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Musikproduzent Legende: Conny Plank (Kraftwerk, Scorpions, Eurythmics) Teil 1

Der Producer-Papst aus Wolperath

23. März 2022

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Konrad „Conny“ Plank? Wo fange ich da nur an? Ganz schnöde mit einer Liste der Bands, die er als Produzent und/oder Toningenieur betreut hat? Simples Namedropping mit Kraftwerk, Eurythmics, Brian Eno, Hannes Wader, Ultravox, DAF, Scorpions, Ideal, Gianna Nannini, Guru Guru, Neu!, Killing Joke, Rheingold, Can, La Düsseldorf und viele andere mehr? Nein, das würde ihm nicht gerecht werden. Vielleicht doch lieber mit den bekannten Anekdoten – dass er die Anfragen von U2 und David Bowie rundweg abgelehnt hatte, dass seine Lebensgefährtin Christa angeblich vor den Augen von Killing Joke ein rohes Steak gefrühstückt hatte, um ihre Autorität zu unterstreichen und die Jungs davon abzuhalten, das Studio zu zerlegen? Nein, das wäre zu viel buntes Blatt zu Beginn und würde nichts über die Bedeutung von Conny Plank sagen, der als einer der innovativsten Produzenten der 70er und 80er Jahre gilt. Nicht wenige der von ihm produzierten Alben waren wegweisend und sind noch heute zeitlos lebendig. Wer also war dieser Mann, der als Starkstrom-Ingenieur begann und zu einem der ganz Großen der deutschen Musikgeschichte wurde? Machen wir uns auf die Spur und beginnen einfach ganz von vorne.

Intermezzo: Noch ein Vorwort

Als ich hier im letzten Jahr im August einen längeren (ok – sehr viel längeren) Artikel zu der Entstehung des Kraftwerk-Albums „Autobahn“ geschrieben hatte, wurde in den Kommentaren der Wunsch geäußert, doch auch noch ein weiteres „Making of“ zum Album „Electric Café“ zu verfassen – und noch einen Artikel zu Conny Plank. „Einen könnte ich machen“, sagte ich. „Mach beide“, beschied mir unser Chefredakteur Peter Grandl. Aber während ich das „Electric Café“ dann schon gut einen Monat später fertig hatte, ging ich mit dem Plank-Beitrag lange schwanger. Je tiefer ich in die Materie eintauchte, desto vielschichtiger wurde das Thema, wurden auch die Person Conny Plank und sein Wirken immer komplexer. Am Ende hatte ich mir dann rund 40 Seiten an Notizen und Zitaten zusammengeschrieben, Webseiten gesichtet, Filme geschaut, sich widersprechende Informationen sortiert (und falsche gestrichen) und versucht, einen Weg durch das Dickicht zu schlagen und durch viele Zitate von Mitstreitern, Weggefährten und Freunden ein möglichst lebendiges Bild von Conny Plank entstehen zu lassen. Ja, am Ende sprengt der Artikel den üblichen Rahmen bei weitem. Aber wenn ihr beim Lesen nur halb so viel Spaß habt wie ich beim Schreiben – dann hat sich die Sache gelohnt. Und nun los.

Conny Plank: Die frühen Jahre

Konrad Plank wurde als zweites von fünf Kindern am 3. Mai 1940 in Hütschenhausen bei Kaiserslautern geboren und wuchs im Nachkriegsdeutschland auf. Sein Vater war musikbegeistert und arbeitete als Musiklehrer und als Organist in der örtlichen  katholischen Kirche. Über seine Kindheit ist nur wenig bekannt. Seine Geschwister erzählten mal, dass Conny Planks Verhältnis zu seinem Vater wohl nicht ganz einfach war. Was vielleicht auch daran lag, dass der Vater ein Fan klassischer Musik war, während es für Conny nur die Jazzmusik der amerikanischen Radiosender in Deutschland gab. Er selbst erinnerte sich in einem Interview mit seinem Freund Erich Werwie:

In meinem Elternhaus bin ich eigentlich sehr von der klassischen Musik geprägt worden. Mein Vater war Organist in einer Kirche, und in einem Streichquartett hat er Bratsche gespielt. (Aber) ich lernte mit sechs schon an Knöppen drehen, am Radioapparat. Und fand heraus, dass die Militärsender zu der Zeit immer scharfe Musik spielten.

1957 begann er seine musikalische Karriere als Jazzmusiker und spielte in Dixieland- und Jazzbands Trompete und Gitarre. Allerdings mehr auf der Hobby-Amateurschiene, so dass er erst ein Studium als Starkstrom-Ingenieur begann, dann aber auf Toningenieur wechselte.

Erste Station: Europawelle Saar (1964-1967)

1964 hatte er seine erste Anstellung als Sendetechniker bei der Europawelle Saar. Knapp drei Jahre hielt er es bei dem Öffentlich-Rechtlichen aus (wo er sich – so sagen einige Quellen – dann auch zum Tonmeister ausbilden ließ), dann hatte er die Nase voll, es war ihm einfach nicht kreativ genug. Immerhin aber nutzte er die Zeit, wie sich Plank 1979 in einer SR-Doku erinnerte:

Zu der Zeit war ich in Wortproduktionen eingespannt. In jeder freien Minute hab ich mich in ein Studio eingesperrt und hab mit Bändern rumexperimentiert, mit Filtern gespielt, mit Feedbacks. Hab mir gedacht, das ist ein toller Effekt, den merk ich mir mal, wenn ich in die Situation kommen sollte, Platten zu produzieren.

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Conny Plank Rhenus Studio Köln

Erste größere Aufgaben in Köln (1967 – 1970)

So wechselte er 1967 nach Köln in das Rhenusstudio, das kurz zuvor in den Werksräumen einer stillgelegten Raffinerie in Köln-Godorf eröffnet worden war; das gehörte dem Mann der Schlagersängerin Margot Eskens (heute steht da übrigens ein IKEA). Dort traf er auf seinen Mentor, den Tonmeister Wolfgang Hirschmann, der auch der langjährige Leiter der WDR Big Band war. „Den Conny habe ich kennengelernt als unheimlich breit orientiert, neugierig, wissensdurstig“, erinnert er sich später in der sehenswerten Doku „Conny Plank – Mein Vater, der Klangvisionär“, die Connys Sohn Stephan 2017 gedreht hatte. Er betraute Conny Plank dann auch mit größeren, verantwortungsvolleren Aufgaben. So setzte er ihn 1969 zum Beispiel als Toningenieur-Assistent bei den Konzerten von Marlene Dietrich ein und war am 9. Juli 1970 (so der Vermerk auf den Bändern – Wikipedia dagegen nennt den 27.April) sogar der verantwortliche Toningenieur bei einer Session von Duke Ellington, die im Rhenus Studio aufgezeichnet wurde.

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Planks Lebensgefährtin Christa Fast erzählte später, dass Duke Ellington lediglich einen Ort zum Proben in Köln gesucht habe. Conny habe daraufhin im Rhenus Studio angefragt, ob es ok sei, dass Ellington die Räume dort nutze und den Duke gefragt, ob er die Probesession ganz unauffällig mit einem Stereopaar Mikrofone dokumentieren dürfe. In einer anderen Version heißt es, dass Ellington von sich aus das Rhenus Studio für Stockpile-Aufnahmen gemietet und Conny Plank als Soundmann engagiert habe. So oder so war Duke Ellington mit dem Ergebnis zufrieden, was Plank als Jazz- und Ellington-Fan überaus freute und ihn anspornte. Die Aufnahme wurde (sehr viel) später im Nachlass von Conny Plank gefunden und bei Grönland Records veröffentlicht.

