Praxistest Digitech PDS-8000: Ne Menge Delay mit digitalem Lofi
Wie verwandelt man einen klassischen Funk-Groove in Industrial-Braindance mit einem Gitarrenpedal?
„Welches Pedal?“ dürfte aus der Überschrift klar sein, „wie gehts?“ – dazu später mehr, aber bis dahin für die Leser die Bonusfrage „Welcher Groove“?
Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte zum Digitech PDS-8000
Man schrieb die zweite Hälfte der Achtziger, und nachdem die Studio- und Synthwelt schon recht begeistert angefangen hatte, „digital“ als the Next Big Thing anzunehmen, begannen Hersteller auch damit, Gitarristen (typischerweise eher altmodische Snobs) zu überzeugen zu versuchen. Das galt natürlich auch für DOD/digitech. Und was bot sich fürs Überzeugen einer eher skeptischen Zielgruppe an? Leistungsdaten, z.B. Delays, deren Delayzeit nicht mehr in 100ms, sondern in Sekunden gemessen wurde.
Es gab die RDS/PDS-Serie, was für „Rack Delay Sampler“ und „Pedal Delay Sampler“ stand. Während bei den Rackdingern immer ein LFO dabei war, was Chorus/Flanger/Phaser-Effekte ermöglichte, und der Frequenzgang doppelt so weit nach oben ging, hatten Pedale wie Rackdinger gemein:
- Eine Delayzeit von (bei den Spitzenmodellen) 7,6 bzw. 8 Sekunden,
- Die Möglichkeit, den Delayinhalt per Trigger zu samplen,
- und dann per Trigger einmal wiederzugeben.
Varianten waren bei den Rackmodellen Länge der Delayzeit, bei den Pedalen gabs einige Doppelpedale mit Delay und Distortion oder Delay und Flanger. Und heute gehts um das Pedal-„Spitzenmodell“ PDS-8000 mit 8 Sekunden Delayzeit.
Eigenschaften und technische Daten
Das Pedal hat eine Größe von ca. 150x125x70mm (inkl. Regler). Es gibt 2 Fußschalter (Bypass und Trigger/Infinite) sowie Regler für Delayzeit, Regen (Feedback), Mix sowie Input- und Output-Level – letzteres ist schön für alle, die das Ding außerhalb des Gitarrenspektrums verwenden wollen. Dazu kommt ein Schalter für die Delaybereiche:
- 125-500ms,
- 500-2000ms,
- 2-8s.
Ich hab‘ bei meinem Exemplar mal die maximale Delayzeit nachgemessen: 8.56s. Also sogar ein bisserl mehr.
Ganz kurze Slapbacks und Karplus-Strong-Sachen sind damit also schonmal nicht möglich.
Digitech weist darauf hin, daß das Pedal einige Sekunden zum Initialisieren des Speichers braucht: bis zu 19 Sekunden beim Einschalten und 8-9 Sekunden beim Umschalten der Delayzeit.
Der Signal/Rauschabstand ist mit 85dB angegeben, der Frequenzgang mit 40Hz-7kHz für das Delay-Signal (fürs trockene Signal stehen 15Hz-40(!)kHz, was ich nicht überprüft habe).
Den Frequenzgang habe ich mir mal angeschaut: zu sehen sind weißes Rauschen der Quelldatei (lila), Pedal mit Mix 0% (rot) und Pedal mit Mix 100% (blau). Die angegebenen 7kHz scheinen dabei nicht der Cutoff, sondern der -6dB-Punkt zu sein, danach gehts mit gut 30dB/Oktave nach unten.
Funktion
Das Gerät kennt drei Modi:
Delay
Ein ganz normales Delay, mit dem Gimmick, daß man das Delay einfrieren kann. Der Delayinhalt bleibt also ad infinitum erhalten (das ist nicht „Feedback 100%“, dazu später mehr).
