Black Beauty aus dem Custom Shop
Der traditionsreiche amerikanische Gitarrenbauer Gibson hatte es seit seiner Entstehung im Jahre 1902 nicht immer leicht. Gehörte die Firma neben Fender jahrelang zu den Pionieren was die Entwicklung der E-Gitarre angeht, führten Fehlentscheidungen des Managements dazu, dass die Fertigungsqualität der Instrumente nachließ und Gibson dadurch unter erheblichen Umsatzeinbußen zu leiden hatte. Nach einigen turbulenten Jahren mit Höhen und Tiefen meldete der Konzern im Jahr 2018 schließlich Insolvenz an. Durch Umstrukturierung und ein neues Führungsteam konnte die Marke Gibson glücklicherweise gerettet werden und ist seitdem auf einem guten Weg. Die Rückbesinnung auf ihre klassischen Gitarrenmodelle und hohe Fertigungsqualität stehen dabei im Mittelpunkt.
Ich bin gespannt, ob sich das auch bei der hier zu testenden Gitarre widerspiegelt – schließlich handelt es um ein Instrument aus dem Gibson Custom Shop!
Gibson Les Paul Custom Ebony GH – Facts + Features
Oha … sieht ganz schön edel aus, was ich da aus dem Karton auspacke – ein recht stabil wirkender, bräunlich gesprenkelter Formkoffer mit goldenen Verschlüssen und Beschlägen kommt zum Vorschein – das macht Lust auf mehr! Öffnet man den Koffer, liegt die wirklich wunderschöne schwarze Gibson Les Paul Custom Ebony GH in lila Samt gebettet. Im Koffer ist ein kleines aufklappbares Fach, wo sich neben den Custom Shop Unterlagen und anderem Zubehör auch der aufschraubbare Kopf des Toggle-Switchs befindet. Dieser wird oft separat mitgeliefert, damit er sich während des Transports nicht löst und unter Umständen verloren geht.
Der Korpus der Gibson Les Paul Custom Ebony GH besteht aus Mahagoni und hat eine zweiteilige, gewölbte Decke aus Ahorn. Laut Hersteller ist der Korpus mit einem „9-hole weight relief“ versehen und sollte damit leichter sein als Les Paul-Modelle herkömmlicher Bauart. Die Ahorndecke sowie die Rückseite des Korpus sind mit einem 5-fachen Binding (weiß mit schwarzen Streifen) eingefasst. Der Korpus, die Halsrückseite sowie der Headstock sind komplett mit einem schwarzen Nitrozelluloselack überzogen und auf Hochglanz poliert. Obschon die Lackarbeiten insgesamt sehr sauber ausgeführt sind, gibt es doch einen Kritikpunkt: Am Headstock sowie am Übergang vom Hals zum Griffbrett gibt es einige rötliche, verschmierte Flecken – das könnten Leimspuren oder ähnliches sein. Aber was auch immer, so was darf es meiner bescheidenen Meinung nach bei einem (Custom!) Instrument in dieser Preisklasse nicht geben – klarer Punktabzug! Das ebenfalls schwarze, mehrlagige Pickguard fügt sich nahtlos in den edlen Look des Instrumentes ein. Auf der Korpus-Rückseite befindet sich noch eine Besonderheit in Form einer silbernen Custom Shop-Plakette, die als Abdeckung des runden Toggle-Switch-Elekronikfachs fungiert. Diese kann nach Bedarf durch eine im Zubehör enthaltene schwarze Abdeckung ersetzt werden.
Mahagonihals mit „Long Neck Tenon“
Der Hals ist ebenfalls aus Mahagoni gefertigt und hat einen sog. „Long Neck Tenon“ – das lässt sich übersetzen als „Langer Halszapfen“ oder „Langer Halsfuß“. Bei dieser Bauweise ist der Teil des Halses, der mit dem Korpus verbunden wird, viel länger als bei normalen Hälsen. Das hat zur Folge, dass der Hals viel weiter in den Korpus hineinragt (teilweise bis zur Brücke) und dort mit dem Korpus verbunden wird. Beim vorliegenden Testobjekt wurden Hals und Korpus verleimt. Die Vorzüge dieser Bauweise liegen auf der Hand – ein fetter Ton und maximales Sustain – dazu später mehr!
Auf dem Mahagonihals ist ein 22-bündiges Griffbrett aus Ebenholz angebracht. Die Medium-Jumbo Bünde sind sauber eingesetzt und vorbildlich abgerichtet – dasselbe gilt auch für die „Mother of Pearl“ Griffbretteinlagen. Auf der Kopfplatte prangt, neben dem Gibson-Logo und der Modellbezeichnung (auf der Abdeckung für den Halsstab), die beliebte „Split Diamond“-Einlage. Der Sattel des Instruments ist aus Corian gefertigt, einem mineralisch-organischen Verbundwerkstoff, der als Alternative zu Knochen- und (reinen) Kunststoffsatteln verwendet wird – die Sattelbreite wird vom Hersteller mit 42,85 mm angegeben. Die Mensur der Gibson Les Paul Custom Ebony beträgt ganz traditionell 628 mm.