Oftmals ist auch zu lesen, dass Plank zu dieser Zeit auch für den WDR gearbeitet habe oder der Assistent von Karlheinz Stockhausen und Mauricio Kagel gewesen sei. Richtig ist vielmehr, dass er – als Mitarbeiter der Rhenus Studios – als eine Art  Verbindungsmann zwischen dem WDR und dem Studio fungierte. Die Aufnahmen jedenfalls (Kurzwellen Record 2 (Stockhausen, 8./9. April 1969), Der Schall (Kagel, 5./6. November 1969) und Acustica, Kagel, 18./31. Januar 1971) fanden wohl ohne direkte Beteiligung von Conny Plank statt.

Conny Planks erste eigene Produktionen

In der Zeit begann Conny Plank auch, ab dem Abend und nachts, wenn das Studio nicht belegt war, damals unbekannte Bands ins Studio zu holen. Der Musiker Eberhard Kranemann meint:

„Dort wurden tagsüber Schlager aufgenommen, und nachts nutzte Plank das leere Studio für Aufnahmen mit befreundeten Künstlern.“ (ElectriCity, S.42) Und Wolfgang Hirschmann erinnert sich: „Fünf, halb sechs haben wir meistens aufgehört, wenn wir dort waren, und da war es auch schon ein bisschen düster. Und dann kommen da irgend solche Gestalten, geduckt von links in den Regieraum durch, rechts in den anderen Raum und waren weg. Ich hab gefragt „Wer ist das“ und hab mich zurückgehalten. Bis ich herausgefunden hab, dass das die ersten beiden Typen waren von Kraftwerk.“

Die damals aber noch nicht Kraftwerk, sondern „Organisation“ hießen (Eigentlich „Organisation zur Verwirklichung gemeinsamer Musikkonzepte“, aber das war zu lang). Mit ihnen produzierte Plank ihr erstes und einziges Album „Tone Float“. Eine nette Geschichte besagt, dass er das in den Hallen der Raffinerie neben einem stillgelegten Kraftwerk aufgenommen habe, weil dort die Hall-Effekte am natürlichsten seien – und dass Ralf Hütter und Florian Schneider deshalb dann später den Namen von „Organisation“ zu „Kraftwerk“ geändert hätten. Ob das tatsächlich stimmt, weiß wohl nur Ralf Hütter – aber eine nette Geschichte ist es in jedem Fall.

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Noch während seiner Kölner Zeit nahm Plank dann auch im Juli/August 1970 das erste offizielle Kraftwerk-Album auf, allerdings nicht im Rhenus Studio, sondern im Kraftwerkstudio in der Düsseldorfer Mintropstraße. Das Debütalbum war noch ganz populärer Krautrock, blieb aber immerhin fünf Wochen in den Charts und erreichte dort Platz 30.

Eine willkommene Abwechslung für Conny Plank, der es tagsüber viel musikalischen Unsinn an der Backe hatte. Eberhard Kranemann:

„Ich habe Conny schon sehr früh kennengelernt, noch in den sechziger Jahren. Ich war damals als Studiomusiker mit dem E-Bass im selben Studio. Scheiß Werbefilme für Maggiwürfel oder VW. Da kriegte ein guter Studiomusiker für so eine Session circa 300 Mark. Das war damals gutes Geld. Und Konrad, der da noch nicht der berühmte Conny Plank war, brauchte ebenfalls Geld und hat dann auch solchen Quatsch gemacht. Einerseits groß mit Orchester aufgenommen, aber auch Werbemusik, egal.“ (Elektricity, S.42)

Plank hatte zu der Zeit aber nicht nur ersten Kontakt zu Kraftwerk, sondern auch zu der Band Cluster – wie Organisation auch damals noch bester deutscher Krautrock – mit denen er auch später noch oft arbeitete. Achim Roedelius bestätigt: „Wir sind Conny, bzw. dem Studio, in dem er damals in Godorf arbeitete, vom Düsseldorfer Kantor und Produzenten neuer Kirchenmusik Oskar Gottlieb Blarr zugeführt worden. Von da an gings immer weiter mit Conny als Produzent unserer Alben, aber auch als Tontechniker oder Mitmusiker bei Live-Alben.“ Mit Cluster (die zu der Zeit noch „Kluster“ hießen) nahm er in Köln deren Debütalbum „Klopfzeichen“ als Tonmeister auf (21.12.1969), das allerdings nur in einer Auflage von 300 Exemplaren erschien.

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Zu Cluster (und zu Dieter Moebius) hatte Conny Plank Zeit seines Lebens ein ganz besonderes Verhältnis. „Er war wie ein drittes Mitglied von Cluster. Er ist auch manchmal mit uns auf Tour gegangen und hat uns geholfen, die Koffer herumzutragen, weil er groß, groß und stark war.“ (Dieter Moebius, Kluster). Und Hans Joachim Roedelius, der – wie Moebius auch – später immer wieder mit Plank zusammenarbeitete, ergänzt:

„Er war ideal als Partner und kreativer Kopf und wurde so zu einem dritten, stillen Mitglied des Clusters“.

Ein dritter Name, der Plank lange begleiten sollte, war Bodo Staiger (genau, der später mit Rheingold und seinen Dreiklangdimensionen bekannt wurde). Der hatte in Düsseldorf mit Marius-Müller Westernhagen in der Rockband Harakiri Whoom gespielt, bevor man den späteren Kraftwerk-Schlagzeuger Karl Bartos hinzu holte und die Jazz-Rock-Formation „Sinus“ schuf, mit der man dann in Köln bei Conny Plank aufnahm. Bodo Staiger:

„Das erste Mal, dass ich mit Conny aufgenommen habe, muss 70 gewesen sein. Mit so einer kruden Bandmixtur aus Marius Müller Westernhagen, Karl Bartos am Schlagzeug, mir an der Gitarre und dem Lilac Angel Bassisten.“ (ElectriCity S.42)

Conny Planks Produktionsliste 1969-1970

In der Zeit entstanden unter anderem:

Release Recorded Interpret Albumtitel Planks Rolle
1969 Alexander von Schlippenbach The Living Music Eng
1969 Peter Brötzmann Nipples Eng
1969 Creepy John Thomas Creepy John Thomas Prod, Eng
1970 Sweet Smoke Just a Poke Eng
1970 Organisation Tone Float Prod, Eng
1970 23.11.70 Kluster Klopfzeichen Eng
1970 Kraftwerk Kraftwerk Prod, Eng
1970 23.02.70 Kluster Zwei-Osterei Eng
1970 Nosferatu Nosferatu Eng
1970 Andromeda Andromeda Eng
1970 New Jazz Trio Page One Eng

 

Leider sind nicht alle Aufnahmedaten mehr verfügbar. Die Kraftwerk-LP wurde im Kraftwerkstudio aufgenommen, die Brötzmann-Scheibe zusätzlich noch in den Bauer Studios in Ludwigsburg. Bei Creepy John Thomas spiele Conny Plank außerdem (laut Credits) auch noch Bongos.

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Intermezzo:

Conny Plank US und UK-Einflüsse

Die Musik in Deutschland war in den 60ern noch geprägt von den Einflüssen aus Großbritannien und den USA. Deutsche Bands versuchten, ihre Vorbilder von der Insel und aus Übersee zu imitieren. Auch Conny Plank war in seiner Jugend ja ein großer Fan der amerikanischen Musiksender, doch fand er, dass es der falsche Weg wäre, den US/GB-Bands nachzueifern. „Es war eines seiner ständigen Themen, die fehlende deutsche Identität, alle schielten nur nach England und Amerika.“ – sagte Bodo Staiger später. Damit lag er auf einer Wellenlänge mit Kraftwerk, die ebenfalls eine Loslösung von fremden Einflüssen und die Schaffung einer eigenen nationalen Musik-Identität propagierten.

