Reverb/Hall im Projektstudio: Die Mischung machts!
Kürzlich sind in Amazona.de einige Artikel über Reverb-PlugIns und einer über kreative Nutzung von Reverb erschienen. Die Präsentationen der geschätzten Redakteure sind erhellend, doch ich vermisse etwas. Ich kann freilich als Komponist und Musiker nur einen weiteren Vorschlag machen und habe technisch einzuschränken: Mehr als ein kleines Projektstudio habe ich nicht zu bieten, aus dem die Infos kommen. Zudem sind meine Erfahrungen auf bestimmbare Einsatzgebiete begrenzt. Deshalb wird auch nicht von einem Lexicon 960L die Rede sein, sondern u.a. von meinem Einsatz von Impulsantworten.
In meiner Musik (zeitgen. Jazz / zeitgen. Klassik) ist es mir wichtig, das sich ein Effekt nicht aufdrängt, nicht zum Zentrum eines Erlebens wird, sondern das jeweilige Stück unterstützt. Dies schließt nicht aus, dass der Klang von einem Instrument verfremdet werden kann, dass gleichsam ein neues Instrument entsteht. Dies ist durch einen Reverb jedoch kaum zu erreichen. Ein Reverb fügt primär Rauminformationen hinzu, ob künstliche oder relativ natürliche.
Bei mir erklingen alle Instrumente, auch PlugIns, zunächst im analogen Mixer. In diesem gibt es die erste Reverbstufe in meinen Produktionen, die lediglich dazu dient, die Klänge nicht an einer Wand verenden zu lassen. Ich nutze dafür bereits einen Mix (Boss SX700: Wide Reverb; Korg DRV 3000: Natural Reverb). Es handelt sich um einen Reverb-Mix aus Altgeräten, die für die erwünschte Funktion jedoch völlig ausreichen und den ersehnten Klang vorbereiten.
Nach den Aufnahmen, Spur nach Spur, sind eventuell die jeweiligen Abstände der Instrumente von potentiellen Hörern anzupassen. Dafür nutze ich gleichfalls einen Reverb, ein PlugIn auf dem jeweiligen Stem, das auch nicht mehr junge Ambience High Quality Reverb mit sehr kurzer Dauer. Für den gewünschten Effekt ist das Pre-Delay entscheidend. Je größer es eingestellt wird, um so entfernter klingt das jeweilige Instrument.
Schließlich ist in der Summe ein Raum vorzugeben, der möglichst passt, der alle Instrumente umfassen kann und musikalisch vorstellbar bleibt. Mir liegt durchaus daran, eine Natürlichkeit zu suggerieren. Für meine Musik sind nach meiner Ansicht bislang die Chambers vom Lexicon 960L (IRs) hervorragend geeignet. Freilich sind Anpassungen vorzunehmen, dies geht aber auch durch ein PlugIn, das rudimentäre Einstellungen zulässt.
Du schreibst „Je größer [das Predelay] eingestellt wird, um so entfernter klingt das jeweilige Instrument.“
Richtig ist „Ein kurzes Predelay […] ergibt den Eindruck, die „Aufnahme“ klingt entfernt, […].“
http://www.....edelay.pdf
Sorry, ein kurzes Predelay, kann allenfalls dann ein Instrument entfernter klingen lassen, wenn auf den anderen Spuren ein Predelay von 0 eingeben wurde. Ist man freilich gewohnt, überhaupt kein Predelay zu nutzen, um den Hörern den gesamten Sound breit und platt ins Gesicht zu schleudern, wie es in moderner Tanzmusik passieren kann, dann klingt ein kurzes Predely, ob auf einem Instrument oder gesamt, vermutlich schon ziemlich weit entfernt ;-)
Hallo ihr Beiden.
Ist beides nicht ganz richtig und nicht ganz falsch.
Kein oder kaum wahrnehmbares Predelay verschmilzt das Originalsignal mit dem Effekt und wird deshalb im Gesamten als „Halliger“ wahrgenommen.
Ein Predelay ab 80ms setzt das Effektsignal ab, das Original ist deutlicher wahrzunehmen.
Deshalb wird bei Gesang gern mit den 80ms gearbeitet. Andererseits bekommt Vocals auch Plattenhall sehr gut, der hat gar kein Predelay…
Richtig ist: In der Natur ist bei einem großen Predelay auch von einem großen Raum auszugehen, das Instrument klingt also in einer durchschnittlichen Distanz tatsächlich entfernter.
Von Sengpielaudio habe ich nun schon so viele Artikel gelesen und kann sie schlicht nie auf den Wahrheitsgehalt überprüfen, da ich diese „Der Herr Ingenieur erklärt mir die Welt“-Schreibweise unfassbar anstrengend finde. Renommierter Mann, aber definitiv nicht meine Welt.
Interessante Diskussion Du versuchst ja anscheinend eine Orchester/Konzertsaalsituation nachzubilden. Das Predelay eines Hallsignals sagt erstmal nichts über Entfernung der Schallquelle zum Hörer aus, sondern resultiert aus der Entfernung der Schallquelle zuzüglich der Entfernung des Hörers zur Erstreflektionsfläche (z.B. Wand). Das heist je größer das Predelay, desto größer wirkt der Raum. Wenn man nun aber ein großes Predelay mit einem kurzen Hall kombiniert, kommt man in den Bereich eines funktionalen Effektes, da diese Kombination sich in der Mischung rhythmisch einsetzen lässt, aber in der akustischen Realität nur in Ausnahmesituationen auftritt. Das Verwenden mehrerer Instanzen der selben Hallsimulatione mit verschiedenen Erstrefelktionseinstellungen auf den Instrumentengruppen wäre zwar akustisch korrekt, macht aber praktisch nur Sinn, wenn die Einstellungen akustisch richtig berechnet werden (z.B. Vienna MIR). Das Verwenden unterschiedlicher Hallsimulationen mit nach Gefühl eingestellten unterschiedlichen Parametern macht nur Sinn, wenn mann klanglich eine surreale Unschärfe erzeugen, bzw. etwas wie z.B. einen mittelmäßigen Hallklang verstecken will.
Danke für den Zusatz. „Das heist je größer das Predelay, desto größer wirkt der Raum.“ Dem kann ich zustimmen. Mit meinen MItteln kann ich jedoch nicht die möglichen Zuhörer beliebig platzieren, nur am Rand. Deshalb wird durch die Größe des Raums auch der Abstand zu den Zuschauern festgelegt. Relevant kann dies bei der Integration von Schlagzeug und Bass sein, z.B. im Jazz. Bei nicht wenigen Produktionen klingt die Verteilung von Instrumtenten im Raum einfach unnatürlich. – Deine besonderen Effektwünsche kann ich verstehen, aber ich würde sie nicht einsetzen wollen.