computer – Nutzer der ersten Stunde

Das sieht doch nach einem sehr potenten Gerät aus, und so verwundert es auch nicht, dass es zu der Zeit viele angesagte Künstler nutzten. Prominentes Beispiel ist hier sicherlich der Auftritt der Movement Systems MCS Percussion Computer MKI im Music-Video „Sweet Dreams“ von Eurythmics, …

Hier im Bild der Movement Systems Drum-Computer

… wo David A. Stewart ständig damit beschäftigt ist, wichtige Daten in die MKI-Version einzugeben, während ihm eine Kuh lässig über die Schulter schaut.

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Aber auch Größen wie Phill Collins nutzen das Gerät, nach eigenen Angaben aber häufig nur für den Schreibprozess eines Stückes. Später wurden dann meist echte Drums oder Percussion genommen. Lediglich in „I Don’t Care Anymore“ und „Do You Know, Do You Care?“ waren originale Sounds des Gerätes zu hören. Phil Collins bezeichnete den Movement Systems MCS Percussion Computer dann auch als „englische Version des Linn Drumcomputers“.

Er gehört ebenfalls zu den prominenten Kritikern des Service der Firma Movement Systems. Die haben ihm früh eine MK-II Version versprochen, die jedoch Monate auf sich warten ließ, während die Hersteller auf Teile aus Japan warteten. Allerdings hatte er bereits seine Custom-Eproms mit DEN Drum-Sounds von „In The Air“ / „Intruder“. Das bezieht sich auf den berüchtigten 80s Gated-Reverb-Sound, dessen Entdeckung wohl ein Zufall war (siehe Link im Anhang) – was diese Eproms heute wohl Wert sind?

Als weiteres Beispiel sei noch John Foxx, der Gründer von Ultravoxx, genannt, der auf seinem 1981er Soloalbum „Garden“ den Movement Systems MCS Percussion Computer sehr gut hörbar auf dem Lied „Paternoster“ nutzt.

Aber auch Kim Wilde oder Hot Choclate, aber auch Chemical Brothers und Aphex Twin nutzen den Movement Systems MCS Percussion Computer.

Der MCS Percussion Computer on YouTube

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Fazit

Der Movement Systems MCS Percussion Computer war sicherlich ein Vorreiter, gerade der früh erschienene MKI. Aber die etwas klobige Präsentation und die zwingende Nutzung eines Monitors machten das Gerät schnell zu einem Außenseiter in einer Zeit, in der sich Lebenszyklen von elektronischen Instrumenten in Monaten rechnen ließen – und das nicht nur weil es eine neue Version mit größerem Display gab.

Aber Eigenschaften, wie ein programmierbares Eprom, bot eben auch der direkte Konkurrent LinnDrum, dessen Verkaufszahlen auch eine deutliche Sprache sprechen (ca. 5000 verkaufte Einheiten). Diese kam ohne Display aus und kam auch stilistisch viel abgebrühter daher. Man könnte bei dem Design glatt von einem zeitlosen Klassiker reden – alleine die Holzseitenteile.

Aber ich denke, das war nicht der eigentliche Grund für dien mäßigen Erfolg des Movement Systems MCS Percussion Computer. Es war eher der Klang. Vince Clarke berichtet davon, dass die Samples die man einschickt nicht wirklich so klingen, wenn man sie auf das Eprom gebrannt bekommt. Auch ist die Nutzung eines Synth-Chips, der hauptsächlich für Arkade-Maschinen und Home-Computer zum Einsatz kam vlt. nicht die beste Wahl gewesen. Im Nachhinein erfrischend retro – aber zu dieser Zeit ging es darum, „echte“ Drum-Sounds zu haben.

Theoretisch wäre es möglich gewesen, die Synth-Chips über die Software anders zu programmieren, aber der Grundcharakter wäre gleich geblieben. Auch wurde eine Sampling-Option für Nutzer in Aussicht gestellt – aber nie verwirklicht. Und so wurde der Movement Systems MCS Percussion Computer schnell von seinen Mitbewerbern überholt.

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Forum
  1. Profilbild
    ollo AHU

    Gutes Timing, ich habe letztens erst das Sweet Dreams Video gesehen und mich gefragt, was das eigentlich für eine Kiste ist.

    • Profilbild
      Filterpad AHU 1

      @ollo Ich dachte auch immer das der an einem PC (z.B. Apple I oder II) tippt. Wäre mir nie in den Sinn gekommen das dies ein Drumcomputer sein könnte. Sweet Dreams hat auch nach über 40 Jahren immer noch eine Überraschung parat. 😂

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