„We woke up in the late 60s and realized Germany had become an American colony (…) There was no German culture, no German music, nothing. It was like living in a vacuum”,

bemerkte Ralf Hütter mal in einem Interview.

Conny Plank Fachblatt

Historisches Dokument: Das Interview im Fachblatt 1974 (Foto: Fachblattarchiv)

In einem Gespräch mit dem Fachblatt 1974  stellte Plank fast schon ein wenig resigniert fest:

„Wir müssen uns mit deutscher Musik, ohne jetzt einen Nationalstolz produzieren zu wollen, aus der englischen und amerikanischen Kiste heraushalten und es von einer ganz anderen Art und Mache bringen. Natürlich können wir uns irgendwelche Sound- Erkenntnisse von denen zunutze machen, aber eine wirklich gute Sache hängt nicht von einer Supertechnologie ab, von Erkenntnissen, wie toll ein Bass oder eine Orgel klingt. Aber solange man sich immer noch in dem Maße in fremde Gefühle einklinkt, sollte man sich nicht wundern, dass eigentlich nichts passiert.“

Er habe das Gefühl, dass die deutsche Musikszene „lieber“ wäre, es sei alles etwas „braver“. Und so forderte er von den deutschen Musikern mehr Mut zur Eigenständigkeit. Eine Forderung, die auch immer wieder war bei der Auswahl der Bands, die er produzierte und förderte, sichtbar war:

„Der Rock ist ein sehr starkes Element, und weil bei den Amis die Verkäufe total im Vordergrund stehen, mit dem dazugehörigen Apparat, konnten wir uns hier dem Klischee nicht verschließen und wurden davon vielleicht genauso geprägt, wie die Leute in den USA selbst. Das bedeutet aber nicht, dass unsere eigenen Substanzen gänzlich verschwunden sind. Wenn einige Jungs nur mutiger und freier wären, könnte sich das Zusammentreffen ausländischer Prägung mit eigener Substanz zu immer mehr Produkten niederschlagen, wie z.b. Kraftwerk. Das sind eigenwillige Jungs. Der Klaus Dinger (Neu) ist auch ein eigenwilliger Typ, der sich nicht so schnell von auswärts was ins Gehirn blasen lässt.“ (Interview Fachblatt 1974)

Aber auch wenn er eine musikalische Loslösung von amerikanischen Vorbildern wünschte, so fand er die amerikanische Studioarbeit dahinter durchaus nachahmenswert. Zwar ständen die deutschen Studios den amerikanischen in der Ausrüstung in nichts nach, doch „…wird sie in Amerika oder in England cleverer angewandt, anders gehandhabt. Sie steht zu dem, was gemacht wird, in einem anderen Bezug. “ Eine Cleverness, die dann auch in seinen Arbeiten zu finden ist, wie wir später sehen werden.

Die Hausnummer 29 der Villa Kunterbunt (Foto Weltalf, Wiki)

Die Hamburger Zeit: Überblick (1971-1973)

Ende 1970 beschloss der rastlose Conny Plank – immer auf der Suche nach neuem Input – einen Ortswechsel und zog nach Hamburg. Dort wohnte er im „Rondeel“, einem Appartementhaus für Musiker und Künstler, auch „Villa Kunterbunt“ genannt.

„Plank arbeitete frei für verschiedene Tonstudios und wohnte in einer Wohngemeinschaft mit Udo Lindenberg und Otto Waalkes in einer Hamburger Villa Kunterbunt, dem Rondeel. Er arbeitete wahlweise im Hamburger Star Studio oder den Windrose Studios. Dort entstanden die ersten Neu! und Kraftwerk-Scheiben in meist langwierigen Nachtschichten.“

(Günter Körber (A&R-Mann der Metronome in Hamburg und verantwortlich für das bekannteste Krautrock-Label „Brain“, ElectriCity, S.77)

Die Verbindung zu Otto Waalkes hatte übrigens zur Folge, dass sich Kraftwerk dann 1975 von Ottos Rüssl Studios eine Mehrspurmaschine ausliehen, um ihre LP „Radioaktivität“ zu produzieren – an der Conny Plank aber nicht mehr beteiligt war. Die (musikalische) Welt ist klein. Was man auch daran sieht, dass auch Marius Müller-Westernhagen zu der Zeit im Rondell wohnte. Der wiederum zusammen mit Kraftwerks Karl Bartos zusammen in einer Band namens Sinus spielte. Aber das nur nebenbei.

In Hamburg arbeitete Conny Plank als freier Ton-Mann im Star Studio von Schlagerkomponist Ralf Arnie („Tulpen aus Amsterdam“); den Kontakt dorthin hat angeblich (nach eigener Aussage) Dieter Thomas Heck vermittelt. Das Studio befand sich in der Wrangelstraße im vornehmen Stadtteil Eppendorf, in einem piekfeinen Einfamilienhaus – da trafen wohl Welten aufeinander. Dazu noch einmal Günter Körber:

„Ich kannte Conny Plank schon zu seiner Hamburger Zeit, als er im Star Studio des Schlagerkomponisten Ralf Arnie hier in der Wrangelstraße aufnahm. Somit in einem Einfamilienhaus in einer ganz edlen Straße Eppendorfs. Die Musiker, die Conny im Studio hatte, konnten dort dann auch wohnen. Es war immer was los, und ich glaube, Herr Arnie fand das nur bedingt gut.“

Rolf Arnie (der eigentlich Artur Niederbrenner hieß) war eine bekannte Größe im Musikgeschäft – Udo Lindenberg nahm 1972 seine erste Platte dort auf, er schrieb Hits für Vicky Leandros, Ulli Martin (Monika, 1971), Demis Roussos, Alexandra oder Nana Mouskouri und gilt als der Entdecker von Otto Waalkes. Man ahnt es: Das war nicht die Welt von Conny Plank. Und richtig:

„Ich fand heraus, dass Conny andere Dinge im Kopf hatte, als Auftragsarbeiten für verschiedene Arbeitgeber abzuleisten. Er fing an, nachts, wenn das Studio nicht vermietet war, Gruppen aufzunehmen, die anders klangen, als es damals üblich war.“

– bestätigt Eberhard Kranemann (kurzzeitiges Mitglied von Kraftwerk, später „Fritz Müller Rock“, die auch bei Plank produzierten) unseren Verdacht.

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Das zweite Studio, in dem Plank arbeitete, waren die Dumont Time Windrose Studios (heute: Chameleon Studios), wo es schon etwas mehr nach Planks Geschmack war. Dort war auch Dieter Dierks zeitweise beschäftigt, der neben Plank als der zweite große Krautrock-Producer galt: Tangerine Dream, Ash Ra Tempel, Hoelderlin, Wallenstein, Birth Control, Guru, Embryo oder Bröselmaschine produzierten ihre LPs in den Dierks-Studios in Stommeln bei Köln – Bands, die auch in der Plank-Historie auftauchen. Wer damals etwas auf sich hielt, produzierte entweder bei Dierks oder bei Plank. So gab es zu der Zeit von Conny Plank in Hamburg dort zahlreiche Krautrock- und Jazz-Produktionen mit Guru Guru, Grobschnitt, Frumpy, Lucifers Friend oder King Ping Meh. Bands, die Plank dann ein paar Jahre später auch in sein eigenes Studio in Wolperath folgten. Wie auch Hans Lampe, der im Windrose als Assistent arbeitete, und später Plank nach Wolperath begleitete, dort beim Studioaufbau half und bei ihm einige Jahre lang als Assistent arbeitete.