Sample
Mit einem Pedaldruck auf Infinite Repeat (oder einem 5V-Trigger über eine Buchse) kann man die Aufzeichnung triggern, dann schaltet das Ding automatisch auf Infinite Repeat
Trigger
Der Delayinhalt wird wenn man das Pedal drückt/per Buchse triggert genau einmal wiedergegeben.
Nachdem wir uns doch schon recht fortgeschritten im 21. Jahrhundert befinden, habe ich mit den Sample/Tigger-Modi nicht rumgespielt. Alles folgende bezieht sich also auf den normalen Modus.
Besonderheiten
Zum einen ist das Delay ein Varispeed-Delay, d.h. spielt man was ins Delay und dreht dann an der Delay-Zeit, so wird alles schneller/höher bzw. tiefer/langsamer. Damit entspricht das PDS der Funktionsweise der bekannten BBDs.
Zum zweiten wird das Ding zwar als „digital“ verkauft, aber ähnlich wie manche Synths und Sampler aus der Epoche ist es eher „hybrid“: der Digitalteil ist anscheinend ein Speicher mit Wandler davor und danach, Anti-Aliasing und Feedback passiert analog. Was dazu führt, daß man das Ding ähnlich wie BBDs in die Verzerrung treiben kann, die aber eben nicht digital ist.
(Was im übrigen auch dazu führt, daß obwohl der Varispeed-Effekt darauf hindeutet, daß sich bei kurzen Delayzeiten die Samplerate erhöht, der Frequenzgang immer gleich niedrig bleibt. Vielleicht wäre das was für Circuitbender?)
Und der leicht angerzerrte 80er-Transistorsound kann eine schöne Ergänzung gerade zu irgendwelchen analogen Synths oder so sein. In diesem Sinne: Klangbeispiele.
Gitarrespielen
Nachdem so Ambient-Loop-Delaysachen nicht nur wegen weiland Fripp gern mit Gitarrenmusik verbunden werden, habe ich ein paar Töne ins Pedal gespielt und dann am Pedal rumgespielt. Signalfluß: Gitarre nackt ins Pult Hi-Z, ins Pedal und aufgenommen wurde der Pedalausgang.
Gut erkennbar (und für mich in dem Beispiel als negativ zu erkennen) ist der Verlust der Höhen auf dem Delay-Signal. Umgekehrt gedacht: als Acht-Sekunden-Delay für ne Bassgitarre wäre es vielleicht der Hit. Ebenso gut erkennbar: was man mit Veränderung der Delay-Zeit und Feedback >100% so machen kann.
Funk Groove Revisited
Jetzt gehts zurück zur klanglichen Spinnerei vom Anfang: halbrechts ist der programmierte Drumgroove, halblinks das Pedal. Dabei habe ich versucht, ungefähr die Delayzeit richtig einzustellen (sowas wie Zeitdisplay und Tap Tempo gibts ja nicht), und dann irgendwann den Drumcomputer auszuschalten und wiederum die schrägen Möglichkeiten des PDS 8000 zu nutzen.
Und spätestens jetzt wirds klar, wie der Teaser am Anfang gemacht war: die unterschiedlichen Drumparts bei unterschiedlicher Delayzeit reingespielt.
Wird das jetzt der neue Bad Monkey Hype?
Danke für den schönen Lesestoff! Gar nicht uninteressant das Teil! Liegt in der Bucht bei etwa 600€, was das alles natürlich wieder relativiert! 😂
Danke für den wertschätzenden Kommentar, ebenso wie zum Hinweis zu aktuellen Marktpreisen.
Ich hatte jetzt dochnochmal recherchiert, wann ich wieviel gezahlt hatte: gut 110€ vor knapp 10 Jahren. Und ja, das würde ich wahrscheinlich wieder ausgeben, wenn ich das Ding nicht schon hätte. Umgekehrt: den gut fünffachen Betrag wärs mir nicht wert…