Die Synthesizerwelt trauert: Manuel Göttsching (70) hat seine kosmische Adresse geändert
Soeben erreichte uns eine Nachricht, die alle Freunde der elektronischen Musik traurig stimmen wird. Manuel Göttsching ist am 04.12.2022 verstorben. Er wurde 70 Jahre alt. Manuel Göttsching war ein Teil der musikalischen Bewegung, die im Ausland liebevoll Krautrock, Berliner Schule oder Space Rock genannt wird und ab den späten 1960er-Jahren ihren Siegeszug um die Welt antrat. Ganze Generationen von Musikschaffenden ließen sich von dieser Bewegung beeinflussen. Ihre Spuren findet man z. B. in der Musik von David Bowie und Pink Floyd.
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Schon als Teenager hatte Manuel Göttsching Gitarrenunterricht und mit der Gitarre war er auch immer auf der Bühne zu sehen. 1971 nahm er mit Hartmut Enke und Klaus Schulze das erste Ash Ra Tempel Album unter der Regie von Conny Plank auf. Ash Ra Tempel wurde das erste erfolgreiche Projekt, an dem Manuel Göttsching beteiligt war. Die Band erlebte viele Umbesetzungen, deren Kern aber immer Manuel Göttsching war. Prominente Gäste und Bandmitglieder waren z. B. Timothy Leary, Harald Großkopf, Klaus Schulze, Steve Baltes, Dieter Dierks usw. Ash Ra Tempel wurde in all den Jahrzehnten nie eingestellt und immer wieder neu belebt. Neben seinen Solo-Werken produzierte Manuel Göttsching Filmmusik oder machte Musik für Modeschauen. Er kooperierte mit vielen anderen Musikern, wie z. B Alphaville, Klaus Schulze oder der Kultband The Comic Jokers.
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1974 gründete Manuel Göttsching sein Studio Roma, das bis zuletzt von ihm genutzt wurde. Dort nahm er sein erstes Solo-Album Inventions For Electric Guitar auf, dem viele weitere folgen sollten. 1981 entstand das Album E2-E4, welches erst 1984 veröffentlicht wurde. Damals wurde diesem Album keine Aufmerksamkeit geschenkt. E2-E4 gewann erst an Bedeutung, als in den 2000ern die Techno-Bewegung dieses Werk für sich entdeckte. Das Album enthält alle Elemente, die einen typischen Techno-, House- und Dub-Track ausmacht und überzeugt durch seine repetitiven melodiösen Sequenzen, die niemals langweilig werden.
Dazu gesellt sich ein „Four To The Floor“ Beat, der das Stück für elektronische Tanzmusik anschlussfähig macht. Diese Elemente erlauben es, das Stück ohne größere Schwierigkeiten in ein aktuelles elektronisches DJ-Set zu integrieren. 2004 wurde das Werk mit dem Zeitkratzer Ensemble an der Berliner Volksbühne aufgeführt und zum 25. Jubiläum wurde das Werk von Manuel Göttsching im Berliner Club Berghain gespielt. Zuletzt führte er E2-E4 2018 in Hamburg auf. Das letzte Konzert gab er mit Hans-Joachim Roedelius am 26.09.2021 in Berlin, was gleichzeitig das erste Konzert war, das sie je miteinander spielten.
https://www.youtube.com/watch?v=ys0HyevZpQg
Erstaunlich ist, dass es Manuel Göttsching schaffte, seinen E-Gitarren- und Synthesizer-Sound auf eine harmonische Art und Weise miteinander zu verbinden. Einige Musiker und Musikerinnen tendieren dazu, eines der Instrumente, für das sie bekannt sind, in den Mittelpunkt zu stellen. Bei Manuel Göttsching hat man nie das Gefühl, dass ein Instrument wichtiger ist als das andere. Natürlich ist es erstaunlich, welche musikalische Wendungen die Band Ash Ra Temple durchgemacht hat. Es wäre einfach gewesen, über all die Jahre Rock orientierte Alben aufzunehmen, aber dieses Konzept passt nicht in die Generation der Musiker und Musikerinnen, die diese Aufbruchsstimmung in Deutschland erleben durften.
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Es waren keine musikalischen Grenzen vorhanden, experimentieren war nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht. Dadurch ist Musik entstanden, die erst in den letzten Jahren in seinem Ursprungsland richtig gewürdigt wurde. Ich erinnere mich noch an einem Auftritt von David Bowie im deutschen Fernsehen in den 1990er-Jahren. Er fragte das Publikum nach all diesen Bands aus der Krautrockbewegung und Berliner Schule und aus dem Publikum kam nur Schweigen. Doch im Ausland waren sie schon längst Legenden, auch Manuel Göttsching. Er erzählte einmal, dass jedes Jahr ausländische Filmteams bei ihm vorbeikommen, aber in Deutschland eher weniger Interesse an seinem Werk bestehe. Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass auch Manuel Göttsching ein wichtiger Musiker und Komponist war, dessen Werke die Zeiten überdauern werden.