Conny Plank - Scorpions

Hamburg: Neu!, Cluster, Kraftwerk und die Scorpions

In seiner Hamburger Zeit brachte Conny Plank einige bedeutsame Bands mit auf den Weg. Dass er beispielsweise 1972 im Star Studio das Debutalbum der Scorpions „Lonesome Crow“ produzierte, weil er schon damals ihr Potential erkannt hatte, ist eher weniger bekannt, wird Plank doch zuallererst mit Kraftwerk & Co. in Verbindung gebracht.

„Im Grunde hat Conny uns entdeckt. Denn er hat uns eine Chance gegeben, als ganz junge Band. Es war fantastisch, dass er uns die Chance gegeben hat, das rauszuholen, was in der Band steckte … Er hat uns auch sehr inspiriert, dass wir uns musikalisch geöffnet haben“,

erklärte Klaus Meine später in einem Interview in der Doku von Stephan Plank. Und sein Bandkollege Rudolf Schenker ergänzt:

“Conny war ne Naturgewalt… Das war einfach ne Persönlichkeit wo man als junger Musiker Respekt hatte … da ist jemand, der weiß wo es lang geht, und der nimmt dich jetzt künstlerisch an die Hand und wird dich schon auf den richtigen Weg bringen.“

Zuweilen war er seiner Zeit fast schon zu weit voraus. So schlug er der Band – die sich nicht sicher war, ob „Scorpions“ der passende Name sei – vor, sich doch vielleicht besser „Stalingrad“ zu nennen, was die Scorpions dann aber ablehnten. Erst später kam die Erkenntnis bei Klaus Meine:

„Im Grunde hat er das, was Jahre später Rammstein gemacht haben, das hat er eigentlich vor Augen gehabt. Eine deutsche Band, die mit den deutschen Wurzeln so ganz ins Extrem geht.“

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Den Drummer Klaus Dinger kannte Plank bereits aus der Zeit, als der noch bei Kraftwerk spielte. Mit ihm hatte er 1970 das erste offizielle Kraftwerkalbum produziert, Michael Rother stieß nach Vollendung des Albums als Gitarrist hinzu 1971 verließen Dinger und Rother Kraftwerk (das zu der Zeit als Trio Schneider, Dinger, Rother bestand, da Ralf Hütter eine Auszeit genommen hatte), um etwas neues zu probieren – und gründeten dementsprechend ihre eigene Band, „Neu!“. Ihr Kontakt zu Conny Plank blieb aber bestehen; mit ihm produzierten sie im Dezember 1971 im Windrose Dumont Time Studio ihr Debutalbum „Neu!“, das dann 1972 erschien. Zwar verkaufte sich das eher mittelmäßig (rund 30.000 Exemplare), gilt aber heute als Meisterwerk, worauf später auch Künstler wie David Bowie, Radiohead oder Brian Eno verwiesen. Der von Neu! / Klaus Dinger und Conny Plank entwickelte „Motorik“-Stil mit dem treibenden Beat, der im Song „HalloGallo“ unverändert über 10 Minuten durchläuft, findet sich dann auch im – ebenfalls von Conny Plank produzierten – Autobahn-Album von Kraftwerk wieder. Planks Anteil und sein Einfluss auf Neu! sind unbestritten:

„Wir müssen an Conny Plank denken, uns und die Fans unserer Musik an seine entscheidenden kreativen Beiträge erinnern, uns dafür bedanken. Wenn immer nur die Band oder die Musiker genannt werden, greift das zu kurz. Wir hätten in den 70ern (nicht nur) die Neu!-Alben nicht hinbekommen ohne Conny.“ (Michael Rother) Und Planks damaliger (gelegentlicher) Assistent merkt an: „Die erste Neu! war ja ziemlich abgefahren. Unglaublich tolle Musik. Aber auch da war nicht nur interessant, was Michael und Klaus gespielt haben, sondern was Conny zusätzlich herausgeholt hat.“

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Sechs Monate nach dem Release des Debutalbums nahm Plank (vermutlich ebenfalls im Time Studi  und nicht in „Conny Planks Studio in Köln“, wie fälschlich im englischen Wiki behauptet wird, denn das existierte zu der Zeit noch gar nicht) mit Neu! eine Single mit den beiden Songs „Super“ und „Neuschnee“ auf. Kaum beworben von der Plattenfirma, floppte die aber. Anfang 1973 dann folgte das zweite Album, „Neu! 2“. Mit dem Vorschuss der Plattenfirma kauften sie neue Instrumente, um mehr Abwechslung in ihre Musik zu bringen. Als dann das Geld ausging und die Plattenfirma nichts mehr nachschießen wollte, füllte man die zweite Seite kurzerhand mit schrägen Remixen der Single-Songs auf, die man dafür schneller und langsamer ablaufen ließ oder Fehler in die Schnitte einbaute.

Nerdwissen: Die Version „Super 16“ wurde von Quentin Tarantino in Kill Bill als Filmmusik eingesetzt.

Viele Fans fühlten sich aufgrund der Wiederverwertungen verschaukelt, auch kam es zu ersten Streitereien zwischen Rother und Dinger, die Conny Plank zu schlichten versuchte:

Conny Plank war in all diesen Produktionen ein wichtiger Mitspieler, unter anderem, weil er als Persönlichkeit präsent war. Er konnte auch gut zwischen Klaus und mir vermitteln.“ (Michael Rother)

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Auch mit Kluster hatte Conny Plank ja bereits vor seiner Zeit in Hamburg zusammengearbeitet (Klopfzeichen und Zwei-Osterei). Nachdem Conrad Schnitzler die Band verlassen hatte, benannten Moebius und Roedelius die Band kurzerhand in „Cluster“ um und produzierten mit Conny Plank in den Hamburger Star Studios zwei weitere Alben, „Cluster“ (Jan 1971) und „Cluster II“ (Jan 1972) – weniger Krautrock, mehr Ambient. Die Instrumentierung des ersten Albums umfasste ein Orgelpaar, eine hawaiianische Gitarre, ein Cello und Audiogeneratoren, die von Conny Plank elektronisch bearbeitet wurden; da merkt man deutlich seine Experimentierfreude und seine Vorliebe dafür, Neues auszuprobieren. In den Credits taucht er dann auch nicht nur als Produzent und Engineer auf, sondern auch als Mitmusiker (Electronics, Effects).

„Conny war unser dickster Freund und Helfer. Zudem Mitmusiker bei Cluster mit großem kreativen Input“ (Roedelius).

Nerdwissen: „Cluster 1“ wurde vom britischen Avantgarde-Musikmagazin “The Wire” 1998 in die Liste „100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening” und taucht dort auf Platz 16 auf.

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Kraftwerk hatten ihre erste Platte („Kraftwerk“) 1970 mit Conny Plank ja in ihrem eigenen Studio in der Mintropstraße in Düsseldorf aufgenommen; für das zweite Album (Kraftwerk 2) aber, das zwischen dem 20. September und 1. Oktober 1971 entstand, kamen die Düsseldorfer nach Hamburg in das Star Studio zu Conny Plank. Der Erfolg dieses immer noch sehr dem Krautrock verhafteten Album war eher mäßig, so dass Kraftwerk mit ihrem dritten Album „Ralf & Florian“ deutlich elektronischer als die beiden Vorgänger daherkamen, zum ersten Mal waren auch Synthesizer mit dabei; der „Autobahnzubringer“ wurde das Album später auch genannt. Produziert wurde es im eigenen Kling Klang Studio, erneut mit Conny Plank an den Reglern. Allerdings taucht hier auch noch einmal das Rhenus Studio in Köln in den Credits auf; mag sein, dass Plank es dort noch etwas veredelt hat.