Goldene Hardware + Handling ohne Schnickschnack
Die glänzend schwarze Erhabenheit der Gibson Les Paul Custom Ebony GH wird perfekt ergänzt durch die vergoldete Hardware: angefangen beim Tune-o-matic Steg mit Stoptail, über die Pickup-Kappen bis zu den Grover Mechaniken am Headstock, alles strahlt und glänzt um die Wette. Die Mechaniken sind sehr leichtgängig und ermöglichen schnelles und präzises Stimmen.
Als Pickups kommen bei einem Les Paul Modell natürlich nur zwei Humbucker in Frage – so auch hier. Verbaut wurden der 498T (Bridge) und der 490R (Neck). Diese beiden Tonabnehmer orientieren sich klanglich am „Original“, dem P.A.F.-Pickup aus den 50er-Jahren und sind als Team in vielen Gibson-Instrumenten zu finden. Geschaltet werden die beiden Pickups über einen Standard 3-fachen Toggleswitch. Auch bei der Klangregelung geht es klassisch zu, für jeden Pickup steht ein Volume- und ein Tone- Regler zur Verfügung. „Moderne“ Features wie splitbare Pickups o.ä. sucht man hier vergebens. Die verwendeten Bauteile für die Schaltung und Regelung der Pickups sowie zur Klangverarbeitung sind laut Angabe des Herstellers ebenfalls von hoher Qualität: für die Volume- und Tone-Regelung wurden handverdrahtete 2 500K CTS Volume-/Tone-Potis verbaut; der Toggle-Switch und die Ausgangsbuchse kommen von Switchcraft.
Die Gibson Les Paul Custom Ebony GH in der Praxis
Nimmt man die Gitarre in die Hand, fällt einem sofort das für eine Les Paul relativ moderate Gewicht auf – durch das „9-hole weight relief“ bringt die Gibson Les Paul Custom Ebony GH „nur“ ca. 3,6 kg auf die Waage. Dadurch lassen sich mit ihr auch längere Proben oder Gigs ohne Angst vor Rückenschäden durchstehen. Der Hals hat laut Hersteller ein „Custom C“ Profil und liegt recht angenehm in der Hand. Dieses Profil orientiert sich eher an einem 50er Hals, ist aber etwas weniger dick. Die Bespielbarkeit des Griffbretts bis in die höchsten Lagen lässt keine Wünsche offen.
Der unverstärkte akustische Klang der Gitarre ist sehr transparent und zeichnet sich durch ein außergewöhnlich gutes Sustain aus. Da macht sich die „Long Tenon“-Bauweise direkt bemerkbar – Klasse!
Am clean eingestellten Verstärker punkten die beiden Humbucker mit sehr gut aufeinander abgestimmten Klängen. In allen Pickup-Stellungen liefern die Pickups perlige Clean-Sounds mit einem ausgewogenen Verhältnis über den gesamten Frequenzbereich – keine schrillen Höhen, penetrante Mitten oder Wummern in den Bässen. Und als Sahnehäubchen kommt dann noch das bereits erwähnte Sustain dazu – ob arpeggierte Akkorde oder Singlenote-Lines, die Töne stehen wie eine eins, herrlich!
So gut einem die cleanen Sounds der Gitarre auch gefallen mögen – verzerrte Klänge sind eigentlich eher das Metier einer Les Paul. Die Gibson Les Paul Custom Ebony GH macht hier keinen Unterschied. Wie schon bei den Clean-Sounds beschrieben, leisten die beiden Humbucker sehr gute Arbeit und sorgen dafür, dass der Sound stets ausgewogen und in den verschiedenen Pickup-Stellungen aufeinander abgestimmt ist. Der Bridge-Pickup liefert ein sattes Brett beim Spielen von Powerchords – offene Akkorde klingen detailreich und harmonisch aus. Solo-Lines gehen leicht von der Hand und profitieren vom grandiosen Sustain des Instruments. Diese Eigenschaften setzen sich auch bei den anderen beiden Pickup-Stellungen fort. Bemerkenswert dabei ist, dass es vor allem beim Hals-Pickup nicht zu einer sonst häufig auftretenden Überbetontheit der Bässe kommt. Die verzerrten Klänge lassen sich im Übrigen sehr gut mit den Volume-Potis der Gitarre variieren.
Für die Klangbeispiele habe ich neben der Gitarre ein Brunetti Mercury EL34 Topteil, ein Suhr Reactive Load sowie Software von Two Notes benutzt.