Ruhe in Frieden, Manuel Göttsching.
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E2-E4 hab ich auch erst spät endeckt, einfach der Wahnsinn.
Besonders, wenn man bedenkt, dass es schon 1981 entstanden ist.
Sueño Latino kannte ich, aber wusste nicht, dass es gesampelt war.
Wieder eine traurige Nachricht.
Noch eine Legende von uns gegangen.
R.I.P. Manuel Göttsching
Noch eine sehr traurige Nachricht. Was ist nur los? 😪
R.I.F. Manuel Göttsching
PS: Ich fürchte, ich darf jetzt das Album »Friendship« (grandios) mit Klaus Schulze erst einmal eine Weile nicht hören. Sonst fange ich unkontrolliert zu heulen an.
@Flowwater Tue es jetzt erst recht Flowwater!
Geniesse die Musik und lass Deine Gedanken bei seiner Musik!
Manuel hätte es sich so gewünscht, da bin ich mir sehr, sehr sicher!
LG
@Camel Hast Recht!
Lieber Manuel,
ich wünsche Dir weiterhin eine wundervolle Reise in den musikalischen Kosmos!
Dein wunderbares Album „Blackouts“ war 1978 für mich der Einstieg in die Welt der
elektronischen Musik.
Deine Guitar -Sequenzen, Arpeggios- und Melody-Lines dazu,
einfach unbeschreiblich und wunderschön anzuhören.
„77 Slightly Delayed“… „Midnight On Mars“…
Es war immer eine sehr schöne, musikalische Reise mit Deiner Musik.
Ich hoffe, seine neue kosmische Adresse ist nicht allzu weit entfernt von der Klaus Schulzes, damit die beiden auch im Endless Space weiter zusammen Musik machen können…
Ruhe in Frieden
Gleich mal E-2-E4 anwerfen…
@Redaktion: Am 11.12. starb auch Angelo Badalamenti, vielleicht schreibt jemand ja auch für ihn och einen Nachruf. Für mich einer der wichtigsten Filmmusikkomponisten.
@Sven Blau > Am 11.12. starb auch Angelo Badalamenti […]
Der ist AUCH gestorben?!? Ach Mensch … das darf echt nicht wahr sein. 😪
David Lynch hat ihn einmal als Schauspieler in einer kleinen Szene in einem seiner Filme wirken lassen. Ich kann mich noch hervorragend an seinen Auftritt in »Mulholland Drive« erinnern, wo er bei einem Meeting von Filmproduzenten einen Espresso verschmäht. Und vor allem die Art und Weise, WIE er ihn verschmäht. Neben der Musik für »Twin Peaks« wird mir das ewig im Gedächtnis bleiben.
@Flowwater Eine der memorabelsten Szenen des Films. Danke für diese Info, ich wusste nicht, dass das Badalamenti ist! Was ich mir als Besitzer eines Roland MKS-70 nicht verkneifen konnte war, die abwärtssteigenden Mollakkorde des Hauptthemas nachzuspielen (mit dem passenden Werkspreset, das er anscheinend verwendet hat). Guter Mann, der Angelo…
@Hyboid Ich dachte immer, es sei ein JX8P gewesen, zumindest auf Twin Peaks – Preset müsste „Lo Strings“ gewesen sein…
Aber ist ja auch wurscht :)
@Sven Blau Der MKS-70 ist ja ein JX-10 im Rack, also = 2* JX-8P (mit kleinen Unterschieden). Stimmt, „Lo Strings“ kommt mir bekannt vor!
@Hyboid Stimmt! Hatte den mit Rack Jupi 8 verwechselt (MKS80). Dann schließt sich ja der Kreis.
@Sven Blau Sehr schade. Tatsächlich steht bei mir die E2-E4 Scheibe schon seit 30 Jahren im Plattenregal.
Da wird es wieder mal Zeit reinzuhören.
Sehr traurig! Ich habe 2012 in Mönchengladbach einen der eher seltenen Live-Auftritte von Manuel erlebt. Es war ein schönes Konzert! Bei aller Popularität des genialen „E2-E4“ sollte man sich auch noch mal die „Inventions For Electric Guitar“ von 1975 auf den Schirm holen. Auf diesem Album ist ausschließlich Gitarre zu hören (natürlich mit jeder Menge Effekteinsatz). Wirklich geniale Klanglandschaften. Er wird uns fehlen. Ein herber Verlust… Gute Reise, Manuel!
Danke für deine Musik !
plötzlich und unerwartet …