In seiner Hamburger Zeit gründete Conny Plank überdies den „Kraut Musikverlag“ und – zusammen mit Wilken F. Müller, dem Gründer der Villa Kunterbunt, das kurzzeitige Label „aamok“, das zwischen 1972 und 1974 in erster Linie Promo-Platten und seichten Jazz produzierte, aber auch ein paar experimentelle Scheiben  herausbrachte, wie das „Weihnachts-Potpourri“ (1973).

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Brian Eno twitterte zu Weihnachten 2017 dazu: “Conny Plank: Aamok – Legendary krautrock producer released deranged anti-Christmas single in 1973

Ein (relativ) vollständiges Aamok-Verzeichnis gibt es hier

Während seiner Hamburger Zeit soll Plank auch zwischendurch in den (legendären) Musicland Studios in München und im Audio Studio Berlin gearbeitet haben. Details dazu konnte ich jedoch nicht finden, vielleicht wisst ihr ja mehr.

Conny Planks Produktionsliste 1971-1973

Hier eine Übersicht der Produktionen, an denen Conny Plank in seiner Hamburger Zeit beteiligt war. Bei einigen wird er auch als Musiker aufgeführt; so bei Guru Guru als Gitarrist und Keyboarder, bei OS Mundi als Gitarrist und bei A&R Machine als Vocals. (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Release Recorded Interpret Albumtitel Planks Rolle
1971 King Ping Meh King Ping Meh Eng
1971 Parzival Legend Prod, Eng, Writ
1971 Jan 71 Cluster Cluster Prod, Eng, Writ
1971 Mrz 71 Ash Ra Tempel Ash Ra Tempel Eng
1971 Eloy Eloy Eng
1971 Aug 71 Bröselmaschine Bröselmaschine ?
1971 Gomorrha Those Dreaming Years Prod
1971 Guru Guru Hinten              Eng
1972 Sep 71 Kraftwerk Kraftwerk 2 Prod, Eng, Writ
1972 Okt 71 Scorpions Lonesome Crow Prod
1972 Dez 71 Neu! Neu! Prod, Eng
1972 1972 Os Mundi 43 Minuten Prod, Eng, Mix, Gtr
1972 Jan 72 Cluster Cluster II Prod
1972 Mrz 72 Guru Guru Känguru Prod, Eng, Keyb, Gtr
1972 Lucifers Friend Where Groupies Killed the Blues Prod
1972 Night Sun Mournin Eng, Writ
1972 Jane Together Eng
1972 Gomorrha Turned to see Whose Voice it was Prod
1972 Ibliss Supernova Eng
1972 Thirsty Moon Thirsty Moon Eng, Mix
1972 A.R. & Machines Echo Vocals
1972 Grobschnitt Grobschnitt Eng
1972 King Ping Meh King Ping Meh No 2 Eng
1972 Lucifers Friend Lucifers Friend Eng
1972 Gash A Young Man’s Gash Eng
1972 Neu! Super, Neuschnee Prod, Eng
1973 01/02 73 Neu! Neu! 2 Prod, Eng
1973 05/07 73 Kraftwerk Ralf & Florian Eng
1973 Guru Guru Guru Guru Prod, Eng, Gtr, Kb
1973 Kollektiv Kollektiv Prod
1973 Tomorrows Gift Goodbye Future ?

Intermezzo:

Was Plank anders – und besonders – machte.

Hebamme, Dirigent, Medium …

Was aber ist das Geheimnis seines Erfolges? Was machte er anders als die anderen? Conny Plank sagte einmal:

„Die Aufgabe des Produzenten, wie ich den Job verstehe, über die Technik hinaus, ist hier eine völlig angst- und vorbehaltsfreie Atmosphäre zu schaffen, den ganz naiven Moment von ,Unschuld’ herauszufinden und dann rechtzeitig auf den Knopf zu drücken, damit der Augenblick festgehalten wird. Das ist alles. Alles Übrige kann man lernen, ist Handwerk.“

Das große Geld, der Erfolg in den Charts, das alles interessierte ihn nicht sonderlich. “Ich benutze die Zeit, die ich mir leisten kann, um mit Gruppen neue Möglichkeiten, neue Klangformen zu erarbeiten. Bei mir ist das Geld ein durchlaufender Posten, der genau wie meine Tonbänder durchläuft und genauso benutzt wird.“ – erklärte er irgendwann einmal in einem seiner seltenen Interviews. Er sah sich selber als Hebamme, die den Musikern helfe, ihre Ideen zu verwirklichen. Sein Sohn Stephan erinnert sich:

„Es interessierte ihn nicht, ob etwas Krautrock oder New Wave war – Labels interessierten ihn nicht. Es ging um die Menschen, die die Musik gemacht haben und ob sie die Fähigkeit hatten, in ihrer Kunst authentisch zu sein. Einer der Sätze, die er zu sagen pflegte, war: „Lass mich fühlen“; es musste ihn innerlich etwas fühlen lassen. Er hatte diese Fähigkeit, einen heißen Moment aufzugreifen, und er konnte herausfinden, dass dort etwas in einem Künstler vor sich ging, und er würde sich dann darauf einlassen, indem er dem Künstler half, einen Schritt weiterzugehen.“

Er sah das Potential in den Künstlern, das ans Tageslicht gebracht werden musste.

Als Ultravox das erste Mal bei ihm auftauchten, war er anfangs überhaupt nicht angetan von dem, was sie da an Songmaterial anschleppten – aber er wusste, dass sie es besser konnten. Deshalb schlug er ihnen vor:

„Hier gibt es eine schöne Badeanstalt in der Nähe, warum macht ihr euch nicht eine schöne Zeit, geht morgens ins Schwimmbad, und wenn ihr eine Idee habt, kommt ihr zurück“,

wie er später mal dem Drummer Charly Terstappen erzählte. Plank war an neuen Perspektiven interessiert, er wollte nicht das reproduzieren, was zwar gerade erfolgreich, aber eben schon 1000 Mal gemacht worden war.

„Leute mit denen er arbeitete, konnten nicht einfach nur kommerziell opportunistisch sein. Sie mussten Musik als Bedürfnis, gar als Zwang empfinden. Sie hatten etwas Bedeutendes zu sagen, und versuchten nicht einfach nur so Popstars zu werden. Ich denke, Leute, die offen waren für Innovationen, für die Möglichkeiten, die ein Studio bietet, waren ihm wichtig“

brachte es der bekannte Musikjournalist David Stubbs mal auf den Punkt. Und „…er war wie ein Fenster, ein Prisma, durch das sich die Vision einer Band realisierte.

“Und Robert Görl (DAF) sieht es so: „Conny hat sich nie eingemischt. Wie wir Musik machen. Das hat er nicht gemacht. Der Conny hat die Musiker machen lassen wie sie es machen und hat das dann hochgeliftet“.

Conny Plank - Robert Görl

Robert Görl

Was also war seine „Geheimwaffe“?

„Die höchste Fähigkeit eines Producers ist es, eine Situation zu erzeugen, in der der Künstler das Maximum bringt – und genau das konnte Conny.“ (Bodo Staiger)

Oder wie Plank es selber einmal formulierte:

„Ich bin ein Medium, das zwischen den Musikern, den Klängen und dem Tonband vermittelt. Ich bin wie ein Dirigent oder ein Verkehrspolizist.“

Das nenne ich mal Understatement.

… und Tüftler

So war er auch selber ein Tüftler, ein Bastler, der ständig etwas Neues ausprobierte und vor keiner noch so verrückten Idee zurückschreckte.

„Dann stand Conny mit einem Schlauch in der Mitte des Studios und wirbelte ihn herum. Er hatte zwei Mikrofone an der Decke, das erzeugte einen wabernden Sound.“ (Karl Hyde (Underworld, Freur).

Dabei muss man bedenken, dass die technischen Möglichkeiten in den 70er und 80er Jahren noch ziemlich limitiert waren, da war viel Improvisation gefragt. Was heute auf Knopfdruck aus dem Rechner kommt, war früher ein Riesenaufwand:

„Conny Plank hatte so irre Hallräume. Da hat er den Sound über Lautsprecher in diesen Kellerraum eingespielt – alles noch vollkommen analog. Und hinten in diesem Raum hingen riesige Folien, so dass Conny den Hall verändern konnte. Je nachdem, wie die Folien ausgerichtet waren, war der Hall länger oder kürzer. Das lief alles rein mechanisch, dahinter stand ein Mikro, mit dem er alles aufgenommen hat. Sehr abgefahren.“ (Bernward Malaka (Male, Die Krupps).

Beim Aufnehmen war das Perfektionistische für ihn zweitrangig, der erste Take war der beste Take, an dem man nicht groß herumfeilen musste. Die eigentliche Arbeit kam in der Postproduction.

„Das Japan-Banjo bei Negativland ist Phasing ohne Ende, Bandphasing. Das war eine ziemliche Arbeit. Was die Leute heute mit zwei Knöpfen am Computer machen, musste man damals noch wahnsinnig umständlich und aufwendig mit zwei Bandmaschinen bewerkstelligen. Man ließ die beiden Bandmaschinen parallel laufen und bremste dann die eine mit der Hand ein bisschen ab, wodurch feine Schwebungen entstanden.“

erinnert sich sein Assistent Hans Lampe.

„Conny war ein leidenschaftlicher Bastler und Tüftler, war immer am Ausprobieren und Experimentieren: Rückwärtsecho, Rückwärtshall und dieser ganze Kram.“

Bei einer anderen Gelegenheit drehte er bei einer Aufnahme zu HalloGallo  mit Neu!-Gitarrist Michael Rother die Bänder um, so dass sie rückwärts liefen und ließ Rother dazu Overdubs machen – um die Bänder anschließend erneut zu drehen.

„Bei Conny ging es darum, den Verstand zu nutzen – die verfügbare Technologie zu nehmen und etwas Besonderes damit zu machen, sie zu verändern“ (Michael Rother).

So spielte er auch schon mal Instrumente über einen in einem Flügel platzierten Lautsprecher, um zusätzliche Obertöne aus den Saitenschwingungen einzufangen – muss man auch erst einmal drauf kommen. Und auch sonst zeigte sich Conny Plank erfinderisch. Da es damals noch keine Möglichkeit gab, Reglereinstellungen und Presets (abgesehen von Papiermasken) zu speichern, entwickelte er ein eigenes System:

„Als ich dort arbeitete, hatte er ein frühes Automatisierungssystem entwickelt, das aus einem speziell entwickelten Kameraobjektiv bestand, das über der Konsole angebracht war, sodass man am Ende der Sitzung ein Bild vom Zustand der Konsole machen konnte. Wenn Sie den Schreibtisch irgendwann in der Zukunft auf die gleiche Weise aufstellen möchten, projizieren Sie das aufgenommene Bild durch dieselbe Linse, sodass das Bild perfekt mit dem Schreibtisch übereinstimmt. Somit könnten Sie jeden Knopf wieder in seine ursprüngliche Position zurückbewegen.“ (Brian Eno in einem Interview im Rolling Stone).

Und zuweilen war er auch mit seinen Visionen seiner Zeit voraus: „Ich habe mir schon überlegt, was ich für Sachen machen könnte. Räume ineinander schachteln, akustische Fiktionen darstellen; ich könnte simulieren, dass man durch den Raum fliegt, du dich drehst oder in zwei Räumen zugleich bist. Total ausgeflippte Sachen.“ (Conny Plank). Auch das Sampling nahm er vorweg, indem er Noten isolierte, auf separate Spuren eines Mehrspurbandes legte und die per Fader startete.

Plank hatte zwei Maximen: „Es gibt keine Regeln“ und „Craziness is holy.“ Und so ging er dann auch mit der Technik um.

Das Studio-Schild (Foto: Archiv Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid)

Die Legende: Das Studio in Wolperath

Die Hamburger Szene ist eingeschlafen, tot, sagte Conny. Die heiße Kiste geht in der Rheinschiene ab“ (Eberhard Kranemann).

Plank hatte irgendwann die Nase voll davon, in fremden Studios zu arbeiten. Er wollte endlich sein eigenes Ding machen, ein eigenes Studio nach seinen Vorstellungen aufbauen. Da lag der Umzug ins Rheinland nahe, hatte er doch schon mit einigen Düsseldorfer Bands zu tun gehabt, auch hatte seine Frau Christa mal in Krefeld als Schauspielerin gearbeitet. Nach Düsseldorf direkt wollte er dann aber doch nicht:

„Er betrachtete Düsseldorf eher als Schickimicki-und Jetsetstadt, und dieses Image war genau das Gegenteil von Conny.“ (Kranemann)

Finanziell war er zu der Zeit ganz gut aufgestellt, da er bei vielen Produktionen paritätisch beteiligt war und so einige Rücklagen bilden konnte. Außerdem hatten Philips und Metronome bereits signalisiert, auch weiterhin mit ihm als Produzenten arbeiten zu wollen, selbst wenn er auf einem Bauernhof im Rheinland sitzen würde. Und so geschah es dann ja auch: Conny Plank ging nach Wolperath, einem kleinen Nest außerhalb von Köln, das zur Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid gehörte, mit damals 1.500 Einwohnern, inmitten von Feldern, kleinen Hügeln und Weiden.

„JWD“ – „janz weit draußen“ eben. „Ich hatte dabei die Idee, erstmal einen ungestörten Platz zu finden, zweitens einen Platz, der nicht so bestresst ist von der Stadt, wo man Ruhe hat, und wo sich jeder, der hier rauskommt, überlegt, warum er hier rauskommt“

sagte Conny Plank später.

„Es ist echt seltsam. Es gibt diese Orte auf der Welt, die wie Blitzableiter sind. Kingston Jamaica, Havanna Cuba, Orte wie Liverpool, Orte, aus denen eine Menge verdammt guter Musik kam. Dieser kleine Ort aber ist der Wahnsinn. Wolperath. Winzig klein. Liverpool ist eine große Stadt. Havanna, Kuba, Kingston. Und dann geht man nach Wolperath. Ein mikroskopisch kleiner Punkt. Und da kommt dieses ganze Zeug her.“  (Dave Stewart, Eurythmics)

Conny Plank - Der Hof

Connys Bauernhof 1980 (Foto: Christa Fast)

Die Regie kam in den ehemaligen Pferdestall (wo erst noch alte Hinkelsteine entfernt werden mussten), der alte Schweinestall wurde zum Aufnahmeraum. Bis auf die Grundmauern und das Dach musste alles komplett neu gemacht werden. Dabei stand Conny Plank mit seinem Assistenten Hans Lampe, der ihn aus Hamburg begleitet hatte, unter ziemlichen Zeitdruck, da es bereits erste Buchungen von der Metronome gab. Für die Umbauten hatte Plank aus Hamburg einen Schreiner mitgebracht, einen Bekannten von Hans Lampe. Das Pult war eine Eigenkonstruktion, die zusammen mit Peter Leunig und Rüdiger Barth entstand, einem Elektronikentwickler aus dem Weserbergland; der hatte auch bereits schon unter anderem das Rhenus- und das EMI-Studio in Köln und das Windrose und das Star Studio in Hamburg ausgestattet. In seiner Oktoberausgabe 1973 berichtete das Fachblatt unter der Überschrift „Quadro im Saustall“:

„Außer einem sehr scharfen Regiepult, dass sich Conny selbst baute (!), gibt es da eine 16-Spur, zwei Hallmaschinen, Tanoy-Quadro-Monitore („Das sind die, die den Sound nicht verfälschen.“), Stereomaschinen, Soundspezialitäten, wahnsinnig frische Landluft und Milch vom Bauern, kurzum alles, was uns so krank macht (Conny). Hinzu kommt noch eine amerikanische MCI-Maschine, die Conny bereits in London getestet hat und die demnächst geliefert wird; es wird die einzige sein, die dann in Deutschland steht. Allerschärfster Gag: Sowohl die MCI-Maschine als auch das Pult sind transportabel, ohne viel Mühe kann Conny das ganze Equipment in seinen Bus verladen und damit überall live arbeiten.(…) Anfang November will Conny seine Studio-Regler aufmachen. Zu den ersten Gruppen, die dort aufnehmen, werden wohl Jane und Creative Rock zählen. Das Studio liegt in der Nähe von Siegburg, die genaue Anschrift ist: 5206 Neunkirchen-Seelscheid 1, Hennefer Str. 19, Tel. 02247/2409.“

Die Bands, die bei Conny Plank produzierten, wohnten und lebten in der Zeit auch oft bei ihm. Es gab ein Badezimmer für alle, gegessen wurde immer gemeinsam am großen Küchentisch, oft auch gemeinsam gekocht.

Er [Brian Eno] hat während der Produktionen bei ihnen gewohnt, hat auch beim Kochen geholfen, sich eine Schürze umgebunden, Kartoffeln geschält, all das“,

berichtete Wolfgang Flür später. In den Pausen spielte man zusammen Federball auf dem Hof oder ging Schwimmen.

„Unser Haus war immer voll mit Musikern, meine Spielkameraden für ein paar Wochen, bis wieder neue verrückte Figuren bei uns einzogen“,

sagt Conny Planks Sohn Stephan. Während der eher ruhige Conny Plank sich um die Musik kümmerte, war seine Lebensgefährtin Christa Fast

die Verbindung, die das ganze Ding zusammengehalten hat“  (Midge Ure).

Hin und wieder tauchte sie auch auf den Produktionen auf; so lieferte sie zum Beispiel 1978 einen Teil des Gesangs für Brian Enos Album „Music für Airports“. Legendär ist die Geschichte mit Christa und Killing Joke, die kurz zuvor das Hansa Studio in Berlin zerlegt hatten. In Wolperath hatte man daraufhin Sorge, dass die sich auch dort daneben benehmen würden. Aber:

„Sie hatte einen Trick, um ihre Autorität zu behaupten und ihr Image als jemand, mit dem man sich nicht anlegen sollte, zu stärken. Sie frühstückte mit der Band ein rohes Steak. Es überzeugte sie davon, dass sie mehr als furchterregend war und fortan benahmen sie sich wie Schuljungen.“ (Stephan Plank)

Ebenso legendär ist das Gästeklo im Wohnhaus, das bis zur Decke mit Goldenen Schallplatten gepflastert war. Was auch zeigt, dass diese Art von Erfolg Conny Plank nicht weiter wichtig war. Jalil Hutchins von Whodini:

„Ich geh ins Bad, schließe ab, dreh mich um, mache Licht – das ganze Bad ist mit Gold und Platinalben tapeziert. Also sitze ich auf dem Pott und lese die Alben. Da fingen wir an, die Größe dieses Produzenten zu begreifen, mit dem wir gerade arbeiteten, heilige Scheiße!“

Conny Plank - Gästeklo

Das goldene Gäsetklo (Foto: Trailer zu „Potential of Noise“)

So entstand dort, wo Hase und Igel sich gute Nacht sagten, etwas ganz Spezielles:

„Es war wie im Märchen. Ich bin auf dem Land geboren und das Studio war auf dem Land. Die Studios in Mailand sind mitten in der Stadt, immer Verkehr. Aber da war kein Lärm, nur Pferde, Katzen, Pflanzen, Bäume. Und ins Studio zu kommen, das war speziell. Das war irgendwie magisch. Da war Atmosphäre.“ (Gianna Nannini)

Noch einmal Jalil Hutchins und John Fletcher von Whodini:

„Wir haben uns dieses schöne Zuhause angeschaut, dass er aus diesem Bauernhaus gemacht hat. Und dann das Studio. Die Art, wie er alles versteckt hatte, aber offen. Da wo das Studio war, das war fantastisch. Ich hab diese Holzmaserung geliebt. Sie war so warm. Das war wirklich das freundlichste Studio, in dem ich je gewesen bin. Wirklich. Sogar bis heute. Und wir haben wirklich viele tolle Studios gesehen. Aber auf Nummer Eins stand Connys. Er war seiner Zeit technologisch weit voraus.“

Es gab aber auch Musiker, die von dem ländlichen Ambiente nicht übermäßig angetan waren. So erzählte Frank Ziegert (Abwärts) später:

Wir hatten uns Connys Studio nur mal angeschaut, fanden das aber langweilig, so weit draußen auf dem Land. Was sollte man denn da machen? Mir war die ganze Gegend nicht geheuer. Ich hatte keine Lust auf einem Kuhdorf abzuhängen, hab da keine große Romantik drin gesehen. Nach einem Tag im Studio geh ich gern mal einen saufen und möchte nicht auf dem Acker stehen und den Kühen beim Kacken zusehen. Mir war das alles viel zu esoterisch, nicht mein Ding.“ (ElectriCity S.284)

Technik, die begeistert

1976 erschien ein weiterer Artikel im Fachblatt zu Connys Studio, der sich recht ausführlich mit der dortigen Technik beschäftigt. Das Eigenbau-Pult hatte zu dem Zeitpunkt 20 Kanäle (und wurde später auf 56 ausgebaut). Es enthielt stimmbare Filter, sechs Einspielwege, Quadrosummenverteilung, sechs verschiedene Begrenzer, einige Spezial-Entzerrer und „andere Filter“.

Das legendäre Pult (Foto: flickr/Maxisynth)

Der spätere Besitzer des Pultes, der Musiker und Produzent Laurence Loveless, beschreibt in einem Artikel auf audiomediainternational.com die Eigenarten des Pultes im Endausbau:

„„Die speziell angefertigte EQ-Sektion wurde so konzipiert und modifiziert, dass die Schaltung ihre Charakteristik ändert, wenn der Cut/Boost-Regler durch die Mittelposition gefegt wird, um Connys eigene vordefinierte Frequenzeinstellungen separat Boost und Cut zuzuweisen. Die meisten Pulte betreiben jeden Kanal von einer 48-V-Stromquelle, um Phantomspeisung zu integrieren, aber Conny hat ein Netzteil hergestellt, das die Phantomspeisung in einen eigenen Abschnitt aufteilt und dann die Stromschiene auf 35 V herunterfährt, was bedeutet, dass das Pult heißer läuft als andere Konsolen. Dies verleiht der Konsole einen unglaublich warmen Ton und einen völlig einzigartigen Klang. Seine Größe wurde sorgfältig auf Connys Spannweite abgestimmt, sodass er alle Fader erreichen konnte, ohne seinen Stuhl von einer zentralen Position zwischen den Monitoren zu bewegen. Es hat auch einen einzigartigen Patch Bay in die Meter Bridge des Pults integriert, so dass Conny jede Hardware in Sekundenschnelle einstecken konnte, ohne sich von seiner zentralen Position zu bewegen.“

Abgehört wurde über Tanoy Gold-Speaker, da Plank der Meinung war, dass die einen „überaus ehrlichen Sound“ wiedergeben würden. Des Weiteren wird dort für den Regieraum aufgeführt:

  • MCI 16-Spur-Bandmaschine (voll mit dbx bestückt)
  • Zwei amerikanische Scully Maschinen
  • zwei Revox A77
  • zwei Digital Delays
  • zwei EMT Hallplatten 140
  • ein Mic Mix Hallgerät
  • fünf Eigenbau-Phaser
  • eine Zusatzmischeinheit
  • eine weitere Abhörplatte zum Abhören des Heimstereo Sounds
  • Kopfhörer der Marke Koss
  • Eigenbau Resonatoren

Der Aufnahmeraum (genau, der ehemalige Schweinestall) war ca. 45 qm groß. Dort standen zu der Zeit (1976):

  • Ein nicht näher genanntes Schlagzeug
  • JBL Bassanlage
  • Altec Gitarrenanlage
  • Fender Verstärker
  • Yamaha Orgel (Modell unbekannt)
  • Leslie Cabinet
  • Blüthner Flügel
  • Clavinet
  • ARP Odyssey Synthesizer (den später Robert Görl (DAF) begeistert nutzte, wie er mal erzählte – er habe ihn „geliebt“)
  • Fender Rhodes E-Piano
  • Farfisa String
  • Diverse Gitarren und Bässe
  • Mikrofone von AKG, Sennheiser, Beyerdynamik, Shure und Neumann

Conny Plank hatte wenig Vertrauen in die Instrumente, die die Bands mitbrachten, da die „meist in einem Zustand wären, in der sie besser nicht wären“, wie er es selber mal formulierte. Er verfolgte damit aber auch einen anderen Plan: “Oft sind Musiker sehr drauf konzentriert, musikalische Konzepte zu erfinden, die von ihren Instrumenten abhängen. Für mich ist sehr interessant, einen Musiker in eine Situation zu bringen, die er nicht kennt. Da passieren neue Sachen”, verriet er einmal.

Conny Plank - ARP Odyssee

Robert Görl liebte ihn: ARP Odyssey

Weitere Instrumente, die sich (später) ebenfalls in seinem Studio befanden, waren unter anderem Oberheim OB-Xa, ARP Sequencer 1611, OSCar Synthesizer, EMU Emulator 1, Korg Vocoder VC10, Roland JD800 und ein Yamaha DX7II; das geht aus einer Verkaufsanzeige aus dem Jahr 2006 hervor (dem Jahr, als das Studio dann endgültig aufgelöst wurde. Aber so weit sind wir noch nicht).

Im Grunde wurde ständig ausgebaut und umgebaut. Da wurde für DAF mal eine  kleine Bühne aufgebaut, wo sie diesen Drumsound entwickelten, der wie live klingen sollte, da wurde ein riesiger Heuschober gekachelt, um die richtige hallige Live-Atmosphäre hinzubekommen und dergleichen mehr. „Conny muss da ein Wahnsinnsgeld reingesteckt haben“ befand Werner Lambertz, Produzent von Die Krupps, Der Plan, Andreas Dorau und vielen anderen (ElektriCity S. 299). Womit er vermutlich Recht hat.

Plank setzte aber nie Technik nur der Technik wegen ein. So schrieb er 1974 im Fachblatt in der Rubrik „Conny antwortet“ an die Leser:

„Liebe Jungs, ich kann verstehen, dass manche von euch irgendeinen Effekt auf einer Platte hören und denken, das klingt ja so toll, das will ich auch haben, oder – der Dieter hat jetzt ein neues Gerät an der Gitarre, das klingt wie Hendrix und ähnliches. In der ersten Rock’n Roll-Zeit gab es mal die Peter Kraus-Gitarre. Klangverformungen sollten im Dienste der Musik stehen und nicht umgekehrt. D.h., ich stehe sehr drauf, wenn sich ein Musiker die Klangeffekte selber ausdenkt und baut, die er benutzen will und nicht irgendeinem gängigen Klischee nachrennt.“ Und er schloss mit den Worten: „…ein Hit passiert zuerst im Kopf und dann im Gerät“

Schon damals hatte Conny Plank bereits mobiles Studio-Equipment. Alles war so geplant, dass man Pult und Mehrspurmaschine in einen Transporter packen konnte, was ihm eine Menge Buchungen einbrachte, besonders bei Live-Aufnahmen, wie Van Morrison in Amsterdam, Juliette Greco, Kraan, Guru Guru und viele andere mehr. Die Aufnahmen zu Kraftwerks Album „Autobahn“ entstanden im Düsseldorfer Kling Klang Studio, wurden aber mit Hilfe von Planks mobilen Studio aufgezeichnet.

Und hier gehts zu TEIL 2 bzw TEIL 3 der Conny Plank Story.

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Einer meiner absoluten Vorbilder und leider viel zu früh gegangen.

    Schön das Du ihm Tribut zollst, …Danke!

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich kann mich nur anschließen: fantastisch zu lesen – vielen Dank!

  3. Profilbild
    Numitron AHU

    Hi! Leider wird mir der Artikel am Smartphone nicht optimiert dargestellt.
    Normalerweise funktioniert es.

    • Profilbild
      Tyrell RED

      @Numitron Schick mal einen Screenshot und schreib Das Betriebssystem und den Browser dazu :)

      • Profilbild
        SkandinAlien

        @Tyrell Ist bei mir das gleiche, egal ob Chrome oder Brave Browser.

        Wenn ich in Chrome die „view simplified page“ Funktion nutze geht’s. Gilt übrigens für beide Teile dieses großartigen Artikels.

  4. Profilbild
    Adda

    Danke für den Artikel über Conny. Auch wenn ich schon einiges wußte (habe bei im Laden die Premiere des Films gezeigt), hast du noch einiges mehr an Infos recherchiert. Vielen Dank.

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Die in dem Artikel verlinkten Fachblatt-Seiten sind seit längerem über die sichere https-Verbindung erreichbar, also über https://fachblattarchiv.de. Ich empfehle dringend, den Artikel dahingehend zu überarbeiten. Ich habe leider keine Ahnung, warum die Seiten trotzdem noch über die unsichere http-Verbindung aufrufbar sind.

  6. Profilbild
    Tai AHU

    „…eine wirklich gute Sache hängt nicht von einer Supertechnologie ab, von Erkenntnissen, wie toll ein Bass oder eine Orgel klingt. Aber solange man sich immer noch in dem Maße in fremde Gefühle einklinkt, sollte man sich nicht wundern, dass eigentlich nichts passiert.“

    Gilt unverändert auch heute. Guter Job, Matthias.

  7. Profilbild
    Dirk Matten RED

    Ich habe Conny seit Sommer 1974 regelmäßig besucht und nachdem Ralf Hütter und Florian Schneider auf seine weitere Mitarbeit verzichtetet hatten, fragte er mich, er wusste, dass ich einen sehr enge Kontakt zu ihnen hatte, wie es ihnen denn so ginge. Dann legte er ein Band auf die Senkel-Maschine und meinte: „So und das ist meine Autobahn. Damit werde ich erfolgreicher sein als Kraftwerk.“ Er hatte offensichtlich die künstlerische Neuausrichtung von Kraftwerk nicht verstanden, in dieser Beziehung war er wohl er kein Feingeist.
    https://www.youtube.com/watch?v=Fd1BH7Nbk8c

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